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Soforthilfe

„700 Mal im Monat wird einem ver­zwei­fel­ten Men­schen geholfen“ 

Kri­sen­dienst Ober­fran­ken fei­ert Jubiläum

Ein Jahr Voll­be­trieb des Kri­sen­diens­tes in Ober­fran­ken – seit dem 1. Juli 2021 errei­chen Men­schen in see­li­schen Not­la­gen unter der Num­mer 0800–6553000 beim Kri­sen­dienst rund um die Uhr einen Ansprech­part­ner. Beim Bezirk Ober­fran­ken, der den Dienst im Jahr 2021 auf­ge­baut hat, zog man im Rah­men einer Fei­er­stun­de Bilanz.

„Mitt­ler­wei­le ver­zeich­nen wir rund 700 Anru­fe im Monat“, so Bezirks­tags­prä­si­dent Hen­ry Schramm. „Das zeigt, wie wich­tig die Ein­rich­tung des Kri­sen­diens­tes war und wie wich­tig es ist, die­ses Ange­bot zu stär­ken und aus­zu­bau­en!“ Zu die­sem Zweck unter­zeich­ne­ten der Bezirk Ober­fran­ken, das Poli­zei­prä­si­di­um Ober­fran­ken und die betei­lig­ten Trä­ger der Frei­en und Öffent­li­chen Wohl­fahrts­pfle­ge eine Koope­ra­ti­ons­ver­ein­ba­rung, die die Zusam­men­ar­beit wei­ter festigt.

Der Kri­sen­dienst Ober­fran­ken wur­de vom Bezirk Ober­fran­ken auf Grund­la­ge des Baye­ri­schen Psy­chisch-Kran­ken-Hil­fe-Geset­zes auf­ge­baut und wei­ter­ent­wi­ckelt. Rund 2 Mil­lio­nen Euro nimmt der Bezirk dafür im Jahr in die Hand. Er arbei­tet eng mit Trä­gern der Frei­en und Pri­va­ten Wohl­fahrts­pfle­ge zusam­men: Betrei­ber der Leit­stel­le in Bay­reuth ist Dr. Loew Sozia­le Dienst­leis­tun­gen. Die Teams, die in beson­ders her­aus­for­dern­den Fäl­len zu den Men­schen fah­ren, wer­den von den Sozi­al­psych­ia­tri­schen Diens­ten in Ober­fran­ken gestellt. An den Aben­den, Wochen­en­den und Fei­er­ta­gen über­neh­men dies die AWF-Kräf­te unter Lei­tung der Dia­ko­nie Hoch­fran­ken. Damit hat Ober­fran­ken eine bay­ern­weit ein­zig­ar­ti­ge trä­ger­über­grei­fen­de Struk­tur für den Betrieb des Kri­sen­diens­tes geschaf­fen. „Wir alle bil­den zusam­men ein sta­bi­les Netz­werk, um Men­schen in see­li­schen Kri­sen auf­zu­fan­gen!“ stell­te Bezirks­tags­prä­si­dent Hen­ry Schramm fest.

„Die Band­brei­te der Anlie­gen und Pro­ble­me ist sehr groß“

Wie umfang­reich das Hilfs­an­ge­bot des Kri­sen­diens­tes bereits ange­nom­men wird, ver­deut­lich­te Bezirks­tags­prä­si­dent Hen­ry Schramm in sei­ner Rede: „Allein im Mai wur­de der Kri­sen­dienst 768 Mal kon­tak­tiert. Unab­hän­gig davon, wie schwer jeder ein­zel­ne Hil­fe­ruf wog: 768 Mal blieb ein Mensch nicht allein mit sei­nen Pro­ble­men, blieb nicht sich selbst über­las­sen, son­dern hat Hil­fe gefun­den.“ Wie der Bezirks­tags­prä­si­dent beton­te, wögen psy­chi­sche Belas­tun­gen in Fol­ge von Erkran­kun­gen nicht sel­ten schwe­rer als die eigent­li­che kör­per­li­che Erkran­kung: „Wer sich dann nicht selbst aus einer Kri­se befrei­en kann, der wird vom Kri­sen­dienst Ober­fran­ken aufgefangen.“

In der Leit­stel­le in Bay­reuth lau­fen alle Anru­fe bei der Not­fall­num­mer 0800–6553000 zusam­men. Hier ste­hen qua­li­fi­zier­te Fach­kräf­te für ein Gespräch zur Ver­fü­gung. „Der Kri­sen­dienst bie­tet ein nied­rig­schwel­li­ges, frei­wil­li­ges, regio­na­les und vor allem auch anony­mes Ange­bot“, erklä­ren der Ver­ant­wort­li­che für die Leit­stel­le, Klaus Mei­er­hö­fer, und Gebiets­ko­or­di­na­tor Mar­tin Schus­ter. Die kon­kre­ten Hilfs­maß­nah­men sei­en dabei sehr unter­schied­lich: „Jedes Mal, wenn das Tele­fon klin­gelt, erwar­tet einen gewis­ser­ma­ßen eine Wun­der­tü­te: Die Band­brei­te der Anlie­gen und Pro­ble­me ist sehr groß, von ein­fa­chem Rede­be­darf bei all­täg­li­chen Sor­gen bis hin zu wirk­lich exis­ten­zi­el­len Kri­sen“, so Mei­er­hö­fer. Mar­tin Schus­ter wag­te auch einen Blick in die Zukunft: „Neben der anhal­ten­den Coro­na-Pan­de­mie wird die Situa­ti­on der Geflüch­te­ten, ins­be­son­de­re aus der Ukrai­ne, eine zukünf­ti­ge Her­aus­for­de­rung sein. Auch die­sen Men­schen muss unser Hilfs­an­ge­bot bekannt gemacht wer­den. Der Kri­sen­dienst lebt davon, dass er bekannt ist und noch bekann­ter wird.“

Der Vize­prä­si­dent der ober­frän­ki­schen Poli­zei, Armin Schmel­zer, bestä­tig­te aus Sicht der Poli­zei den gro­ßen Wert der bis­he­ri­gen Zusam­men­ar­beit: „Die Zahl der gemein­sa­men Ein­sät­ze ist beacht­lich, vie­le Kri­sen kön­nen in Zusam­men­ar­beit mit Leit­stel­le und Kri­sen­dienst wort­wört­lich ‚auf dem kur­zen Dienst­weg‘ erle­digt wer­den“, so Schmel­zer. Um Ver­ständ­nis bat er dafür, dass der Kri­sen­dienst nicht immer zum Ein­satz kom­men kön­ne: „Bei einer aku­ten Not­la­ge sind wir lei­der auf­grund des unmit­tel­ba­ren Hand­lungs­be­darfs auf poli­zei­li­che Mit­tel beschränkt. Nicht zuletzt sehen wir uns auch schwie­ri­ge­ren gesell­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen aus­ge­setzt: Die sprich­wört­li­che Zünd­schnur wird bei vie­len Men­schen lei­der schein­bar immer kürzer.“

Klaus Mei­er­hö­fer vom Kri­sen­dienst hob die gro­ße Bedeu­tung der Ein­bin­dung der Poli­zei her­vor: „Die Poli­zei ist eine der wich­tigs­ten öffent­li­chen Instan­zen, um schnell qua­li­fi­zier­te Kri­sen­hil­fe anzu­bah­nen“, heißt es dazu in der Koope­ra­ti­ons­ver­ein­ba­rung, die im Rah­men der Fei­er­stun­de unter­zeich­net wur­de. Kon­kret bedeu­tet dies, dass die Poli­zei bei einem Ein­satz, mit Zustim­mung des Betrof­fe­nen, den Kri­sen­dienst ver­stän­digt. Die­ser kann im bes­ten Fall dees­ka­lie­rend wir­ken und eine Zwangs­un­ter­brin­gung verhindern.

Hilfs­an­ge­bot

Kri­sen­dienst Ober­fran­ken berät und zeigt Wege auf

Hoff­nungs­lo­sig­keit, Exis­tenz­ängs­te, Über­for­de­rung, Ein­sam­keit, Angst, Panik, Rat­lo­sig­keit, Wut, Trau­er – eine Kri­se kann sich unter­schied­lich äußern. Um einen ers­ten Aus­weg zu fin­den, hilft oft­mals ein bera­ten­des Gespräch. Eine anony­me und pro­fes­sio­nel­le Sofort­hil­fe bie­tet der Kri­sen­dienst Ober­fran­ken ab 1. März an.

Die­se Hil­fe steht ab kom­men­der Wochen von Mon­tag bis Mitt­woch, jeweils von 9 bis 17 Uhr, don­ners­tags und frei­tags von 9 bis 21 Uhr und sams­tags, sonn­tags und an Fei­er­ta­gen von 9 bis 17 Uhr erreich­bar. An die kos­ten­freie Tele­fon­num­mer 0800 655 3000 kann sich jede Per­son wen­den, die sich in einer see­li­schen Not­si­tua­ti­on befin­det. Auch Mit­be­trof­fe­ne, Ange­hö­ri­ge und Bezugs­per­so­nen kön­nen das psy­cho­so­zia­le Bera­tungs­an­ge­bot wahrnehmen.

Der Bezirk Ober­fran­ken schafft durch die Ein­füh­rung des Kri­sen­diens­tes samt Abend-Wochen­end-Fei­er­tag-Diens­te ein Kri­sen­in­ter­ven­ti­ons­an­ge­bot über die übli­chen Büro­zei­ten hin­aus. „Situa­tio­nen, in denen man nicht mehr wei­ter­weiß, gehö­ren zum Leben und kön­nen jeden Men­schen in jeder Lebens­pha­se tref­fen. Der Kri­sen­dienst Ober­fran­ken bie­tet Erwach­se­nen eine kom­pe­ten­te Anlauf­stel­le. Gemein­sam wer­den Lösun­gen erar­bei­tet, die den Weg aus der Kri­se erleich­tern“, erläu­tert Bezirks­tags­prä­si­dent Hen­ry Schramm.


Tele­fo­ni­sche Bera­tung, Ver­mitt­lung und mobi­le Ein­sät­ze vor Ort

Der Kri­sen­dienst Ober­fran­ken umfasst eine Leit­stel­le mit Sitz in Bay­reuth. Hier berät ein mul­ti­pro­fes­sio­nel­les Team aus geschul­ten Fach­kräf­ten die Anru­fen­den. Die sozi­al­päd­ago­gisch, psy­cho­lo­gisch und the­ra­peu­tisch aus­ge­bil­de­ten Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter klä­ren die jewei­li­ge Situa­ti­on und bie­ten eine ers­te Ent­las­tung und Orientierung.

Wenn aus dem Tele­fo­nat her­vor­geht, dass eine län­ger­fris­ti­ge psy­cho­so­zia­le Beglei­tung oder eine ärzt­li­che Behand­lung not­wen­dig ist, emp­fiehlt der Kri­sen­dienst geeig­ne­te Fach­stel­len und ver­mit­telt falls nötig kurz­fris­tig einen Ter­min. Dank der engen Zusam­men­ar­beit mit einem brei­ten Netz­werk regio­na­ler Part­ner wie Ein­rich­tun­gen, Bera­tungs­stel­len, Arzt­pra­xen und Kli­ni­ken kann indi­vi­du­el­le und schnel­le Hil­fe geleis­tet wer­den.
Im Bedarfs­fall akti­viert die Leit­stel­le ein mobi­les Team, das „zum Ort der Kri­se“ fährt, um mög­lich­wei­se zu dees­ka­lie­ren oder um eine even­tu­el­le Gefähr­dung ein­zu­schät­zen und not­wen­di­ge Schrit­te ein­zu­lei­ten. Die mobi­len Diens­te sind in vier Pla­nungs­re­gio­nen – Bamberg/​Forchheim, Coburg/​Kronach/​Lichtenfels, Bayreuth/​Kulmbach und Hof/​Wunsiedel – auf­ge­teilt und somit inner­halb einer Stun­de am Kri­sen­ort in Oberfranken.

Bezirks­tags­prä­si­dent Hen­ry Schramm appel­liert: „Je frü­her Betrof­fe­ne anru­fen, des­to bes­ser, denn durch früh­zei­ti­ge Unter­stüt­zung kann eine Ver­schlech­te­rung oder eine Zwangs­maß­nah­me ver­mie­den werden.“


Nie­der­schwel­li­ger Zugang

Die Kri­sen­diens­te der sie­ben baye­ri­schen Bezir­ke bil­den zusam­men das Netz­werk Kri­sen­diens­te Bay­ern. Die von den Bezir­ken und dem Frei­staat Bay­ern finan­zier­ten zen­tra­len Leit­stel­len sind unter der bay­ern­weit ein­heit­li­chen Ruf­num­mer 0800 655 3000 erreich­bar. Die Bera­tung erfolgt anonym und kos­ten­frei. Es ist kei­ne Ter­min­ver­ein­ba­rung und kein Aus­tausch von For­ma­li­tä­ten not­wen­dig. Alle Hil­fe­su­chen­den, unab­hän­gig davon, ob sie an einer psy­chi­schen Vor­er­kran­kung lei­den oder nicht, kön­nen auf die qua­li­fi­zier­te Hil­fe zurück­grei­fen. „Mit dem Kri­sen­dienst wird die Ver­sor­gung für Men­schen mit psy­chi­schem Hil­fe­be­darf in unse­rer Regi­on wei­ter gestärkt. Er ist ein wich­ti­ger Bei­trag zur wei­te­ren Ent­stig­ma­ti­sie­rung psy­chi­scher Erkran­kun­gen“, erklärt Sozi­al­pla­ner Robert Stief­ler, der beim Bezirk den Auf­bau des Kri­sen­diens­tes Ober­fran­ken organisiert.

Bis zum geplan­ten Rund-um-die-Uhr-Betrieb ab 1. Juli die­sen Jah­res erfolgt die ein­gangs beschrie­be­ne Erreich­bar­keit des Kri­sen­diens­tes Oberfranken.

Nähe­re Infor­ma­tio­nen zum Kri­sen­dienst sind zu fin­den unter https://www.krisendienste.bayern/ sowie http://www.krisendienst-oberfranken.de.