Positive Nachrichten für Theater und Kinos: Ab heute dürfen Kultureinrichtungen in Bayern wieder mehr Zuschauerinnen und Zuschauer einlassen als bisher. Wir haben
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Bis zu 50 Prozent Auslastung
Lockerungen für die Kultur
Positive Nachrichten für Theater und Kinos: Ab heute dürfen Kultureinrichtungen in Bayern wieder mehr Zuschauerinnen und Zuschauer einlassen als bisher. Wir haben in der Bamberger Szene nachgefragt, wie die Lockerungen dort ankommen.
An kulturellen Veranstaltungen in Innenräumen können ab heute wieder mehr Zuschauerinnen und Zuschauer teilnehmen als bisher. Dafür hat sich das Bayerische Kabinett am Dienstag, 25.1., entschieden. Das heißt: Kinos, Theater oder Konzerthallen können ihre Publikumsräume wieder bis zu 50 Prozent auslasten, weiterhin unter Einhaltung der 2G plus Regel. Bisher erlaubten die Beschlüsse aus München nur 25 Prozent.
Kunstminister Bernd Sibler und Digitalministerin Judith Gerlach, zuständig für Kinos in Bayern, sehen die vom Bayerischen Kabinett beschlossene Anhebung der Auslastungsgrenze für den Kulturbereich auf 50 Prozent und die Möglichkeit, das Publikum mit reduziertem Abstand etwa nach dem Schachbrettmuster zu platzieren, als „einen wichtigen Schritt, der in die richtige Richtung weist.“
„Wir können Kunst und Kultur“, sagte Bernd Sibler, „im wörtlichen wie im übertragenen Sinn wieder mehr Raum geben. Die neue Auslastungskapazität ermöglicht mehr Publikum und damit auch mehr Perspektive für unsere Kunst- und Kultureinrichtungen in Bayern, insbesondere für die kleineren Bühnen. Künstlerinnen und Künstler brauchen die Bühne. Mit den neuen Regelungen sorgen wir für mehr Auftrittsmöglichkeiten und für ein größeres kulturelles Angebot. Ich freue mich darauf, dass ein kulturelles Erlebnis mit mehr Menschen im Saal möglich ist.“
Wir haben bei Vertreterinnen und Vertretern der Bamberger Veranstaltungs-Kultur nachgefragt, was sie von den Lockerungen halten. Die Reaktionen darauf fallen gemischt aus.
Reaktionen von ETA und Wildwuchstheater
Sibylle Broll-Pape, Intendantin der ETA Hoffman Theaters, freut sich über die Lockerungen. „Endlich können wir der großen Nachfrage für unsere Veranstaltungen besser nachkommen. Die 2G plus Regelung, FFP2-Maskenpflicht und Abstände bieten gleichzeitig unserem Publikum den größtmöglichen Schutz. Deswegen halte ich die 50 Prozent-Regel für einen guten Kompromiss in dieser weiterhin herausfordernden Zeit.“
Frederic Heisig vom Wildwuchstheater sieht die Lockerungen hingegen nicht ganz so positiv. Er befürchtet sogar, dass grundlegende Schäden entstanden sind, die sich auch durch höhere Auslastung nicht so schnell beheben lassen.
„Aus virologisch-epidemiologischer Sicht kann ich die Lockerung nicht beurteilen, aber für das Theater sind sie erstmal eine Verbesserung. Auch wenn die Finanzierung von Inszenierungen auch bei 50 Prozent schwer ist. Grundlegend muss ich allerdings sagen, dass es mir ein bisschen komisch vorkommt, wenn man im Theater sitzt, Abstand hält und Maske trägt, nur um dann auf dem Heimweg oder so vielleicht an einem Restaurant vorbeizukommen und zu sehen, was dort möglich ist. Vollbelegung und keine Masken. Da passt für mich nicht zusammen, da findet eine Wertung statt, bei der Kultur ganz klar den Kürzeren zieht. Das kann ich nicht verstehen.
Ich habe ohnehin mehr und mehr das Gefühl, dass die Kultur zwar schon robuster ist als viele am Anfang der Pandemie gedacht haben. Aber so langsam, nach über zwei Jahren, beobachte ich, dass die Praxis, Kulturveranstaltungen wahrzunehmen, angeschlagen ist. Selbst im Sommer, als noch mehr ging, und man dachte, die Leute reißen einem die Karten aus der Hand, egal für was, war vieles nicht ausverkauft. Vielleicht wird die Branche gerade nachhaltig beschädigt, indem sie mehr beschränkt wird als andere Bereiche.“
Die Meinung von Lichtspiel und Symphonikern
Gerrit Zachrich vom Lichtspielkino ist froh über die Entscheidung, bemängelt aber seinerseits die Ungleichbehandlung von Kultur und Gastronomie.
„Die Möglichkeit, 50 Prozent Auslastung zu haben, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Damit kann man ein bisschen besser und kostendeckender arbeiten. Gerade für die Kurzfilmtage ist uns das sehr wichtig und wir freuen uns. Aber eigentlich hatten wir gehofft, dass die Lockerungen noch einen Schritt weiter gehen. Wir hatten gehofft, dass diese himmelschreiende Ungerechtigkeit zwischen 2Gplus in der Kultur und 2G in der Gastronomie beendet wird und es auch für uns mit 2G geht. Bei 2Gplus ist es schwer, die Leute dazu zu bewegen, spontan ins Kino zu gehen. Das ist ein Ungleichgewicht, das uns niemand, auch nicht die Staatskanzlei erklären kann.“
Die Reaktion der Bamberger Symphonikern auf die Lockerungen geht wiederum in die gleiche Richtung wie beim ETA Hoffmann Theater. Intendant Marcus Rudolf Axt sagte auf Webecho-Anfrage:
„Wir sind sehr glücklich über diesen Schritt der Staatsregierung. Er beweist gerade in diesen Wochen, dass Theater und Konzerthäuser auch bei einer etwas höheren Auslastung sicher sind. Ein gutes Signal für unser treues Publikum, das uns und viele andere Kulturveranstalter in den letzten Monaten sehr unterstützt hat.“
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WildWuchs Theater
Theater in Zeiten von Corona
Freischaffende Kulturschaffende sind eine der am stärksten von den aktuellen gesellschaftlichen Beschränkungen betroffenen Bevölkerungsgruppen. Ein geregelter Bühnen‑, Proben‑, Ausstellungs- oder Aufführungsbetrieb ist nicht möglich. Zahlreiche Hilferufe nach vor allem finanzieller Unterstützung zeichnen ein dramatisches Bild der Szene. Auch das WildWuchs Theater ist betroffen. Gründungsmitglied Frederic Heisig ruft entsprechend zur Solidarität auf, aber in erster Linie mit anderen. Im Interview hat er außerdem über den derzeitigen Zustand des Theaters und seine Sorge über eine mögliche Nach-Corona-Welle von Stücken über die Virus-Zeit Auskunft gegeben.
Welche Auswirkungen haben die Beschränkungen der Allgemeinverfügung auf das WildWuchs Theater? Waren aktuelle Planungen betroffen?
Frederic Heisig: Anstatt mit fast dem ganzen Ensemble tief in den Proben zum Blockbuster „Johann Wolfgang von Goethes Star Wars“ zu stecken, sitzen wir jetzt alle zu Hause und harren der Dinge. Jetzt hat sich die Kontaktsperre erst mal bis Mitte April verlängert, so dass wir nicht mehr davon ausgehen können, dass wir bis zur Sommerpause wieder geregelt proben, geschweige denn spielen können.
Was ging dir durch den Kopf, als klar wurde, dass das Theater erstmal schließen muss?
Frederic Heisig: Es hat eine Weile gedauert, das wirklich zu realisieren. Bis vor wenigen Tagen schlummerte irgendwo im Innern die Hoffnung, dass es ab Mai in irgendeiner Weise weitergehen könnte. Damit rechnet aber wohl niemand mehr so richtig.
Wie groß sind die finanziellen Schäden?
Frederic Heisig: Der Schaden hält sich für uns in Grenzen. Wir hatten vorher kein Geld und wir haben jetzt auch keins. Da wir von Projekt zu Projekt planen müssen, und alles erst einmal eingefroren ist, passiert auch im finanziellen Bereich wenig. Deshalb für alle, die sich um uns Sorgen machen, also die 40.000 Stammgäste, die keines unserer Stücke verpassen: Ihr müsst nicht für uns spenden! Andere brauchen die Unterstützung mehr als wir. Es sammeln ja jetzt gefühlt alle, Theater, Kinos, Bars und so weiter. Seid großzügig mit denen, die es brauchen. Wir kommen klar. Kommt einfach zu unseren Aufführungen, wenn der Wahnsinn vorbei ist! Das würde uns reichen.
Habt ihr staatliche Hilfe beantragt? Klappt das?
Frederic Heisig: Als Theater haben wir nichts beantragt, uns ist allerdings auch kein Rettungsschirm bekannt, der für uns greifen würde und darüber hinaus glaube ich auch nicht, dass es klappen würde. Keiner von uns kann auch nur ansatzweise den Lebensunterhalt mit WildWuchs bestreiten. Genau deshalb lassen wir uns auch nicht unterkriegen, wir kommen aus der Krise zurück, egal wie lange es dauern wird. Und zwar durchtrainiert, belesen und hungrig nach wildem Theater.
Ist euer Betrieb zum Erliegen gekommen oder habt ihr euch alternative Beschäftigungen gesucht. Was macht ein Theater, was machen Theaterleute, wenn es keine Bühnen, Proben oder Aufführungen gibt?
Frederic Heisig: Da wird mal ein Text rumgeschickt, da werden ein paar Ideen gesponnen und heute Abend findet unser erster Videokonferenz-Stammtisch statt. Ich denke, wir werden uns weitestgehend aus dem Live-Streamgeschehen mit Gedichten, Liedern und Filmchen zurückhalten. Das Angebot der bewegten Bilder wird nicht automatisch besser, weil jetzt die Theaterheinis eine anspruchsvolle Überproduktion ankurbeln, um sich selbst ihrer Relevanz zu versichern. Es gibt da wirklich schon eine Menge und ich bin mir nicht sicher, ob die Welt da auch noch auf einen Beitrag vom WildWuchs Theater wartet. Aber vielleicht ändert sich das auch noch, wenn wir länger zu Hause sitzen.
Wäre ein Wildwuchsstück zum Thema „Corona“ denkbar? Wer von euch würde es schreiben, wie könnte es aussehen?
Frederic Heisig: Das ist ein Schreckensszenario: Wenn der ganze Wahnsinn rum ist und wir wieder raus dürfen, fangen alle Kulturschaffenden an, ihr Corona-Kontaktsperren-Trauma zu verarbeiten. Dann gibt es nur noch Theaterstücke, Romane und Lieder über Menschen, die allein in ihrer Wohnung sitzen, über die Krankheit als Metapher und den dünnen Firnis der Zivilisation, der zerbröckelt, sobald Klopapier oder Trockenhefe knapp, also vermeintlich knapp, werden. Deshalb hier auch ein Appell an alle Kolleginnen und Kollegen: Bitte macht nur Corona-Programm wenn ihr eine wirklich, wirklich, wirklich gute Idee habt. Ansonsten hoffe ich auf Sachen, die nichts mit dem Thema zu tun haben. Es gibt so viel, womit man sich beschäftigen kann.
Welche Maßnahmen trifft die darstellende Szene, um sich gegenseitig zu helfen?
Frederic Heisig: Wir wollten erst mal abwarten, was passiert. Inzwischen bildet sich eine engere Vernetzung über die Interessengemeinschaft Darstellende Künste, in der wir uns austauschen und sicher auch Strategien im Umgang mit der Situation beratschlagen werden.
Kann die Szene oder das Theater von Zuständen, wie sie derzeit herrschen, profitieren?
Frederic Heisig: Wenn jetzt alle mal die Zeit nutzen und sich besinnen, was Theater ausgemacht hat, ist schon viel gewonnen. Damit meine ich sowohl uns als auch das Publikum. Was hat uns denn in der Zeit der Kontaktsperre gefehlt? Wie kann Theater das als Ort der Versammlung, des Austausches und „Liveness“ ausgleichen? Wie können wir die Wunden heilen, die die Vereinzelung hinterlassen hat? Vielleicht kommt ja sogar aus dem einen oder anderen Experiment mit der digitalen Welt etwas Erfolgsversprechendes bei heraus. Wir lassen uns überraschen und hoffen einfach, dass die Menschen da draußen sich nicht zu sehr an Lieferservice und Streaming-Entertainment gewöhnen, sondern die Sehnsucht rauszugehen und eventuell sogar nach Theater bei ihnen wieder genau so wächst, wie bei uns.
- Sebastian Quenzer
- Foto: Sebastian Quenzer