Bereits vor 120 Jahren wurde in Deutschland die erste offizielle Partie Radball ausgetragen. Die bekannteste Art des Radballs ist der „2er-Radball“. Diesen
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Club mit langer Geschichte
Radballverein RKB Solidarität 1911 e. V. Bamberg-Gaustadt
Bereits vor 120 Jahren wurde in Deutschland die erste offizielle Partie Radball ausgetragen. Die bekannteste Art des Radballs ist der „2er-Radball“. Diesen spielen zwei Mannschaften zu je zwei Spielern. Weitere Disziplinen sind der 5er-Radball und 6er-Rasenradball. Allerdings ist Radball auch in Bamberg immer noch relativ unbekannt, obwohl die Radsportart mit dem RKB Solidarität 1911 e. V. Bamberg-Gaustadt vor Ort auf eine ereignisreiche Vergangenheit und auf aktuelle sportliche Erfolge blicken kann.
Obwohl der RKB Solidarität 1911 e. V. Bamberg-Gaustadt zu seinen Anfangszeiten zunächst Radball nicht in seinem Repertoire hatte, betreibt er diesen Sport mittlerweile seit Jahren auf einem hohem Niveau, das er vor allem seit den frühen 80er-Jahren stetig weiterentwickelte. Zur Nazizeit wurde er als damaliger Arbeiterverein jedoch zum Spielball der Diktatur.
„Unser Verein wurde 1910 offiziell gegründet und 1911 in das Vereinsregister eingetragen“, sagt Reiner Fuchs, Pressewart und Vorsitzender des Vereinsgremiums beim RKB Solidarität 1911 e. V. Bamberg-Gaustadt. „Den größten Aufschwung innerhalb unseres Vereins gab es in den 20ern und 30ern – zu dieser Zeit hatte die Arbeiterbewegung gleichermaßen ihren Höhepunkt. Es wurden zahlreiche Fahrradausflüge organisiert und durchgeführt. Zu den Zeiten des Nationalsozialismus wurde unser Verein sowie viele weitere Arbeitervereine aber verboten. Unsere Vereinsfahne wurde 1933 unter einem Kohlenhaufen in einer Kohlenhandlung vor den Nazis in Gaustadt versteckt und erst nach 1945 wieder hervorgeholt.“
Erst nach dem Krieg seien dann auch Radball, Rollkunstlauf und Kunstradsport in den Verein integriert worden. Allerdings stand ihm in der Nachkriegszeit lediglich im Hinterhof einer Gaststätte in Gaustadt ein kleines etwa zehn mal 13 Meter großes Radballspielfeld zum Training zur Verfügung. Diese Fläche konnte nur im Frühjahr und Sommer genutzt werden – außer es regnete. Im Winter trainierte der Verein in Sälen von Gasthöfen.
„Die Wende kam dann Anfang der 1980er“, sagt Reiner Fuchs. „Damals konnte unser Vorstand Siegfried Friedrich die Gaustadter Schulturnhalle zu Turnieren und die Domschule Bamberg zum Training für unseren Verein mieten.“
Seitdem ging es für den RKB Solidarität 1911 e. V. Bamberg-Gaustadt sportlich bergauf. Seit den 1990er Jahren betreibt er zudem noch Gymnastik- und Motorsport, und auch Wanderungen, Motorradtouren und Busfahrten werden regelmäßig angeboten.
„Unser Kernsport ist jedoch nach wie vor der Radball. Hier sind wir in der Bayernliga, Landesliga und Bezirksliga vertreten. Auch die Jugendarbeit im Verein hat einen sehr großen Stellenwert. Im Nachwuchsbereich des Radballs liegen aktuell unsere größten Hoffnungen – derzeit trainieren rund 20 Kinder bei uns.“
Saisonvorbereitungen
Wie sieht die typische Vorbereitung auf eine Radball-Saison aus? „Vor dem Saisonstart im Radball“, sagt Reiner Fuchs, „wird vor allem die Radbeherrschung auf der Radballrad trainiert. Außerdem ist die Ballführung und der Schuss mit der Radballmaschine sehr wichtig. Standards wie ein 4‑Meter oder Eckbälle stehen ebenso auf dem Trainingsplan. Auch die Kondition muss in Form von Zirkeltraining trainiert werden. Zuletzt müssen auch Landeskader- Mannschaften am Wochenende auf dezentralen Lehrgängen unter der Aufsicht des Landestrainers ihr Bestes geben.“
Der Ablauf eines Spieltags beinhaltet unterdessen nicht nur ein einziges Spiel. Stets tragen die beteiligten Mannschaften dabei ein Turnier aus, an dem sechs bis acht Teams teilnehmen. Die Mannschaften spielen in Vor- und Rückrunde gegeneinander, wobei jede Mannschaft einen Heimspieltag zugeschrieben bekommt. In der Regel bedeutet dies pro Liga etwa sechs Spieltage. Bei Meisterschaften wie der Bayerischen Meisterschaft müssen sich die Mannschaften über ihre zugeteilten Ligen qualifizieren. Infolgedessen wird die Meisterschaft in Gruppen ausgespielt. Die jeweils Erst- und Zweitplatzierten jeder Gruppe kommen ins Halbfinale. Die Sieger der Halbfinals bestreiten das Endspiel – die Verlierer das Spiel um den 3. Platz. Alle anderen Mannschaften spielen in Platzierungsspielen die restlichen Plätze untereinander aus.
Die Voraussetzungen, um so erfolgreich und nachhaltig wie der RKB Solidarität Bamberg-Gaustadt auf hohem Niveau zu spielen, beginnen mit einigen Grundlagen – dabei steht der Verein allen Interessenten offen.
„Jeder kann bei unseren Sportarten mitmachen. Mit dem Radball kann man beginnen, sobald man Radfahren kann. Radball bedeutet für jeden Teilnehmer erst einmal viel Training, bevor man an einem Turnier teilnehmen kann. Man muss zumindest die entsprechenden Grundübungen beherrschen. Auch bei uns gilt der Spruch „Übung macht den Meister!“. Jedoch wollen nicht nur Spitzenmannschaften bei uns führen und trainieren. Es sind gleichermaßen Mannschaften oder Spieler herzlich willkommen, die in den Bezirksligen spielen wollen. Wir geben jeder interessierten Person eine Chance! Und sollte das entsprechende Talent fehlen und man möchte sich trotzdem im Vereinsleben einbringen, dann kann man dies etwa auch mit einer Schiedsrichterausbildung tun, denn wie so häufig gibt es ohne die Schiedsrichter keinen Sport.“
Mittlerweile konnte der RKB Solidarität 1911 e. V. Bamberg-Gaustadt im 6er Rasen-Radball 2013 und 2019 schon zwei deutsche Meistertitel einfahren. Deshalb durften die Meister sich im Rokokosaal des Alten Rathauses auch in das Goldene Sportbuch der Stadt Bamberg eintragen. „Das war und ist ein Riesenerfolg für unseren Verein. Das Gefühl, Deutscher Meister im 6er Rasen-Radball zu sein war überragend. Zumal wir diesen Erfolg vor Ort in Bernlohe auch mit unseren Familien gleich feiern durften. Unsere Familien, ob Groß oder Klein, sind immer dabei – das ist das Schönste. Nicht umsonst wird immer von der großen „Radballfamilie“ gesprochen.“
Nachwuchsabteilung als Basis des Erfolgs
Nun ist es allerdings so, dass man in kommerzielleren Sportarten für Titel nicht nur auf Bundesebene, sondern bereits auf Landesebene, oftmals Vergütungen erhält, die über die Ehrenamtspauschale hinausgehen. Beim Radball ist dies jedoch nicht der Fall.
„Wir bringen viel Geld mit, während populäre Sportarten viel Geld verdienen“, sagt Reiner Fuchs. „Unsere Haupteinnahmen im Verein sind gesellige Veranstaltungen, Busfahrten und die Mitgliedsbeiträge. Auch von der Stadt kommen Gelder zur Förderung des Sports und der Jugendarbeit. Umso mehr sind wir auf Spenden von Firmen angewiesen, um etwa neues Material zu beschaffen. Ein Radballrad kostet beispielsweise mehr als 1.800 Euro, ein Radball 120 Euro.“
Ein Sponsor, um solche Kosten bewältigen zu können, ist die Bamberger Brauerei Kaiserdom. „Unsere Verbindung zu Bambergern und insbesondere zu Gaustadter Vereinen“, sagt Geschäftsführer Felix Wörner, „besteht seit vielen Jahren, ja schon seit Generationen. Als Bamberger Familienbrauerei ist es für uns selbstverständlich, lokale und regionale Vereine zu unterstützen.“
Die Zusammenarbeit mit dem RKB Soli begann im vergangenen Sommer, als der Verein angefragt habe, ob man ihn bei seinem nächsten Radballturnier mit Getränken und Leih-Equipment unterstützen könne. „Auch wenn es sich um eine Nischensportart handelt, leistet der Verein eine super Arbeit und das nicht nur auf die Erfolge bezogen, die er fast regelmäßig abräumt. Er ist bei Gaustadter Veranstaltungen aktiv und kümmert sich auch immer wieder um neue Nachwuchsmitglieder, um den Verein lebendig zu halten. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit und wünschen weiterhin viel Erfolg!“
Dieser Erfolg scheint sich bereits einzustellen: Marcel Fuchs und Lukas Alt wurden jüngst Bayerischer Vizemeister 2023. Ein eingespieltes Team, wie Rainer Fuchs meint: „Marcel Fuchs und Lukas Alt bilden bereits seit einigen Jahren unsere 1. Radballmannschaft. Der Vizemeister in der Bayernliga war ein großartiger Erfolg. Vielleicht klappt es auch mit dem Aufstieg in die 2. Radball Bundesliga. Wir hoffen natürlich, dass sich Marcel und Lukas noch lange in der Radball Bayernliga halten und als Vorbilder für unsere nachrückenden Spieler agieren können. Wir freuen uns jedoch ebenfalls, wenn unsere Mannschaften in den unteren Ligen erfolgreich sind und Spaß am Spiel haben.“
Eine Sache, die den Verein aber auf jeden Fall auszeichnet, ist seine Jugendarbeit. Lenny Eckert und Benedikt Kohman sind Bayerischer U17-Meister. „Fast hätten wir unseren U17-Spieler Lenny Eckert verloren, da sein Partner aus schulischen Gründen für diese Saison nicht mehr zur Verfügung stand. Doch wir ließen nichts unversucht, um einen neuen Partner für ihn zu finden. Nachdem wir in Oberfranken zu fast allen Vereinen Kontakt aufgenommen hatten, wurden wir beim RVC Burgkunstadt fündig. Dort war Benedikt Kohmann ebenfalls mit seinem Partner unzufrieden und wir formierten ein neues Team. Dadurch betreiben wir zwar einen sehr großen Aufwand, der sich jedoch nach wie vor lohnt. Lenny Eckert mit Vater Markus fahren mindestens einmal pro Woche nach Burgkunstadt und umgekehrt fährt Benedikt Kohmann mit Vater Manfred nach Gaustadt zum Training. Dann stehen zusätzlich noch Landeslehrgänge an, die überwiegend in Stein stattfinden. Es wird also mindestens zwei- bis dreimal in der Woche trainiert.“
Ein Aufwand, der sich zu lohnen scheint. Mitte April qualifizierten sich Lenny Eckert und Benedikt Kohmann für die Deutsche Meisterschaft. Am 6. und 7. Mai treten sie im baden-württembergischen Albstadt gegen die besten U17-Radball-Mannschaften des Landes an.