Tag der pflegenden Angehörigen am 8. September
VdK Bayern kritisiert drastische Kürzung des Landespflegegelds
Zum Tag der pflegenden Angehörigen am 8. September nimmt der Sozialverband VdK Bayern die Staatsregierung in die Verantwortung für die sich weiter zuspitzende Situation in der häuslichen Pflege.
Aktuell erhalten Pflegebedürftige, die Landespflegegeld beziehen, Änderungsbescheide vom Bayerischen Landesamt für Pflege. Die darin mitgeteilte Verlängerung des Pflegegeldjahrs um drei Monate ohne entsprechende Ausgleichszahlung verschärft die angespannte finanzielle Lage für die betroffenen Personen und Familien. Ersatzweise Entlastungen und bessere Versorgungsangebote vor Ort sind nicht in Sicht. „Über eine Million Menschen in Bayern pflegen ihre Angehörigen. Die Kosten für die Pflege sind eine große finanzielle Belastung für die Familien. Die Auszahlung des Landespflegegelds wird nun für das Pflegegeldjahr 2024//2025 vom Herbst 2025 auf den Jahresanfang 2026 verschoben und somit trickreich schon um 250 Euro gekürzt. Ab dem kommenden Bewilligungszeitraum 2026 sollen sogar nur noch 500 statt 1000 Euro pro Jahr ausbezahlt werden. Das ist ein Schlag ins Gesicht für die betroffenen Familien“, so VdK-Landesvorsitzende Verena Bentele in einem Statement. „Die Staatsregierung will uns weismachen, dass das eingesparte Geld in den Ausbau der pflegerischen Infrastruktur gesteckt wird. Aber noch sehen wir keinen zweckgebundenen Nachweis im Haushaltsplan 2026 oder Pläne dafür, dass dieses Geld entsprechend eingeplant und verwendet wird.“ Pflegebedürftige und ihre Angehörige müssten also sehr wahrscheinlich weiterhin mit völlig unzureichenden Unterstützungsmöglichkeiten und noch dazu steigenden Kosten zurechtkommen.
Der VdK Bayern fordere einen klaren, im Haushalt 2026 und nachfolgenden Haushalten verankerten Finanzierungsplan für den Ausbau von Tages- und Kurzzeitpflegeplätzen und weiteren Verbesserungen für die ambulante Pflege. Pflegebedürftige und ihre Familien könnten nicht warten, sie haben buchstäblich keine Zeit zu verlieren. „Solange noch keine funktionierende pflegerische Infrastruktur aufgebaut ist, fordern wir, das Landespflegegeld in der derzeitigen Höhe auszubezahlen. Weiter müssen die Staatsregierung und die Kommunen die Errichtung von Pflegestützpunkten in allen bayerischen Kreisstädten forcieren. Insbesondere in der Oberpfalz und in Niederbayern finden Betroffene immer noch so gut wie keine Anlaufstellen in Pflegefragen.“
VdK nimmt Kommunen in die Pflicht für die pflegerische Daseinsvorsorge
Aktuell bestimmen Markt und nicht selten der Zufall, welche Pflegeeinrichtungen und Unterstützungsangebote vor Ort zu finden sind. Bentele kritisiert „Für die absehbar immer größere Zahl von Pflegebedürftigen ist Bayern nicht vorbereitet. Der Freistaat kommt seiner gesetzlichen Verantwortung zur Sicherstellung der Pflegeversorgung nicht ausreichend nach. Auch die Kommunen werden bislang zu wenig in die Verantwortung für die ältere und pflegebedürftige Bevölkerung genommen. Der VdK fordert, eine pflegerische Daseinsvorsorge als gesetzliche Pflichtaufgabe der Kommunen einzuführen. Diese könnte neben den klassischen Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten auch regionale Kliniken sowie ehrenamtliche Hilfsstrukturen als wichtige Schnittstelle zur Pflege umfassen und so ein echtes Unterstützungsnetzwerk schaffen.“
Hintergrund
Insgesamt werden in Bayern rund 520.000 Menschen in der häuslichen Pflege versorgt, das sind mehr als 80 Prozent aller Personen mit einem Pflegegrad. Mehr als zwei Drittel der zuhause Lebenden werden ausschließlich von ihren Angehörigen versorgt und erhalten Pflegegeld. Etwas weniger als ein Drittel der zuhause Lebenden wird von ambulanten Pflegediensten oder im Wege der Kombinationsleistung (§ 38 Satz 1 SGB XI) von ambulanten Pflegediensten zusammen mit Angehörigen versorgt. 2023 gab es insgesamt rund 632.000 Pflegebedürftige in Bayern (Quelle: Erhebungen des bayerischen Landesamts für Statistik).
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Sozialpolitische Positionen zur Bundestagswahl 2025
VdK Bayern fordert von den Parteien ein klares Bekenntnis zum Sozialstaat
Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland und Landesvorsitzende des VdK Bayern, fordert die Parteien auf, sich vor der Bundestagswahl klar zum Sozialstaat zu bekennen. Ihre Bilanz der Ampelkoalition hinsichtlich der Renten‑, Pflege‑, Gesundheits- Familien- und Behindertenpolitik fällt sehr gemischt aus. Wichtige Vorhaben seien gar nicht erst begonnen worden oder immer wieder am Koalitionspartner FDP gescheitert. Allerdings seien die Einlassungen der Unionsparteien zur Bundespolitik „nicht immer konstruktiv“ gewesen, kritisiert sie.
„Wir sind mit 2,3 Millionen Mitgliedern bundesweit, davon 834.000 in Bayern, der größte Fanclub des Sozialstaats“, sagte Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland und Landesvorsitzende des VdK Bayern, in München. Sie forderte die Parteien auf, sich vor der Bundestagswahl klar zum Sozialstaat zu bekennen. Ihre Bilanz der Ampelkoalition hinsichtlich der Renten‑, Pflege‑, Gesundheits- Familien- und Behindertenpolitik fällt sehr gemischt aus. Wichtige sozialpolitische Vorhaben wie die Kindergrundsicherung, eine Entlohnung pflegender Angehöriger oder die Stabilisierung der Alterssicherung seien gar nicht erst begonnen worden oder immer wieder am Koalitionspartner FDP gescheitert.
Allerdings seien die Einlassungen der Unionsparteien zur Bundespolitik „nicht immer konstruktiv“ gewesen, kritisierte sie. Sie zeigte sich erleichtert, dass die Krankenhausreform trotz des Widerstands aus Bayern noch den Bundesrat passiert hat. „Ich betone, dass der VdK den Plänen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach nicht in jeder Einzelheit zustimmt, aber die Richtung passt. Wir müssen dringend neue Strukturen für die Versorgung der Patientinnen und Patienten aufbauen, gerade hier in Bayern“, erklärte sie.
Da auch die Bundesregierung wenig zur Verbesserung der häuslichen Pflege getan hat, sei die von Ministerpräsident Markus Söder verkündete Halbierung des Landespflegegelds „ein weiterer Tiefschlag für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen“ gewesen. Zur vertanen Chance einer wirkungsvollen Armutsbekämpfung von Kindern durch die Einführung einer Kindergrundsicherung käme in Bayern jetzt noch die Kürzung von Familienleistungen hinzu.
Bentele warnte davor, in Bund wie in Bayern immer auf Kosten der Schwächsten zu sparen: „Den klammen Haushalt ausgerechnet mit dem Sparen am Sozialen zu sanieren, ist ein alarmierendes Zeichen für eine gesamtpolitische Tendenz, vor der ich ausdrücklich warnen möchte. Solche Entscheidungen untergraben das Grundprinzip des solidarischen gesellschaftlichen Miteinanders. Es wird ein Bild von Armut, Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Behinderung als selbst verschuldetem Makel geschaffen. Vertrauen in den Staat und seine Institutionen wird so nachhaltig beschädigt. Stattdessen schafft Umverteilung durch eine gerechte Steuerpolitik auf faire Weise dringend notwendige Einnahmen.“
Die Kernforderungen des Sozialverbands VdK zur Bundestagswahl
- Eine stabile staatliche Alterssicherung: Dazu gehört die „Rente für alle“, also eine gesetzliche Rentenversicherung, in die alle Berufsgruppen einzahlen, auch Beamtinnen und Beamte, Selbstständige und Abgeordnete. Das Rentenniveau muss bei mindestens 53 Prozent liegen, um armutsfeste Renten zu garantieren. Ebenfalls wichtig sind verstärkte Präventionsmaßnahmen, um die hohe Zahl von Erwerbsminderungen einzudämmen.
- Armutsbekämpfung in allen Generationen: Familienförderung beginnt bei den Kleinsten. Deshalb muss die Kindergrundsicherung wieder neu angepackt werden. Einkommensarmut führt zu Sozialleistungsbezug, deshalb sind faire Löhne und die Eindämmung von Minijobs wichtig.
- Inklusion und Barrierefreiheit: Teilhabe ist ein Menschenrecht. Das wird Menschen mit Behinderung in vielen Lebensbereichen verwehrt. Auch private Dienstleister müssen zu barrierefreien Angeboten verpflichtet werden.
- Eine neue Steuerpolitik: Der Sozialverband VdK fordert zur Sanierung des Haushalts einen Perspektivenwechsel, weg vom Sparen am Sozialen hin zur fairen Umverteilung. Konkret durch die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, durch eine Reichensteuer und eine Reform der Erbschaftssteuer, die besonders große Erbschaften in den Blick nimmt – mit einem großzügigen Freibetrag für selbst genutzte Immobilien.
VdK hat in Bayern 6 Prozent Bevölkerungsanteil
VdK-Landesgeschäftsführer Michael Pausder stellte die Zahlen des bisherigen Jahresverlaufs für den VdK Bayern vor. Die Bilanz ist erfreulich: „Immer mehr Bürgerinnen und Bürger finden beim VdK sozialrechtliche Unterstützung in der Rechtsberatung, menschliche Zuwendung durch das Ehrenamt und sozialpolitische Interessenvertretung“, erklärte er den Verbandserfolg. Etwa 834.000 Mitglieder zählt der VdK im Freistaat aktuell, seit Jahresanfang 2024 wurden 60.000 neue Mitglieder aufgenommen. Der Bevölkerungsanteil der VdK-Mitglieder liegt in Bayern bei sechs Prozent.
In der Sozialrechtsberatung ist der Sozialverband VdK unangefochten die Nummer eins in Bayern. Zwei Bereiche des Sozialrechts fallen aktuell besonders auf: Die Zahl der Klagen hat sich im Bereich der Pflegeversicherung gegenüber dem Vorjahreszeitraum fast verdoppelt, im Bereich des Schwerbehindertenrechts liegt die Steigerung bei 38 Prozent. Die Erfolgsquoten bei Verfahren, die vom VdK begleitet werden, sind hoch. So sind 42 Prozent aller Klagen im Bereich der Pflegeversicherung erfolgreich, im Bereich des Schwerbehindertenrechts sind es sogar 47 Prozent.
„Der Sozialverband VdK weiß aus seiner Beratungspraxis: Sozialpolitik ist nichts Abstraktes. Die Entscheidungen, die bisherige Regierungen getroffen haben oder künftige treffen werden, haben für den Einzelnen existenzielle Bedeutung. Unsere sozialpolitischen Forderungen entstehen aus den Erfahrungen des Beratungsalltags heraus“, sagte Pausder. Hinzu kommen die gesellschaftspolitischen Themen, die vom VdK-Ehrenamt in den Verband getragen werden. Aktuell beispielsweise das klare Bekenntnis des Sozialverbands VdK Bayern gegen Gewalt an Frauen anlässlich der UN-Kampagne „Orange the World“. „Der Einsatz für eine geschlechtergerechte Gesellschaft gehört zu unseren Grundsätzen, die durch das VdK-Ehrenamt und allen voran durch Verena Bentele gelebt werden. Darauf können wir stolz sein“, so Pausder.
Der VdK trägt als größter Sozialverband wichtige gesellschaftspolitische Themen nach außen. „Falls sich bei der Regierungsbildung soziale Einschnitte abzeichnen sollten, haben wir mit 834.000 Mitgliedern ein enormes Mobilisierungspotenzial in Bayern, das wir im öffentlichen Raum nutzen werden“, kündigte er an.