Die Stadt Bamberg und ihr Kulturamt haben eine Machbarkeitsstudie anfertigen lassen, die die Möglichkeiten der Ertüchtigung des Gesamtgebäudes Kesselhaus als Kunst- und Kulturhaus mit angegliederter Gastronomie untersucht. Jede der festgestellten Umbauvarianten hätte allerdings hohe Kosten für die klammen Kassen der Stadt. Andererseits hat der Förderverein „Kunstraum JETZT“ Vorschläge zur Finanzierung eines Betreiberkonzepts.
Seit 2011 bespielen der Kunstverein Bamberg, der Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken, der Architekturtreff Bamberg und der Förderverein „Kunstraum JETZT“ das Kesselhaus als Ausstellungsort für zeitgenössische Kunst. Etwa 55.000 Besucher:innen haben seitdem dort 71 Ausstellungen und Veranstaltungen besucht.
2022 ließen die Stadt und das Kulturamt von einem Berliner Architekturbüro eine Machbarkeitsstudie über die zukünftige Nutzung des Kesselhauses für kulturelle und gastronomische Zwecke anfertigen. Diese fiel positiv aus und nennt drei Varianten einer möglichen künftigen Nutzung als Ausstellungsort. Alle drei Varianten sehen dabei einen Umbau des Gebäudes und eine Erweiterung der Ausstellungsfläche beziehungsweise des Betriebs vor. So soll vor allem die derzeit brachliegende Scheddach-Halle mit ihren markanten Zacken nutzbar gemacht, zudem Gastronomie untergebracht und der Leinritt verkehrsberuhigt werden. Sollte der Umbau gemäß der ersten Variante erfolgen, würde neben der Ertüchtigung der Scheddach-Halle auch die energetische Situation des Gebäudes erneuert und ein Bistro in einem Nebenraum eröffnet werden. Die Kosten, die die Studie für diesen Eingriff vorsieht, würden sich auf etwa 6,8 Millionen Euro belaufen.
Bei Variante 2 würden unter anderem eine Artothek, Räume für Kunstvermittlung, eine Gastronomie an der Längsseite des Gebäudes zum Leinritt und der Regnitz sowie eine Öffnung zum Wasser mit einer Terrassenanlage entstehen. Kosten hier: etwa 8,2 Millionen.Variante 3 wäre mit etwa 9,8 Millionen Euro die teuerste. Bei ihr würde zusätzlich ein neues Stockwerk entstehen mit Dachterrasse, einer Espressobar und neuen Veranstaltungsräumen.
Zwar ist die Stadt als Auftraggeber an der Studie beteiligt. Ob allerdings auch nur eine der drei Möglichkeiten umgesetzt werden kann, ist angesichts der kargen Bamberger Finanzlage und eines nicht allzu sehr an freier Kultur interessierten Finanzreferenten fraglich. Hinzu kommt, dass die zwischen Stadt und „Kunstraum JETZT“ geschlossene Nutzungsvereinbarung für das Haus im Jahr 2026 ausläuft.
Um bis dahin voranzukommen, hatte das Kulturamt 2024 zumindest schon einmal Gelder in Höhe von 220.000 Euro aus dem Haushalt für ein Vergabeverfahren für den Umbau des Hauses beantragt. Weil die Summe jedoch nicht berücksichtigt wurde, forderte das Kulturamt sie dieses Jahr wieder an – erneut ohne Erfolg, wie der erst im November vorgestellte Entwurf des Haushalts für 2025 zeigt.
Ein bisschen Hoffnung macht jedoch, dass in diesem Haushaltsentwurf wenigstens ein im letzten Haushaltsjahr ungenutzter Posten über 10.000 Euro zur Finanzierung eines „Workshop Kesselhaus“ wieder Platz gefunden hat. „Bei diesem Workshop“, sagt Christiane Toewe, Vorsitzende von „Kunstraum JETZT“ und selbst Künstlerin, „ließe sich mit Fachleuten und Vertretern der Stadt zum Beispiel über ein Betriebskonzept für das Haus diskutieren.“ Außerdem bietet sich geneigten Stadtratsmitgliedern im Dezember, wenn das Gremium über den Haushaltsentwurf abstimmt, eine weitere Möglichkeit, Vorschläge in das städtische Budget einzubringen.
Wir haben mit Christiane Toewe über den derzeitigen Stand der Zukunft des Kesselhauses gesprochen.
Frau Toewe, gab es einen auslösenden Grund, aus dem die Stadt und das Kulturamt 2022 die Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben haben?
Christiane Toewe: Wir als Verein wünschen uns, dass sich die Stadt zur zeitgenössischen Bildenden Kunst bekennt. Bamberg ist natürlich ein sehr geschichtsträchtiger Ort, aber wir leben im Hier und Jetzt und Jetzt-Strömungen der Kunst müssen präsentiert werden. Entsprechend fordern wir schon lange, dass dieses Haus ein Haus für Kunst und Kultur wird – was wir durch mittlerweile 71 Ausstellungen und Veranstaltungen aus unserer Sicht auch längst bewiesen haben. Mit der Studie sollte diese Möglichkeit und ein möglicher Ausbau zusätzlich untermauert werden. Und die Studie fiel in diesem Sinne aus.
Alle drei Umbauvarianten sehen die Nutzung der Scheddach-Halle vor. Gäbe es neben dem größeren Platzangebot weitere Vorteile dieses zusätzlichen Ausstellungsraums?
Christiane Toewe: Der Kesselraum ist markant, hat eine beeindruckende Höhe und ist für sich fast ein architektonisches Kunstwerk, aber zartere Werke gehen darin leicht unter. Darum ist der Scheddach-Raum so wichtig für uns. Denn der Lichteinfall erzeugt eine ganz andere Atmosphäre. Hinzu kommt ein ökologischer Aspekt: Man könnte die Dachschrägen mit Solarpanelen bestücken und hätte so eine Energiezentrale auf dem Haus.
Es war jedoch abzusehen, dass ein Umbau teuer wird – was die drei vorgeschlagenen Varianten bestätigen. Wieso hat sich die klamme Stadt trotzdem an der Studie beteiligt?
Christiane Toewe: Die Stadt fühlte sich vielleicht ein bisschen unter Zugzwang, nachdem wir viele Jahre lang bewiesen hatten, dass das Kesselhaus als Kunsthaus funktioniert und von der Bevölkerung angenommen wird. Andererseits hat zum Beispiel Oberbürgermeister Starke gesagt, wie gut er alle drei Varianten findet. Auch der Kultursenat hat einstimmig beschlossen, dass man am Ergebnis festhalten will und dass es umgesetzt werden soll. Das alles aber natürlich immer unter der Prämisse, dass genug Geld dafür vorhanden ist.
Haben Sie Hoffnungen, dass die Stadt die Millionen zahlt?
Christiane Toewe: Ja, denn wir denken, das Haus könnte ein Leuchtturmprojekt für Bamberg werden. Wenn man sich mit Stadträten unterhält, scheinen die Kosten der Ertüchtigung ohnehin nicht der Knackpunkt zu sein. Sie scheinen viel mehr Sorge vor den Betriebskosten des Hauses zu haben, weil dann kommen Kosten für Heizung, Aufsicht und so weiter dazu. Dagegen kann man mögliche Eintrittsgelder aufrechnen oder Einnahmen durch Vermietung.
Statt eines Architekturwettbewerbs könnte auch ein Vergabeverfahren ausgeschrieben werden. Das spart Zeit und Geld. Außerdem liegt das Haus im Sanierungsgebiet Sand, für das es Städtebauförderung gibt, bei der die Stadt nur einen Teil der Umbaukosten zahlen müsste. Für den Rest könnten wir der Stadt ein Betreiberkonzept nahelegen.

Was würde dieses Konzept beinhalten?
Christiane Toewe: Dafür könnte man neue Wege gehen. Ich war vor Kurzem mit einigen Industriellen aus Hamburg im Kesselhaus und sie sagten, sie würden sofort Sponsoring machen, wenn sie nicht so weit weg wären. Genau das wäre eine Idee, einen Sponsor zu finden, der, ähnlich wie bei der Brose Arena, dem Ganzen seinen Namen geben könnte und dafür die laufenden Kosten übernehmen würde. Das würde die Stadt und die Vereine entlasten und im Gegenzug könnte die jeweilige Firma dann jedes Jahr Events für ihre Kunden im Haus veranstalten. Auch bekommen wir sehr viele Anfragen für Hochzeiten im Kesselhaus oder Werbekampagnen. So könnte man ebenfalls Gelder generieren. Eine weitere Möglichkeit sehen wir darin, mit den Museen der Stadt Bamberg zusammenzuarbeiten. Zumal auch der Erhalt der Villa Dessauer gerade diskutiert wird.
Wie könnte die Stadt profitieren?
Christiane Toewe: Das Plus bei allen drei Varianten ist die Mehrfachnutzung der Scheddach-Halle. Das wäre ein großes Geschenk, das sich die Stadt selbst machen würde, weil alle möglichen Institutionen – Kunst, Theater, Musik oder Tanz – darin unterkommen könnten. In dem Gesamtkomplex wären außerdem viel mehr Ausstellungen und Veranstaltungen pro Jahr möglich. Auch wäre es unser Wunsch, Synergien zu nutzen. Wenn also, wie aktuell, zum Beispiel die Museen der Stadt eine Ausstellung zu Kaiser Heinrich zeigen, könnte der Kunstverein oder der BBK seine Mitglieder auffordern, auch etwas zu dem Thema beizutragen. Und zusätzlich ist es unsere Vorstellung, der Initiative „Kultur braucht Raum“, die seit Jahren für mehr Platz und Geld für die Kultur demonstriert, das Haus ebenfalls zur Verfügung zu stellen. Das würde Druck von der Straße nehmen.
Falls eine der der Varianten umgesetzt werden sollte: Wie geht es bis dahin weiter – Betrieb wie gehabt?
Christiane Toewe: Das werden wir im Vorstand mit allen beteiligten Vereinen besprechen. Die Gelder für ein Vergabeverfahren für den Umbau des Hauses sind uns im aktuellen Haushaltsentwurf wieder nicht bewilligt worden. Aber immerhin 10.000 Euro für einen Workshop. Hoffen wir auf 2025. Nun muss der Betrieb wie gehabt weiter gehen. Das macht uns allerdings ein bisschen Bauchweh. Denn es ist wahnsinnig viel Arbeit, Ausstellungen zu organisieren. Es steckt viel Vorarbeit drin und allein der Auf- beziehungsweise Abbau von Ausstellungen oder auch Werbung und Social Media benötigen viel Manpower. Hat man jemanden ausgewählt, geht es darum, die jeweiligen Arbeiten nach Bamberg zu holen und aufzubauen. Alle vier Vereine arbeiten dabei aber ehrenamtlich, um das Kulturangebot in Bamberg zu erweitern. Damit wird das Ehrenamt sehr strapaziert, manchmal auch überstrapaziert. Und, was die Situation demnächst noch schwieriger machen wird: Der Vorstand des Kunstvereins hört nächstes Jahr auf und stellt sich nicht mehr zur Wahl. Was dieser Vorstand jedoch seinerseits ehrenamtlich an Arbeit geleistet hat, ist kaum zu ersetzen. Auch aus diesem Grund wäre ein Betreiberkonzept wichtig, mit einer vollen Koordinatoren-Stelle und einem Hausmeister.
Was hätte die Kunst von einem Umbau des Kesselhauses? Könnten Sie bessere oder bekanntere Künstler:innen nach Bamberg holen?
Christiane Toewe: Wir bekommen wöchentlich Anfragen von Künstlern aus dem ganzen Bundesgebiet. Das Kesselhaus hat sich einen guten Ruf als geeignete Location für zeitgenössische Kunst erarbeitet. Es geht nicht darum, die Stars der Bildenden Kunst zu präsentieren, sondern eher Newcomer und frische Gegenwartskunst. Es herrscht nach wie vor das Missverständnis, dass das Kesselhaus ein Haus für moderne Kunst sein soll. Aus unserer Sicht ist es das nicht. Denn wir möchten eher zeitgenössische Kunst zeigen. Damit haben wir ein Alleinstellungsmerkmal in der Stadt. Außerdem könnten wir vor allem mehr Ausstellungen veranstalten, wenn wir die Sheddach-Halle oder einen weiteren Raum im Keller nutzen. Und der Garten könnte zusätzlich für Skulpturen ertüchtigt werden.
Variante 3 sieht auch eine Espressobar, diesen Skulpturengarten und ein neues Stockwerk vor. Haben Sie keine Sorge, dass man es mit seinen Plänen oder Forderungen auch übertreiben kann?
Christiane Toewe: Das ist nicht nur unsere Idee, sondern das Architekturbüro Sauerzapfe hat das Potenzial erkannt und vorgeschlagen. Außerdem frage ich, warum ausgerechnet die Bildende Kunst so ein Mauerblümchen-Dasein in Bamberg fristen muss. Ein neues Stockwerk wäre ohnehin nicht das Problem. Wenn man sich die Differenz zwischen 8,2 zu 9,8 Millionen ansieht, kostet das neue Stockwerk vergleichsweise wenig. Hinzukäme ja, dass zudem das gesamte Haus ertüchtigt wäre, übrigens auch mit Sanitäranlagen, Artothek, Werkhof, einer Öffnung zum Wasser mit ungeheurem Aufenthaltspotential und Küchen.
Beziehungsweise haben Sie mit Variante 3 absichtlich derart übertriebene Pläne aufgestellt, wohl wissend, dass die Stadt ablehnen wird, während Sie eigentlich insgeheim sowieso mit Variante 1 oder 2 zufrieden wären?
Christiane Toewe: Variante 1 wäre eigentlich sogar zu schwach. Sie brächte nur die Scheddach-Halle dazu, aber kaum weitere Möglichkeiten. Das wäre aus meiner Sicht fast rausgeschmissenes Geld. Wenn man schon rangeht, dann umfassend. Variante 2 und 3 wären zudem nachhaltiger, weil man dann in zehn Jahren oder so nicht wieder anfangen muss, um zum Beispiel den Keller auszubauen. Wenn man von Anfang an groß plant, wären die Chancen, dass das Haus noch mehr ein Leuchtturm wird, wahrscheinlicher und wir täten auch etwas für den Individual-Tourismus.
Was hätte die Stadt gerne im Kesselhaus?
Christiane Toewe: Ich denke, die Stadt ist zurzeit ganz zufrieden mit uns. Also mit dem ehrenamtlichen Betrieb. Wir haben einen Vertrag bis 2026, eine Nutzungsvereinbarung mit der Stadt. Dann müssen wir neu verhandeln, wie es weitergeht.
Was würde beim Umbau mit den herrlich dreckigen Wänden des Kesselraumes geschehen? Die Grafiken, die das Architekturbüro zu den drei Varianten erstellt hat, legen die Einrichtung eines langweiligen White Cubes nahe?
Christiane Toewe: Es gibt im Verein Stimmen für beides, aber der White Cube ist nur eine Visualisierung, wie der Umbau aussehen könnte. Außerdem würde das Architekturbüro, das den Architekturwettbewerb gewinnt, über die Neugestaltung entscheiden.
Wie groß wäre der Schlag für die Kunst in Bamberg, wenn keine der drei Varianten umgesetzt wird und es 2026 nach Ende der Nutzungsvereinbarung keine neue Übereinkunft mit der Stadt gibt und Sie das Kesselhaus verlieren würden?
Christiane Toewe: Das ist undenkbar. Es bräuchte eine Alternative, aber die ist nicht in Sicht. Das Kesselhaus ist für die notwendige kulturelle Entwicklung ein unverzichtbares Glied in der Kulturstadt Bamberg. Es soll in erster Linie ein fester Ort der zeitgenössischen Bildenden Kunst sein. Für die Qualität des Angebots ist letztlich auch der stadtnahe Standort verantwortlich. Diese Erkenntnis wird übrigens auch durch das von der Stadt Bamberg 2015 in Auftrag gegebene Museumsgutachten nachhaltig unterstrichen.
Glauben Sie auf der anderen Seite, dass es so kommt wie der Verein „Kunstraum JETZT“ hofft?
Christiane Toewe: Ja, das glaube ich. Vielleicht dauert es noch, aber ich bin davon überzeugt, dass eine der drei Varianten umgesetzt wird. Gerade erst hat die Stadt Bamberg uns beim Einbau einer neuen LED-Beleuchtung großzügig unterstützt.