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Videoveröffentlichung

Neu­es Video von Bambägga

“Insel ein­sam” – 3:30 Minu­ten Flucht

“Insel ein­sam” ist die neu­es­te Video­ver­öf­fent­li­chung von Bam­bäg­ga. Auch wenn das Stück, in dem es um Ver­lust, Flucht und Resi­gna­ti­on geht, so klingt – das Hip Hop-Trio aus Front­mann Jonas Ochs, Cony MC und DJ Start­klar woll­te damit aus­drück­lich kei­nen Coro­na-Kom­men­tar ablie­fern. Bleibt aber noch die Fra­ge, ob “Insel ein­sam” eine Ankün­di­gung des Endes von Bam­bäg­ga sein soll. Wir haben mit Jonas Ochs gesprochen.

Jonas, das Video zu “Insel ein­sam” zeigt Sze­nen einer zu Ende gehen­den Bezie­hung. Die Frau und der Mann schei­nen sich aber in Freund­schaft und nur auf­grund von äuße­rem Druck, vor dem sie ger­ne auf eine ein­sa­me Insel flie­hen wür­den, zu tren­nen. Sind das Anspie­lun­gen auf eige­ne bio­gra­fi­sche Erleb­nis­se oder auf der­zei­ti­ge gesell­schaft­li­che Entwicklungen?

Jonas Ochs: Die Rück­mel­dung vie­ler Leu­te, die das Video gese­hen haben, sah tat­säch­lich schon oft so aus, dass sie es für einen Coro­na-Kom­men­tar hal­ten. Aber das Lied ist schon vor Coro­na geschrie­ben wor­den und, genau, es geht um das freund­schaft­li­che Ende einer Bezie­hung – ein zeit­lo­ses The­ma also. Ein The­ma, das für mich zwar nicht aktu­ell ist, aber auch in mei­ner Bio­gra­fie schon vorkam.


Die Sze­nen sind sehr fil­misch. Gab es ein Dreh­buch? Wer hat es geschrieben?

Jonas Ochs: Ja, das war ich! Ich woll­te das schon län­ger machen. Im Rap wird ja unend­lich viel gere­det und ich fin­de die Opti­on eines Vide­os und sei­ner Bild­spra­che eine sehr attrak­ti­ve Mög­lich­keit, das Lied noch­mal, auf eine ande­re Art und Wei­se, zu gestal­ten. So ein Video kann ein Lied auf­wer­ten und noch­mal ganz anders spre­chen las­sen. Für “Insel ein­sam” woll­te ich schon fast stre­ber­mä­ßig alles für ein Video vor­be­rei­ten und nicht total plan­los ein­fach nach dem Mot­to “wir machen jetzt mal ein biss­chen Hip Hop” anfan­gen. In der Geschich­te von Bam­bäg­ga haben wir gelernt, was beim Video­dre­hen gut ist und was eher hin­dert. Wir sind oft genug mit unse­rem berufs-jugend­li­chen Leicht­sinn naiv in irgend­wel­che Situa­tio­nen gestol­pert, die wegen unse­rer Unvor­be­rei­tet­heit dann für alle unan­ge­nehm waren.


“Insel ein­sam” stammt, wie erwähnt, aus der Zeit vor der Pan­de­mie – die­se wird also nicht aus­drück­lich erwähnt. Aber bei Beschrei­bun­gen von Ver­lust, wie sie im Text vor­kom­men, denkt man in die­sen Zei­ten unwill­kür­lich natür­lich sofort an die Pan­de­mie. Stört es euch, dass Coro­na zwi­schen den Zei­len mitschwingt?

Jonas Ochs: Nein, eigent­lich nicht. Hät­ten wir vor fünf oder sechs Jah­ren ein eher gefühl­vol­les Stück wie “Insel ein­sam” raus­ge­bracht, hät­ten sich vie­le Leu­te im Gegen­satz zu heu­te nicht getraut, es zum Bei­spiel in den sozia­len Medi­en zu kom­men­tie­ren oder zu tei­len. Das Gen­re Hip Hop ist dafür zu sehr von einem etwas chau­vi­nis­ti­schen coo­len Mach­obild geprägt. Aber die Zeit macht mög­lich, was frü­her ein No-go gewe­sen wäre, näm­lich auch als Hip Hop-Band öffent­lich Gefüh­le oder Schwä­che zu zei­gen. Die Leu­te sind emp­find­sa­mer für sol­che The­men gewor­den – das mer­ke ich an den Reak­tio­nen auf das Video. Mit Ein­sam­keit kön­nen sich ja momen­tan fast alle identifizieren.


Eine wei­te­re Les­art des Lie­des, sei­ner per­sön­li­chen Momen­te des Auf­ge­bens, könn­te sich auch auf die sich immer mehr ein­stel­len­de Resi­gna­ti­on in der Kul­tur­sze­ne beziehen.

Jonas Ochs: “Insel ein­sam” ist schon das vier­te Video, das wir wäh­rend der Pan­de­mie ver­öf­fent­licht haben. Wir möch­ten unse­ren Fans ein­fach so gut es geht etwas anbie­ten. Aber gar nicht so sehr als Kom­men­tar zur Zeit oder Kri­tik an irgend­wel­chen Maß­nah­men. Aus Debat­ten woll­ten wir uns immer raus­hal­ten. Wir wol­len zei­gen, dass wir da sind, auch wenn die Zei­ten schwie­rig sind, und für 3:30 Minu­ten einen krea­ti­ven Input anbie­ten, in einer Zeit, in der vie­le still­ste­hen müs­sen und viel­leicht auch lang­sam inner­lich gelähmt sind.


Im Lied kom­men eben­falls For­mu­lie­run­gen wie “der letz­te Akt beginnt” oder “wir sind gestran­det” vor. Ist das Stück eine Ankün­di­gung des Endes von Bambägga?

Jonas Ochs: Nein, nein! Wie haben heu­te zwar alle Fami­li­en und Cony, unser zwei­ter Rap­per, wohnt schon seit zehn Jah­ren in Ber­lin. Wir haben also durch­aus schon ein paar Din­ge gemacht, die den letz­ten Akt einer Band ein­lei­ten könn­ten. Aber wir haben es bis jetzt noch immer geschafft, Tex­te zu schrei­ben und Musik zu pro­du­zie­ren. Es gibt Pha­sen, in denen man mehr macht, so wie gera­de, und es gibt Pha­sen, da macht man weni­ger. Aber wie auch immer ist die Band nach wie vor fes­ter Bestand­teil unse­rer Leben. Ein Vor­teil ist ja auch, dass wir finan­zi­ell nicht von der Band leben müs­sen. Das gibt uns gewis­se Frei­hei­ten, nicht stän­dig aktiv sein zu müs­sen. Auf jeden Fall ist “Insel ein­sam” kei­ne Ankün­di­gung unse­res Endes. Dafür wür­den wir auch ein ganz ande­res Lied wäh­len – so in der Art des letz­ten Tages der Sand­ker­wa, wo es noch­mal rich­tig kracht.


Auch heißt es im Text des Lie­des, dass ein Fazit gezo­gen wird. Bam­bäg­ga gibt es seit 16 Jah­ren. Was ist euer Fazit bisher?

Jonas Ochs: Ein Fazit könn­te sein: Es geht immer wei­ter – das ist unser Antrieb. Oder, auch wenn das jetzt ein mega Kalen­der­spruch ist: Am Ende ist der Weg das Ziel. Die schöns­ten Momen­te waren nicht, zum Bei­spiel in Coburg vor 6.000 Leu­ten auf­zu­tre­ten. Das war schon toll, aber eigent­lich bli­cke ich am liebs­ten auf die wahn­sin­nig vie­len Begeg­nun­gen mit den unter­schied­lichs­ten Men­schen, die wir in den Jah­ren hat­ten, zurück. Manch­mal tref­fe ich Leu­te, die schon als Jugend­li­che bei unse­ren Kon­zer­ten waren und heu­te mit ihren Kin­dern zu uns kom­men. Weg­be­glei­ter zu sein ist die schöns­te Aner­ken­nung. Und nach 16 Jah­ren unse­ren Namen nicht mehr über­all buch­sta­bie­ren zu müs­sen, ist auch nicht schlecht.