Seit zehn Jahren betreibt das Städtchen Baunach, nördlich von Bamberg gelegen, das Bürgerhaus Lechner Bräu. Im ehemaligen Brauerei-Gebäude sind heute unter anderem Einzelhandel-Geschäfte und eine Bücherei untergebracht. Und eine Veranstaltungsbühne, für heimische und überregionale kulturelle Angebote. Wir haben in Baunach bei Bürgermeister Tobias Roppelt und Melanie Schmitt vom Stadtmarketing angerufen und mit ihnen auf die zehn Jahre geblickt.
Herr Roppelt, Frau Schmitt, im Juli wurde das Bürgerhaus zehn Jahre alt. Wie war die Feier?
Melanie Schmitt: Wir hatten am selben Tag Stadtfest und haben in dessen Rahmen auch unser Bürgerhaus zu seinem Zehnjährigen hochleben lassen. Wir konnten es eigentlich kaum glauben, dass schon zehn Jahre vorbei sind.
War es eine so aufregende Zeit?
Melanie Schmitt: Es war eine spannende Zeit. So ein Bürgerhaus für eine Kleinstadt wie Baunach ist schon etwas Besonderes. Auch aus dem Grund, dass es der Innenstadt von Baunach einen wahnsinnigen Boom gegeben hat.
Das heißt?
Tobias Roppelt: Neben der Bühne haben wir heute im Bürgerhaus eine Arztpraxis, einen Friseur und eine Eisdiele. Vor allem Letztere hat einen großen Zulauf und belebt das Gebäude. Eine Vorgabe beim Umbau vor zehn Jahren war, neben einer Veranstaltungsbühne auch die Stadtbücherei mit einzubinden. Diese hat sich in den letzten Jahren sehr entwickelt und hält heute mehr als 17.000 Medien bereit. Kurz gesagt: Das Bürgerhaus ist ein Treffpunkt für die Generationen und wir haben dort eigentlich von Montag bis Sonntag Leben.
Wie entstand 2013 die Idee zu einem Bürgerhaus?
Tobias Roppelt: Das ehemalige Gebäude der Brauerei Lechner – mitten im Ort gelegen und sehr markant – stand seit einigen Jahren leer. Entsprechend machte sich der Stadtrat Gedanken, was man mit dem Gebäude anfangen könnte. Die Stadt hat es letztendlich erworben und einen Architektenwettbewerb ausgeschrieben. Der Hintergrund war, eine Einrichtung für kommunale und gewerbliche Nutzung zu haben, nicht zuletzt, um Einnahmen zu generieren.
Warum haben Sie den Namen der ehemaligen Brauerei beibehalten? Sie existierte 2013 seit mehr als 20 Jahren nicht mehr.
Roppelt: Wir wollten den Namen einfach erhalten. Das war im Dorf und im Volksmund eben die alte Lechner Bräu. Auch architektonisch haben wir versucht, den Bezug zu bewahren. Der Veranstaltungsaal im hinteren Bereich ist zwar ziemlich neu, aber der Turm und der Torbogen am Eingang stammen noch von der Brauerei.
Gab es an der Entscheidung, die alte Brauerei zum Bürgerhaus umzubauen, damals auch Kritik?
Tobias Roppelt: Ja. Ich war damals, 2011, schon Mitglied im Stadtrat und da gab es heiße Diskussionen über das Bürgerhaus. Es war mit seinen sieben Millionen Umbaukosten tatsächlich auch ein Riesenprojekt für Baunach. Entsprechend ging die Kritik natürlich in die Richtung, dass das Vorhaben zu aufwendig und zu teuer sei. Aber als das Bürgerhaus 2013 dann eröffnet wurde, sind die kritischen Stimmen schnell verhallt. Alle konnten sehen, wie gut sich die Einrichtung entwickelt.
Gab es Pläne, etwas anderes im Gebäude unterzubringen?
Tobias Roppelt: Eigentlich nicht. Das Motto und der Name des Projekts war von Anfang an „Bürgerhaus“, also mitten in der Stadt ein Ort für die Leute, fast wie ein neuer Marktplatz.
Haben Sie die Einrichtung des Bürgerhauses jemals bereut?
Tobias Roppelt: Nein, nie. Klar war es damals eine mutige und auch nicht unriskante Entscheidung des Bürgermeisters und des Stadtrats, das Projekt anzugehen. Aber es war die richtige Entscheidung, die auch zeigt, dass man in der kommunalen Verwaltung Mut braucht.
Aber man könnte auch sagen, dass sich Baunach mit dem Bürgerhaus durchaus etwas leistet.
Tobias Roppelt: Das schon. Es ist ja keine Pflicht, so eine Einrichtung zu betreiben. Aber: Vor Kurzem gab es eine Medienumfrage zur Lebensqualität von 36 Gemeinden im Umkreis. Dabei hat Baunach den zweiten Platz belegt. Und einen Anteil daran, da sind wir uns sicher, hat das Bürgerhaus. Solche Einrichtungen machen einen Ort lebenswert – aber man muss in sie investieren.
Man kann im Bürgerhaus auch Hochzeit feiern. Wie lange ist die Warteliste?
Tobias Roppelt: Es teilt sich ein bisschen auf. Wir haben ja auch noch die Zehntscheune, in der ebenfalls viel geheiratet wird.
Wie macht sich das Bürgerhaus heute als Veranstaltungsort?
Melanie Schmitt: Vorher waren wir veranstaltungstechnisch nicht besonders gut aufgestellt. Insofern war es ein weiterer entscheidender Punkt in den damaligen Planungen, den Saal mit reinzubringen. Am Anfang dachten wir, darin lediglich Vereinsfeste und so weiter zu veranstalten. Aber dann haben wir den Saal immer mehr für kulturelle Angebote eröffnet und ihn so auch außerhalb von Baunach bekannt gemacht. Heute würde ich sagen, kommt die Hälfte des Publikums aus der Umgebung und die andere von weiter her, zum Beispiel aus Hassberge oder Kronach.
Welche Auswirkungen hatte die Pandemie auf das Bürgerhaus als Veranstaltungsort?
Melanie Schmitt: Vor Corona hatten wir mit etwa 30 oder 40 Konzerten im Jahr mehr Konzerte und Auftritte als heute. Mittlerweile sind wir aber auf dem Weg zurück zu solchen Zahlen. Dabei versuchen wir auch herauszufinden, wie weit wir das Angebot ausreizen können. Denn, man darf nicht vergessen, dass der Bamberger Raum sehr viele Kulturangebote hat.
Eines dieser Angebote stellt der Kulturboden Hallstadt dar, der fast dasselbe Konzept wie das Bürgerhaus hat. Herrscht da Konkurrenz?
Melanie Schmitt: Ja, schon, ein bisschen Konkurrenz besteht – aber eine freundliche. Wir verstehen uns mit Gaby und Wolfgang Heyder, die den Kulturboden betreiben, jedoch gut. Das Bürgerhaus war ja zum Beispiel auch Bühne für das Literaturfestival der beiden. Aber wir schauen schon, dass Künstler nicht kurz hintereinander bei uns und dann in Hallstadt auftreten. Auch möchten wir ein Programm haben, das ein bisschen günstigere Eintrittspreise verlangt. Das ist übrigens auch Teil unseres Konzepts, den Leuten bezahlbare Kultur möglich zu machen.
Der Kulturboden wurde kurz nach dem Bürgerhaus eröffnet. Wie haben Sie darauf reagiert?
Melanie Schmitt: Wir waren etwas überrascht. Man eröffnet einen Veranstaltungs- und Gewerbeort und dann kommt nur ein paar Kilometer weiter ein sehr ähnliches Konzept auf. Da wurden wir schon ein bisschen nachdenklich. Aber, wie gesagt, wir kommen miteinander aus. Vor Corona haben wir tatsächlich nicht einmal gemerkt, dass sich zwischen Baunach und Hallstadt etwas beißen könnte. Heute ist es ein wenig anders, weil die Leute in Zeiten von Inflation und Teuerungen das Geld nicht mehr so locker für Kultur sitzen haben wie zuvor.
Wie stellen Sie sich darauf ein?
Melanie Schmitt: Wir haben ein flexibles Konzept, mit dem wir uns an die Gegebenheiten anpassen. So machen wir zurzeit zum Beispiel mehr mit der Bücherei oder setzen deutlicher auf Kinderveranstaltungen.
Welchen weiteren Gesichtspunkten unterliegt die Zusammenstellung des Veranstaltungsprogramms im Bürgerhaus?
Melanie Schmitt: Wir schauen, was bei Kultur unsere Zielgruppe ist. In Baunach sind das oft Leute etwa im Alter 45 plus und Familien. Jugendliche, das ist ganz klar, gehen allerdings woanders hin. Grundsätzlich versuchen wir aber, im Verlauf des Jahres allen Bürgern etwas zu bieten. Außerdem arbeiten wir mit unseren Baunacher Vereinen zusammen, damit auch sie Veranstaltungen bei uns machen können.
Das Programm besteht zum Großteil aus Comedy und Covermusik. Gibt es Überlegungen, auch einmal etwas Hochkulturelles anzubieten?
Melanie Schmitt: Wir haben den Erfahrungswert, wer unsere Zielgruppe ist. Dabei, wie wir es schon einmal versucht haben, zum Beispiel klassische Musik anzubieten, wird nicht die Resonanz haben wie andere Veranstaltungen. Dafür herrscht auf dem Land keine besondere Nachfrage und wir müssten uns auch werbetechnisch sehr anstrengen, um das Haus voll zu bekommen.
Am 16. Oktober fanden im Bürgerhaus die Nachhaltigkeitstage Baunach statt. Wie weit ist die Einrichtung auch ein Ort für politische Veranstaltungen?
Tobias Roppelt: Politische Veranstaltungen haben wir in der Satzung ausgeschlossen. Wir wollen nicht, dass irgendwelche Parteien im Bürgerhaus irgendwelche Sachen verbreiten, die wir nicht haben möchten. Die Nachhaltigkeitstage waren entsprechend keine politische Veranstaltung, dabei ging es eher um Informationen für die Bürger.
Dann also auf weitere zehn Jahre?
Tobias Roppelt: Ja. Wir hoffen, dass wir die Erfolgsgeschichte des Bürgerhauses fortsetzen können. Dazu versuchen wir, uns immer wieder etwas Neues einfallen zu lassen, eben wie die Nachhaltigkeitstage oder eine Energiemesse, die Mitte Oktober stattfand. Unseren Bürgern soll es nicht langweilig werden und genauso wollen wir auch den Leuten von außerhalb etwas bieten.