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StiPf

Stu­die­ren­de aus aller Welt in Bam­ber­ger Patenfamilien

Ehren­amt­li­che Initia­ti­ve „StiPf“

Um es aus­län­di­schen Stu­die­ren­den in Bam­berg zu ermög­li­chen, abseits des Uni­ver­si­täts­le­bens Ein­bli­cke in die Kul­tur und das Fami­li­en­le­ben ihres Gast­lan­des zu gewin­nen, haben Ute Stö­ri­ko und Armin Gertz vor zehn Jah­ren die ehren­amt­li­che Pri­vat-initia­ti­ve „Stu­die­ren­de aus aller Welt in Bam­ber­ger Paten­fa­mi­li­en“, kurz „StiPf“, gegrün­det. Teil­wei­se ent­wi­ckeln sich Freund­schaf­ten, die jah­re­lang bestehen.

An der Bam­ber­ger Uni­ver­si­tät sind der­zeit etwa 220 aus­län­di­sche Stu­den­tin­nen und Stu­den­ten ein­ge­schrie­ben. Die einen pfle­gen sozia­le Kon­tak­te aus­schließ­lich mit ande­ren aus­län­di­schen Stu­die­ren­den, die ande­ren auch mit deut­schen Kom­mi­li­to­nin­nen und Kom­mi­li­to­nen. Eini­ge möch­ten aber auch wei­ter­füh­ren­de Ein­bli­cke in das Leben ihres Gast­lan­des erhalten.

Um die­sen Stu­die­ren­den der­ar­ti­ge Per­spek­ti­ven zu eröff­nen, bie­tet das Pro­gramm „StiPf“, „Stu­die­ren­de aus aller Welt in Bam­ber­ger Paten­fa­mi­li­en“, ein Netz­werk von etwa 30 Paten­fa­mi­li­en, für das sich inter­es­sier­te Stu­die­ren­de anmel­den können.

Bei regel­mä­ßi­gen Tref­fen kön­nen sich die bei­den Sei­ten bei ver­schie­dens­ten Akti­vi­tä­ten wie Aus­flü­gen, Spie­len oder gemein­sa­men Essen ken­nen­ler­nen und gegen­sei­tig den Hori­zont erweitern.

Ute Stö­ri­ko und Armin Gertz haben die Initia­ti­ve vor zehn Jah­ren gegrün­det. Wir haben Sie zum Inter­view getroffen.

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Ute Stö­ri­ko und Armin Gertz, Foto: S. Quenzer
Frau Stö­ri­ko, Herr Gertz, Sie haben die Initia­ti­ve „Stu­die­ren­de aus aller Welt in Bam­ber­ger Paten­fa­mi­li­en“ vor zehn Jah­ren gegrün­det. Was war der Aus­lö­ser für die­sen Schritt?

Ute Stö­ri­ko: Kurz vor­her hat­te ich in Chi­na einen Stu­den­ten ken­nen­ge­lernt, der drei Jah­re in Deutsch­land gelebt und stu­diert hat­te. Er erzähl­te mir, dass er trotz­dem nie mit Deut­schen zu tun hat­te, son­dern eigent­lich nur mit einem wei­te­ren Chi­ne­sen, mit dem er zusam­men wohn­te. Das fand ich erschüt­ternd. Zurück in Bam­berg habe ich Armin dar­auf ange­spro­chen – wir arbei­ten bei­de für das Spra­chen­zen­trum der Uni­ver­si­tät – und sag­te: Das müs­sen wir ändern, das darf in Bam­berg nicht sein!

Armin Gertz: Ich gab zu die­sem Zeit­punkt an der Uni bereits ver­schie­de­ne Kur­se, die in die Rich­tung kul­tu­rel­len Aus­tauschs mit aus­län­di­schen Stu­die­ren­den gin­gen, das heißt, es ihnen zu ermög­li­chen, dass sie hier nicht nur ler­nen als Haupt­be­schäf­ti­gung – oder fei­ern –, son­dern dass sie auch mehr Kon­takt mit Deut­schen haben. Das soll­te aber nicht nur mit Gleich­alt­ri­gen gesche­hen, die sie auch an der Uni­ver­si­tät ken­nen­ler­nen könn­ten. So haben Ute und ich die Idee ent­wi­ckelt, Stu­die­ren­de mit deut­schen Fami­li­en zusam­men­zu­brin­gen, damit sie Ein­bli­cke erhal­ten in deren typi­schen Alltag.

Wel­che Ent­wick­lung hat StiPf seit­her genommen?

Ute Stö­ri­ko: Neun Jah­re lang waren wir auf rela­tiv glei­chem Level, was die Zahl der Stu­die­ren­den in Gast­fa­mi­li­en angeht. Jetzt aber, wo wir För­der­gel­der aus dem Bun­des­för­der­pro­gramm „Demo­kra­tie leben“ akqui­rie­ren konn­ten, wol­len wir das Gan­ze wei­ter­ent­wi­ckeln. Das heißt, wir möch­ten noch mehr Stu­die­ren­de und Fami­li­en zusam­men­brin­gen und somit an Bekannt­heit gewin­nen – auch, um den Wert der Initia­ti­ve deut­li­cher aufzuzeigen.

Sie arbei­ten ehren­amt­lich. Gibt es Plä­ne, die Initia­ti­ve haupt­amt­lich zu betreiben?

Armin Gertz: Die­sen Weg sehen wir dann doch nicht. Und es ist auch nicht not­wen­dig. Der Geist des Gan­zen ist, dass alle ehren­amt­lich betei­ligt sind, nicht nur wir, auch die Fami­li­en und die Stu­die­ren­den. Sie brin­gen sich mit eige­nen Ideen zur Akti­vi­tä­ten­ge­stal­tung oder durch ihre Offen­heit zum Gespräch ja auch ein.

Gibt es eine Alter­na­ti­ve zu Ihrer Initia­ti­ve oder ist sie in Bam­berg einzigartig?

Armin Gertz: Es gibt an der Uni soge­nann­te Tan­dem-Pro­gram­me, bei denen sich deut­sche Stu­die­ren­de mit inter­na­tio­na­len Stu­die­ren­den in den ers­ten Wochen für die Inte­gra­ti­on zusam­men­schlie­ßen, wor­aus manch­mal auch Freund­schaf­ten ent­ste­hen. Stu­die­ren­de mit Fami­li­en zusam­men­zu­brin­gen, wie wir es machen, ist aber tat­säch­lich einzigartig.

Ute Stö­ri­ko: Ich weiß von mei­nen Kin­dern, dass vie­le Eras­mus-Stu­die­ren­de nur Kon­takt inner­halb ihrer Eras­mus-Bla­se haben – auf Eng­lisch. Das ist nett, aber es stellt sich die Fra­ge, ob da nicht noch mehr mög­lich ist.

Was ist schlimm dar­an, wenn Stu­die­ren­de unter sich bleiben?

Armin Gertz: Schlimm ist es über­haupt nicht, es ist toll – gera­de in der Eras­mus-Grup­pe, in der man vie­le inter­na­tio­na­le Kon­tak­te haben kann. Aber ich den­ke, wenn man im Aus­land stu­diert, wählt man das jewei­li­ge Gast­land meis­tens, um des­sen Spra­che und Kul­tur bes­ser ken­nen­zu­ler­nen. Das geht natür­lich auch ohne Paten­fa­mi­li­en. Aber um ein tie­fe­res Ver­ständ­nis dar­über zu gewin­nen, wie die Men­schen in dem Land ticken, ist es sehr hilf­reich, Ein­hei­mi­sche ken­nen­zu­ler­nen. Wir mei­nen damit aber nicht nur Ein­hei­mi­sche im sel­ben Alter, mit dem glei­chen Musik- oder Mode­ge­schmack, denn da gibt es inter­na­tio­nal ja nicht so gro­ße Unter­schie­de. Wir mei­nen ver­schie­de­ne Gene­ra­tio­nen – genau das bie­tet die Chan­ce, unter­schied­li­che Per­spek­ti­ven kennenzulernen.

Sie ver­spre­chen den teil­neh­men­den Stu­die­ren­den, authen­ti­sche deut­sche Kul­tur ken­nen­zu­ler­nen. Was ist die­se Kul­tur für Sie?

Ute Stö­ri­ko: Das fängt zum Bei­spiel in der Weih­nachts­zeit an. Meis­tens kom­men die Eras­mus-Stu­die­ren­den im Win­ter­se­mes­ter nach Bam­berg und ler­nen die Fami­li­en im Novem­ber ken­nen. Dann gibt es Weih­nachts­markt, Weih­nachts­kek­se oder Glüh­wein. Hin­zu kom­men Frei­zeit­ak­ti­vi­tä­ten wie Wan­dern, Rad­tou­ren oder Spieleabende.

Armin Gertz: Wir wol­len aber nicht sagen, dass es die eine deut­sche oder die eine frän­ki­sche Kul­tur gibt. Wir ver­su­chen ein bun­tes und viel­sei­ti­ges Bam­berg abzu­bil­den und nicht nur das frän­ki­sche Bamberg.

Kön­nen zum Bei­spiel schon Rauch­bier oder Glüh­wein mit ihrem für vie­le doch gewöh­nungs­be­dürf­ti­gen Geschmack einen Kul­tur­schock auslösen?

Armin Gertz: Einen ech­ten Kul­tur­schock sicher nicht. Wobei das def­ti­ge hie­si­ge Essen schon eine Her­aus­for­de­rung für aus­län­di­sche Stu­die­ren­de sein kann. Aber zum Bei­spiel ist es, im Unter­schied zu Deutsch­land, nicht in allen Län­dern üblich, mit Stra­ßen­schu­hen im Haus herumzulaufen.

Ute Stö­ri­ko: Wir geben den Stu­die­ren­den schon ein paar Tipps, wor­auf vie­le Fami­li­en Wert legen, wie zum Bei­spiel das Licht aus­zu­ma­chen, wenn man das Zim­mer ver­lässt, oder dass man beim Essen gemein­sam beginnt. Aber zu Kul­tur­schocks kommt es eigent­lich nicht. Unse­re Fami­li­en sind wun­der­bar welt­of­fen. Und wenn es irgend­wel­che Miss­ver­ständ­nis­se gibt, wird gemein­sam gelacht und die Sache aufgeklärt.

Wur­de die Paten­schaft schon ein­mal gekündigt?

Armin Gertz: Zu Streit ist es noch nicht gekom­men, aber es ist schon pas­siert, dass der Kon­takt ein­fach immer weni­ger wur­de. Es kann pas­sie­ren, dass es Ter­min­schwie­rig­kei­ten gibt und Tref­fen immer wie­der ver­scho­ben wer­den, bis sie dann gar nicht mehr zustan­de kom­men. Aber ein­schrei­ten und schlich­ten muss­ten wir noch nie.

Wel­che Vor­aus­set­zun­gen soll­ten die Paten­fa­mi­li­en mitbringen?

Armin Gertz: Es soll­ten Fami­li­en sein, die welt­of­fen sind und Inter­es­se haben, die jewei­li­ge Kul­tur ihrer Stu­die­ren­den ken­nen­zu­ler­nen und sozu­sa­gen die Welt zu Gast zu haben. Sie soll­ten außer­dem bereit sein, Zeit zu inves­tie­ren oder auch Ideen ein­brin­gen, wie sich Akti­vi­tä­ten gestal­ten lassen.

Dann machen Sie ein Matching-Ver­fah­ren, um Fami­li­en und Stu­die­ren­de zusam­men­zu­brin­gen. Das klingt nach einem Vorstellungsgespräch.

Ute Stö­ri­ko: Nein, über­haupt nicht. Die Fami­li­en und die Stu­die­ren­den schrei­ben so eine Art Steck­brief über sich. Matching-Ver­fah­ren bedeu­tet in die­sem Fall ledig­lich, dass wir die­se Brie­fe mit­ein­an­der abglei­chen und schau­en, wer am bes­ten zu wem passt.

Armin Gertz: Wir haben bei­spiels­wei­se immer wie­der musi­ka­li­sche Fami­li­en und Stu­die­ren­de, die selbst ein Instru­ment spie­len. Sol­che Anknüp­fungs­punk­te ver­su­chen wir zu finden.

Geben Sie vor, wie oft oder wozu sich die Betei­lig­ten tref­fen sollten?

Armin Gertz: Nein, das machen wir nicht – wol­len wir auch gar nicht. Die Leu­te tref­fen sich etwa ein­mal alle zwei Wochen. Es gibt aber auch Fami­li­en, die ihre Stu­die­ren­den öfter sehen oder auch mal ein gan­zes Wochen­en­de mit ihnen ver­brin­gen. Es ist aber wich­tig für die Fami­li­en zu wis­sen, dass sie sich nicht ver­pflich­tet füh­len müs­sen, jede Woche einen Ter­min zu vereinbaren.

Ute Stö­ri­ko: Es soll nach Lust und Lau­ne gesche­hen. Und wenn sich aus der Paten­schaft eine lebens­lan­ge Ver­bin­dung ent­wi­ckelt, ist das umso schö­ner. Es gibt bei­spiels­wei­se eine Fami­lie, die mit einer Ame­ri­ka­ne­rin wäh­rend der Paten­schaft einen so guten Kon­takt auf­ge­baut hat, dass sie zu ihrer Hoch­zeit ein­ge­la­den wurde.

Ent­ste­hen für die Fami­li­en Unkosten?

Armin Gertz: Unse­re Fami­li­en laden ihre Paten­stu­die­ren­den zwar gele­gent­lich zum Essen oder auch mal ins Thea­ter oder Kon­zert ein, aber im Vor­der­grund steht der per­sön­li­che Aus­tausch und die Begeg­nung zwei­er Kul­tu­ren. Und die Stu­die­ren­den kochen auch ger­ne mal etwas Typi­sches aus ihrem Hei­mat­land für die Familien.

Soll­ten es Fami­li­en mit Mut­ter, Vater und Kin­der sein oder kön­nen sich zum Bei­spiel auch Allein­ste­hen­de für die Paten­schaft melden?

Ute Stö­ri­ko: Es soll­ten schon Fami­li­en sein, aber Paa­re ohne Kin­der oder wie im
Fall von mei­nem Mann und mir, wo die Kin­der schon aus dem Haus sind, gehen auch.

Spielt die StiPf-Initia­ti­ve eine Rol­le bei der Unter­brin­gung von geflüch­te­ten Ukrai­ne­rin­nen und Ukrainern?

Armin Gertz: Zu dem Zeit­punkt als der Krieg in der Ukrai­ne los­ging, also etwa zur Zeit des Über­gangs vom letz­ten Win­ter- zum Som­mer­se­mes­ter, hat­ten wir vier Ukrai­ne­rin­nen in unse­rem Pro­gramm, die zum Semes­ter­en­de Bam­berg eigent­lich wie­der ver­las­sen soll­ten. Doch sie konn­ten in Bam­berg blei­ben und so wur­den ihnen ihre Bam­ber­ger Fami­li­en in die­ser emo­tio­nal belas­te­ten Situa­ti­on ein wenig zur zwei­ten Heimat.

Ute Stö­ri­ko: Die Uni Bam­berg hat mehr Stu­die­ren­den aus der Ukrai­ne die Mög­lich­keit gege­ben hier zu blie­ben und wir den­ken, dass unser Pro­gramm dadurch beson­ders für die­se Grup­pe inter­es­sant sein könnte.