Stu­die Uni­ver­si­tät Bamberg

Wel­che Fir­men über­le­ben jahrzehntelang?

2 Min. zu lesen
Firmen
Foto: Jürgen Schabel, Universität Bamberg
Um lang­fris­tig zu über­le­ben, müs­sen Fir­men dau­er­haft Gewin­ne erzie­len. Ihre Gemein­sam­keit: Zwei öko­no­mi­sche Kenn­zah­len sind bei ihnen im Schnitt ähn­lich hoch. Die­se Durch­schnitts­wer­te haben For­sche­rin­nen und For­scher der Uni­ver­si­tät Bam­berg und der spa­ni­schen Uni­ver­si­tät Jau­me I nun erst­mals entdeckt.

„Bis­her haben For­schen­de aus­schließ­lich Fir­men aller Alters­stu­fen unter­sucht, ange­fan­gen bei Start-ups“, sag­te Stu­di­en­lei­ter und Volks­wirt­schaft­ler Prof. Dr. Mis­ha­el Mila­ko­vić in einer Mit­tei­lung der Uni­ver­si­tät Bam­berg. „Sie beton­ten, dass für den Unter­neh­mens­er­folg indi­vi­du­el­le Merk­ma­le wie Unter­neh­mens­grö­ße oder Wachs­tums­po­ten­zi­al ent­schei­dend sei­en. Wir haben zum ers­ten Mal bewusst einen Fokus auf lang­le­bi­ge Fir­men gelegt. Und lang­fris­tig kommt es über­ra­schen­der­wei­se gar nicht auf Indi­vi­dua­li­tät, son­dern auf zwei Gemein­sam­kei­ten an.“

Aus­wer­tung der 500 lang­le­bigs­ten US-Konzerne

Ein inter­na­tio­na­les For­scher­team hat die Stu­die „Sur­vi­val and the Ergo­di­ci­ty of Cor­po­ra­te Pro­fi­ta­bi­li­ty“ unter­nom­men. Die Team­mit­glie­der sind Mis­ha­el Mila­ko­vić und Dr. Phil­ipp Mundt von der Uni­ver­si­tät Bam­berg und Prof. Dr. Simo­ne Alfa­ra­no von der Uni­ver­si­tät Jau­me I.

Sie wer­te­ten mit Metho­den aus der sta­tis­ti­schen Phy­sik die 500 lang­le­bigs­ten US-Fir­men aus, dar­un­ter Apple, Proc­ter & Gam­ble oder John­son & John­son. Die­se Fir­men sind alle min­des­tens 25 Jah­re alt. Die Fra­ge, die es dabei zu beant­wor­ten galt, war, wie sie es geschafft haben so lan­ge zu überleben?

„In allen Bran­chen außer dem Bank­we­sen haben lang­le­bi­ge Unter­neh­men zwei Kri­te­ri­en gemein­sam“, sag­te Phil­ipp Mundt. „Zum einen erwirt­schaf­ten sie eine lang­fris­ti­ge Gesamt­ka­pi­tal­ren­di­te von durch­schnitt­lich etwa neun Pro­zent. Zum ande­ren dür­fen sie dabei in der Schwan­kungs­brei­te ihrer Pro­fi­ta­bi­li­tät lang­fris­tig nicht mehr als sechs Pro­zent pro Jahr überschreiten.“

Die Kapi­tal­ren­di­te ist eine Kenn­zahl, die aus­sagt, wie effi­zi­ent ein Unter­neh­men sein Kapi­tal ein­setzt, um Gewinn zu erzie­len. Das heißt zum Bei­spiel: Eine Fir­ma, der 100 Mil­lio­nen Euro Kapi­tal zur Ver­fü­gung ste­hen und die damit 9 Mil­lio­nen Euro Gewinn pro Jahr erzielt, erwirt­schaf­tet eine Kapi­tal­ren­di­te von neun Prozent.

Die zwei­te ent­schei­den­de Kenn­zahl ist die Schwan­kungs­brei­te. Die­se besagt, wie stark die Kapi­tal­ren­di­te eines Unter­neh­mens schwankt. Über­schrei­tet sie lang­fris­tig sechs Pro­zent im Jahr nicht, scheint dies bei ent­spre­chen­der Kapi­tal­ren­di­te von neun Pro­zent aus­rei­chend zu sein, um lang­fris­tig am US-Markt zu bestehen.

Ver­gleich mit Deutsch­land und ande­ren Ländern

„In die­ser Stu­die haben wir uns auf die USA kon­zen­triert“, sag­te Mis­ha­el Mila­ko­vić. „Mitt­ler­wei­le haben wir auch ers­te Zah­len von Fir­men aus Deutsch­land, Frank­reich und Japan aus­ge­wer­tet, die deut­lich nied­ri­ger als in den USA ausfallen.“

War­um die Durch­schnitts­wer­te in die­sen drei Län­dern gerin­ger sind, ist noch nicht erforscht. In Deutsch­land lie­gen Kapi­tal­ren­di­te und deren Schwan­kungs­brei­te bei lang­le­bi­gen Kon­zer­nen wie VW, Sie­mens oder Bay­er etwa ein Drit­tel unter denen in den USA, in Japan sogar unter der Hälf­te der US-Wer­te. Somit kön­nen es sich lang­le­bi­ge deut­sche oder japa­ni­sche Kon­zer­ne schein­bar zwar erlau­ben, lang­fris­tig eine gerin­ge­re Kapi­tal­ren­di­te zu erwirt­schaf­ten. Dafür dür­fen sie sich in ihren Aus­schlä­gen aber nur eine gerin­ge­re Schwan­kungs­brei­te als US-Kon­zer­ne leisten.

Mila­ko­vić’ Lehr­stuhl unter­sucht momen­tan auch die his­to­ri­sche Per­spek­ti­ve lang­le­bi­ger Kon­zer­ne. „Nach unse­ren vor­läu­fi­gen Aus­wer­tun­gen kann man unse­re Ergeb­nis­se auf sehr lan­ge Zeit­räu­me über­tra­gen – sowohl in den USA als auch in Deutsch­land“, sagt der Lehr­stuhl­in­ha­ber. „Die Kapi­tal­ren­di­te und deren Schwan­kun­gen blei­ben für lang­le­bi­ge Fir­men sogar in glo­ba­len Kri­sen­zei­ten sehr sta­bil. Das galt bei­spiels­wei­se in der „Lan­gen Depres­si­on“ der 1870-er Jah­re oder in der glo­ba­len Finanz­kri­se von 2007 bis 2009.“

Ein­zig wäh­rend der „Gro­ßen Depres­si­on“ der 1930-er habe es deut­li­che nega­ti­ve Abwei­chun­gen in der Kapi­tal­ren­di­te gro­ßer Kon­zer­ne gege­ben, die ansons­ten his­to­risch über­ra­schend sta­bil geblie­ben sei. Die For­schen­den rech­nen damit, dass sie die Ergeb­nis­se der genann­ten Fol­ge­stu­di­en vor­aus­sicht­lich 2023 veröffentlichen.

Weiterer Artikel

Jura­kli­nik Scheßlitz

Abschied vom lang­jäh­ri­gen Chefarzt

Nächster Artikel

crowd­fun­ding-Kam­gapne für Inklusions-Projekt 

„Roll­stuhl­sport macht Schule“