Bamberg hat kulturell einiges zu bieten. Dass sich in der Austraße mit „The Bumiller Collection“ aber eine der weltweit größten Sammlungen für islamische Metallarbeiten des 6. bis 13. Jahrhunderts befindet, ist wahrscheinlich nicht jedem bekannt.
Die Sammlung des Universitätsmuseums für islamische Kunst, „The Bumiller Collection“, umfasst etwa 6.500 geschichtsträchtige Exponate. Dabei waren die ersten drei Objekte, die der Kaufmann und Steuerberater Manfred Bumiller (1928 bis 2018) im Laufe der Jahre zu dieser Kollektion zusammentragen sollte, eine Messingschale mit Jagdmotiv, eine goldverzierte Stahlschale sowie ein Räuchergefäß in Form eines Löwen.
1995 eröffnete Manfred Bumiller das Museum. Für den Standort Bamberg hatte er sich entschieden, um seine Sammlung in Zusammenarbeit mit dem Institut für Orientalistik der örtlichen Universität auch der Forschung zur Verfügung stellen zu können. In der Austraße 29 zeigt das Museum auf zwei Etagen und etwa 400 Quadratmetern Ausstellungsfläche den Großteil seiner Objekte.
2017 hat die Archäologin und Kunsthistorikerin Dr. Verena Daiber ihre Stelle als Kuratorin des Universitätsmuseums für Islamische Kunst angetreten. Nach ihrem Studium der Arabistik und Vorderasiatischer Altertumskunde, das heißt der Archäologie des alten Orients bis zur islamischen Zeit (7. Jahrhundert), begann sie in Tell Scheich Hamad – einem neuassyrischen Ort (1. Jahrtausend v. Chr.) im Nordosten Syriens nahe der irakischen Grenze – bei Ausgrabungen mitzuarbeiten. „Bei Grabungen auf der Zitadelle von Aleppo in Syrien und in Baalbek im Libanon habe ich Keramik des 11. bis 15. Jahrhunderts bearbeitet“, sagt Verena Daiber, „und mich ab diesem Zeitpunkt mit islamischer Archäologie und Kunst beschäftigt.“
Nach dem Studium in Berlin war sie von 2001 bis 2005 wissenschaftliche Hilfskraft am Deutschen Archäologischen Institut in Damaskus und konnte vor Ort Material für ihre Dissertation sammeln. Deren Thema war die Damaszener öffentliche Architektur im 18. Jahrhundert. 2009 stellte sie mit einem Stipendium der Gerda-Henkel-Stiftung ihre Dissertation in Bamberg fertig. Anschließend unterrichtete sie am Institut für Orientalistik der Universität Bamberg Islamische Kunstgeschichte und Archäologie sowie Arabisch und sammelte, unter anderem bei der Aga Khan Sammlung in Berlin, erste Erfahrungen im Ausstellungsbereich.
Nach einer schwierigen Entscheidung stand dem Wirken in Bamberg nichts mehr im Wege. „2016 bekam ich eine Kuratorenstelle am Museum für islamische Kunst in Doha in Katar angeboten“, sagt Verena Daiber. „Eine großartige Sammlung und fantastische Chance, an einem der weltweit bekanntesten Museen dieser speziellen Ausrichtung zu arbeiten.“
Für ihre Familie hätte die Anstellung aber eine vollständige Lebensveränderung bedeutet. „Weil meine Kinder noch klein waren, war ich damals freiberuflich tätig. In Doha hätte ich in Vollzeit gearbeitet, mein Lebensgefährte dagegen hätte seinen Beruf aufgeben müssen, da er als mitreisender Partner dort nicht hätte arbeiten dürfen. Aus familiären Gründen habe ich mich also dagegen entschieden. Es war eine schwierige Entscheidung, da es für diese spezielle Fachrichtung wenige Stellen gibt.“
Da Verena Daiber zeitgleich aber bereits freiberuflich für das Universitätsmuseum Bambergs und seine Bumiller Collection tätig war, bekam sie das Angebot, dort als Kuratorin zu wirken. „Ich war sehr glücklich, weil ich in meinem Fach und auch noch in dieser schönen Stadt weiterarbeiten konnte.“
Musealer Idealzustand
Heute ist Verena Daiber seit sieben Jahren als Kuratorin der Bumiller Collection tätig. In dieser Position betreut sie eine der weltweit größten Sammlungen für islamische Metallarbeiten des 6. bis 13. Jahrhunderts. Die Museumsdidaktik und die wissenschaftliche Erschließung gehören zu den Kernaufgaben der Museumsarbeit. 2019 erschien der erste Band einer entsprechenden Publikationsreihe. Der zweite Band über Metallspiegel ist in Arbeit. 2024 soll die Dauerausstellung des Museums fertiggestellt sein.
Auch gibt es viele Arbeitsschritte, die nach außen nicht sichtbar, aber unabdingbar für den Museumsbetrieb und die Erschließung der Sammlung sind. Dazu gehörte einst die Systematisierung der Bibliothek und ein Update der Objektdatenbank. Hinzu kamen Umbau- und Instandhaltungsarbeiten am Haus sowie die Einrichtung einer Werkstatt, da laufend Reparaturen oder Ausstellungstechnik zu machen sind.
Damit war jedoch eine Basis geschaffen, um die sichtbaren Bereiche anzugehen. „Als ich 2017 meine Stelle antrat, hatte der Sammler Manfred Bumiller sich aus Altersgründen bereits zurückgezogen“, sagt Verena Daiber. „The Bumiller Collection“ hatte damals noch sehr stark den Charakter einer Privatsammlung. Alles war vorbildlich aufbewahrt und inventarisiert. Herr Bumiller war sehr genau und hat jedes einzelne Objekt mit Akribie registriert – ein musealer Idealzustand.“
Themen wie eine Einführung in die islamische Kunst, die Erläuterung von Herstellungstechniken und Organisation des Handwerks oder die Geschichte Zentralasiens, Verschmelzung verschiedener kultureller Einflüsse zwischen China und dem Vorderen Orient – eine Art Globalisierung im Mittelalter – kann die Sammlung an ihren Objekten aufzeigen. Denn vor zwei Jahren hat die „Bumiller Art Foundation“ die Neugestaltung des Museums angeregt. Darin besteht auch die Hauptaufgabe für dieses Jahr und eine Chance, die Kultur des iranischen Raums, Zentralasiens und Afghanistans auszustellen.
Dabei gelte es, stets den Überblick zu behalten und sich ins Publikum hineinzudenken. „Da hier eine für viele Besucher fremde Welt präsentiert wird“, sagte Verena Daiber, „die nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch auf einem anderen Kontinent mit einer gänzlich eigenen Geschichte und Kultur liegt, gilt es, immer so anschaulich wie möglich die wichtigsten und interessantesten Informationen zu vermitteln. Die größte Aufgabe ist momentan die Neueinrichtung. Diese zieht sich durch das ganze Haus mit seinen – vom Keller bis in die Dachbodenspitze – sieben Etagen. Auch die Ausstellungstechnik ist immer wieder eine Herausforderung. Ansonsten verlangt die Inszenierung der Objekte und Themen einige Kreativität.“
Kulturelle Diversität aufzeigen
Manchmal kommt es dabei im Rahmen der Museumsarbeit natürlich zu politischen Fragestellungen. „Die Sammlung enthält hauptsächlich Objekte aus dem Iran und Afghanistan“, sagt Verena Daiber. „Manchmal kommt das Gespräch auf die aktuelle politische Situation in der Region. Deswegen finde ich es wichtig, dass mit dieser Sammlung die große kulturelle Diversität dieser Länder gezeigt wird. Die Region ist seit der arabischen Eroberung im 7. Jahrhundert von der islamischen Religion geprägt. Zusammen mit hellenistischen und altiranischen Einflüssen sowie Anregungen aus Fernost, die über die Handelswege transportiert wurden, entstand eine charakteristische Islamische Kunst, die aber nicht grundsätzlich religiös ist.“
Vereinzelt würden Besucher auch fragen, ob Restitutionsansprüche bestünden. „Wir haben in der Vergangenheit mit der Kulturabteilung der iranischen Botschaft und der Botschaft von Usbekistan zusammengearbeitet. Die Sammlung ist bekannt, zur Rückgabe von Kulturgut gab es bisher keine Anfragen. Beide Seiten haben ein Interesse an der Bewahrung und Erschließung des Kulturguts. Die Zusammenarbeit war stets kollegial und sachorientiert.“
Museumstag am 19. Mai
Die Arbeit der Bumiller Collection ist unterdessen ohne einige freiberufliche und ehrenamtliche Mitarbeiter und vor allem Förderer kaum umsetzbar. Zwar handelt es sich um eine private Sammlung, aber die Sammlung ist auch Universitätsmuseum. Dieses wird von einer Stiftung getragen und ist seit 2008 über einen Kooperationsvertrag mit der Universität Bamberg verbunden. Ein wichtiger Förderer ist zudem die Landesstelle für nichtstaatliche Museen in Bayern. Am intensivsten ist die Zusammenarbeit jedoch mit dem Lehrstuhl für islamische Kunstgeschichte und Archäologie.
„Prof. Dr. Lorenz Korn ist als Lehrstuhlinhaber und Mitglied im Stiftungsrat der „Bumiller Art Foundation“ unser erster Ansprechpartner“, sagt Verena Daiber. Letztes Jahr konnte im Rahmen der Kooperation etwa ein Raum für temporäre Ausstellungen und Veranstaltungen im Erdgeschoss des Museums fertiggestellt werden. Diesen haben im vergangenen November Studierende unter Leitung von Dr. Anja Heidenreich, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Orientalistik, mit der Schau „Licht in der islamischen Kunst“ eingeweiht.
Weil die Sammlung in historischen Räumlichkeiten des 16. bis 18. Jahrhunderts untergebracht ist, finden auch regelmäßig Anwendungswochen vom Institut für Denkmalwissenschaften statt. Davon profitiert auch das Museum. So hat der Lehrstuhl für Digitale Denkmaltechnologien mehrmals 3D-Scans von Objekten und Räumlichkeiten angefertigt und das Labor für Dendrochronologie hat Alters-Datierungen des barocken Dachgebälks unternommen.
Eine Möglichkeit, das Museum und die Bumiller Collection zu besuchen, bietet demnächst der Internationale Museumstag am 19. Mai. Zu diesem präsentieren weltweit Museen ihre Sammlungen in besonderem Maße. Auch in Bamberg nehmen Ausstellungshäuser teil – darunter das Universitätsmuseum für islamische Kunst. „Der Museumstag ist eine wunderbare Gelegenheit“, sagt Verena Daiber, „die Räumlichkeiten für das Publikum zu öffnen.“