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Studie - Page 2

Stu­die der Uni­ver­si­tä­ten Darm­stadt, Bam­berg und Frankfurt

For­schen­de ent­lar­ven man­gel­haf­te Daten­schutz-Ein­stel­lun­gen auf ein paar tau­send Webseiten

Eine inter­dis­zi­pli­nä­re Stu­die von For­schen­den der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät Darm­stadt, der Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät Bam­berg und der Goe­the-Uni­ver­si­tät Frank­furt zeigt, wie Web­sei­ten­be­trei­ben­de am wir­kungs­volls­ten über man­gel­haf­te Daten­schutz-Kon­fi­gu­ra­tio­nen infor­miert wer­den können.

So kön­nen Behör­den und Sicher­heits­for­schen­de zukünf­tig mög­lichst effek­tiv Anbie­ten­de von Web­sei­ten dazu bewe­gen, Män­gel zu erken­nen und zu behe­ben. Das For­schungs­team stellt dazu auch das Werk­zeug „Check Goog­le Ana­ly­tics“ zur Ver­fü­gung, mit dem die kor­rek­te Akti­vie­rung der IP-Anony­mi­sie­rung bei der Ein­bin­dung von Goog­le Ana­ly­tics über­prüft wer­den kann.


Feh­ler­haf­te Daten­schutz­ein­stel­lun­gen auf Webseiten

Fast alle Web­sei­ten und Online­shops ver­wen­den Ana­ly­se­werk­zeu­ge wie Goog­le Ana­ly­tics, um mehr über die Sei­ten­be­su­che­rin­nen und ‑besu­cher und deren Nut­zungs­ver­hal­ten zu erfah­ren. Doch nicht alle die­ser Tools sind daten­schutz­kon­form nach der Daten­schutz­grund­ver­ord­nung (DSGVO) ein­ge­rich­tet. Durch fal­sche Ein­stel­lun­gen kön­nen Web­sei­ten­ver­ant­wort­li­che Gegen­stand von Abmah­nun­gen, Scha­dens­er­satz oder Buß­gel­dern werden.

For­schen­de aus den Fach­be­rei­chen Infor­ma­tik (Pro­fes­sor Mat­thi­as Hollick und Max Maaß, TU Darm­stadt; Pro­fes­sor Domi­nik Herr­mann und Hen­ning Pri­döhl, Uni­ver­si­tät Bam­berg), Psy­cho­lo­gie (Ali­na Stö­ver, TU Darm­stadt) und Rechts­wis­sen­schaf­ten (Dr. Sebas­ti­an Brett­hau­er und Pro­fes­so­rin Indra Spiecker genannt Döh­mann, Goe­the-Uni­ver­si­tät Frank­furt) gin­gen in einer Stu­die der Fra­ge nach, wie Web­sei­ten­be­trei­ben­de über feh­ler­haf­te Daten­schutz­ein­stel­lun­gen die­ser Ana­ly­se­diens­te so infor­miert wer­den kön­nen, dass sie ihre Inter­net-Ange­bo­te mög­lichst effek­tiv zur recht­mä­ßi­gen Ein­stel­lung hin ändern.


Infor­miert wur­den fast 4000 Betrei­be­rin­nen und Betreiber

Inner­halb der inter­dis­zi­pli­nä­ren Stu­die wur­den 3954 Betrei­be­rin­nen und Betrei­ber von ins­ge­samt 4096 deut­schen Web­sei­ten über eine feh­len­de oder feh­ler­haf­te Kon­fi­gu­ra­ti­on der IP-Anony­mi­sie­rung beim popu­lä­ren Ana­ly­se­dienst Goog­le Ana­ly­tics infor­miert. Dies bedeu­te­te einen Ver­stoß gegen Daten­schutz­an­for­de­run­gen. Für das Benach­rich­ti­gungs­expe­ri­ment wur­den ers­tens die For­mu­lie­rung der Nach­richt (Hin­weis mit Infor­ma­ti­on über Fol­gen für Nutzerschutz/​Hinweis mit Infor­ma­ti­on über mög­li­che Rechts­fol­gen), zwei­tens das Kon­takt­me­di­um (E‑Mail oder Brief) und drit­tens der Absen­der (Infor­ma­tik­stu­die­ren­de als Pri­vat­per­son; Infor­ma­tik­lehr­stuhl; daten­schutz­recht­li­cher Lehr­stuhl und For­schungs­in­sti­tut) variiert.

Die Ergeb­nis­se zei­gen, dass die Män­gel am ehes­ten beho­ben wer­den, wenn die Benach­rich­ti­gung einen Hin­weis auf recht­li­che Fol­gen ent­hält. Außer­dem wur­den die Ein­stel­lun­gen bei Infor­ma­ti­on per Brief häu­fi­ger kor­ri­giert als bei Hin­wei­sen per E‑Mail. Die Iden­ti­tät des Absen­ders beein­flusst die Bereit­schaft, Ände­run­gen vor­zu­neh­men, eben­falls: So führ­ten Schrei­ben des daten­schutz­recht­li­chen Lehr­stuhls und For­schungs­in­sti­tuts häu­fi­ger zum Erfolg als Infor­ma­tio­nen von For­schen­den aus der Informatik.


Mehr als die Hälf­te der Benach­rich­tig­ten behob das Problem

Über­ra­schend effek­tiv zeig­te sich die Infor­ma­ti­on durch Pri­vat­per­so­nen mit fach­li­chem Hin­ter­grund (Infor­ma­tik­stu­die­ren­de). Ins­ge­samt wur­de das Pro­blem von mehr als der Hälf­te (56,6 Pro­zent) der Infor­mier­ten als Reak­ti­on auf das Benach­rich­ti­gungs­expe­ri­ment beho­ben, wäh­rend in der unin­for­mier­ten Kon­troll­grup­pe nur 9,2 Pro­zent von sich aus, zum Bei­spiel auf der Basis von Medi­en­be­rich­ten, agierte.

Die Ergeb­nis­se einer anschlie­ßen­den Umfra­ge, die im Rah­men der Stu­die mit den Web­sei­ten­be­trei­ben­den durch­ge­führt wur­de, zeig­te wei­ter­füh­ren­de Erkennt­nis­se zum Wis­sen der Web­sei­ten­ver­ant­wort­li­chen im Hin­blick auf die von ihnen benutz­ten Ana­ly­se­tools. Fast 20 Pro­zent der Teil­neh­men­den waren sich nicht bewusst, das Ana­ly­se­werk­zeug Goog­le Ana­ly­tics auf ihrer Web­sei­te zu ver­wen­den. Zudem gaben 12,7 Pro­zent an, von der wider­recht­li­chen Ein­stel­lung gewusst und sie den­noch nicht beho­ben zu haben. Zusam­men mit der Reak­ti­ons­ra­te sind somit Rück­schlüs­se auf daten­schutz­kon­for­mes Ver­hal­ten und die Effek­ti­vi­tät von Hin­wei­sen auf daten­schutz­wid­ri­ges Ver­hal­ten möglich.


Für alle zugäng­lich: das Werk­zeug “Check Goog­le Analytics”

Basis der Ana­ly­se war das von den Autorin­nen und Autoren ent­wi­ckel­te Werk­zeug „Check Goog­le Ana­ly­tics“: https://checkgoogleanalytics.psi.uni-bamberg.de . Damit kön­nen die Ein­stel­lun­gen der eige­nen Web­sei­te im Hin­blick auf den daten­schutz­kon­for­men Ein­satz der Anony­mi­sie­rungs­funk­ti­on von Goog­le Ana­ly­tics schnell und kos­ten­los geprüft wer­den. Im Rah­men der Unter­su­chun­gen wur­den mit Hil­fe des Tools fast 40.000 Scans von über 14.000 Web­sei­ten durchgeführt.

Die Stu­die „Effec­ti­ve Noti­fi­ca­ti­on Cam­paigns on the Web: A Mat­ter of Trust, Framing, and Sup­port” wur­de am 12. August 2021 auf der renom­mier­ten Kon­fe­renz USENIX Secu­ri­ty Sym­po­si­um vor­ge­stellt. Pra­xis-Tipps für die Durch­füh­rung einer sol­chen Benach­rich­ti­gungs­stu­die wer­den wäh­rend des Inter­na­tio­nal Work­shops on Infor­ma­ti­on Secu­ri­ty Metho­do­lo­gy and Repli­ca­ti­on Stu­dies (IWSMR 2021, 17. bis 20. August) vor­ge­stellt. Eine Vor­ab­ver­si­on der Ergeb­nis­se kann auf dem Doku­men­ten­ser­ver arXiv ein­ge­se­hen wer­den: https://arxiv.org/abs/2106.08029

Nach Auf­fas­sung der Kon­fe­renz der unab­hän­gi­gen Daten­schutz­auf­sichts­be­hör­den des Bun­des und der Län­der vom 12.05.2020 reicht die IP-Anony­mi­sie­rung inzwi­schen nicht mehr aus, um Goog­le Ana­ly­tics rechts­kon­form zu betrei­ben; inzwi­schen wird unter ande­rem eine vor­he­ri­ge Ein­wil­li­gung der Sei­ten­be­su­che­rin­nen und ‑besu­cher gefor­dert. Ob Goog­le Ana­ly­tics in Euro­pa nach dem „Schrems II“-Urteil über­haupt noch betrie­ben wer­den darf, wird der­zeit in meh­re­ren Beschwer­de­ver­fah­ren von den Daten­schutz­auf­sichts­be­hör­den untersucht.

Die For­schungs­ar­beit wur­de von der Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft (DFG) im Rah­men des Gra­du­ier­ten­kol­legs 2050 „Pri­va­cy and Trust for Mobi­le Users“ sowie vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Bil­dung und For­schung (BMBF) und dem Hes­si­schen Minis­te­ri­um für Wis­sen­schaft und Kunst (HMWK) im Rah­men der gemein­sa­men För­de­rung des Natio­na­len For­schungs­zen­trums für ange­wand­te Cyber­si­cher­heit ATHENE unterstützt.

Die Publi­ka­ti­on ist online zu fin­den unter https://www.usenix.org/conference/usenixsecurity21/presentation/maass

Inklu­si­ons­stu­die INSIDE 

Kin­der mit För­der­be­darf konn­ten im Lock­down schlech­ter lernen

Inklu­siv beschul­te Schü­le­rin­nen und Schü­ler mit son­der­päd­ago­gi­schen För­der­be­dar­fen haben wäh­rend der Schul­schlie­ßun­gen im Früh­jahr 2020 ungüns­ti­ge­re Lern­be­din­gun­gen erlebt als ihre Mit­schü­le­rin­nen und Mit­schü­ler ohne sol­che beson­de­ren Bedar­fe, wie aus einer der Aus­wer­tung einer Befra­gung von fast 2.000 Kin­dern der Klas­sen­stu­fen 7 und 8 hervorgeht.

Die Befra­gung wur­de als Teil der schul­be­zo­ge­nen Inklu­si­ons­stu­die INSIDE durch­ge­führt, die unter ande­rem am Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi) behei­ma­tet ist. Es zeig­te sich, dass gleich­zei­tig die Kin­der, unab­hän­gig von För­der­be­dar­fen, die Zeit der Schul­schlie­ßung sehr unter­schied­lich wahr­ge­nom­men haben.

Die Bedin­gun­gen für das Ler­nen zuhau­se wäh­rend der ers­ten Schul­schlie­ßung waren für Schü­le­rin­nen und Schü­ler von ganz unter­schied­li­chen Vor­aus­set­zun­gen geprägt. Inzwi­schen herrscht Einig­keit dar­über, dass sich bestehen­de Benach­tei­li­gun­gen durch die Schul­schlie­ßun­gen wei­ter ver­schärft haben. Eine Grup­pe ist dabei beson­ders betrof­fen, jedoch weit­ge­hend aus dem Blick­feld gera­ten: Zur Situa­ti­on von Schü­le­rin­nen und Schü­lern mit son­der­päd­ago­gi­schen För­der­be­dar­fen lie­gen bis­lang nur wenig empi­ri­sche Befun­de vor. Die­se Lücke will das Pro­jekt INSIDE (Inklu­si­on in und nach der Sekun­dar­stu­fe) ver­rin­gern. Die For­sche­rin­nen Dr. Cor­ne­lia Gresch von der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Ber­lin und Dr. Mon­ja Schmitt vom LIf­Bi in Bam­berg gehen in einer aktu­el­len Aus­wer­tung der Fra­ge nach, wel­che Unter­schie­de es wäh­rend der Schul­schlie­ßun­gen im Früh­jahr 2020 beim Ler­nen und Wohl­be­fin­den zwi­schen Schul­kin­dern mit und ohne För­der­be­dar­fe gab. Die Daten dafür lie­fern Selbst­ein­schät­zun­gen von 1.939 Kin­dern, die im Rah­men der regu­lä­ren Erhe­bun­gen der Lang­zeit­stu­die INSIDE im Herbst 2020 erfragt wur­den. 13 Pro­zent die­ser Kin­der hat­ten son­der­päd­ago­gi­sche Förderbedarfe.


Prä­senz­un­ter­richt ermög­licht Teilhabe

Kin­der mit son­der­päd­ago­gi­schen För­der­be­dar­fen wei­sen zu Hau­se häu­fig eher ungüns­ti­ge Lern­vor­aus­set­zun­gen auf. Für sie ist das Feh­len von Prä­senz­un­ter­richt beson­ders fol­gen­reich, denn die Teil­ha­be an Bil­dungs­an­ge­bo­ten wird ihnen dadurch erschwert. Dazu kommt, dass das Ler­nen zuhau­se sich stark von den indi­vi­dua­li­sier­ten Unter­richts­for­ma­ten unter­schei­det, die die­se Grup­pe gewohnt ist: Sie benö­tigt mehr Moti­va­ti­on, mehr Beglei­tung und Auf­merk­sam­keit durch die Lehr­kraft und umso mehr das Gefühl, in einer Gemein­schaft zu ler­nen – Fak­to­ren, die beim Ler­nen zuhau­se im Früh­jahr 2020 weit­ge­hend weg­ge­fal­len sind.


Kin­der mit För­der­be­darf lern­ten weniger

Wie auch aus ande­ren Befra­gun­gen zum Ler­nen zuhau­se wäh­rend der Schul­schlie­ßung (–> NEPS Coro­na & Bil­dung No. 1) her­vor­ging, war die Zeit­span­ne, die Schü­le­rin­nen und Schü­ler mit schu­li­schen Lern­in­hal­ten ver­brach­ten, sehr unter­schied­lich. Die­ses Bild zeigt sich auch in der INSI­DE-Befra­gung. Es gibt sowohl Kin­der, die berich­te­ten, in die­ser Zeit deut­lich weni­ger für die Schu­le gear­bei­tet zu haben, als auch sol­che, die einen viel grö­ße­ren Zeit­auf­wand als zu nor­ma­len Schul­zei­ten anga­ben. Beim Ver­gleich der Grup­pen mit und ohne För­der­be­dar­fe zei­gen sich sta­tis­tisch bedeut­sa­me Unter­schie­de. 18 Pro­zent der Schü­le­rin­nen und Schü­ler mit För­der­be­dar­fen gaben an, viel weni­ger gear­bei­tet zu haben. Bei den Mit­schü­le­rin­nen und Mit­schü­lern ohne För­der­be­dar­fe mach­ten die­se Aus­sa­ge nur 11 Pro­zent. Noch deut­li­cher wird die­ser Unter­schied bei der Fra­ge, in wel­chem Umfang die Auf­ga­ben bear­bei­tet wur­den, die von der Schu­le zur Ver­fü­gung gestellt wur­den. 17 Pro­zent der Kin­der mit För­der­be­dar­fen gaben hier „kei­ne“ oder „wenig“ an (im Ver­gleich zu 8 Pro­zent bei der Grup­pe ohne För­der­be­dar­fe). Bei der Arbeits­um­ge­bung ist auf­fäl­lig, dass Kin­der mit För­der­be­dar­fen weni­ger oft einen Zugang zu Dru­ckern hat­te, aber häu­fi­ger von Per­so­nen berich­te­ten, die auf die Erle­di­gung der Auf­ga­ben achteten.


Schul­schlie­ßung beein­flusst auch Wohlbefinden

Die For­schen­den frag­ten die Kin­der auch, wie es ihnen wäh­rend der ers­ten Schul­schlie­ßung ins­ge­samt gegan­gen ist. Die Ant­wor­ten erge­ben ein hete­ro­ge­nes Bild. Auf­fäl­lig ist, dass Kin­der mit För­der­be­dar­fen signi­fi­kant häu­fi­ger extre­me Emp­fin­dun­gen („über­haupt nicht gut“ oder „sehr gut“) angaben.

Ins­ge­samt sehen die For­sche­rin­nen Gresch und Schmitt Kin­der mit son­der­päd­ago­gi­schen För­der­be­dar­fen beim Ler­nen zuhau­se benach­tei­ligt. „Sie hat­ten zusätz­lich zu den bestehen­den Her­aus­for­de­run­gen teil­wei­se ungüns­ti­ge­re Lern­be­din­gun­gen und ver­brach­ten auch weni­ger Zeit mit Ler­nen. Wir sehen hier die Befun­de ande­rer Stu­di­en bestä­tigt, dass Ungleich­heit durch feh­len­den Prä­senz­un­ter­richt wei­ter ver­stärkt wird“, so Cor­ne­lia Gresch.

Der voll­stän­di­ge Bericht ist auf https://www.lifbi.de/Transferberichte zu finden.


Über das Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi)

Das Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi) unter­sucht Bil­dungs­pro­zes­se von der Geburt bis ins hohe Erwach­se­nen­al­ter. Um die bil­dungs­wis­sen­schaft­li­che Längs­schnitt­for­schung in Deutsch­land zu för­dern, stellt das LIf­Bi grund­le­gen­de, über­re­gio­nal und inter­na­tio­nal bedeut­sa­me, for­schungs­ba­sier­te Infra­struk­tu­ren für die empi­ri­sche Bil­dungs­for­schung zur Verfügung.

Kern des Insti­tuts ist das Natio­na­le Bil­dungs­pa­nel (NEPS), das am LIf­Bi behei­ma­tet ist und die Exper­ti­se eines deutsch­land­wei­ten, inter­dis­zi­pli­nä­ren Exzel­lenz­netz­werks ver­eint. Wei­te­re Groß­pro­jek­te, an denen das LIf­Bi betei­ligt oder füh­rend ist, sind die Geflüch­te­ten­stu­di­en ReGES und Bil­dungs­we­ge­Flucht oder das Inklu­si­ons­pro­jekt INSIDE. Grund­la­ge dafür sind die eige­nen For­schungs- und Ent­wick­lungs­ar­bei­ten, ins­be­son­de­re die fun­dier­te Instru­men­ten- und Metho­den­ent­wick­lung für längs­schnitt­li­che Bil­dungs­stu­di­en, von der auch ande­re Infra­struk­tur­ein­rich­tun­gen und ‑pro­jek­te profitieren.

Wie geht es Führungskräften?

Bam­ber­ger Psy­cho­lo­gie sucht Füh­rungs­kräf­te für Studie

Wie wir­ken sich die Auf­ga­ben und Anfor­de­run­gen auf die Leis­tungs­fä­hig­keit und Gesund­heit von Füh­rungs­kräf­ten aus? Um dar­auf Ant­wor­ten zu fin­den, sucht die Bam­ber­ger Pro­fes­sur für Arbeits- und Orga­ni­sa­ti­ons­psy­cho­lo­gie Stu­di­en­teil­neh­men­de, um das Wohl­be­fin­den von Vor­ge­setz­ten zu erforschen.

Füh­rungs­kräf­te müs­sen stra­te­gisch han­deln, dabei visio­när und vor­bild­lich sein sowie Per­so­nal­ent­wick­lun­gen und Gesund­heits­ma­nage­ment im Blick behal­ten. Damit haben sie weit­rei­chen­den Ein­fluss auf den Erfolg von Orga­ni­sa­tio­nen sowie auf das Enga­ge­ment, die Zufrie­den­heit und die Gesund­heit ihrer Mit­ar­bei­ten­den. Doch wie wir­ken sich die Auf­ga­ben und Anfor­de­run­gen auf die Leis­tungs­fä­hig­keit und Gesund­heit von Füh­rungs­kräf­ten selbst aus? Ein aktu­el­les For­schungs­pro­jekt an der Bam­ber­ger Pro­fes­sur für Arbeits- und Orga­ni­sa­ti­ons­psy­cho­lo­gie möch­te Ant­wor­ten fin­den. Dazu wer­den noch bis Ende Sep­tem­ber 2021 dis­zi­pli­na­ri­sche wie fach­li­che Füh­rungs­kräf­te aller Bran­chen und Orga­ni­sa­tio­nen gesucht, die im Rah­men meh­re­rer kur­zer Online-Befra­gun­gen Aus­kunft über ihr Wohl­erge­hen im Arbeits- und Füh­rungs­all­tag geben.

Die Stu­di­en­teil­neh­men­den erwar­tet eine 15-minü­ti­ge Vor-Befra­gung sowie ins­ge­samt drei Fra­ge­bö­gen, deren Bear­bei­tung jeweils zehn Minu­ten in Anspruch nimmt und die über einen selbst fest­ge­leg­ten Zeit­raum von drei Wochen bear­bei­tet wer­den. Auch Mit­ar­bei­ten­de spie­len im Füh­rungs­all­tag eine wich­ti­ge Rol­le, wes­halb deren Per­spek­ti­ve für die Stu­die eben­falls von Belang ist: Daher erhal­ten die Inter­view­ten am Ende jedes Fra­ge­bo­gens einen Link zu einer ähn­lich auf­ge­bau­ten Befra­gung, die an min­des­tens drei Mit­ar­bei­ten­de wei­ter­ge­lei­tet wer­den soll.

Die Füh­rungs­kräf­te, die an der Stu­die mit­wir­ken, erhal­ten auf Wunsch eine indi­vi­du­el­le Rück­mel­dung zu den Befra­gungs­er­geb­nis­sen sowie Anre­gun­gen, Tipps und Emp­feh­lun­gen, wie die­se Ergeb­nis­se inter­pre­tiert und genutzt wer­den kön­nen. Auf die­se Wei­se kön­nen sie von zuge­schnit­te­nen und wis­sen­schaft­lich fun­dier­ten Emp­feh­lun­gen für die Leis­tungs­fä­hig­keit und Gesund­heit ihres Teams pro­fi­tie­ren. Dar­über hin­aus besteht die Mög­lich­keit, an einer Ver­lo­sung von Tha­lia-Gut­schei­nen im Wert von ins­ge­samt 100 Euro teilzunehmen.

Detail­lier­te Infor­ma­tio­nen zur Stu­die und Anmel­dung sind zu fin­den unter https://www.uni-bamberg.de/auopsych/forschung/studienteilnahme/fit-und-gesund-im-fuehrungsalltag

Stu­die

Lebens­zu­frie­den­heit durch Coro­na-Aus­wir­kun­gen deut­lich gesunken

Mit­hil­fe von Daten des Natio­na­len Bil­dungs­pa­nels (NEPS) konn­te erst­mals dif­fe­ren­ziert nach Alters­grup­pen die Lebens­si­tua­ti­on von Erwach­se­nen wäh­rend des ers­ten Lock­downs in Deutsch­land unter­sucht wer­den, wobei ins­be­son­de­re die Zufrie­den­heit und die Zukunfts­er­war­tun­gen von über 65-Jäh­ri­gen betrach­tet wurden.

Es zeigt sich: Älte­re tei­len die­sel­ben Sor­gen, ins­be­son­de­re dar­über, dass die Kluft zwi­schen Arm und Reich wei­ter wächst. Ernst­haf­te Geld­pro­ble­me bei sich oder Nahe­ste­hen­den erwar­ten älte­re dage­gen deut­lich sel­te­ner als jün­ge­re Jahrgänge. 

Für die Aus­wer­tung wur­den die Ant­wor­ten von 2.273 Erwach­se­nen zwi­schen 33 und 76 Jah­ren her­an­ge­zo­gen, die regel­mä­ßig im Rah­men des Natio­na­len Bil­dungs­pa­nels befragt wer­den und im Mai 2020 an einer Coro­na-Zusatz­er­he­bung teil­ge­nom­men haben. Bei der Ana­ly­se wur­de die Lebens­si­tua­ti­on der Befrag­ten im Alter von über 65 Jah­ren mit der von jün­ge­ren Befrag­ten ver­gli­chen – zum einen im Hin­blick auf die aktu­el­le Lebens­zu­frie­den­heit, zum ande­ren bezüg­lich ihrer Erwar­tun­gen an die Zukunft.


Älte­re nicht stär­ker belastet

Erwar­tungs­ge­mäß hat die Coro­na-Pan­de­mie in Ver­bin­dung mit dem ers­ten Lock­down die Lebens­zu­frie­den­heit der Men­schen ver­rin­gert – um knapp einen Punkt auf einer Ska­la von 0 (ganz und gar unzu­frie­den) bis 10 (ganz und gar zufrie­den). Die­ser Befund zeigt sich in allen Alters­grup­pen glei­cher­ma­ßen. Befrag­te über 65 Jah­re waren also vom Lock­down mit all sei­nen sozia­len Fol­gen nicht stär­ker betrof­fen als jün­ge­re Erwach­se­ne. Zu den indi­vi­du­el­len Grün­den für den Zufrie­den­heits­rück­gang in den ver­schie­de­nen Alters­grup­pen lässt die Befra­gung jedoch kei­ne Rück­schlüs­se zu.

„Dass der Rück­gang der Zufrie­den­heit bei allen Alters­grup­pen etwa gleich stark war, hat uns über­rascht“, so Dr. Phil­ipp Hand­schuh, Haupt­au­tor der Aus­wer­tung. „Wir hat­ten ver­mu­tet, dass die Zufrie­den­heit der Älte­ren durch Reduk­ti­on der sozia­len Kon­tak­te beson­ders lei­det. Aller­dings muss man ein­schrän­kend sagen, dass wir bei unse­rer Online-Umfra­ge natür­lich vor allem die Älte­ren mit Zugang zu digi­ta­len Tech­no­lo­gien erreicht haben, durch die feh­len­de per­sön­li­che Sozi­al­kon­tak­te zum Teil ja auch kom­pen­siert wer­den konnten.“


Älte­re und Jün­ge­re tei­len die­sel­ben Sorgen

Bei der Fra­ge nach ihren Sor­gen zeig­te sich, dass alle unter­such­ten Alters­grup­pen in ähn­li­chem Aus­maß eine Über­las­tung des Gesund­heits­sys­tems oder eine län­ge­re schwe­re Wirt­schafts­kri­se fürch­ten. Am stärks­ten war dabei die Sor­ge dar­über aus­ge­prägt, dass die finan­zi­el­le Kluft zwi­schen Arm und Reich durch die Pan­de­mie wei­ter wach­sen werde.

In Bezug auf ihre Erwar­tun­gen für die Zukunft zeig­ten sich wie­der­rum Unter­schie­de zwi­schen den Alters­grup­pen. Befrag­te über 65 Jah­re hiel­ten eige­ne Geld­pro­ble­me, eine Ein­schrän­kung ihres Lebens­stan­dards oder mög­li­che finan­zi­el­le Not­la­gen ihrer Ange­hö­ri­gen für deut­lich weni­ger wahr­schein­lich als jün­ge­re Befrag­te. Auch die Erkran­kung von Ange­hö­ri­gen an Coro­na hiel­ten die Älte­ren für unwahr­schein­li­cher. Ledig­lich wenn es um die eige­ne Gesund­heit geht, rech­ne­ten alle Alters­grup­pen etwa gleich stark mit Einschränkungen.

Alle Ergeb­nis­se der Aus­wer­tung fin­den sich im voll­stän­di­gen Bericht „Älte­re Erwach­se­ne in der Coro­na-Kri­se“ der auf https://www.lifbi.de/Corona mit wei­te­ren Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen zum Down­load bereit steht.


Über das NEPS und die Zusatzbefragung

Das Natio­na­le Bil­dungs­pa­nel (NEPS), das am Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi) in Bam­berg behei­ma­tet ist, besteht aus sechs gro­ßen Teil­stu­di­en, den soge­nann­ten Start­ko­hor­ten. Die­se umfas­sen ins­ge­samt mehr als 60.000 getes­te­te und befrag­te Per­so­nen von der Geburt über Aus­bil­dungs- und Erwerbs­pha­se bis hin­ein in die Nach­er­werbs­pha­se sowie 40.000 zusätz­lich befrag­te Per­so­nen aus deren Umfeld, etwa Eltern und päd­ago­gi­sches Fach­per­so­nal. Die Stich­pro­ben der Start­ko­hor­ten wur­den reprä­sen­ta­tiv für ganz Deutsch­land gezo­gen. Die so erho­be­nen Daten wer­den anony­mi­siert und Bil­dungs­for­schen­den welt­weit zugäng­lich gemacht.

Das NEPS wird getra­gen von einem inter­dis­zi­pli­när zusam­men­ge­setz­ten, deutsch­land­wei­ten Exzel­lenz­netz­werk, in dem zwölf renom­mier­te For­schungs­in­sti­tu­te zusam­men­ar­bei­ten. Gelei­tet wird das NEPS von Prof. Dr. Cor­du­la Artelt vom Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe in Bamberg.

Durch die Zusatz­be­fra­gung im Mai und Juni 2020 wur­den die aktu­el­len Erleb­nis­se und Ein­drü­cke der NEPS-Teil­neh­men­den in der Zeit zwi­schen dem Beginn der Beschrän­kun­gen und den ers­ten Locke­run­gen wäh­rend der Coro­na-Kri­se ermit­telt und so gemein­sam mit den ande­ren Längs­schnitts­da­ten des NEPS für die Bil­dungs­for­schung nutz­bar gemacht. Die Daten wur­den gewich­tet und post­stra­ti­fi­ziert, um Ver­zer­run­gen in der Stich­pro­be auszugleichen.


Über das Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi)

Das Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi) unter­sucht Bil­dungs­pro­zes­se von der Geburt bis ins hohe Erwach­se­nen­al­ter. Um die bil­dungs­wis­sen­schaft­li­che Längs­schnitt­for­schung in Deutsch­land zu för­dern, stellt das LIf­Bi grund­le­gen­de, über­re­gio­nal und inter­na­tio­nal bedeut­sa­me, for­schungs­ba­sier­te Infra­struk­tu­ren für die empi­ri­sche Bil­dungs­for­schung zur Verfügung.

Kern des Insti­tuts ist das Natio­na­le Bil­dungs­pa­nel (NEPS), das am LIf­Bi behei­ma­tet ist und die Exper­ti­se eines deutsch­land­wei­ten, inter­dis­zi­pli­nä­ren Exzel­lenz­netz­werks ver­eint. Wei­te­re Groß­pro­jek­te, an denen das LIf­Bi betei­ligt oder füh­rend ist, sind die Geflüch­te­ten­stu­di­en ReGES und Bil­dungs­we­ge­Flucht oder das Inklu­si­ons­pro­jekt INSIDE. Grund­la­ge dafür sind die eige­nen For­schungs- und Ent­wick­lungs­ar­bei­ten, ins­be­son­de­re die fun­dier­te Instru­men­ten- und Metho­den­ent­wick­lung für längs­schnitt­li­che Bil­dungs­stu­di­en, von der auch ande­re Infra­struk­tur­ein­rich­tun­gen und ‑pro­jek­te profitieren.

30 Jah­re nach dem Mauerfall 

Ein­stel­lung zu Müt­ter­er­werbs­tä­tig­keit spal­tet Ost und West, Jung und Alt

Soll­ten Müt­ter klei­ner Kin­der beruf­lich kür­zer tre­ten? Frau­en sich lie­ber um die Fami­lie als um die Kar­rie­re küm­mern? Män­ner sich aus der Haus­ar­beit her­aus­hal­ten? Eine Stu­die am Bam­ber­ger Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe an der Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät Bam­berg hat unter­sucht, inwie­fern sich Ost- und West­deut­sche auch 30 Jah­re nach der Wie­der­ver­ei­ni­gung in ihren Rol­len­bil­dern aktu­ell noch unterscheiden.

Dr. Gun­du­la Zoch, wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin am Bam­ber­ger Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe, hat mit­hil­fe von Längs­schnitt­da­ten unter­sucht, inwie­fern sich Ost- und West­deut­sche in ihren Rol­len­bil­dern aktu­ell noch unter­schei­den. Für ihre Ana­ly­se ver­wen­de­te sie Daten des Bezie­hungs- und Fami­li­en­pa­nels pair­fam (Panel Ana­ly­sis of Inti­ma­te Rela­ti­onships and Fami­ly Dyna­mics). Die ursprüng­lich etwa 12.000 Teil­neh­men­den wer­den seit 2008 ein­mal pro Jahr zu The­men wie Part­ner­schaft, Ein­stel­lun­gen und Fami­li­en­le­ben befragt. Für die Unter­su­chung ver­gleicht Zoch drei Geburts­ko­hor­ten von Ost- und West­deut­schen, die Anfang der 1970-er, 1980-er und 1990-er Jah­re gebo­ren wur­den und damit unter ganz unter­schied­li­chen Bedin­gun­gen auf­ge­wach­sen sind.


Müt­ter­er­werbs­tä­tig­keit spal­tet Ost und West, Jung und Alt

Auch 30 Jah­re nach der Wie­der­ver­ei­ni­gung unter­schei­den sich die Rol­len­bil­der in Ost und West immer noch deut­lich: Ost­deut­sche befür­wor­ten im Durch­schnitt etwas moder­ne­re Rol­len­bil­der als West­deut­sche. Zwar lie­gen die Ein­stel­lun­gen, dass sich Män­ner eben­so wie Frau­en an der Haus­ar­beit betei­li­gen soll­ten, in Ost- und West­deutsch­land recht nahe bei­ein­an­der, der größ­te Unter­schied zeigt sich aber in der Bewer­tung der Erwerbs­tä­tig­keit von Frau­en mit klei­nen Kin­dern. Wäh­rend sich im Wes­ten die Hal­tung dazu im Lau­fe der Jah­re immer wei­ter moder­ni­siert und sich damit den ega­li­tä­re­ren Ein­stel­lun­gen des Osten ange­gli­chen hat, för­der­te die Aus­wer­tung über­ra­schen­de Ergeb­nis­se für die jüngs­te befrag­te Alters­grup­pe zuta­ge: Sowohl in West als auch in Ost zeigt die Grup­pe der zwi­schen 1990 und 1993 Gebo­re­nen deut­lich tra­di­tio­nel­le­re Ein­stel­lung zur Müt­ter­er­werbs­tä­tig­keit als älte­re Befrag­te. Für die tra­di­tio­nel­le­ren Ein­stel­lun­gen jün­ge­rer Ost­deut­sche dürf­ten vor allem die gestie­ge­ne Teil­zeit­ar­beit von Müt­tern und der Abbau von Betreu­ungs­plät­zen in der Nach­wen­de­zeit rele­vant sein.


Zustim­mung zu Müt­ter­er­werbs­tä­tig­keit vor allem bei Jün­ge­ren stark gestiegen

Auf­grund der jähr­li­chen Befra­gung konn­te erst­mals auch unter­sucht wer­den, inwie­weit sich die Rol­len­bil­der indi­vi­du­el­ler Per­so­nen in den ver­gan­ge­nen 10 Jah­ren ver­än­dert haben. Hier zeigt sich: gera­de jün­ge­re Befrag­te ver­än­dern ihre Ein­stel­lun­gen vor dem Hin­ter­grund neu­er Erfah­run­gen und Lebens­er­eig­nis­se stär­ker als älte­re Befrag­te. Die jüngs­te Gene­ra­ti­on in Ost und West unter­schei­det sich inzwi­schen in ihren Ein­stel­lun­gen am wenigs­ten voneinander.


Lebens­ver­hält­nis­se wich­ti­ger als Herkunft

Ein gro­ßer Teil der beob­ach­te­ten Ein­stel­lungs­un­ter­schie­de zwi­schen Ost und West geht auf unter­schied­li­che Lebens­ver­hält­nis­se zurück. Bei­spiels­wei­se arbei­ten im Wes­ten Deutsch­lands noch immer mehr Frau­en in Teil­zeit, es gibt dort mehr Men­schen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund und mehr reli­gi­ös gepräg­te Men­schen als im Osten. All die­se Eigen­schaf­ten beein­flus­sen die gene­rel­le Ein­stel­lung zu tra­di­tio­nel­len Rol­len­bil­dern stark. Aber auch wenn die­se Unter­schie­de berück­sich­tigt wer­den, unter­schei­den sich vor allem älte­re Ost- und West­deut­sche in ihren Ein­stel­lun­gen zur Müttererwerbstätigkeit.

„Die Ost-West-Unter­schie­de haben sich in einem nur sehr kur­zen Zeit­fens­ter von knapp 10 Jah­ren sicht­bar redu­ziert. Vor allem in West­deutsch­land las­sen sich deut­li­che Ver­än­de­run­gen in den vor­mals eher tra­di­tio­nel­len Rol­len­bil­dern beob­ach­ten. Die­se Ein­stel­lungs­ver­än­de­run­gen, ins­be­son­de­re im Hin­blick auf die Berufs­tä­tig­keit von Frau­en, hän­gen sicher­lich auch mit dem star­ken Aus­bau der Betreu­ungs­mög­lich­kei­ten für Kin­der unter drei Jah­ren in West­deutsch­land zusam­men“, so Gun­du­la Zoch.

Der voll­stän­di­ge Bericht zur Stu­die ist hier zu fin­den: https://www.lifbi.de/Portals/13/Transferberichte/LIfBi-Forschung-kompakt_01_Rollenbilder-Ost-West.pdf

Wer pro­fi­tiert vom Digitalisierungsschub?

Wie Coro­na zu einer neu­en digi­ta­len Spal­tung in der Arbeits­welt beiträgt

Aktu­el­le Aus­wer­tun­gen einer Coro­na-Zusatz­be­fra­gung im Natio­na­len Bil­dungs­pa­nel (NEPS) geben Auf­schluss dar­über, wel­che Berufs- und Bil­dungs­grup­pen digi­ta­le Tech­no­lo­gien im ers­ten Lock­down häu­fi­ger als vor der Pan­de­mie genutzt haben, zei­gen aber auch, dass der Digi­ta­li­sie­rungs­schub zu einer neu­en digi­ta­len Spal­tung der Erwerbs­be­völ­ke­rung bei­trägt. Hier gilt es, jetzt Steue­rungs­maß­nah­men zu ergrei­fen, for­dern die Autorin­nen und Autoren des Berichts.

Video­mee­tings, Team­ar­beits­platt­for­men und vir­tu­el­le Kon­fe­ren­zen sind spä­tes­tens seit dem Früh­jahr 2020 aus dem pan­de­mi­schen Arbeits­le­ben nicht mehr weg­zu­den­ken. Die Nut­zung die­ser ver­netz­ten digi­ta­len Tech­no­lo­gien ist für vie­le Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mer inzwi­schen selbst­ver­ständ­li­cher Teil ihres Arbeits­all­tags. Aktu­el­le Aus­wer­tun­gen der Coro­na-Zusatz­be­fra­gung im Natio­na­len Bil­dungs­pa­nel (NEPS) geben nun Auf­schluss dar­über, wel­che Berufs- und Bil­dungs­grup­pen digi­ta­le Tech­no­lo­gien im ers­ten Lock­down häu­fi­ger als vor der Pan­de­mie genutzt haben. Die Daten zei­gen aber auch, dass der pan­de­mie­be­ding­te Digi­ta­li­sie­rungs­schub nicht alle Beschäf­tig­ten erreicht hat und sogar zu einer neu­en digi­ta­len Spal­tung der Erwerbs­be­völ­ke­rung bei­trägt, die lan­ge über die Pan­de­mie hin­aus Bestand haben könn­te. Hier gilt es, jetzt Steue­rungs­maß­nah­men zu ergrei­fen, for­dern die Autorin­nen und Autoren des Berichts.

Coro­na hat der Digi­ta­li­sie­rung in Deutsch­land einen Schub beschert. Die Hälf­te der fast 1.800 in der NEPS-Zusatz­er­he­bung befrag­ten Erwerbs­tä­ti­gen gab an, in den ers­ten zwei Mona­ten der Pan­de­mie ver­netz­te digi­ta­le Tech­no­lo­gien beruf­lich häu­fi­ger als zuvor genutzt zu haben. Wel­che Beschäf­tig­ten­grup­pen kon­kret einen Digi­ta­li­sie­rungs­schub erlebt haben und wel­che Rol­le das Bil­dungs­ni­veau und Tätig­keits­pro­fi­le dabei spie­len, wur­de mit den NEPS-Daten nun detail­liert untersucht.


Die Tätig­keit ist entscheidend

Mehr als die Hälf­te der Befrag­ten mit Hoch­schul­ab­schluss berich­te­te, dass sie digi­ta­le Tech­no­lo­gien mit Beginn der Pan­de­mie stär­ker genutzt hat. Wich­ti­ger als der for­ma­le Bil­dungs­grad sind jedoch die Tätig­kei­ten der Beschäf­tig­ten. Hier zeigt sich, dass die Sche­re wei­ter aus­ein­an­der­geht: Men­schen mit stark ana­ly­ti­schen Tätig­kei­ten im Job, für die Schrei­ben, Lesen, Rech­nen und IT-Kennt­nis­se hoch rele­vant sind, sowie Men­schen mit stark inter­ak­ti­ven Tätig­kei­ten im Job und hohem Kun­den­kon­takt erfuh­ren einen deut­li­chen Digi­ta­li­sie­rungs­schub am Arbeits­platz. Sie berich­te­ten zu 70 bezie­hungs­wei­se 63 Pro­zent, digi­ta­le Tech­no­lo­gien stär­ker als zuvor zu nut­zen. Wer hin­ge­gen vor allem manu­el­len Tätig­kei­ten nach­geht, erleb­te sel­te­ner eine Ver­stär­kung und manch­mal sogar einen Rück­gang der Technologienutzung.


Wer zuhau­se arbei­tet und hoch­qua­li­fi­ziert ist, wird digitaler

Den gra­vie­rends­ten Unter­schied fan­den die Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler im Zusam­men­hang mit der Ver­la­ge­rung des Arbeits­or­tes ins Home­of­fice. Wäh­rend 73 Pro­zent der im Home­of­fice Täti­gen von einer Zunah­me berich­te­ten, liegt der Anteil unter den­je­ni­gen, die ihren Arbeits­platz nicht in die eige­nen vier Wän­de ver­la­gern konn­ten, bei nur 38 Pro­zent. Aus einer frü­he­ren Aus­wer­tung ist bekannt, dass es vor allem hoch­qua­li­fi­zier­te Arbeit­neh­men­de sind, die ins Home­of­fice wech­seln. Und die­se Grup­pe pro­fi­tiert vom pan­de­mi­schen Digi­ta­li­sie­rungs­schub auch am stärksten.

Digi­ta­li­sie­rungs­schub muss alle erreichen

„Die­se neue digi­ta­le Spal­tung der Erwerbs­be­völ­ke­rung dürf­te sich seit dem Früh­jahr 2020 noch wei­ter ver­schärft haben“, so Prof. Dr. Corin­na Klei­nert, eine der Autorin­nen des Berichts.
Sie forscht am Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi) und ist Pro­fes­so­rin für Sozio­lo­gie mit dem Schwer­punkt längs­schnitt­li­che Bil­dungs­for­schung an der Uni­ver­si­tät Bamberg.

Prof. Dr. Corin­na Klei­nert, Pro­fes­so­rin für Sozio­lo­gie, Foto: LIfBi/​Thomas Riese

„Ver­netz­te Tech­no­lo­gien wer­den zuneh­mend auch für die beruf­li­che Wei­ter­bil­dung genutzt. Wir gehen davon aus, dass der kom­pe­ten­te Umgang mit die­sen neu­en Arbeits­werk­zeu­gen künf­tig eine wach­sen­de Bedeu­tung hat und bestimm­te Beschäf­tig­ten­grup­pen ins Hin­ter­tref­fen gera­ten. Der durch die Coro­na-Kri­se aus­ge­lös­te Digi­ta­li­sie­rungs­schub muss so gesteu­ert wer­den, dass mög­lichst vie­le Beschäf­tig­te davon pro­fi­tie­ren – eine grö­ße­re Aus­schöp­fung der Home­of­fice-Poten­tia­le könn­te zu einer Ver­rin­ge­rung der digi­ta­len Spal­tung bei­tra­gen“, so Klei­nert weiter.


Alle Ergeb­nis­se der Aus­wer­tung fin­den sich im voll­stän­di­gen Bericht „Für wen brach­te Coro­na einen Digi­ta­li­sie­rungs­schub?“, der mit wei­te­ren Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen zum Down­load bereit steht auf https://www.lifbi.de/Corona

Stu­die der Uni­ver­si­tät Bamberg

Ost­baye­ri­sche Unter­neh­men: mehr Home­of­fice, weni­ger tsche­chi­sche Arbeitskräfte?

Bereits zum zwei­ten Mal inner­halb von zwölf Mona­ten sind die Gren­zen zu Tsche­chi­en geschlos­sen wor­den, um die Coro­na-Pan­de­mie bes­ser kon­trol­lie­ren zu kön­nen. Ein For­schungs­pro­jekt der Uni­ver­si­tät Bam­berg beschäf­tigt sich mit den Grenz­schlie­ßun­gen zum Nach­bar­land Tschechien.

„Es zeich­net sich eine Trans­for­ma­ti­on der Wirt­schaft in der Grenz­re­gi­on ab, und zen­tra­le Errun­gen­schaf­ten der ver­gan­ge­nen 30 Jah­re sind durch die Grenz­schlie­ßun­gen in Gefahr“, meint Patrick Reit­in­ger, wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter an der Pro­fes­sur für His­to­ri­sche Geo­gra­phie der Uni­ver­si­tät Bam­berg. Er lei­tet ein For­schungs­pro­jekt, das seit Juli 2020 die Aus­wir­kun­gen der ers­ten Grenz­schlie­ßung auf die Wirt­schaft in der baye­risch-tsche­chi­schen Grenz­re­gi­on am Bei­spiel des Land­krei­ses Wun­sie­del unter­sucht. Nun soll auch die zwei­te Grenz­schlie­ßung Teil der For­schung wer­den. Bei der Unter­su­chung neh­men Reit­in­ger und sein Pro­jekt­part­ner Dr. Lukáš Novot­ný, Poli­tik­wis­sen­schaft­ler an der Uni­ver­si­tät in Aus­sig in Nord­böh­men, vor allem zwei Ziel­grup­pen in den Blick: Unter­neh­men und die Akteu­rin­nen und Akteu­re der Wirtschaftsförderung.

Die Grenz­schlie­ßun­gen haben Aus­wir­kun­gen auf zukünf­ti­ge Unternehmensstrategien

Die Unter­neh­men auf deut­scher Sei­te, die vie­le Pend­le­rin­nen und Pend­ler aus Tsche­chi­en beschäf­ti­gen, sind beson­ders von den Grenz­schlie­ßun­gen betrof­fen. „Es zeich­nen sich zwei Rich­tun­gen ab, in die sich die Unter­neh­men nun ent­wi­ckeln, um mit aktu­el­len und mög­li­cher­wei­se zukünf­ti­gen Grenz­schlie­ßun­gen umzu­ge­hen“, meint Patrick Reit­in­ger. Eini­ge Unter­neh­men sei­en dazu in der Lage, sich die Digi­ta­li­sie­rung zunut­ze zu machen und alter­na­ti­ve For­men des Arbei­tens, wie etwa Home­of­fice, einzusetzen.

Patrick Reit­in­ger lei­tet das For­schungs­pro­jekt, das die Aus­wir­kun­gen der Grenz­schlie­ßung auf die Wirt­schaft in der baye­risch-tsche­chi­schen Grenz­re­gi­on unter­sucht. Foto: Patrick Reitinger 

„Ande­re Unter­neh­men, die auf die Anwe­sen­heit ihrer Mit­ar­bei­ten­den ange­wie­sen sind, über­le­gen den Anteil tsche­chi­scher Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mer auf lan­ge Sicht zu redu­zie­ren und sich somit von Pend­le­rin­nen und Pend­lern aus Tsche­chi­en unab­hän­gi­ger zu machen“, so Reit­in­ger. Oft­mals sei es aber nicht mög­lich, die Arbeits­plät­ze mit Per­so­nal aus der Regi­on zu besetzen.


Wirt­schafts­för­de­rung als Kom­mu­ni­ka­to­rin in der Pandemie

Die Akteu­rin­nen und Akteu­re der Wirt­schafts­för­de­rung im Land­kreis Wun­sie­del sehen sich mit einem ande­ren Pro­blem kon­fron­tiert. „Gera­de wäh­rend der ers­ten Grenz­schlie­ßung im März und April 2020, die von tsche­chi­scher Sei­te aus ver­an­lasst wur­de, lief die Kom­mu­ni­ka­ti­on auf Regie­rungs­ebe­ne zwi­schen Prag und Mün­chen nicht opti­mal und die betrof­fe­nen Unter­neh­men wur­den unzu­rei­chend infor­miert“, erklärt Reit­in­ger. Und das, obwohl sich gera­de in den ver­gan­ge­nen zehn Jah­ren ein guter Draht zwi­schen den bei­den Regie­run­gen ent­wi­ckelt habe. „Der Wirt­schafts­för­de­rung im Land­kreis Wun­sie­del kommt jetzt eine Kom­mu­ni­ka­ti­ons­funk­ti­on zu“, meint Reit­in­ger. „Seit der Pan­de­mie über­nimmt sie eine Art Covid-19-Bera­tung, bei der sie Infor­ma­tio­nen für die Unter­neh­men bün­delt und ver­sucht, Pro­zes­se zu organisieren.”


Offe­ne Gren­zen sind für Bay­ern und Tsche­chi­en eigent­lich selbstverständlich

Seit dem Ende des Kal­ten Krie­ges und ver­stärkt noch seit dem Bei­tritt Tsche­chi­ens zur Euro­päi­schen Uni­on im Jahr 2004 ist die baye­risch-tsche­chi­sche Grenz­re­gi­on offe­ne Gren­zen gewohnt und hat sich die­sen Umstand in den ver­gan­ge­nen 30 Jah­ren immer stär­ker zunut­ze gemacht. „Bei­de Grenz­re­gio­nen wer­den als wirt­schaft­li­che Peri­phe­rie wahr­ge­nom­men. Durch Koope­ra­tio­nen über die Gren­ze hin­weg, konn­ten sowohl West­böh­men als auch Ost­bay­ern wirt­schaft­lich enorm auf­ho­len“, sagt Patrick Reit­in­ger. „Die Coro­na-Pan­de­mie ist mit den Grenz­schlie­ßun­gen ein har­ter Schlag für die Unter­neh­men, die auf offe­ne Gren­zen, wie sie in den ver­gan­ge­nen ein­ein­halb Jahr­zehn­ten selbst­ver­ständ­lich waren, ange­wie­sen sind.“


Befra­gung von rund 2.000 Unter­neh­men ist der nächs­te Schritt des Projekts

Das Pro­jekt „Trans­na­tio­na­le Resi­li­en­z­stra­te­gien – Tsche­chi­sche Arbeits­mi­gra­ti­on und regio­na­le Wirt­schafts­för­de­rung in Ost­bay­ern nach Covid 19“ wur­de ursprüng­lich mit 9.000 Euro von der Baye­risch-Tsche­chi­schen Hoch­schul­agen­tur aus Mit­teln des Baye­ri­schen Staats­mi­nis­te­ri­ums der Finan­zen und für Hei­mat geför­dert und ord­net die pan­de­mie­be­ding­ten Ent­wick­lun­gen in der Grenz­re­gi­on in einen grö­ße­ren his­to­risch-geo­gra­phi­schen Zusam­men­hang ein. Im Rah­men der Son­der­aus­schrei­bung des Pro­gramms „Baye­risch-tsche­chi­sche aka­de­mi­sche Pro­jek­te 2020 zur Covid-19-Pan­de­mie und deren Fol­gen“ war der Abschluss des For­schungs­pro­jek­tes eigent­lich für Okto­ber 2020 vor­ge­se­hen. Weil die Pan­de­mie jedoch noch immer aktu­ell ist, wird das Pro­jekt fort­ge­setzt und auch die zwei­te Grenz­schlie­ßung unter­sucht. Die Fort­set­zung der Stu­die ist durch die Ein­bet­tung in das grö­ße­re Pro­jekt „Manage­ment of Cross­bor­der Rura­li­ty | Bava­ria Bohe­mia 1990 2020“, in dem unter­sucht wird, wie die Regi­on in den letz­ten 30 Jah­ren grenz­über­schrei­tend mit den Chan­cen und Her­aus­for­de­run­gen länd­li­cher Ent­wick­lungs­pro­zes­se umge­gan­gen ist, finan­zi­ell gewähr­leis­tet. Der nächs­te Schritt ist jetzt die quan­ti­ta­ti­ve Befra­gung von rund 2.000 Unter­neh­men aus dem Land­kreis Wun­sie­del. „Die Publi­ka­ti­on ers­ter Ergeb­nis­se ist für den Früh­som­mer 2021 geplant“, sagt Reitinger.

Ler­nen im Lockdown 

Wer gut liest, lernt auch zuhau­se besser

Was hilft Schü­le­rin­nen und Schü­lern, das Ler­nen im Lock­down zu meis­tern? Mit die­ser Fra­ge beschäf­tigt sich die fünf­te Aus­wer­tung der Coro­na-Zusatz­be­fra­gung im Rah­men des Natio­na­len Bildungspanels.

Befra­gun­gen von 1.452 Eltern wäh­rend des Lock­downs im Früh­jahr 2020 und Kom­pe­tenz­tests und Befra­gun­gen aus dem Jahr 2018 lie­fern Daten, anhand derer der Stel­len­wert von Lese­kom­pe­tenz, dem Inter­es­se an den Lern­in­hal­ten und der Bereit­schaft, sich beim Ler­nen anzu­stren­gen, ana­ly­siert wur­de. Die Aus­wer­tun­gen der Eltern­be­fra­gun­gen zei­gen, dass die Kin­der mit hoher Lese­kom­pe­tenz und hoher Anstren­gungs­be­reit­schaft bes­ser mit dem Ler­nen zuhau­se zurecht­ka­men – das Inter­es­se an den Lern­in­hal­ten spielt dage­gen eine gerin­ge­re Rol­le für die Moti­va­ti­on zum Ler­nen wäh­rend der Schul­schlie­ßun­gen. Der Distanz­un­ter­richt kann aber auch eine Chan­ce bie­ten, das selbst­re­gu­lier­te Ler­nen zu för­dern. Dazu müs­sen Leh­ren­de ver­stärkt Metho­den nut­zen, die indi­vi­du­el­le Rück­mel­dun­gen erlau­ben, sagt Prof. Dr. Cor­du­la Artelt, Lei­te­rin des Natio­na­len Bil­dungs­pa­nels.

Das Natio­na­le Bil­dungs­pa­nel (NEPS), das am Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe in Bam­berg behei­ma­tet ist, besteht aus sechs gro­ßen Teil­stu­di­en. Die­se umfas­sen ins­ge­samt mehr als 60.000 getes­te­te und befrag­te Per­so­nen von der Geburt über Aus­bil­dungs- und Erwerbs­pha­se bis hin­ein in die Nach­er­werbs­pha­se sowie 40.000 zusätz­lich befrag­te Per­so­nen aus deren Umfeld, etwa Eltern und päd­ago­gi­sches Fach­per­so­nal. Die Stich­pro­ben wur­den reprä­sen­ta­tiv für ganz Deutsch­land gezo­gen. Die so erho­be­nen Daten wer­den anony­mi­siert und Bil­dungs­for­schen­den welt­weit zugäng­lich gemacht.

Das Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe (LIf­Bi) an der Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät Bam­berg unter­sucht Bil­dungs­pro­zes­se von der Geburt bis ins hohe Erwach­se­nen­al­ter. Um die bil­dungs­wis­sen­schaft­li­che Längs­schnitt­for­schung in Deutsch­land zu för­dern, stellt das LIf­Bi grund­le­gen­de, über­re­gio­nal und inter­na­tio­nal bedeut­sa­me, for­schungs­ba­sier­te Infra­struk­tu­ren für die empi­ri­sche Bil­dungs­for­schung zur Ver­fü­gung. Kern des Insti­tuts ist das Natio­na­le Bil­dungs­pa­nel, das die Exper­ti­se eines deutsch­land­wei­ten, inter­dis­zi­pli­nä­ren Exzel­lenz­netz­werks vereint.

Schrift­li­che Arbeits­an­wei­sun­gen als Motivationsbremse

Zwei Drit­tel der Eltern (67 %) hat­ten Pro­ble­me, ihre Kin­der beim Distanz­un­ter­richt zum Ler­nen zu moti­vie­ren, etwa die Hälf­te davon (35 %) fand dies sogar eher oder sehr schwer. Ein deut­li­cher Unter­schied besteht dabei zwi­schen den Geschlech­tern: Eltern gaben für Jun­gen deut­lich häu­fi­ger an, dass sie schwie­ri­ger zum Ler­nen zuhau­se zu moti­vie­ren waren als für Mäd­chen. Das berich­ten die Eltern von 14-jäh­ri­gen Schü­le­rin­nen und Schü­lern der ach­ten Klas­se wäh­rend der ers­ten Pha­se des Home­schoo­lings im Früh­jahr 2020. Kom­bi­niert man die­se Ein­schät­zung der Eltern mit den Ergeb­nis­sen von Kom­pe­tenz­tests, die die­sel­ben Schü­le­rin­nen und Schü­ler andert­halb Jah­re zuvor im Rah­men des Natio­na­len Bil­dungs­pa­nels erbracht haben, zeigt sich: Wer gut liest, lässt sich leich­ter zum Ler­nen zuhau­se moti­vie­ren und kam mit der unge­wohn­ten Lern­si­tua­ti­on bes­ser zurecht.

Dies mag dar­auf zurück­zu­füh­ren sein, dass das Lesen von Tex­ten in Schul­bü­chern, aber auch von Anlei­tun­gen und Arbeits­an­wei­sun­gen beim Ler­nen zuhau­se beson­ders wich­tig ist, fol­gern die Autorin­nen des Berichts. Anders als im regu­lä­ren Prä­senz­un­ter­richt kön­nen Lehr­kräf­te den Lern­stoff und die Auf­ga­ben in vie­len Fäl­len nicht münd­lich erklä­ren. Die Fähig­keit schrift­li­che Tex­te zu ver­ste­hen, wird damit zur zen­tra­len Kom­pe­tenz für alle Schul­fä­cher – nicht nur für den Deutsch­un­ter­richt. Das hat Fol­gen. Haupt­au­to­rin Dr. Kath­rin Lockl, Lei­te­rin des Arbeits­be­reichs „Kom­pe­ten­zen“ am Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe: „Wir ver­mu­ten, dass Schü­le­rin­nen und Schü­ler mit gerin­ge­ren Lese­kom­pe­ten­zen häu­fi­ger Ver­ständ­nis­schwie­rig­kei­ten haben und man­che Auf­ga­ben­stel­lun­gen weni­ger gut nach­voll­zie­hen kön­nen. Sol­che eher ent­mu­ti­gen­den Erfah­run­gen könn­ten dann dazu bei­tra­gen, dass Schü­le­rin­nen und Schü­ler weni­ger moti­viert sind, ihre Auf­ga­ben zu erledigen.“

Wel­che Chan­cen im Distanz­un­ter­richt liegen

Doch Distanz­un­ter­richt kann Kin­dern auch hel­fen, ihre Kom­pe­ten­zen zu ent­wi­ckeln. Prof. Dr. Cor­du­la Artelt, Lei­te­rin des Natio­na­len Bil­dungs­pa­nels und Direk­to­rin des LIf­Bi: „Damit Kin­der moti­viert sind, brau­chen sie rea­lis­ti­sche Zie­le und Rück­mel­dun­gen. Sie müs­sen sich als kom­pe­tent und auto­nom erle­ben. Eigent­lich eig­net sich das Ler­nen auf Distanz wun­der­bar dazu, selbst­re­gu­lier­tes Ler­nen zu för­dern, aber es muss eine gute Mischung aus selbst­stän­di­gen und ange­lei­te­ten Pha­sen geben.“

Prof. Dr. Cor­du­la Artelt, die Direk­to­rin des Leib­niz-Insti­tuts für Bil­dungs­ver­läu­fe, Foto: LIfBi/​Thomas Riese

Wird Distanz­un­ter­richt nur als die Über­mitt­lung von Auf­ga­ben ver­stan­den, besteht die Gefahr, dass Kin­der zu wenig Rück­mel­dung erhal­ten und gera­de die­je­ni­gen, die ohne­hin Moti­va­ti­ons­schwie­rig­kei­ten haben, abge­hängt wer­den. Die bis­he­ri­gen Aus­wer­tun­gen der Zusatz­be­fra­gung des Natio­na­len Bil­dungs­pa­nels legen nahe, dass dies im ers­ten Lock­down oft der Fall war. Bil­dungs­for­sche­rin Artelt emp­fiehlt Leh­re­rin­nen und Leh­rern des­halb unbe­dingt, indi­vi­du­el­le Ele­men­te zukünf­tig in den Distanz­un­ter­richt ein­zu­bau­en, zum Bei­spiel durch per­sön­li­che Sprech­stun­den, Video­kon­fe­ren­zen oder inter­ak­ti­ve Auf­ga­ben. Klar sei auch: Eltern kön­nen die­se didak­tisch-päd­ago­gi­sche Beglei­tung nicht erset­zen. Was Eltern hin­ge­gen von den Schu­len brau­chen, ist neben Plan­bar­keit des Home­schoo­lings auch Trans­pa­renz, was im Fern­un­ter­richt erwar­tet wird und was die Kin­der in die­ser Zeit leis­ten sol­len. Alle Ergeb­nis­se der Aus­wer­tung fin­den sich im voll­stän­di­gen Bericht „Ler­nen im Lock­down: Wel­che Vor­aus­set­zun­gen hel­fen Schü­le­rin­nen und Schü­lern wäh­rend der Schul­schlie­ßun­gen?“ auf https://www.lifbi.de/corona

Rück­kehr zum digi­ta­len Lernen

Was Schu­len und Eltern jetzt beach­ten sollten

Bei einer Coro­na-Zusatz­be­fra­gung im Rah­men des Natio­na­len Bil­dungs­pa­nels berich­te­ten Eltern von Schü­le­rin­nen und Schü­lern der 8. Klas­se, wie sie die Zeit des Home­schoo­ling im Früh­jahr erlebt haben. Die Aus­wer­tun­gen der Stu­die sind aktu­ell bei­spiels­wei­se vor dem Hin­ter­grund des Wech­sel­un­ter­richts von Inter­es­se, der in Bay­ern ab heu­te wie­der ein­ge­führt wurde.

Durch die tem­po­rä­ren Schlie­ßun­gen von Schu­len im Früh­jahr die­ses Jah­res kam es deutsch­land­weit dazu, dass Eltern das Home­schoo­ling ihrer Kin­der betreu­en muss­ten. Bei einer Coro­na-Zusatz­be­fra­gung im Rah­men des Natio­na­len Bil­dungs­pa­nels, der größ­ten Lang­zeit-Bil­dungs­stu­die in Deutsch­land, haben 1.452 Eltern von Schü­le­rin­nen und Schü­lern der 8. Klas­se berich­tet, wie sie die­se Zeit erlebt haben.
Prof. Dr. Cor­du­la Artelt, die Direk­to­rin des Leib­niz-Insti­tuts für Bil­dungs­ver­läu­fe, Foto: LIfBi/​Thomas Riese

Die Aus­wer­tun­gen zei­gen, wel­che Aus­wir­kun­gen des Home­schoo­lings beach­tet wer­den müs­sen – bei­spiels­wei­se im Modell des Wech­sel­un­ter­richts, der in Bay­ern ab heu­te wie­der ein­ge­führt wird oder ange­sichts der Schul­schlie­ßun­gen in Sach­sen ab kom­men­den Montag.

Das Natio­na­le Bil­dungs­pa­nel, das am Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe in Bam­berg behei­ma­tet ist, besteht aus sechs gro­ßen Teil­stu­di­en. Die­se umfas­sen ins­ge­samt mehr als 60.000 getes­te­te und befrag­te Per­so­nen von der Geburt über Aus­bil­dungs- und Erwerbs­pha­se bis hin­ein in die Nach­er­werbs­pha­se sowie 40.000 zusätz­lich befrag­te Per­so­nen aus deren Umfeld, etwa Eltern und päd­ago­gi­sches Fach­per­so­nal. Die Stich­pro­ben wur­den reprä­sen­ta­tiv für ganz Deutsch­land gezo­gen. Die so erho­be­nen Daten wer­den anony­mi­siert und Bil­dungs­for­schen­den welt­weit zugäng­lich gemacht.

Das Leib­niz-Insti­tut für Bil­dungs­ver­läu­fe an der Otto-Fried­rich-Uni­ver­si­tät Bam­berg unter­sucht Bil­dungs­pro­zes­se von der Geburt bis ins hohe Erwach­se­nen­al­ter. Um die bil­dungs­wis­sen­schaft­li­che Längs­schnitt­for­schung in Deutsch­land zu för­dern, stellt das LIf­Bi grund­le­gen­de, über­re­gio­nal und inter­na­tio­nal bedeut­sa­me, for­schungs­ba­sier­te Infra­struk­tu­ren für die empi­ri­sche Bil­dungs­for­schung zur Ver­fü­gung. Kern des Insti­tuts ist das Natio­na­le Bil­dungs­pa­nel, das die Exper­ti­se eines deutsch­land­wei­ten, inter­dis­zi­pli­nä­ren Exzel­lenz­netz­werks vereint.

Weni­ger Lernzeit

Im Früh­jahr war, unab­hän­gig von der Schul­form, über­all der­sel­be Effekt zu beob­ach­ten: Ohne die stan­dar­di­sier­ten Lern­be­din­gun­gen und die Stun­den­ta­feln der Schu­le inves­tier­ten Schü­le­rin­nen und Schü­ler deut­lich weni­ger Zeit in schu­li­sche Lern­ak­ti­vi­tä­ten. So berich­te­ten die im Rah­men des NEPS befrag­ten Eltern, dass ihre Kin­der durch­schnitt­lich 16 Stun­den pro Woche zu Hau­se gelernt hät­ten. Ein Fünf­tel der Kin­der kam gera­de ein­mal auf acht Stun­den Lern­zeit in der Woche. Die in jedem Fall deut­lich gerin­ge­re Lern­zeit soll­ten Eltern und Leh­ren­de einkalkulieren.

Wenn Klas­sen jetzt wie­der in den Fern­un­ter­richt wech­seln, kommt es dar­auf an, genau hin­zu­schau­en: Wie unter­schei­den sich die Vor­aus­set­zun­gen zu Hau­se, und wel­chen Ein­fluss haben die­se auf die rea­len Lern­zei­ten, wenn die Kin­der und Jugend­li­chen eigen­stän­dig ler­nen sollen?

Prof. Dr. Cor­du­la Artelt, die Direk­to­rin des Leib­niz-Insti­tuts für Bil­dungs­ver­läu­fe, for­dert des­halb: “Um für die Ver­bin­dung von Prä­senz- und Distanz­ler­nen gerüs­tet zu sein, müs­sen ver­stärkt Ele­men­te der Lern­för­de­rung – Feed­back, alters­ge­rech­te Moti­vie­rung und Unter­stüt­zung – in die schu­li­schen Ange­bo­te für den vir­tu­el­len Unter­richt und das häus­li­che Ler­nen ein­flie­ßen. Gera­de die För­de­rung von leis­tungs­schwa­chen Kin­dern soll­te hier obers­te Prio­ri­tät haben.”

Die Eltern nicht vergessen

Ein wich­ti­ger Fak­tor für den Erfolg der Schü­le­rin­nen und Schü­ler in der Zeit des Distanz­ler­nens sind die Eltern. Sind sie zufrie­den mit der Unter­stüt­zung durch die Schu­le, schät­zen Sie den Lern­erfolg ihrer Kin­der bes­ser ein. Die NEPS-Aus­wer­tun­gen zei­gen: Eltern erleb­ten die Belas­tun­gen und Her­aus­for­de­run­gen im Früh­jahr als bes­ser bewäl­tig­bar, wenn sie sich selbst dazu in der Lage sahen, ihre Kin­der beim Ler­nen zu Hau­se gut unter­stüt­zen zu kön­nen. Aller­dings schätz­te unge­fähr ein Vier­tel der Eltern ihre Fähig­kei­ten zur inhalt­li­chen Unter­stüt­zung ihrer Kin­der als (eher) unzu­rei­chend ein. Hier kön­nen und soll­ten die Schu­len mit zusätz­li­chen Hilfs­an­ge­bo­ten für die Eltern anset­zen. Ein wei­te­rer wich­ti­ger Fak­tor in die­sem Zusam­men­hang ist für die Eltern die Mög­lich­keit, im Home­of­fice zu arbei­ten. Hier zei­gen die NEPS-Aus­wer­tun­gen, dass von der Fle­xi­bi­li­sie­rung der Arbeits­or­te und Arbeits­zei­ten vor allem Hoch­ge­bil­de­te pro­fi­tie­ren. Die voll­stän­di­gen Aus­wer­tun­gen zu den The­men Schu­le und Arbeit sind zu fin­den unter www.lifbi.de/corona

Covid-Stu­die

Uni­ver­si­tät Bam­berg: Wenn alle an sich den­ken, hilft das auch

Eine psy­cho­lo­gi­sche Stu­die der Uni­vers­ti­tät Bam­berg zeigt, dass sich die Befrag­ten an Coro­na-Maß­nah­men hal­ten, von denen sie sich Schutz versprechen.

Die Coro­na-Pan­de­mie offen­bart: Men­schen küm­mern sich zunächst um die eige­ne Sicher­heit, bevor sie ande­re schüt­zen. So lau­tet das zen­tra­le Stu­di­en­ergeb­nis einer Stu­die im Insti­tut für Psy­cho­lo­gie der Uni­ver­si­tät Bam­berg. Unter­sucht wur­de, wel­che Schutz­maß­nah­men die Befrag­ten umset­zen. Und: Wie beein­flus­sen die wahr­ge­nom­me­ne Schutz­wir­kung für sich selbst und für ande­re, der Auf­wand und der Kon­flikt zwi­schen Selbst- und Fremd­schutz die­se Umsetzung?

Universität Bamberg: Johannes Leder, Foto: Universität Bamberg
Johan­nes Leder, Foto: Uni­ver­si­tät Bamberg

Die Ergeb­nis­se wur­den am 5. Novem­ber 2020 in der psy­cho­lo­gi­schen Fach­zeit­schrift „Com­pre­hen­si­ve Results in Social Psy­cho­lo­gy“ ver­öf­fent­licht. „Über­ra­schend für uns war, dass sogar für pro­so­zia­le Men­schen der Schutz ande­rer Per­so­nen zweit­ran­gig ist“, sagt Erst­au­tor Dr. Johan­nes Leder, der die Stu­die mit Dr. Alex­an­der Pas­t­uk­hov und Prof. Dr. Astrid Schütz unternahm.

Sie führ­ten zwei Online-Befra­gun­gen durch und wer­te­ten die­se aus. Die ers­te Befra­gung mit 419 Per­so­nen fand im März wäh­rend des Lock­downs statt, die zwei­te mit 253 Per­so­nen nach dem Lock­down im Mai und Juni 2020. In den Umfra­gen bewer­te­ten die Teil­neh­men­den 17 ver­schie­de­ne Schutz­maß­nah­men, unter ande­rem: eine Gesichts­mas­ke zu tra­gen, Abstand zu hal­ten und Coro­na-Par­tys zu ver­mei­den. Die For­schen­den woll­ten wis­sen, wie die Befrag­ten die­se Schutz­maß­nah­men wahr­neh­men und nut­zen. Außer­dem erho­ben sie die sozia­le Wert­ori­en­tie­rung, die wider­spie­gelt, wie koope­ra­tiv Per­so­nen sind und wie stark sie sich an ihrem eige­nen Vor­teil ori­en­tie­ren. 92 Pro­zent der Stich­pro­be erwie­sen sich als pro­so­zi­al. „Pro­so­zia­le Men­schen koope­rie­ren mit ande­ren und ver­su­chen, eine fai­re Lösung zu fin­den“, erklärt Johan­nes Leder. „Das Gegen­teil sind selbst­ori­en­tier­te Men­schen, die ego­is­tisch handeln.“

Im Lock­down haben die Befrag­ten die Schutz­maß­nah­men meist genutzt

Ins­ge­samt beob­ach­te­te das For­schungs­team der Uni­ver­si­tät Bam­berg, dass die Teil­neh­men­den die Schutz­maß­nah­men zu Beginn des Lock­downs häu­fig als wirk­sam wahr­nah­men und meist nutz­ten. „Dage­gen zeig­te sich nach der Auf­he­bung des Lock­downs ein sehr dif­fe­ren­zier­tes Bild“, fährt Johan­nes Leder fort. „Die Nut­zung und auch die ange­nom­me­ne Wirk­sam­keit von fast allen Maß­nah­men nahm ab.“ Nur die Gesichts­mas­ken nutz­ten die Befrag­ten nach dem Lock­down mehr, weil sie ver­füg­bar waren und als wirk­sam wahr­ge­nom­men wurden.

Vor allem eine Beob­ach­tung berei­tet Johan­nes Leder Sor­gen: „Im März haben vie­le Per­so­nen das Abstand­hal­ten noch für wirk­sam gehal­ten, im Mai waren es hin­ge­gen deut­lich weni­ger. Die­se Ein­stel­lung ist pro­ble­ma­tisch: Die stei­gen­den Infek­ti­ons­zah­len zei­gen, wie wich­tig es ist, Abstand zu hal­ten.“ Er ergänzt: „Die Erfah­rung, dass die Pan­de­mie im Mai so glimpf­lich ver­lau­fen ist, hat offen­sicht­lich nicht zu der Ein­sicht geführt, dass Social Distancing wirk­sam ist. Vie­le neh­men irr­tüm­lich an, dass Covid-19 nicht so gefähr­lich ist.“

Der Schutz ande­rer Per­so­nen ist zweitrangig

In einem Punkt waren die Ergeb­nis­se der Stu­die vor und nach dem Lock­down iden­tisch: „Men­schen sind moti­viert, Maß­nah­men umzu­set­zen, die vor allem sie selbst schüt­zen und wenig auf­wen­dig sind, zum Bei­spiel, Hän­de zu waschen“, fasst Johan­nes Leder zusam­men. Aus die­sem Ergeb­nis lei­tet er ab: „Per­so­nen, die in der Poli­tik, der For­schung und im Gesund­heits­we­sen tätig sind, soll­ten in Inter­views mit Medi­en den Selbst­schutz-Aspekt stär­ker beto­nen. Sie soll­ten also deut­lich machen, dass es lang­fris­tig jedem und jeder Ein­zel­nen hilft, wenn man ande­re schützt und so die Aus­brei­tung von Covid-19 redu­ziert.“ Dann wür­den ver­mut­lich mehr Men­schen die Maß­nah­men umsetzen.

Die zwei­te Befra­gung beleg­te außer­dem, dass per­sön­li­che Erfah­run­gen den Umgang mit der Pan­de­mie stark beein­flus­sen. „Wer eine Per­son kann­te, die sich von einer Covid-19-Erkran­kung erholt hat­te, hielt sich sel­te­ner an Schutz­maß­nah­men“, sagt Johan­nes Leder. „Wer dage­gen eine Per­son kann­te, die an der Krank­heit gestor­ben war, schütz­te sich und ande­re häu­fi­ger. Inso­fern ist es in der öffent­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­on auch wich­tig, über Schick­sa­le von Betrof­fe­nen zu informieren.“