In seiner neuen Stadtecho-Kolumne gedenkt Florian Herrnleben einiger städtischer Veränderungen in Bamberg der letzten Jahrzehnte. Und sieht mit Bahnstrecke und Schlachthof Parallelen
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Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über Rechtsauffassung
Während er seine Fastenpredigt hielt, wurde Florian Herrnleben Opfer eines Parküberwachungsdiensthabenden. Mehr dazu in seiner aktuellen Stadtecho-Kolumne.
Fastenpredigt vorbei. Was für ein Auftritt, was für eine Atmosphäre! Ich hab tatsächlich ja schon – natürlich mehr kleine, aber trotzdem auch – zahlreiche große Auftritte in meinem Fahrtenbuch der letzten 35 Jahre stehen. Die 8. Fastenpredigt wird sicherlich angemarkert.
Es hätte der perfekte Abend werden können. Hätte! Wenn nicht wahrscheinlich als kleine, schnippische Rache für meine oft nicht allzu diplomatischen Verlautbarungen in Richtung Stadtverwaltung ein Strafzettel unter die Scheibenwischer meiner Herrnleben‘schen Protzkarre geklemmt worden wäre. 20 Euro wegen 14 Minuten. Pft!
Was mag das für ein Gefühl gewesen sein für den Parküberwachungsdiensthabenden im schicken Bahnschaffnerdress draußen vor dem Ziegelbau? Drinnen im vollbesetzten Saal tobt der Herrnleben in Mönchskutte am Mikrofon, schwingt große Worte zu Gesetz, Ordnung und absurden Rechtsauffassungen einer ganzen Rathausoberschicht, während man ihm zur gleichen Sekunde ein Knöllchen wegen ordnungswidriger Parkerei an der Mußstraße auf die Windschutzscheibe tackern kann. In den Zuschauerreihen zuckten die Smartphones der anwesenden Maxplatzpremiums beim Aufschlagen der Pushnachricht aus der rathausinternen Nachrichten-App, weil der Parküberwachungsdienstserver direkt Kennzeichen gecheckt und Stufe Rot ausgelöst hat: „Hab ihn erwischt! Herrnleben ist fällig! 14 Minuten! 20 Umdrehungen! Haha!“
Ich geh schwer davon aus, dass am darauffolgenden Montagmorgen um halb 8 schon eine Beförderung gedruckt oder zumindest eine komfortable Überstundenpauschale für diesen überdurchschnittlichen Mitarbeiter festgelegt worden war getreu dem Motto „Keine Leistung ohne Gegenleistung“. Anweisung von ganz oben, eventuell sogar vom OB persönlich unterschrieben.
Und auch wenn ich dem engagierten, fleißigen und pflichtbewussten Mitarbeiter von Herzen wirklich alles gönne für seinen Erfolg, so wird das aber nicht fairer. Wisst ihr… Ich stand da ja nur kurz. Also eigentlich, denn ich wollte da ja wieder wegfahren. Und auch nur zum Ein- und Ausladen stehen bleiben, weil es ziemlich geschüttet hat, als ich mit Mönchskutte, Text und dem großformatigen Foto von Klausi zwei Stunden vor allen anderen am Ziegelbau aufgeschlagen bin. Dann Soundcheck, wir mussten noch mal wegen dem Introvideo schauen und dem einen Lied. Und gerade als ich raus wollte, um das Auto… da kamen dann schon – zack! – die ersten Zuschauer. Da konnte ich ja dann auch nimmer… Also stellt euch vor, ich in Mönchskutte, einmal quer durch das Parkhaus. Ging nicht, ist klar.
Aber mal ehrlich! Wer rechnet denn damit? Und wer, wenn nicht der Ordnungsreferent persönlich, kontrolliert denn bitteschön während der Fastenpredigt direkt vor dem Saal der Fastenpredigt? Das macht null Sinn. Ich bin echt frustriert.
Zum ersten Mal finde ich mich schaffenstechnisch in einem Loch und weiß nicht, worüber ich in dieser Ausgabe schreiben soll. „Gut!“, werden die Bamberger Genossen sagen. „Siehste mal, wie es uns geht! – Schaffenstechnische Freiheit, das leben wir wegen dir seit drei Jahren chronisch!“ – Ja, aber als gewöhnlicher Stadtratshinterbänkler muss man halt auch nicht alle Monate drei- bis viertausend Zeichen hochtrabenden, sprachlich gefeilten Text wahlweise mit weltverändernder, ganz großer Botschaft oder dem Potenzial zum Rathausskandal zu Papier bringen. Und für die tollen Texte und Reden der Führungsschicht gibt es im Rathaus eine ganze Abteilung, wenn man selbst wieder mal frustriert ist.
Aber es hilft nix. Ich muss aus dem Tief raus, es liegen gewaltige Aufgaben vor uns. Deshalb möchte ich folgendes mitteilen: Nach sorgfältiger Prüfung habe ich mich entschlossen, den Strafzettel zu akzeptieren, auch wenn meine Rechtsanwältin mir geraten hat, dagegen vorzugehen. Mir ist das Wohl der Stadt am wichtigsten. Dem ist am meisten gedient, wenn das Verfahren beendet wird.
Ihr Florian Herrnleben
Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über den nur zweithässlichsten Platz Bambergs
Für seine aktuelle Stadtecho-Kolumne hat Florian Herrnleben den Schönleinsplatz, oder wie er ihn nennt, die stadtbildgewordene Sperrmüllsammlung, besucht.
Es gibt diverse Bamberg-Gruppen in den sozialen Medien voll mit historischen Fotos und vielen Geschichten. Da ertappe auch ich mich dabei, wie ich gern in Erinnerungen ans alte Bamberg vor mich hin schwelge und mich der vergangenen Stadtansichten erfreue.
Ein Platz, bei dessen ursprünglichem Aussehen regelmäßig alle in Schnappatmung verfallen, ist der Schönleinsplatz, wo über Jahre und Jahrzehnte optisch einfach alles immer nur noch schlimmer wurde. Der Niedergang begann mit dem Abriss des alten Schützenhauses und den verkorksten Neu-an-drauf-Nebenhinbauverschlimmbesserungen am Sparkassengebäude, ging über den Um- und Dranbau des Gebäudes der heutigen Bamberger Bank bis hin zur verkehrsmalerischen Verkehrsversuchsdauerlösung in den schmucken Farben Gelb, Weiß, bisschen Weiß, Verschmiertweiß und Rot.
Der Schönleinsplatz ist die stadtbildgewordene Sperrmüllsammlung in spe ausm hintersten Kellerabteil, das man dringend mal wieder aufräumen müsste, aber schon gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Mismatch in Perfektion, das sprichwörtliche „Wie bei Hempels unterm Sofa“, aber mitten im Weltkulturerbe. Da ein „Bamberger Reiter“, der irgendwelchen Drittklass-Schiffstouristen den Weg in den Dom zum echten Bamberger Reiter spart, daneben unsere zwar liebgewonnenen und doch so missverstandenen roten Scheißerla, weil da halt noch Platz war, dort das Hexenmahnmal, weil es grad übrig war, neben einem Brunnen, der den Klimawandel kaum besser versinnbildlichen könnte. Alle Jahre wird dann noch die Krippe herausgekramt mit dem 60er-Jahre-Charme des bereits vor 25 Jahren geschlossenen Märchenparks in Neustadt bei Coburg. Dazwischen Mülltonnen unterschiedlichen Zeitalters, Strom- und Postkästen, eine kleine Büste von Schönlein himself im Holzkasten, Bänke und Blumen. Man sehnt sich nach Wahljahren, wenn am Tor zur Innenstadt alles wenigstens mit Großflächenplakaten zugestellt wird, damit man das politisch fabrizierte Elend kurzzeitig nicht ertragen muss.
Ob es jemals auch mal wieder schöner wird? Die Hoffnung stirbt zuletzt, denn im Osten des unsrigen Städtchens klappt es ja auch, nur anders. Aus den maroden Gebäuden der ehemaligen US-Lagarde-Kaserne entstehen aktuell schönste Hochglanzwohnungen und Häuser, die vom Investor bereits nach und nach als chancenreiche Kapitalanlage zum Kauf angeboten werden. Schön! Und im Grunde vielversprechend. Beim Blick in die einschlägigen Immobilienportale dürfte allerdings nicht nur so manchem Entscheidungsträger aus unserem Ratsherrenvolk vor Schreck der allmorgendliche Espresso am Rondo fast aus der Hand geflutscht sein.
Mit gut 6000 Euro pro Quadratmeter hält das Ergebnis der gefeierten Konversion nämlich ganz, ganz knapp nicht, was uns die Rathausspitze seit Jahren dazu vorjubelt. Ein 30-Quadratmeter-Wohnklo für läppische 200.000 Euro, das ist nicht nur hinsichtlich der Fläche weit weg von „Kostengünstiger Wohnraum für Familien“.
Gut 6000 Euro pro Quadratmeter.
„Wir werden uns wohl langsam an solche Preise gewöhnen müssen“, heißt es dazu seelenruhig aus Stadtratskreisen. Zum Glück leben wir in einer Demokratie, denn einen Fußballtrainer, der mitten in der Saison phlegmatisch schon nicht mal mehr vom Klassenerhalt träumt, setzt das Präsidium üblicherweise noch vor Montagabend vor die Tür. Aber bei Immobilienpreisen auf Rekordniveau, da kann der gemeine Ratsherr halt echt nix tun für das Volk. „Stadtentwicklung ist eben Zufall, Glück und Schicksal“, denkt er sich wahrscheinlich noch, bevor er dann doch wieder gemütlich den Keks in den Espresso tunkt und gedankenverloren den Verkehr am immerhin nur zweitvermurkstesten Platz Bambergs beobachtet.
Und wahrscheinlich hat der Stadtrat sogar Recht: An den hässlichen Schönleinsplatz haben wir uns ja auch gewöhnt.
Ihr Florian Herrnleben
Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über die Zeit zwischen den Jahren
Für seine aktuelle Stadtecho-Kolumne hat sich Florian Herrnleben einen selbstgemischten Glühwein eingeschenkt und lässt das zurückliegende Jahr und seine Aufregerthemen Revue passieren.
Na, wie fühlen Sie sich? Geht’s gut? Plätzchen bereits gebacken und Tetrapak-Glühwein schon auf dem Herd? Das erste „Last Christmas“ bereits in orchestraler Version hinuntergewürgt? Wie sinnlich, wie heilig, wie still!
Es scheint gemütlich zu werden in den nächsten Wochen, wir können uns endlich mal wieder um uns selbst kümmern. Auch ich, ja, denn in den letzten Jahren war zwischen den Jahren immer was los. Langsam kommt es, gell?
Waren es vor zwei Jahren noch die inzwischen überregional bekannten „Keine Leistung ohne Gegenleistung“-Guddis, spendiert von der Bamberger Rathausoberschicht für die besonders engagierten, die besonders fleißigen und die besonders treuen Rathausgetreuen, die die Staatsanwaltschaft Hof auf den Plan riefen, so waren es vor genau einem Jahr die Herren Sandmann, Franken und Hausdörfer, deren inzwischen abgehalfterte Existenz sich als Reality-Soap an den Fäden von Stieringer und seinen guten Bekannten entpuppt hat.
Wir sollten uns bewusst machen: Es ist tatsächlich der erste Jahreswechsel ohne Skandal, ohne politisches „Wir retten uns zwischen die Tage“ und ohne Sonderschichten am Maxplatz auf der einen Seite und journalistisches „Alter! Ich mag auch mal frei haben und nix recherchieren und schreiben!“ auf der anderen.
Und es ist auf absehbare Zeit auch nix zu erwarten. Und das hat Gründe: Die Hürde für neue, städtische Aufreger ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Wir sind komplett abgestumpft.
Wenn woanders Disziplinarverfahren gegen OB und entscheidende Teile der Führungstruppe eines Rathauses laufen würden, mal ehrlich, eine normale Stadt wäre schon längst auf links, oder? Aber in Bamberg? Hier redet man nicht mal mehr am Stammtisch über unseren Oberbonimeister und seine Maxplatz-Daltons. Vorbestraft? Egal! Halbe Rathausspitze auch! – Noch mehr egal! Wie so vieles…
Hier kann man nun Geld für großangelegteste Mitmachstadt-Umfragen verprassen, um sie anschließend dann doch lieber geflissentlich bei den offiziellen Abstimmungen zu ignorieren, und kaum jemand regt sich auf, weswegen anschließend der vorgeblich weltoffenste und europäischste aller unserer in den Stadtrat gesalbten Politiker, also der, dessen Fraktionspartner vorher – wir sprachen darüber – im Kuschelbus mit der AfD nach München getrampt ist, öffentlich mit adaptierten Naziparolen – höchstbedauerlich, großes Missverständnis – entgleisen darf, was ja auch nicht weiter schlimm ist, weil man sogar als Stadtmarketingvorsitzender in diesem viele kommunikativ überfordernden Facebook mit Mafiamethoden gegen Kritiker liebäugeln kann. Alles nicht der Rede wert, denn auch die CSU-Fraktion tatzt durchs Stimmungsbild der Stadtgesellschaft wie eine Stahlkugel im Flipperautomaten und kippt vor Abstimmungen schneller als ein Kasten Nürnberger Bier in der prallen Sonne, während es auch keinen interessiert, warum die Grünen ihre Aufstellungsversammlung aus *hüstel* „formalen Gründen“ wiederholen mussten und sich auch niemand empört, dass der OB, also unser Andi, als ehrwürdiger, amtierender Vizepräsident des Bezirkstages jüngst irgendwie von seiner eigenen SPD nicht mal mehr auf die Bezirkstagskandidatenliste gesetzt wurde. Wurde er vergessen? Was weiß ich…
Das politische Geplänkel, die diversen Machenschaften und Entgleisungen… sie scheinen nicht mehr zu interessieren. Zum Glück, denn ich brauch ja auch mal Zeit für mich.
Und während ich hier so sitze und in aller Ruhe an meinem Glühwein nippe, den ich mir aus einer Flasche Rotwein, die man mir nach einem Auftritt geschenkt hat, und ein wenig Zimt und Rum-Aroma zusammengepanscht hab, kommen mir langsam doch noch Aufregerfragen und Blutdruckthemen in den Sinn: Kriegt man künftig im Karstadt echt keinen Personalrabatt mehr, obwohl man jemanden kennt, der jemanden kennt, der da mal gearbeitet hat? Wird eine bis heute berechtigte Empörung über die Qualität von Gelben Säcken in dieser Stadt jemals wieder auf fruchtbaren Gesellschaftsboden fallen? Und vor allem: Was mach ich nun zwischen den Jahren?
Ihr Florian Herrnleben
Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über die zusammengestöpselte Mismatch-Fraktion
In seiner Kolumne der Novemberausgabe des Stadtechos hat Florian Herrnleben ein Mismatch und spielt mit Klemmbausteinen.
Ich hatte mich seit meinem zunächst noch öffentlichkeitswirksam gefeierten, runden Geburtstag (nicht der 30.) etwas zurückgezogen, da ich vorrangig damit beschäftigt war, meinen Batman-Tumbler aus mehr als 2000 Plastiksteinchen (der Profi nennt sie ohne Verletzung irgendwelcher Markenrechte: Klemmbausteine) zusammenzustöpseln. Man muss Prioritäten setzen. Bei aller Liebe zu Bamberg, aber kein Boni‑, Überstunden- oder Fakeaccountskandal würde hierbei einen Aufschub oder gar irgendwelche brückendesasterähnlichen, zeitlichen Verzögerungen rechtfertigen. Persönliche Ambitionen – wie eben in meinem Fall die Fertigstellung samt Glückhormonausschüttung – gehen vor. Basta!
Mit diesem – Kritiker würden sagen – gnadenlosen Egoismus bin ich zum Glück nicht allein in dieser Stadt. Immer wieder ertappt man auch Volksvertreter dabei, wie sie persönlichste Interessen hinter salbigen Worthülsen zu verstecken versuchen, sobald sie eigentlich Rückgrat beweisen sollten. „Ja, ist klar!“ denkt ihr. „Nun schreddert der Herrnleben wieder wortreich gegen den Fakeaccountspezialisten aus der Königstraße, der an seinem politischen Ehrenamt als Stadtrat klebt als hingen gutbezahlte Aufsichtsratsposten und ein paar hundert Euro fürs Ratsherrenmandat dran.“ – Aber nein, Stieringer mal außen vor.
Wo es dem einen wohl aktuell vorrangig um die Kohle geht, geht es anderen eher um Macht und Geld. Stand heute (Mitte Oktober) ist es nun schon mehr als vier Wochen her, dass sich Bambergs rechte Mitte auf Einladung der AfD aufgemacht hat nach München, um sich vor allem einen Eindruck vom rechten Flügel des Maximilianeums zu verschaffen. So weit, so alternativ. Ich riss das Thema ja bereits vor einem Monat an. Es darf sich jeder einladen lassen, von wem er möchte. Was die Fraktionspartner der Bamberger Mitte seither aber an rhetorischer Hilflosigkeit zusammenstöpseln, überfordert mich intellektuell mehr als der Plastiknachbau von Batmans SUV.
Zur Erklärung: Wäre die Fraktion aus Volt, ÖDP und Bamberger Mitte ein kulinarischer Hauptgang, so stünde sowas wie „Mit Bergkäse überbackenes Schäuferla auf Vanillepudding“ auf der Speisenkarte. Klingt vielleicht erstmal spannend, schmeckt aber nicht. Gar nicht. In anderen Worten: Man passt in dem Club der kommunalpolitischen Resteverwertung – inzwischen auch verwaltungsgerichtlich festgestellt – so gut zusammen wie Leberkäse und Ketchup.
Dennoch darf man – trotz eventuell notwendigem Swingern zur politischen Selbstaufwertung – als geneigter Wähler doch von den einzelnen Fraktionselementen weiterhin eine gewisse, den eigenen Grundsätzen einigermaßen treue – bleiben wir im Bild – Verhütung erwarten, oder? Von dem ÖDPler hab ich keine E‑Mail-Adresse gefunden, aber Volts Brünker, schauspielender Chemiker mit Faible für große Auftritte und linksliberal von Bamberg aus zur Rettung Europas angetreten, kann ich jederzeit mobil kontaktieren. Hab ich auch gemacht und nachgefragt, wie es aussieht mit seiner rechtsblinkenden Fraktion. Ist das okay für ihn? Oder nicht? Wusste er davon? Oder nicht? – Falls er nicht gerade auf großer Europatournee ist, antwortet er dem Kleinstadtkolumnisten auch nach spätestens zwei Wochen, wenn man ihn viermal erinnert und über die Berliner Parteizentrale nachfragt. Große Töne: Er erwarte eine AfD-Distanzierung von seinem vorgeblich mittigen Fraktionspartner, sonst macht er Schluss. Rückfragen: „Bis wann?“ – Keine Antwort. – „Wie schauts aus?“ – Keine Antwort. – „VERLÄSST DU NUN DIE FRAKTION?!?!“ – Keine Antwort.
Ich hab den ganz, ganz leisen Verdacht, als hätte eben jenes Ende dieser Mismatch-Fraktion irgendwelche persönlichen Nachteile für die einzelnen, politischen Drittligisten. Ist doch kaum vorstellbar bei so viel Liebe zu Bamberg! Geht es am Ende auch in der nebensächlichsten Fraktion nur um irgendwelche persönlichen Interessen, um Machterhalt und Geld? Ich muss dranbleiben! – Gut, dass mein Tumbler fertig ist.
Ihr Florian Herrnleben
Stadtecho-Kolumne
Herrnleben über Sommerlöcher
Verschiedene Sommerlöcher macht Florian Herrnleben in seiner Kolumne der Oktoberausgabe des Stadtechos aus.
Wenn nur jedes Schlagloch, jede Baugrube in dieser Stadt so unterhaltsam, so kurzweilig, überhaupt so „nicht der Rede wert” sein würde wie die oft beklagten Sommerlöcher in der Presseberichterstattung. Normalerweise verabschieden wir uns, die wir sonst gerne über das eine oder andere Vorkommnis rund um den Maxplatz berichten, vor Langeweile im August an irgendeinen Baggersee. Das diesjährige Sommerloch war aber eher ein Löchchen. Nix mit Erholung! – Lang und wirklich vehement habe ich für eine Sonderausgabe des Stadtechos gekämpft, um den kompletten August und den September gewinnbringend durchschreiben zu dürfen… Leider erfolglos. Nun muss ich mich halt hier wieder auf einer Seite kurzfassen.
Unser alle Andi, der oberste Chefsachenchef, hat sich wie Winnetou vor seine Verwaltung, seine Mitarbeiter, vor die gesamte Stadtgesellschaft geworfen und den zweiten Strafbefehl binnen weniger Monate – diesmal wegen Untreue – akzeptiert. Zum Wohle der Stadt! Danke, Andi! Danke! Was mit einem Stapel Papier, dem inzwischen allseits bekannten BKPV-Bericht, Ende 2020 begann, über eine Whistleblowerjagd in geschichtsträchtigen Sätzen wie „Keine Leistung ohne Gegenleistung“ mündete, Running Gags wie den von der „anderen Rechtsauffassung“ hervorbrachte, endete vor wenigen Wochen nun also mit einem dicken Brief voller Strafbefehle für die halbe Führungsmannschaft unserer Stadtverwaltung. Neuer Spitzname: Die Maxplatz-Daltons. Nix mit Ruhe…
Auch unser Facebook-Fakeaccountprofi Stieringer hat in die „Sommerpause“ hinein seinen Austritt aus Fraktion und SPD proklamiert. Ein Dreivierteljahr des Auseinanderfieselns von Wahrheit und Lüge, von Fake und Echt zwischen Sandmann und Franken… Zusammengefasst: Ein Dreivierteljahr voll deutschlandweiter Berichterstattung über Fakeaccountcity Bamberg endete vorläufig vergleichsweise sang- und klanglos. Alle zollten sich höflich Respekt. Für die Entscheidung, also seine, und für die Arbeit, also meine. Ich dankte für das Bier auf Kosten der Genossen, das ich mir bei der SPD-Versammlung einverleibt hab, in die ich gewohnt unauffällig mit lautem Rütteln an der Tür und Scheppern beim Betreten des Harmoniesaals gestolpert bin, um aus erster Hand zu berichten, um mich anschließend zurückzulehnen, aber…
Vorher, währenddessen und danach startete die CSU entweder aus freundschaftlicher Stadtratskollegenloyalität oder aus Titelseitenneid heraus ein – wenn nicht gar das größte – Ablenkungsmanöver von den SPD-Skandalen seit Bistumsgründung durch Heinrich und Kunigunde und schickte ihre Besten los, um sich per Facebook zunächst auf die Titelseite vom FT und dann bis in die Timeline des Playboychefredakteurs zu ätzen. Statt sich also mit feinen Laubsägearbeiten am Stuhl des Oberbürgermeisters zu schaffen zu machen, sägte man lieber am eigenen Ast. Endlich! Ein Skandal auch bei der CSU, der im Rücktritt des Geschäftsführers endete…
Und da das offensichtlich noch nicht genug war, strauchelte auch noch das Stadtratsbündnis aus Volt, Bamberger Mitte und ÖDP durch die Sommerpause, weil man sich nicht einig zu sein scheint, ob man offiziell eher links, liberal, ökologisch oder rechts sein möchte, und ob das mittige Drittel, weil es gern möchte, alternativ auch mal öffentlichkeitswirksam an AfD-Kaffeefahrten teilnehmen kann, weil man doch eh nur aus Profitgründen eine Fraktion gebildet hat. Bis zu dieser Minute kurz vor Redaktionsschluss konnte ich beim Noch-Fraktionschef nicht herausfinden, ob seine Europäisch-Voltsche Brandmauer nach Rechts nun vor oder hinter der rechten Mitte, der mittigen Rechten oder einer alternativen Mitte steht.
Dieses Facebook wird mehr und mehr zum Bamberger Politikerschredder. Socialmedia als virtueller Brandbeschleuniger beim Offenlegen defizitärer Verhaltensweisen. Langsam haben wir alle Fraktionen durch, fast überall hat sich inzwischen mal irgendeiner die Finger verbrannt. Gibt’s überhaupt noch was zu berichten? Jetzt, wo das Sommerloch vorbei ist?
Na, hoffentlich falle ich nun in kein Loch, wenn es wieder richtig losgeht…
Ihr Florian Herrnleben
Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über dunkle Zeiten
Die Lichter bleiben aus in Florian Herrnlebens Kolumne der August-Ausgabe des Stadtechos.
Früher war alles besser! Das Seidla kostete weniger als eine Mark, höchstens ein paar Pfennig. Und man hatte noch Auswahl aus 381 verschiedenen Brauereien und Sorten, die aber alle – so die Sage – nach Schinken schmeckten.
Zur Zeit von Heinrich II. waren auch deutlich weniger Touristen in der Stadt, die auf Segways die Gehwege entlangschossen, damit sie möglichst schnell an den Sehenswürdigkeiten vorbei auch wieder aus der Stadt fortkamen. Nur vereinzelte Insider verirrten sich ins fränkische Rom, das sich zum Geheimtipp für Städtereisen entwickelte. Ich bin mir relativ sicher, dass man damals noch gar nicht so recht wusste, dass Mitorajs Centurione überhaupt betrachtenswert wäre. Und auch in den folgenden Jahrhunderten hätten sich die ehrwürdigen Fürstbischöfe einschließlich E.T.A. Hoffmann gewundert, wenn es hektisch am Tor der Altenburg gedonnert hätte, weil eine Heerschar von Sachsen gerne noch mal schnell dön Blügg uf Bommberch genüüßn däädn häddn wulln, bevor das Schiff im Hafen wieder ablegt. Ja, viele Jahrhunderte lang ging es beschaulich zu zwischen Dom und Gärtnerviertel.
Irgendwann, es muss im frühen 19. Jahrhundert gewesen sein, stellte man fest, dass Bamberg locker so hübsch ist wie Dortmund und Salzgitter zusammen und der damalige Oberbürgermeister beschloss, die schönsten und tollsten Wahrzeichen der Stadt beleuchten zu lassen. Das brachte mehrere Vorteile. Zum einen sollte es Menschen aus der Ferne in die Stadt locken wie der Stern von Bethlehem, damit diese die Schönheit ebenso genießen, gleichzeitig aber während der traditionsreichen Events den Einzelhandel nachhaltig stärken können. Zum anderen waren auch die Bamberger froh und dankbar, wie sich herausstellte. Dank der durch mehrere 1000 Watt starke Halogenstrahler illuminierten Wahrzeichen der Stadt fand man auch im Vollrausch noch den Weg nach Hause. Außer man verwechselte Michelsberg und Dom, denn dann konnte sich der Heimweg ziehen. Ein weiterer Vorteil der leuchtstarken Präsentation war, dass die Fluchtlichter – wie soll ich es ausdrücken – gerne und zahlreich Insekten zum Grillen einluden und man dafür im heimischen Garten nicht aufgefressen wurde von diesen elendigen Biestern.
Aber damit ist nun Schluss, die Lichter bleiben aus! Die jahrhundertealte Tradition nimmt ein jähes Ende, die Konsequenzen unabsehbar: Wenn künftig abertausende norddeutsche Fluss- und/oder Bustouristen wirr durch die Gassen der Domstadt strahlen und weder ihr Hotel noch – das wäre ja wirklich fatal – nach Hause finden. Dann bleiben die hier. Aber auch das endet im rechtsfreien Desaster, denn das Rathaus ist ja heute schon mit der Aufnahme von Neubambergern terminlich heillos überfordert. Gerüchten zufolge wurden Leute schon direkt ins Standesamt weitergeschickt, wenn sie das Ende der Wartezeit nicht zu erleben drohten.
Die gemutmaßten Begründungen, die Wehmuts- und Horrorszenarien, die die üblichen stadtbekannten Kleingeister in die sozialen Medien vomieren, weil sie nachts, wenn sie eh schlafen sollen, jetzt nimmer die Altenburg anstarren können, die den Untergang heraufbeschwören unserer kompletten Stadt mit der über tausendjährigen Geschichte, weil der Stadt allabendlich vorläufig mal kein Licht mehr aufgeht… Heilicher Heinrich! Früher war echt alles besser!
Ihr Florian Herrnleben
Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über den Bamberger Schlachthof
In seiner Kolumne der Juli-Ausgabe des Stadtechos geht Florian Herrnleben auf den Bamberger Schlachthof ein.
„Die Umwandlung in eine GmbH erhöht die Flexibilität und Handlungsfähigkeit des Schlacht- und Viehhofes vor dem Hintergrund eines hohen Marktdrucks und weiteren zukünftigen Herausforderungen.“ Was klingt wie der bildungsschwere Satz aus einem Lehrmittelvideo der frühen 90er, entstammt der Schönwetterschmiede des Rathauses, besser bekannt als städtische Pressestelle. Der Satz ist auch keine 30 Jahre alt, sondern gerade einmal wenige Monate, und sollte – wie noch einige andere ähnlich jubelnde Worte – ein neues Zeitalter einläuten: Der vormals von der Stadt als Eigenbetrieb organisierte Bamberger Schlachthof war privatisiert, also in eine GmbH gewandelt worden. Nach kleinem, anfänglichem Widerstand von diversen Einzelkämpfern stimmte man der Umwandlung mehrheitlich zu, den Schweinen und Rindern war’s egal.
Rund ein Jahr später scheint die Jubelei verstummt: Die Bamberger Schlachthof-GmbH befindet sich in wirtschaftlicher Schieflage. Plötzlich. Ganz arg. Sapperlot! Damit konnte keiner rechnen. Selbst so mancher Aufsichtsrat fiel aus allen Wolken. Man argumentiert und visioniert sich im Gremium der Ratsherrinnen und ‑damen seither um Kopf und Kragen, wohl ahnend, dass man wieder mal mangels Einblicken ins detaillierte Zahlenwerk klein und dumm gehalten worden sein könnte. Aber wer gibt das schon gern öffentlich zu…
Das Lager, in das sich die Stadträte nun jeweils einordnen, brüllen sie ins Gehirn der Stadtgesellschaft wie aus dem Schlachtschussapparat geschossen. Mir ist übrigens keiner über den Weg gelaufen, dem die Zukunft des Schlachthofs egal zu sein scheint. Gibt es nur A und B, spricht das meiner Erfahrung nach dafür, dass es kein ganz unideologisch besetztes Thema ist.
Statt erst mal Zahlen und Fakten detailliert zu prüfen, was man ja erwarten würde bei einer jungen Firma mittlerer Größenordnung und einer Bilanzsumme von über 10 Millionen, statt die Frage nach dem Warum des Scheiterns binnen weniger Monate zu beantworten, zaubern einige Stadträte schnell ein Potpourri an Ideen aus dem Hut. „Weg mit dem Schlachthof! Wir machen da was mit Wohnen!“ – Sogar einen Namen gibt es schon für das mögliche neue Quartier, das auf dem Gelände entstehen soll. Und eine freshe Internetseite mit eigener Domain gibt es auch schon! Joah, die grüne Fraktion ist auf Zack.
Mit Wohnraum fängt man den Bamberger! Damit holt man ihn ab! Wir erinnern uns an die Konversion, mit der man der Bürgerschaft wahlweise nahezu unerschöpflichen Wohnraum, prächtige Gewerbe‑, Sport- und Freizeitstätten und fulminante Kulturräume versprochen hatte.
Und welcher Liebhaber fränkischer Kulinarität möchte nicht gerne da wohnen, wo Millionen von Rinder- und Schweineseelen ins Himmlische emporgeschossen wurden, damit der wesentliche Teil, also die irdischen Überreste, zu Schäuferla, der Rest zu Leberkäs verarbeitet werden konnte? Ich warne euch aber: Man sollte sich nicht wundern, wenn man die Seelen nachts bei Vollmond dort im künftigen Wohnquartier noch gespenstisch quieken hört.
Mit der Idee jedenfalls lenken sie zumindest geschickt von der eigenen Ahnungslosigkeit ab, die bei den hineingesalbten Stadträten oft schon kurz nach der Anzahl der Freibiermarken pro Stadtteilkirchweih beginnt. Womit wir schon bei der zweiten Gruppe sind: Den Ahnungslosen, die unser aktuelles Standardargument für wirtschaftliche Schieflagen aller Art aufbrauchen: Corona.
Dass man das Problem „Corona“ nicht schon bei der Umwandlung in eine GmbH gesehen hat, die ja aus heutiger Sicht zur Coronahalbzeit stattfand, spricht wieder einmal für Stadträte, an denen Zahlen so lange vorbeigemogelt werden, bis das Kind im Brunnen, in unserem Fall die Sau im Trog war…
Der Vorschlag, was zu tun ist, da bin ich mir sicher, wird schon aus der Stadtverwaltung, explizit aus dem Finanzreferat kommen. Und mit dem Vorschlag ereilt uns dann auch wieder – wie schon im Zusammenhang mit selbstverständlich überhaupt nicht im Zusammenhang stehenden Personalamtsleiterschlachthofgeschäftsführerwechseljobhinschmeißungen – eine wohlfeile Presseerklärung, die der Stadtrat gerne glauben wird.
Ihr Florian Herrnleben
Florian Herrnleben über echte, digitale Events :-)
Stadtratssitzung bei „TV Rathaus“
Stadtecho-Kolumnist Florian Herrnleben hat online eine Stadtratssitzung verfolgt.
Es ist Mittwochnachmittag und ich habe wirklich absolut nix Besseres zu tun. Grund genug also für den mittelmäßig an Stadtpolitik interessierten Kleinstadtkabarettisten und Stadtechokolumnisten, mal „TV Rathaus“ unter www.bamberg.de einzuschalten und bei der heutigen Vollsitzung reinzuzappen, die nun wie jede Stadtratssitzung seit einigen Monaten live ins Internet, also in die große, weite Welt gespült wird, damit selbige sich daran erlaben kann. Pünktlich bin ich. Und mit mir – das wird mir angezeigt – sogar 19 andere.
„Ein wahrer Gassenfeger!“, denk ich mir erst, bevor ich mir dann doch die Frage stelle, wie viele der in den Stadtrat hineingesalbten Ratsherrinnen und ‑damen heute unter den knapp 20 Zuschauern sind, um ihren eigenen Auftritt und vor allem sich selbst am Smartphone zu bewundern. 44 plus Rathausspitze könnten es dann ja wenigstens sein. Aber nur die ganz Pflichtbewussten, die besonders Schönen und die Allerwichtigsten, so sagte man mir inzwischen, kann man live im Ratssaal dabei beobachten, wie sie sich selbst im Stream bestaunen, weil sie der Übertragung von Wort und Gesicht ins WWW zugestimmt haben.
Nun bedeutet das englische Wort Stream ja bekanntlich sowas wie Strömung oder Fluss und nicht Schluckauf. Was ich da sehe, erinnert mich aber schwer an die Zeit unserer Kasperltourneen durch ganz Bayern im Jahr 1994, als ich hinten im Auto meiner Eltern versucht habe, auf dem tragbarkleinen Minischwarzweißröhrenfernseher mit langer Antenne bei 80km/h auf der Autobahn ein einigermaßen unterbrechungsfreies Bild- und Tonsignal vom Fußballländerspiel der WM in den USA einzufangen. Für wenige Sekunden. Zuverlässig war nicht die Übertragung, sondern nur die nächste Unterbrechung im garantiert spannendsten Moment. Bild und Ton verabschiedeten sich – im Unterschied zu heute damals noch empfangstechnisch bedingt – ins analoge Flimmernirvana und man musste sich Minuten später bei verändertem Spielstand oder noch schlimmer in der Halbzeitpause gedanklich erstmal wieder ins Spielgeschehen einsortieren.
Grund für die heutigen Unterbrechungen ist aber nicht etwa ein Dosentelefon als Internetleitung, sondern die Datenschutzbefindlichkeiten einzelner Stadtratsmitglieder und Fraktionen, die sich zwar allzu gern auf Wahlplakaten, weniger gern aber im Internet sehen. Die Empörung im Winter war noch groß, als sich CSU, BBB und Einzelkämpfer teils mit Verweis auf Stieringers Fakegate diesem neumodischen Internet und der Internetliveübertragung entzogen. Und auch zwei Referenten a.k.a. berufsmäßige, also bezahlte Stadträte legen keinen gesteigerten Wert auf weltweite Popularität und lassen sich visuell piepen. Wie die beiden Herren mehrere hundert Menschen Personal im Rathaus führen, wenn sie gleichzeitig Angst vor 20 Zuschauern im Internet haben, ist mir ein Rätsel. Inzwischen haben sich jedenfalls alle rund 20 Stammzuschauer an die ständigen, werbefreien Zwangsunterbrechungen gewöhnt.
Die vermeintliche Gewöhnung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zuschauerzahlen eher ernüchternd sind. Als ich – um aufs Kasperlspielen zurückzukommen – in den 90ern beim Stammtischfest der Rüftels hinten in Mönchsambach Kasperltheater gespielt habe, hatte ich sogar in schlechten Jahren locker fünfmal so viele Zuschauer. Und es ging dabei – das werden viele Zeitzeugen bestätigen können – spannender zu und war in Nachbetrachtung historisch definitiv relevanter, haben wir doch in der viel beschworenen Gemeinschaft sogar Hexen und Zauberer besiegt. Oder um in der Kulturwelt zu bleiben: Stell’ ich rund 50 Leute als Chor auf eine Bühne, erwarte ich schon, dass jeder mindestens zwei Zuschauer mitbringt.
Woran es liegt? Ich hab eine Vermutung. – Nichts ist uninteressanter als eine öffentliche Stadtratssitzung, für die bereits im Vorfeld in Senaten und in Vorbesprechungen zu Senaten und im Ältestenrat und in der Vorbesprechung zur Vorbesprechung zur Vollsitzung im Hinterzimmer bereits alles glattdiskutiert wurde. Das Streaming dient mehr dem Ego einzelner Stadträte als der Transparenz von Entscheidungen oder gar der großen Demokratie.
Deshalb hab ich meistens etwas Besseres zu tun als öffentlichen Sitzungen zu folgen. Auf dem Rathausflur hört man derweil nämlich oft mehr…
Ihr Florian Herrnleben
Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über die Brückenbrüstung
In seiner Kolumne der Mai-Ausgabe des Stadtechos widmet sich Florian Herrnleben einer Bamberger Brückenbrüstung.
Der gemeine Bamberger ist traditionsbewusst. Wenn irgendetwas nicht mehr „wie‘s scho immä woäh!“ ist, dreht er aus. Jahre ohne Sandkerwa, den Lokalteil vom FT direkt vorne, der Honer, der, glaub‘ ich, inzwischen anders heißt… Mit Neuem tut er sich schwer. Er braucht seine zuverlässigen wie regelmäßigen Einträge im Schwarzbuch der Steuern oder die Staatsanwaltschaft im Rathaus. Nun war auch das Team der Satiresendung quer wieder hier. Bekanntermaßen binnen weniger Monate schon zum zweiten Mal in der WelteBRestadt Bamberg könnte das der Beginn einer weiteren schönen Tradition sein. Es ging diesmal nicht um die Sandmanns und Frankens unserer Stadt, sondern – Natürlich! Thema Nr. 1! – um die Untere Brücke und die dort angesiedelte Gastronomie, die die Stadtgesellschaft so sehr spaltet wie sonst nur Bahngleise oder Lastenfahrradparkplätze.
Etwas aus dem Fokus der Öffentlichkeit ist beim ganzen Kommerzialisierungsstreit die Brückenbrüstungsdiskussion geraten. Nach ungefähr 1000 Jahren „Altes Rathaus im Bamberger Wasser“ hat ein Gutachten des TÜV-Süd sicherheitshalber den mahnenden Zeigefinger erhoben und bestätigt, dass die Brüstung lebensgefährlich sein kann.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Tourist beim Ablichten des fünfmillionsten Fotos vom Brückenrathaus vor einem schrittgeschwindigkeitsfahrenden Segwayfahrer erschrickt, dabei jemanden anrempelt, der sein Vanille-Rosmarin-Schäuferla-Eis, das er wenige Minuten zuvor auf der (sehr sicheren) Oberen Brücke gekauft hat, nicht nur fallen lässt, sondern vor lauter Schreck über die Brüstung der Unteren Brücke schießt, um dann selbst reflexartig hinterherzuhechten, ist so groß wie – um einen berühmten Bamberger Philosophen zu zitieren – ein Waldbrand auf dem Maxplatz.
Trotzdem muss gehandelt werden. Dringend! Die Brücke braucht eine höhere Brüstung! Wir haben es zwar geahnt: Das Verweilen und das Laufen, das Fahrradfahren, überhaupt alles in unmittelbarer Nähe des Sautrogs scheint weiterhin auch laut TÜV recht ungefährlich. Das Verweilen und Laufen auf den dazu einladenden Brüstungen birgt ein erhöhtes Absturzrisiko. Krass! Auch wenn mich bisher kein Brückengeländer explizit zum Besteigen und Herumlaufen eingeladen hat, möchte ich an dieser Stelle für die jüngeren Leser betonen: Das Laufen auf nahezu allen Brückengeländern und Brüstungen kann dazu führen, dass man „nunderbollert“. Und wenn es blöd läuft, in die falsche Richtung. Das gilt übrigens auch für Rutschen und Klettergerüste auf dem Kinderspielplatz: Kopfüberrunterspringen ist doof.
Natürlich möchte niemand die Haftung dafür übernehmen, wenn sich der nächste Zweipromiller eines Nachts auf der Brückenbrüstung verläuft/vertanzt/vertorkelt, was im Übrigen aber auch durch die stadtbekannte Geländervariante B nicht verhindert wird.
Die Brücke erhält aber wohl trotzdem bald ein mittelfiligranes Edelstrahlkonstrukt, an das man sich einerseits wunderbar-bequem anlehnen kann, aber nur tagsüber, was nicht vom Runterbollern abhält, wenn man nachts brüstungtanzt, was man mutmaßlich aber eh nur mit zu wenig Blut im Alkohol macht, was wiederum ja gar nicht passieren kann, weil die Brücke samt Brüstung ja bei zu viel Party wahlweise kommerzialisiert oder gesperrt wird.
Es klingt sinnvoll! Was es kostet? Keine Ahnung…
Aber eventuell ist das Geländer dann vielleicht wieder was für den Bund der Steuerzahler. Also, meine lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger, bleibt es in unserem Bamberg wenigstens dahingehend weiterhin ganz, ganz traditionell.
Stadtecho-Kolumne
Florian Herrnleben über die Causa Sandmann
In seiner Kolumne der April-Ausgabe des Stadtechos widmet sich Florian Herrnleben einem gewissen Sandmann.
Es war einmal ein SPD-Fraktionschef…
Kaum ein Satz, der beim ersten Lesen für Bamberger außerhalb des Fakeaccountfanclubs ganz witzig klingt und gleichzeitig fast subtil, weil so ähnlich bereits 1000 Mal gehört, mit einem ganz besonderen Pronomen beginnt, fasst die letzten Wochen und Monate unserer städtischen Geschehnisse so bedeutungsschwanger zusammen.
Es ging ganz schön rund: Angefangen bei meinem 1000-Euro-Wetteinsatz zur Auffindung der damals noch offiziell vermeintlichen Facebook-Fakeaccounts per Herrnleben-Blog über diverse Zeitungsinterviews und ‑berichte über die Sandmanns, Frankens und Hausdörfers dieser Stadt bis hin zum ersten, größeren Showdown in der BR-Sendung „quer“, in der dann unser aller Stadtmarketingklaus – von Kameras angezogen wie einst Seemänner von den Sirenen – etwas ins Mikrofon sagte, was tief blicken lässt über seine Meinung zur Meinungsmanipulation.
Aber. Trotz allen Drucks zog es der SPD-Fraktionschef, der uns sonst per Facebook eigentlich gerne an jeder Nebensächlichkeit seiner Gedankenwelt teilhaben lässt, vor, ein Geheimnis um die Fakeaccounts zu machen, die sogar überregional inzwischen bekannter sind als so mancher Hinterbänkler des SPD-Fraktion. „Stadtmarketing at its best“, sozusagen.
Die SPD-Fraktion war es übrigens auch, die mich mit ihrem Aufklärungsdrang der drei japanischen Affen maßgeblich dazu motiviert hat, in meiner stadtbekannten Hilfsbereitschaft die Wahrheitsfindung – sagen wir – engagiert voranzutreiben: Zunächst mit einer 19-seitigen Zusammenfassung der wichtigsten Fakten und Verlautbarungen unserer dilettantisch angelegten, künstlichen Maulhelden, dann mit dem Veröffentlichen kleiner WhatsApp-Gruppen-Screenshots, die beweisen, dass Klaus Sandmann nutzte, um seine eigenen SPD-Kreisverband zu manipulieren, und zuletzt nun dank der Expertise von Frau Dr. Thormann, ihres Zeichens einzige öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für forensische Linguistik. – Vereidigt! Ja, Eid! – Wir erinnern uns! Das ist das, was der Königstraßenkaiser bisher nicht ableisten wollte in Form einer eidesstattlichen Erklärung.
Veröffentlichung mit Salamitaktik? – Kann ich, ja! – Über die jüngst abgeschnittene Scheibe wurde breit berichtet:
Frau Dr. Thormann und ich präsentierten in einem gut einstündigen Video unsere Rechercheergebnisse mit ihrer Bewertung der umfassenden Textvergleiche zwischen Fakeaccount-Sandmann und Fakeaccountbuddy-Stieringer, was übrigens noch mehr Spaß gemacht hätte, wäre es nicht um den unvorstellbaren Einzug trumpesker Methoden ins politische Getrommel der Romantisch-Welterbestadt Bamberg gegangen.
Es würde zu weit führen, alle einzelnen Punkte, die sich am Ende zu einem Gesamteindruck zusammenfügen, hier in ein paar Zeilen zu packen. Dafür gibt es das Video (QR-Code!).
Aber. Es erschienen gewisse Haupt-Nebensatz-Muster, Normabweichungen (a.k.a. Fehler) unter anderem bei der Verwendung von „erscheinen“ und eigentümliche Metaphern so auffällig zu sein, dass Klaus Sandmanns heissen (sic!) Atem im Nacken zu spüren erscheint. Und. Auch die überdurchschnittliche Verwendung des Wortes „es“ erscheint eine Normabweichung, weil sie für eine gehäufte Verwendung des Wortes „es“ als Expletivum spricht.
Apropos! Das Expletivum „Es“ aus „Es war einmal…“ ist kein deshalb echtes, kein klassisches Personalpronomen, weil es (hihi!) – um mal frei nach Wikipedia zu zitieren – keinen inhaltlichen Bezug zu einem echten Gegenstand oder zu einer echten Person hat. Wir können es in diesem Fall also locker auch mal völlig unlinguistisch (sorry, Frau Dr. Thormann!) „Fake-Pronomen“ (Fake-Fürwort) nennen. Apropos Fake…
Es war einmal – mit hoher Wahrscheinlichkeit – der SPD-Fraktionschef…