Um langfristig zu überleben, müssen Firmen dauerhaft Gewinne erzielen. Ihre Gemeinsamkeit: Zwei ökonomische Kennzahlen sind bei ihnen im Schnitt ähnlich hoch. Diese Durchschnittswerte haben Forscherinnen und Forscher der Universität Bamberg und der spanischen Universität Jaume I nun erstmals entdeckt.
„Bisher haben Forschende ausschließlich Firmen aller Altersstufen untersucht, angefangen bei Start-ups“, sagte Studienleiter und Volkswirtschaftler Prof. Dr. Mishael Milaković in einer Mitteilung der Universität Bamberg. „Sie betonten, dass für den Unternehmenserfolg individuelle Merkmale wie Unternehmensgröße oder Wachstumspotenzial entscheidend seien. Wir haben zum ersten Mal bewusst einen Fokus auf langlebige Firmen gelegt. Und langfristig kommt es überraschenderweise gar nicht auf Individualität, sondern auf zwei Gemeinsamkeiten an.“
Auswertung der 500 langlebigsten US-Konzerne
Ein internationales Forscherteam hat die Studie „Survival and the Ergodicity of Corporate Profitability“ unternommen. Die Teammitglieder sind Mishael Milaković und Dr. Philipp Mundt von der Universität Bamberg und Prof. Dr. Simone Alfarano von der Universität Jaume I.
Sie werteten mit Methoden aus der statistischen Physik die 500 langlebigsten US-Firmen aus, darunter Apple, Procter & Gamble oder Johnson & Johnson. Diese Firmen sind alle mindestens 25 Jahre alt. Die Frage, die es dabei zu beantworten galt, war, wie sie es geschafft haben so lange zu überleben?
„In allen Branchen außer dem Bankwesen haben langlebige Unternehmen zwei Kriterien gemeinsam“, sagte Philipp Mundt. „Zum einen erwirtschaften sie eine langfristige Gesamtkapitalrendite von durchschnittlich etwa neun Prozent. Zum anderen dürfen sie dabei in der Schwankungsbreite ihrer Profitabilität langfristig nicht mehr als sechs Prozent pro Jahr überschreiten.“
Die Kapitalrendite ist eine Kennzahl, die aussagt, wie effizient ein Unternehmen sein Kapital einsetzt, um Gewinn zu erzielen. Das heißt zum Beispiel: Eine Firma, der 100 Millionen Euro Kapital zur Verfügung stehen und die damit 9 Millionen Euro Gewinn pro Jahr erzielt, erwirtschaftet eine Kapitalrendite von neun Prozent.
Die zweite entscheidende Kennzahl ist die Schwankungsbreite. Diese besagt, wie stark die Kapitalrendite eines Unternehmens schwankt. Überschreitet sie langfristig sechs Prozent im Jahr nicht, scheint dies bei entsprechender Kapitalrendite von neun Prozent ausreichend zu sein, um langfristig am US-Markt zu bestehen.
Vergleich mit Deutschland und anderen Ländern
„In dieser Studie haben wir uns auf die USA konzentriert“, sagte Mishael Milaković. „Mittlerweile haben wir auch erste Zahlen von Firmen aus Deutschland, Frankreich und Japan ausgewertet, die deutlich niedriger als in den USA ausfallen.“
Warum die Durchschnittswerte in diesen drei Ländern geringer sind, ist noch nicht erforscht. In Deutschland liegen Kapitalrendite und deren Schwankungsbreite bei langlebigen Konzernen wie VW, Siemens oder Bayer etwa ein Drittel unter denen in den USA, in Japan sogar unter der Hälfte der US-Werte. Somit können es sich langlebige deutsche oder japanische Konzerne scheinbar zwar erlauben, langfristig eine geringere Kapitalrendite zu erwirtschaften. Dafür dürfen sie sich in ihren Ausschlägen aber nur eine geringere Schwankungsbreite als US-Konzerne leisten.
Milaković’ Lehrstuhl untersucht momentan auch die historische Perspektive langlebiger Konzerne. „Nach unseren vorläufigen Auswertungen kann man unsere Ergebnisse auf sehr lange Zeiträume übertragen – sowohl in den USA als auch in Deutschland“, sagt der Lehrstuhlinhaber. „Die Kapitalrendite und deren Schwankungen bleiben für langlebige Firmen sogar in globalen Krisenzeiten sehr stabil. Das galt beispielsweise in der „Langen Depression“ der 1870-er Jahre oder in der globalen Finanzkrise von 2007 bis 2009.“
Einzig während der „Großen Depression“ der 1930-er habe es deutliche negative Abweichungen in der Kapitalrendite großer Konzerne gegeben, die ansonsten historisch überraschend stabil geblieben sei. Die Forschenden rechnen damit, dass sie die Ergebnisse der genannten Folgestudien voraussichtlich 2023 veröffentlichen.