Am 19. und am 20. September lädt der Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken unter dem Titel „ARTUR 23“ zu den 23. Offenen Ateliertagen. Kunstschaffende aus ganz Oberfranken geben Einblicke in ihr aktuelles Schaffen, ihre Ateliers und ihre Arbeitsweise. Von Malerei, Zeichnung und Bildhauerei, bis hin zu Druck, Textilkunst und Performance sind sämtliche Kunstrichtungen vertreten. Am Musikpavillon im Hain stellt Bildhauer Adelbert Heil zusammen mit der Malerin Elisabeth Kraus aus. Wir haben mit der Bamberger Künstlerin, die ihren Wohnsitz in Leipzig hat, gesprochen.
Wie geht es der Künstlerin Elisabeth Kraus nach Monaten der Corona-Beschränkungen?
Elisabeth Kraus: „Gemischt“ ist wahrscheinlich die treffendste und diplomatischste Bezeichnung. Ohne nun zu tief auf meinen privaten Zustand eingehen zu wollen – es war eine turbulente und emotional sehr aufgeladene Zeit. Positiv, wie negativ. Ich hoffe sehr, dass dieser Zustand kein dauerhafter sein wird, die wertvollen Erkenntnisse beibehalten werden und daraus gute Veränderungen entstehen.
Wie weit war es Ihnen in diesen Monaten möglich zu arbeiten oder auszustellen?
Elisabeth Kraus: Zu Anfang war es sehr problematisch. Ich lebe in einer großen Wohngemeinschaft, unter anderem mit einer Person, die zur Risiko-Gruppe gehört. Deshalb haben wir unsere Schutzmaßnahmen sehr erhöht und jeglichen Kontakt nach Außen gemieden. Mein Atelier ist in einer großen Fabrikhalle auf dem Baumwollspinnerei-Gelände in Leipzig am anderen Ende der Stadt. Ich teile mir den Raum gemeinsam mit 18 anderen KünstlerInnen – das war in der Zeit der stärksten sozialen Beschränkungen nicht möglich. Wir haben das Atelier recht schnell geschlossen und ich habe meinen Arbeitsplatz in mein Schlafzimmer in der WG verlegt. Das war sehr eng, beschränkt und extrem perspektivlos – was sich wirklich nicht gut auf mein Arbeiten und mich auswirkte. Wenn kein persönlicher Dialog stattfindet, der inspiriert und beschwingt zu entwickeln, fängt man an, um sich selbst zu kreisen. Und das ist doch meistens nicht sehr bunt. Ich bin dann mit ein paar meiner MitbewohnerInnen auf einen alten abgelegenen Bauernhof gefahren, wo wir uns frei bewegen konnten und ich wieder Platz zum Malen hatte. Das war wahrscheinlich einer der schönsten Momente, in der ein Bild nach dem anderen aus mir herausgeplatzt ist.
Wie ist die Stimmung in der Leipziger Kulturszene?
Elisabeth Kraus: Es sind extrem lustige, schräge und innovative Formen des Kulturmachens entstanden. Viele einsame Live-Stream-Partys und Konzerte oder Ausstellungen. Nichtsdestotrotz entsteht dabei meiner Meinung nach aber nicht die Atmosphäre, die solche Ereignisse sonst haben. Konkret ist es einfach super schwierig und kritisch – eine absurde und auch anstrengende Zeit. Sich ein Konzert, eine Lesung, Ausstellung, Theater auf dem Bildschirm anzusehen ist einfach im Format und in der Vermittlung von Gefühlen beschränkt. Trotzdem schön, dass es möglich ist.
Ich habe einen Künstler aus Berlin sagen hören, dass die Coronazeit – von mangelnden Ausstellungsmöglichkeiten einmal abgesehen – zum Erschaffen von Kunst fast ideal ist, weil man seine Ruhe hat und ohne Ablenkung arbeiten kann. Wie sehen Sie das?
Elisabeth Kraus: Da stimme ich schon erstmal zu. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass ich einen extremen Schaffens-Schub hatte, als alles auf Eis gelegt war. Das Hamsterrad von Verpflichtungen und Ablenkung war einfach kurzzeitig gestoppt. In dieser Stille war es möglich, mich voll zu konzentrieren, ein sehr schöner intensiver Moment – ein Gefühl, dass man gerade nichts anderes tun darf, außer sich von anderen fern zu halten und voll in seine Materie abzutauchen. Schon eine sehr rare, spezielle Situation. Dennoch merke ich, wie sehr mir Perspektiven von gemeinsamen Ausstellungen fehlen, auf die man hinarbeitet. Alleine herum werkeln, da wird man doch schnell plemplem – ich zumindest. Deshalb freue ich mich sehr auf dieses Format der Artur 23.
Werden Sie an beiden Tagen am Pavillon anwesend sein und was werden Sie ausstellen?
Elisabeth Kraus: Ja, auf jeden Fall! Klar! Auf die BesucherInnen freue ich mich doch am meisten. Wenn jemand Lust hat, mit mir über die Arbeiten zu sprechen, oder auch nur übers Wetter, ist doch schön. Ausstellen werde ich hauptsächlich Malereien, ältere und neue. Sehr neue – die Farben sind zum Teil noch nass, also Vorsicht beim Nahherangehen.
Wie kam die Zusammenarbeit mit Adelbert Heil zustande?
Elisabeth Kraus: Wir saßen mal mehr oder weniger aus Versehen in der Villa Concordia beisammen und haben uns nett unterhalten. Da kam die Idee auf, zusammen mal auszustellen. Ich mag seine Arbeiten ja sehr und ich glaube, es könnten schöne Bilder entstehen, wenn wir unsere Kunst zusammenwerfen.
Haben Sie in Ihren Werken Erfahrungen aus der Pandemie verarbeitet?
Elisabeth Kraus: Auf jeden Fall. Anhand der Werke kann man glaube ich gut die unterschiedlichen persönlichen Facetten der Pandemie, die dunklen und bunten Momente ablesen. Als ich zum Beispiel die Nachrichten aus Beirut hörte, wo ich früher gelebt habe, musste ich erstmal alle Bilder schwärzen und mit Teer zuschmieren. Daraus ist auf jeden Fall eine neue Arbeitsweise entstanden. Oder zum Beispiel auf dem Gemälde „Cola – Jankcar – Sprite“, die Namensgebung stammt nur halb von mir, es wurde bei einem gemeinsamen Abendessen von mehreren Personen getauft, sind zwei meiner Mitbewohnerinnen, die sich während der Pandemie lieben gelernt haben. Das ist eine der wunderschönen Begebenheiten, die diese Zeit hervorgebracht hat.
Welche Hoffnungen verbinden Sie mit ARTUR 23 und Ihrer Ausstellung am Musikpavillon?
Elisabeth Kraus: Ich habe keine konkreten Hoffnungen. Ich habe einfach große Lust und Vorfreude, dass Menschen kommen, sich eingeladen fühlen, die Ausstellung anzusehen und auch in den Dialog zu gehen. Wenn dann das eine oder andere spannende Gespräch entsteht freue ich mich noch mehr. Wenn sich daraus eine weitere Ausstellung ergibt, wäre das brillant. Wenn dann sogar noch das eine oder andere Bild verkauft wird, wäre das grandios. Hier meine Schleichwerbung: Die Bilder sind verkäuflich, davon lebe ich. Bei Interesse gerne mich ansprechen! Also doch ein paar Hoffnungen anscheinend.
Weitere Informationen zu ARTUR 23 unter: www.bbk-oberfranken.de
- Autor: Sebastian Quenzer
- Fotos: Elisabeth Kraus