Das Kunststipendium Bamberg geht 2021 an Johanna Knefelkamp-Storath. Zusammen mit ihrem contweedancecollective betreibt sie zeitgenössischen Tanz. Das Kollektiv aus Tänzer*innen, Schauspieler*innen und
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Kunststipendium Bamberg 2021
Stipendiatin Johanna Knefelkamp-Storath im Interview
Das Kunststipendium Bamberg geht 2021 an Johanna Knefelkamp-Storath. Zusammen mit ihrem contweedancecollective betreibt sie zeitgenössischen Tanz. Das Kollektiv aus Tänzer*innen, Schauspieler*innen und Musiker*innen arbeitet daran, dieser in Bamberg noch wenig bekannten Kunstrichtung mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Entsprechend kommt das Stipendium sehr gelegen. Im jährlichen Wechsel wird es von Stadt und Landkreis Bamberg ausgeschrieben und 2021 zum siebten Mal vergeben. Für das mit 9.000 Euro dotierte Stipendium 2021 hatten sich dreizehn Kunstschaffende beworben.
Die Jury besteht aus Kulturreferentin Ulrike Siebenhaar, Landrat Johann Kalb, Olga Seehafer (Kunststipendiatin 2020), Viera Janáreková (E.T.A.-Hoffmann-Preisträgerin 2020) und Nina Lorenz (Theater im Gärtnerviertel). Einstimmig fiel die Entscheidung für Johanna Knefelkamp-Storath aus. „Sie ist eine Stipendiatin, die ganz neues Terrain betritt und Außergewöhnliches wagt”, fasste Ulrike Siebenhaar die Brgründung der Jury zusammen, „Zeitgenössischer Tanz ist in Bamberg eine unterrepräsentierte Kunstform. Johanna Knefelkamp-Storath setzt sich mit ihrem internationalen Netzwerk und ihren eigenen Projektansätzen für die Etablierung einer neuen Tanzszene in Bamberg ein.” Wir haben mit Johanna Knefelkamp-Storath gesprochen.
Frau Knefelkamp-Storath, wie haben Sie auf den Erhalt des Stipendiums reagiert?
Johanna Knefelkamp-Storath: Ich war ganz überrascht, weil ich mich schon ein paar Mal ohne Erfolg beworben hatte. Der Anruf aus dem Rathaus hat mich dann richtig erwischt. Ich hatte gerade meine kleine Tochter zum Schlafen hingelegt und mich so laut über das Stipendium gefreut, dass sie sofort wieder aufgewacht ist. Im einen Arm hatte ich das schreiende Kind, am Ohr das Telefon. Auf jeden Fall ist das Stipendium eine große Ehre für mich und gerade in diesen Zeiten auch ein kleines Rettungsboot.
Ich finde es einfach sehr gut, dass Bamberg sich traut, die Kunstform des zeitgenössischen Tanzes zu unterstützen, die hier noch nicht viel Unterstützung bekommen hat. Das stärkt mich in meiner Motivation weiterzumachen. Aber obwohl da mein Name draufsteht, bin ich natürlich nicht alleine, sondern habe unglaubliche Unterstützung durch meine Familie und Freunde. Und bei contweedancecollective habe ich ein tolles Team mit Laura Saumweber, mit der ich das Kollektiv gegründet habe, und Gudrun Lange, Laura Schabacker, Katharina Müllerschön und der TANZWERKSTATT. Und gemeinsam mit Carola Streib als Unterstützung planen wir vom 16. bis 18. Juli etwas ganz besonderes. Also save the date!
Stand es zuletzt um die Motivation nicht gut?
Johanna Knefelkamp-Storath: Letztes Jahr hat der künstlerische Arbeitskreis FRANZ KafkA sein Ende bekanntgegeben, unter anderem aus mangelnder Unterstützung seitens der Stadt. Der Verein hat so viel Energie und Arbeit investiert, aber die Stadt hat nicht an ihn geglaubt. Dieses Gefühl, dass die Stadt nicht hinter KafkA steht, hat mich traurig gemacht. Solche Entwicklungen können uns alle treffen. Das Stipendium war mir darum auch insofern wichtig, dass es mir gezeigt hat, dass die Stadt mich auf dem Schirm hat.
Trübt es ein wenig die Freude, dass die Stadt, von der man ein Kultur-Stipendium erhält, nicht immer hinter ihrer Kultur steht?
Johanna Knefelkamp-Storath: Das kann man ja im Prinzip jeder Kommune vorwerfen. Große Institutionen werden immer gefördert, kleine werden eher benutzt, um sich Kulturstadt nennen zu können. Aber ich fühle mich nicht schlecht, weil ich das Stipendium bekommen habe. Ich freue mich, dass zumindest irgendwas gefördert wird.
Warum hatten Sie sich um das Stipendium beworben?
Johanna Knefelkamp-Storath: Ich hatte mich schon zum vierten Mal beworben, jedes Mal aus demselben Grund: Ich hoffe durch das Stipendium, den zeitgenössischen Tanz in Bamberg bekannter zu machen und mehr Aufmerksamkeit für ihn zu bekommen.
Was müsste geschehen, um die Bekanntheit des zeitgenössischen Tanzes in Bamberg zu steigern?
Johanna Knefelkamp-Storath: An erster Stelle würde ich tatsächlich mehr Aufmerksamkeit von Pressestellen nennen. Das junge Publikum kennt uns. Aber die etwas ältere Generation, die die in Bamberg noch Zeitung liest, ist schwerer zu erreichen. Denen würde ich total gerne zeigen, was zeitgenössischer Tanz ist. Dazu würde es vielleicht auch helfen, wenn die politische Prominenz eine Aufführung von unserem Kollektiv, dem contweedancecollective, besuchen würden.
Verleiht das Stipendium eine gewichtigere Stimme in der Bamberger Kulturszene?
Johanna Knefelkamp-Storath: Ja. Ich stehe schon mit dem Kulturamt in Kontakt, um zu besprechen, was man aus dem Stipendium alles rausholen könnte. Es kommen von der Stadt Ideen, wo, an welchen Tagen, zu welchen Veranstaltungen Tanz eingesetzt werden könnte. Ich bekomme also schon nach kurzer Zeit Anfragen.
Sie planen derzeit eine Solovorstellung. Darin versuchen Sie das Medium Video in den zeitgenössischen Tanz zu integrieren. Wie gehen die beiden Ausdrucksformen zusammen?
Johanna Knefelkamp-Storath: Corona hat mir klar gemacht, dass ich zurzeit nicht in einer großen Gruppe tanzen kann und will. So kam meine Überlegung auf, allein, beziehungsweise mit mir selbst, zu tanzen, indem ich zu Video-Aufnahmen von mir beim Tanzen tanze. Ich möchte damit das Thema “Identität” untersuchen und versuchen herauszufinden, wie Video-Elemente eingesetzt werden können, um Emotionen oder Perspektiven, die der Tanz schon zeigt, zu erweitern oder zu vertiefen. Kann ein Video ein tanzender Gegenpart sein? Gemeinsam mit dem Kameramann Michael Mirwald und den Musikern Simon Manz und Max Kraus von Nomanzland werde ich an einer Solovorstellung basteln. Die Premiere ist für den Sommer geplant.
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HipHop aus Bamberg für Bamberg
Runter vom Sofa, rein in den Livestream!
Seit 2013 tanzen „Time2Change“ aus Bamberg erfolgreich und bringen jungen Bambergern HipHop bei. HipHop-Profi Jennifer Michalski spricht über ihr Lebensgefühl, die Projekte der preisgekrönten Crew „Time2Change“ und warum es sich lohnt, den Lockdownfrust weg zu tanzen.
„Es ist wichtig, dass man nicht in ein Loch fällt, weil gerade alles nicht so geht“, meint Jennifer Michalski, „da wieder rauszukommen ist gerade für Jugendliche schwer.“ Jennifer, genannt „Jenny“, ist leidenschaftliche HipHop-Tänzerin. Ihr Hobby hat sie zum Beruf gemacht. „HipHop ist für mich ein Lebensgefühl, damit kann man gut abschalten vom Alltag und etwas Gutes für sich tun.“
Im zarten Alter von vier Jahren hat sie mit dem Tanzen angefangen und Ballett ausprobiert. Mit sechs Jahren kamen Paartanz und kleine Showtänze hinzu. Ganz nach dem Vorbild ihrer sechs Jahre älteren Schwester Jasmin, die mit 14 Jahren schon ihre eigenen HipHop-Kurse für Kinder an der Tanzschule gab und eine Tanzlehrerausbildung machte. Da wollte Jenny auch hin. Endlich selbst 14 Jahre alt geworden, klappte es. Mit 15 konnte auch Jenny erstmals Kurse unterstützen und kurz darauf selbst 14-jährige Teenies im HipHop unterrichten. Kurse für Erwachsene kamen schnell dazu. Nach dem Abi entschied sie sich erst für den Basketballtrainerschein, war dann als Trainerin ein Jahr lang im Kinder- und Jugendbereich der Brose Baskets (heute: Brose Bamberg) aktiv, schwenkte dann im Anschluss aber gleich auf die klassische Tanzlehrerausbildung beim Tanzstudio Stein in Standard und Latein um, machte ihren Kinderfachtanzlehrer und spezialisierte sich zusätzlich als „HipHop-Instructor“.
„Mit dem HipHop war ich klar familiär geprägt. Hinzu kamen ein regelrechter Tanzfilmboom zu der Zeit mit Elementen aus Ballett und HipHop oder einer Mischung daraus, das hat mir sehr gut gefallen“, meint Jenny.
HipHop-Weltmeister 2018
Und ihre Leidenschaft für HipHop ließ sich noch steigern. „Ich wollte einmal auf einer Bühne stehen und einmal etwas gewinnen“, erzählt die heute 26-Jährige, „also gründeten Jasmin und ich 2013 Time2Change, um von der Hobbyschiene weg zu kommen und unseren Tanzstil auf ein neues Level zu heben.“
Eine geeignete Crew mit einer weiteren Tänzerin und zwei Tänzern war schnell gefunden. Aus zunächst kleineren Showacts bei Hochzeiten, Geburtstagsfeiern, Supermarkteröffnungen und Modenschauen wurden immer größere und ausgefeiltere Choreographien und Shows. Es folgten Teilnahmen an Tanzmeisterschaften, wie die Bayerische Meisterschaft 2014 im Showtanz, bei der die Gruppe auf Anhieb Vizemeister wurde. „Als wir das geschafft hatten, wollten wir an immer mehr Meisterschaften teilnehmen und es auch bei internationalen HipHop-Wettbewerben versuchen“, sagt Jenny.
2016 holte sich Time2Change bei der deutschen Meisterschaft und der Europameisterschaft im Showtanz der Internationalen Interessengemeinschaft für Tanzsport e. V. (IIG) prompt die Titel und tanzte sich mit ihrer Show „Obsession“ noch im gleichen Jahr beim Supertalent von RTL in die Vorrunde zum Halbfinale. Bei den „World Championships Artistic Streetdance“ der „World Artistic Dance Federation“ mit über 700 Teilnehmern im Familienpark Wunderland Kalkar an der niederländischen Grenze im Jahr 2018 schaffte es die Crew mit ihrer Show „Escape“ als „small group“ in der Kategorie „HipHop adults“ ganz oben aufs Treppchen und sicherte sich den WM-Sieg.
Choreographien zeigen aktuelle Themen
Die Choreos in ihren Shows sind dabei mehr als nur ein eigener Ideenmix, sie erzählen Geschichten. „In unseren Shows zeigen wir viel Gefühl. Freude, Trauer, Liebe, Hass – all das projizieren wir auf die Bühne. Mit unseren Storys wollen wir eine Verbindung zu den Menschen aufbauen, sie berühren und Emotionen auslösen“, so die Profitänzerin. Dazu greift sich die Crew gerne aktuelle Themen auf, die bewegen. In ihrer Show „Obsession“ führten sie den Zuschauer durch das Szenario der Abhängigkeit von Medien und Handys mit sozialer Isolation als Folge. Bei ihrer Show „Escape“ tanzten sie über die Themen Ausbruch und Befreiung, ließen dem Zuschauer aber Freiräume für Interpretation. „Gefangen zu sein, sei es örtlich oder gedanklich, hat für jeden eine andere Bedeutung. Am Ende stand die Befreiung durch sich selbst“, erklärt Jenny.
Derart tiefgründige Shows haben sie für die nächste Zeit nicht geplant. „Wir wollen gerade nichts, das so deep ist. Aktuell zeigen wir unsere Choreos zu Songs, die uns in Stimmung bringen, die gute Laune verbreiten und einfach Spaß machen“, meint Jenny. Wie in den letzten Videos „Kiespijn“ (https://youtu.be/LipUYQk0F1k) und „River“ (https://youtu.be/tyKqV6UU54s) aus dem Jahr 2019.
Da seit 2020 Tanzen in der Gruppe praktisch nicht stattfinden kann, machen sie unabhängig voneinander bei verschiedenen Online-Contests mit oder probieren Challenges aus. „Momentan macht jeder etwas für sich, um fit und auf irgendeine Weise dran zu bleiben“, sagt Jenny, „oft sind das auch einfach witzige Sachen wie die 30-Tage-Dehnen-Challenge oder Laufen.“ Welche Show sie als nächstes vorbereiten, bleibt offen. „Tatsächlich hat gerade jeder von uns viel Zeit, aber es gibt zu wenige Einflüsse von außen, die uns inspirieren“, meint Jenny, „es wird wieder etwas sein, dass gerade jetzt in unserer Zeit passiert. Corona wollen wir aber sicher nicht vertanzen!“
Im HipHop-Livestream beim Tanzstudio Stein
Auch für Tanzprofi Jenny, für die es nicht nur ein „Megagefühl“ ist, in diesem Beruf zu arbeiten, sondern die sich ihrer großen Verantwortung für ihre zumeist jugendlichen Fans bewusst ist, liegt der Schlüssel in dieser schwierigen Zeit bisweilen darin, sich aufzuraffen. „Im ersten Lockdown war ich noch sehr motiviert und habe Workouts gemacht, bis es wieder losging. Jetzt, im zweiten Lockdown, war die Motivation zwischenzeitlich auf dem Tiefpunkt. Irgendwann habe ich nur noch TV-Serien geschaut“, erzählt Jenny und lacht, „damit musste schnell wieder Schluss sein.“ Inzwischen hat das Tanzstudio Stein neben Online-Choreos im ersten Lockdown auch Livestreams für seine Kurse eingerichtet. Jenny und ihre Schwester Jasmin sind dort mit ihren HipHop-Kursen ab acht Jahren vertreten. Zwar könne man sich zuhause einfach Musik anschalten und für sich selbst tanzen, an festen Kursen zu festen Zeiten mit persönlichem Kontakt und Anleitung teilzunehmen, sei aber deutlich einfacher. „Auch die krassesten Tänzer mit ihren Videos auf irgendeinem Portal ersetzen keinen Unterricht“, weiß Jenny, „man kann keine Bindung aufbauen, dabei ist die Kommunikation, wie live reden und gemeinsam üben essentiell. Wir geben Feedback, können per Kamera verbessern und auch Chat-Funktionen nutzen.“ Die Streams gibt es beim Tanzstudio Stein neben HipHop auch für Country Linedance, Kindertanz und Zumba. Die Buchung funktioniert derzeit wahlweise nur für den einzelnen Livestream oder als Monatsvertrag, der sich nach dem Lockdown ganz bequem von selbst wieder auflöst und auch nicht zu einer dauerhaften Mitgliedschaft im Tanzstudio verpflichtet. Dass Time2Change zudem bald wieder eigene Musikvideos machen und bei Auftritten und Wettbewerben dabei sein kann, darauf hofft die Crew ganz stark. „Es ist immer wieder toll, auf der Bühne zu stehen, neue Sachen zu erleben und neue Erfahrungen zu machen – einfach unbeschreiblich. Für mich macht das die Leidenschaft fürs Tanzen aus.“
Weitere Informationen
Zu aktuellen HipHop-Livestreams und mehr beim Tanzstudio Stein unter
https://www.tanzstudio-stein.de/
Alles zur HipHop-Tanzcrew Time2Change gibt es unter
https://instagram.com/time2change_crew?igshid=1a0z3c7l16m4
oder unter