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Veranstaltungsbranche

Nied­ri­ge Publikumszahlen

„Die Ver­an­stal­tungs­bran­che soll kei­ne Sze­ne wer­den, die nur durch Absa­gen glänzt“

Kul­tur­ver­an­stal­tun­gen sind wie­der ohne Coro­na-Beschrän­kun­gen mög­lich. Trotz­dem hat die Ver­an­stal­tungs­bran­che mit nied­ri­gen Publi­kums­zah­len zu kämp­fen. Wor­an das liegt und wie die Bran­che damit umgeht, haben wir mit Wolf­gang Heyder, Geschäfts­füh­rer des Ver­an­stal­tungs­ser­vice Bam­berg, bespro­chen.
Vie­le Kul­tur­ver­an­stal­ter kla­gen dar­über, dass das Publi­kum Ver­an­stal­tun­gen fern bleibt, obwohl es zum Bei­spiel kei­ne Coro­na­vor­schrif­ten mehr gibt, die das nötig machen wür­den. Kön­nen Sie die­se Ent­wick­lung der Ver­an­stal­tungs­bran­che bestätigen?

Wolf­gang Heyder: Ja. Im Som­mer hat­ten wir noch gute Ver­kaufs­zah­len bezie­hungs­wei­se Tickets von Ver­an­stal­tun­gen, die aus dem letz­ten Jahr ver­scho­ben wor­den waren, wur­den sehr zahl­reich ein­ge­löst. Über­ra­gen­de Zah­len waren es nicht, aber gute. Als dann aber die Out­door-Ver­an­stal­tun­gen des Som­mers vor­bei waren und die Indoor-Ver­an­stal­tun­gen im Herbst los­gin­gen, haben wir sehr schnell gespürt, dass die Ver­käu­fe eher defen­siv wur­den. Es gibt zwar Aus­rei­ßer nach oben, das sind meis­tens über­re­gio­na­le, inter­na­tio­na­le Acts, aber immer auch wie­der Flops. Die Leu­te schei­nen sich also ganz genau aus­zu­su­chen, wo sie hingehen.

Sor­ge vor eine Anste­ckung mit Coro­na könn­te also ein Grund dafür sein?

Wolf­gang Heyder: Ja, ich den­ke schon, dass da immer noch vie­le Beden­ken haben und bei kei­nen Shows im Innen­raum dabei sein wol­len. Wir sehen das zum Bei­spiel dar­an, dass immer noch eini­ge Besu­cher Mas­ke tra­gen, obwohl es kei­ne Mas­ken­pflicht mehr gibt.

Was tun Sie im Kul­tur­bo­den in Hall­stadt, um die Sor­gen vor Coro­na zu zerstreuen?

Wolf­gang Heyder: Die­se Sor­gen sind eine gefühl­te, eine indi­vi­du­el­le und sub­jek­ti­ve Ange­le­gen­heit – den Leu­ten so etwas zu neh­men, ist schwer. Wir arbei­ten aber immer noch, wie von Anfang an, mit Abstands­re­geln und inten­si­ver Lüf­tung. Die­je­ni­gen, die kei­nen engen Kon­takt mit ande­ren Leu­ten im Publi­kum haben wol­len, müs­sen die­sen auch nicht haben. Ein Risi­ko, das abschre­cken könn­te, bleibt aber eben bestehen.

Spie­len auch die der­zeit stei­gen­den Lebens­hal­tungs- und Ener­gie­kos­ten eine Rol­le bei der Zurück­hal­tung des Publikums?

Wolf­gang Heyder: Im Lauf des Novem­bers wer­den wir ver­su­chen, genau­er her­aus­zu­fin­den, wie die Leu­te die Ver­an­stal­tungs­sze­ne dies­be­züg­lich ein­schät­zen, aber momen­tan kann ich das noch nicht bestätigen.

Ste­hen Sie in Kon­takt mit ande­ren Ver­an­stal­tern, gibt es dort die glei­chen Sorgen?

Wolf­gang Heyder: Ja, das gilt für alle. Über­all hört man von gerin­ge­ren Ver­kaufs­zah­len – das ist die kla­re Tendenz.

Wie gehen Sie mit die­ser Ten­denz um?

Wolf­gang Heyder: Wir haben uns die Stra­te­gie gege­ben, für Indoor-Ver­an­stal­tun­gen in den kom­men­den Mona­ten erst mal weni­ger zu buchen und uns auf die kom­men­den Open-Air-Shows rich­ten. Zum Bei­spiel dis­ku­tie­ren wir gera­de, wie wir mit dem Bam­Lit 2023 umge­hen und es viel­leicht in den Som­mer ver­schie­ben. Auch hier – das hat sich bei der Aus­ga­be 2022 gezeigt – haben wir ein Kli­en­tel, das sehr vor­sich­tig agiert.

Wel­che Rück­mel­dun­gen geben die Leu­te, die Indoor-Ver­an­stal­tun­gen besu­chen? Bleibt auch hier Sor­ge oder herrscht Sorglosigkeit?

Wolf­gang Heyder: Genau wie gesamt­ge­sell­schaft­lich gibt es auch hier vie­le, die da kei­ner­lei Beden­ken mehr haben und sich nicht ein­schrän­ken. Vie­le sagen auch, dass sie ein­fach wie­der Kul­tur­ver­an­stal­tun­gen wol­len und die­se auch unter­stüt­zen möchten.

In den nächs­ten Tagen haben Sie im Kul­tur­bo­den in Hall­stadt einen Auf­tritt von Wolf­gang Krebs, einen vom Tota­len Bam­ber­ger Kaba­rett und eine Rod Ste­wart-Tri­bu­te-Show. Wie ist die kon­kre­te Aus­las­tung die­ser Veranstaltungen?

Wolf­gang Heyder: Wolf­gang Krebs läuft sehr gut, er wird mit etwa 350 von 380 Plät­zen fast aus­ver­kauft sein. Auch TBC läuft gut mit über 200 Plät­zen, oder Mäc Här­der, der heu­te Abend auf­tritt. Dann kommt aber mit Mr. Rod eine Show, deren Vor­ver­kauf zäh läuft. Da wer­den wir kaum auf mehr als 100 ver­kauf­te Plät­ze kom­men. Es ist ein­fach kom­plett unter­schied­lich, wie die Leu­te auf ein­zel­ne Shows reagieren.

Wie vie­le Kon­zer­te müs­sen Sie der­zeit absagen?

Wolf­gang Heyder: Abge­sagt wird der­zeit trotz allem rela­tiv wenig. Wäh­rend der Hoch­zeit der Pan­de­mie muss­ten wir natür­lich sehr viel ver­schie­ben oder ganz absa­gen. Aber jetzt ver­su­chen wir, alle geplan­ten Ver­an­stal­tun­gen durch­zu­zie­hen. Die Ver­an­stal­tungs­bran­che soll kei­ne Sze­ne wer­den, die nur durch Absa­gen glänzt. Wenn es dazu nötig ist, eine Ver­an­stal­tung mit gerin­gen Publi­kums­zah­len durch­zu­füh­ren, tun wir das eben. Ver­kau­fen wir kei­ne oder nur eine Hand­voll Kar­ten, sagen wir natür­lich ab. Aber wenn 50 oder 60 Leu­te kom­men, auch wenn das sehr wenig ist, machen wir die Ver­an­stal­tung. Es ist uns wich­tig, dass der Betrieb am Leben bleibt und sich das Publi­kum dar­auf ver­las­sen kann, dass Shows stattfinden.

Aber eine Aus­las­tung von 50 von 380 beleg­ten Plät­zen kann sich unmög­lich rechnen.

Wolf­gang Heyder: Nein, das rech­net sich nicht – das ist klar. Aber wir sehen das als Inves­ti­ti­on, die wir in Kauf neh­men. Wenn wir wie­der die Hälf­te der Ver­an­stal­tun­gen absa­gen, ist das für das Publi­kum nicht mehr nach­voll­zieh­bar und der Kul­tur­bo­den ist irgend­wann von der Bild­flä­che verschwunden.

Könn­te die herbst- und win­ter­li­che Zurück­hal­tung des Publi­kums eine Dau­er­zu­stand wer­den? Muss die Ver­an­stal­tungs­bran­che umden­ken und sich stär­ker auf die Open-Air-Mög­lich­kei­ten des Som­mers konzentrieren?

Wolf­gang Heyder: Ich hof­fe nicht! Wir hof­fen, dass sich die­se Zustän­de schon wie­der nor­ma­li­sie­ren. Es wur­de von der Poli­tik ja vor­her­ge­sagt, dass der jetzt begin­nen­de noch­mal ein schwie­ri­ger Win­ter wer­den könn­te – damit müs­sen wir umgehen.

Wie sehen Sie dem­ge­mäß die Rol­le der Poli­tik zur­zeit? Wird genug für die Ver­an­stal­tungs­bran­che getan, um einer­seits auf den Win­ter ein­zu­stim­men, ande­rer­seits aber auch all­zu gro­ße Sor­gen zu nehmen?

Wolf­gang Heyder: Die Medi­en nei­gen dazu, die Poli­tik immer für alles ver­ant­wort­lich zu machen. Ich fin­de, dass es auch für die Poli­tik schwie­rig ist, hier eine Ein­schät­zung abzu­ge­ben. Es ist immer wie­der eine neue Situa­ti­on und nach wie vor eine Situa­ti­on, die kei­ner wirk­lich kennt. Da der Poli­tik irgend­et­was anzu­krei­den, wür­de ich nicht tun.

Spricht da der Ver­an­stal­ter oder das SPD-Mitglied?

Wolf­gang Heyder: Bei­des. Ich habe mei­ne Pro­ble­me, mit dem, was an Zwei­feln und Vor­wür­fen gera­de gegen­über der Poli­tik statt­fin­det. Es geht zu oft um Schlag­zei­len. Auch in ande­ren Berei­chen der gro­ßen Poli­tik waren vie­le der­zei­ti­ge Ent­wick­lun­gen ein­fach nicht vor­her­zu­se­hen. Was wir für uns und für die Kul­tur­bran­che aber tat­säch­lich doch wün­schen wür­den, wäre, dass die Wirt­schaft­lich­keits­hil­fe aus dem Son­der­fonds des Bun­des für Kul­tur­ver­an­stal­tun­gen bis Ende Mai ver­län­gert wird. Denn die Unter­stüt­zungs-Zah­len haben bei wei­tem noch nicht den Vor-Coro­na-Stan­dard erreicht.