In Bamberg ist der Tauschhandel wieder eingeführt worden. Zumindest beim Tauschring Region Bamberg. Die Mitglieder des Vereins bieten einander Dienstleistungen an – seien es kleine Reparaturen im Haushalt, Gartenarbeiten oder ein Spaziergang –, nehmen sie voneinander in Anspruch und halten so einen Kreislauf von Geben und Nehmen in Schwung.
Vor etwas mehr als einem Jahr wurde der Tauschring Region Bamberg gegründet. Regina Hoffmann, die dem Verein zusammen mit Margot Scheer vorsitzt, hat sich von einem Pendant im Stuttgarter Umland zum hiesigen Ableger inspirieren lassen.
Der Kern des Tauschrings ist eine allen Ansprüchen des Datenschutzes gerecht werdende Datenbank namens „Cyclos“. In diesem Programm kann jedes Mitglied (aktuell sind es etwa 50) Angebote und Nachfragen einstellen beziehungsweise darauf reagieren. So lässt sich einerseits angeben, welche zum Beispiel handwerklichen oder sozialen Fähigkeiten man sein Eigen nennt, also welche Hilfeleistungen man fähig ist zu geben. Und andererseits kann eingetragen werden, bei welchen Tätigkeiten oder Themen man Unterstützung sucht, sprich welche Fähigkeiten anderer Mitglieder man gerne in Anspruch nehmen würde.
„Wir sind aber keine Nachbarschaftshilfe, bei der nur einseitig Hilfe angenommen wird“, sagt Regina Hoffmann. „Die Mitglieder des Tauschrings bringen sich und ihre Fähigkeiten auch ein.“
Um sicherzustellen, dass das Geben und Nehmen für alle transparent und fair abläuft, greift der Tauschring auf ein eigenes System zur Verrechnung der Zeit zurück. „Bezahlt“ wird jedoch nicht in Geld – die Verrechnungseinheit für die Zeit beim Tauschring heißt, ganz fränkisch „Zeidla“.
Pro 15 Minuten geleisteter Arbeit wird ein „Zeidla“ in Rechnung gestellt (wobei die Abrechnung ebenfalls über „Cyclos“ abgewickelt wird). Mäht ein Mitglied beispielsweise 45 Minuten lang den Rasen eines anderen Mitglieds schuldet letzteres ersterem drei „Zeidla“.
„Zeit gehört zum Wertvollsten, was ein Mensch besitzt. Der Tauschring ist ein Zeit-Tauschring. Darin liegt auch für jeden Menschen die Chance, Mitglied zu werden. Jeder bringt sich mit dem ein, was er kann und jeder kann etwas. Zeit ist Zeit, egal, ob jemand einen Computer repariert, etwas vorliest oder ein Kind beaufsichtigt.“
Wobei die Absicht sich einbringen zu wollen, teilweise stärker ausgeprägt sei, als das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, die man anderen anbieten könne. Oft passiere es, dass jemand durchaus Interesse habe mitzumachen, aber nicht wisse, womit. „Darum haben wir eine Liste von Tauschideen zusammengestellt“, sagt Margot Scheer, „an der sich die Leute orientieren können. So lässt sich herausfinden, was man eigentlich alles kann. Gerade ältere Menschen fühlen sich teilweise für die Gesellschaft nicht mehr wichtig. Ihnen bietet der Tauschring die Möglichkeit, sich mit ihrer Erfahrung, ihrem Können einzubringen. So können sie persönlich ganz neu Wertschätzung erfahren.“
Ein Geben und Nehmen
Neue Mitglieder erhalten ein Startkapital von 12 Zeidla, um nicht gleich in den Minusbereich zu geraten, wenn sie zum ersten Mal eine Dienstleistung für sich in Anspruch nehmen, ohne vorher eine Dienstleistung beigetragen zu haben. Wobei ins Minus zu rutschen erst Konsequenzen hat, wenn man derart viele Tauschaktionen unternommen hat, dass man sich Richtung minus 40 „Zeidla“ bewegt. Dann erinnert das Datenbanksystem automatisch, dass man wieder etwas beitragen sollte. „Negative Erfahrungen“, sagt Margot Scheer, „sind im einjährigen Bestehen des Tauschrings aber noch nicht gemacht worden. Ich bin in vielen Vereinen tätig, aber die positive Stimmung und der selbstlose Umgang miteinander sind einmalig.“
Monatliche Tauschtreffs
Da jedoch kaum jemand Fremde, die über eine Datenbank gebucht wurden, in die eigene Wohnung einladen möchte, auch wenn es um den Austausch einer Dienstleistung gegen „Zeidla“ geht, bieten monatliche Tauschtreffs potentiellen Tauschpartnern die Möglichkeit, sich vorher kennenzulernen.
„Erfahrungsgemäß tauschen die, die sich kennen, mehr“, sagt Regina Hoffmann. „Die Basis des Tauschrings ist ohnehin die menschliche Begegnung. Tauschen basiert auf Vertrauen. Deshalb ist es uns auch wichtig, ein Gespräch zu führen, bevor jemand Mitglied wird. Meist finden diese Gespräche an einem Tauschtreff statt, wo alle Interessierten uns kennenlernen, Fragen stellen und so persönlich herausfinden können, ob der Tauschring das ist, was Einzelne für sich suchen.“
Haben sich die Parteien dann zu einem Tauschaktion verabredet, gibt es, vor allem für die Seite, die eine Dienstleistung anbietet, einige Höflichkeitsregeln zu befolgen. So sind die Tauschenden grundlegend angehalten, nur Leistungen zu offerieren, von deren Qualität sie selbst überzeugt sind, und sich auf eine Art und Weise einzubringen, wie sie sich wünschen würden, dass ihnen geholfen wird. Oder in den genauen Worten der Regelliste: Ich handle immer so, als helfe ich einem guten Freund.
Tauschring Region Bamberg
Telefon: 0951 29 70 110
Tauschtreff:
Jeden 1. Mittwoch im Monat, 19 Uhr, Gemeindehaus Philippus, Buger Straße 74