Im Oktober vergangenen Jahres feierte der Botanische Garten 100-jähriges Jubiläum. Zeit für einen Besuch, eine Rückschau auf seine Entstehung im Bamberger Hain und die Neuerungen.
Der Bamberger Hain ist das grüne Wohnzimmer für die Bewohner von Stadt und Land. „Unser Hain ist eine der ältesten Bürgerparkanlagen deutschlandweit, die wir schützen, pflegen und fördern wollen“, sagt Alfred Schelter, erster Vorsitzender des Bürgerparkvereins Bamberger Hain e. V. mit nahezu 100 Mitgliedern.
Schelter war vormals Außenstellenleiter des Amts für Denkmalpflege und Regionalbeauftragter für Historische Gärten. Der Hain sei zum einen ein Naherholungsgebiet zur Entspannung und Kraftschöpfung sowie ein schöner, gepflegter und zugleich frei zugänglicher Rückzugsraum, der auch für viele Touristen an Attraktivität kaum zu überbieten ist, sagen Schelter und Robert Neuberth. Zweiterer ist der frühere Leiter des Garten- und Friedhofamtes und einer der Hauptinitiatoren für die Gründung des Bürgerparkvereins Bamberger Hain e. V. im Jahr 2005.
Zum anderen ist der Garten ein wichtiges Schutzgebiet mit einer vielfältigen Flora und Fauna. Gleichzeitig trage er zusammen mit dem Hauptsmoorwald und dem Erbapark in einer Art Inselsituation maßgeblich zum Stadtklima bei. „Die Kaltluft, die über dem Hain produziert wird, kommt auch in die Stadt“, erklären sie. Von den Auswirkungen des Klimawandels bleibe der Hain dennoch nicht verschont. „Viele große Bäume sterben ab. In den letzten Jahren mussten deshalb über 100 Großbäume aus Sicherheitsgründen entfernt werden.“

Schutzgebiet mit vielfältiger Flora und Fauna
Eine Fotoausstellung im Metznerhäuschen, dem zentralen Treffpunkt im Botanischen Garten, begleitet die Besucherinnen und Besucher derzeit über das ganze Jahr hinweg. Die rund 20 groß- und kleinformatigen, teils prämierten Aufnahmen zeigen den Botanischen Garten im Wandel der Jahreszeiten, hinzu kommen Fotos von Singvögeln auf und am Hainweiher in einer ansprechenden Raumillumination. Unter der Woche ist das Metznerhäuschen zu den Arbeitszeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Garten- und Friedhofamts, die sich um die Pflege der Grünanlagen im Stadtgebiet kümmern, von 7:30 Uhr bis 15 Uhr geöffnet. Die Dauerausstellung wurde aus über 160 Einsendungen eines Fotowettbewerbs im letzten Jahr zusammengestellt. Eine Sonderausstellung zeigt zudem Fotos von der Anlage aus dem 19. Jahrhundert im Vergleich zu heute.
Erst vor sieben Jahren wurden das Metznerhäuschen sowie die gesamte Anlage des Botanischen Gartens mit seinen Säulengängen, genannt Pergolas, aus Naturstein, an denen sich verschiedene Kletterrosen ranken, nach und nach in Zusammenarbeit mit der Messerschmitt-Stiftung, der Sparkassen- und der Oberfrankenstiftung sowie der Bundesstiftung Umwelt umfassend saniert.
Mit einer Hainapp sowie analogen Infotafeln und ‑pulten wurde zudem ein vielschichtiges Informationssystem etabliert. Auch wurde das Bewässerungssystem erneuert und ein blindengerechtes Bronzerelief angebracht, Rampen und Querwege nach historischen Plänen erneuert und Ruhebänke eingebaut. An den wichtigen Parkeingängen stehen zudem Info-Stelen zur Verfügung, auf deren Grafiktafeln sich die Besucherinnen und Besucher einen Überblick über die Parkanlage verschaffen und Grundinformationen einholen können. Einzelne Info-Pulte zu interessanten Aspekten über Pflanzen und Tiere sind darüber hinaus an weiteren zentralen Stellen entlang der Besucherwege zu finden.
Ziel des neuen Infosystems ist ein Botanischer Garten, bei dem die Pflanzen und Gewächse in der App audiovisuell abrufbar sind und die Themenbereiche Historische Gartenanlage, FFH-Schutzgebiet (Fauna-Flora-Habitat) und Bürgerpark vernetzt werden. So gibt es auch viele Hintergrundinformationen zu den verschiedenen Tier- und Pflanzenarten, die im Haingebiet vorkommen. „Insgesamt 1,2 Millionen Euro wurden über 20 Jahre hinweg durch Fördermittel und Spenden in die Generalüberholung des Parks investiert“, sagt Robert Neuberth.
Schaugarten mit Blumenrondellen am Eingang
Um die Pflanzen- und Artenvielfalt zu erhalten, sind die Gärtnerinnen und Gärtner der Stadt das ganze Jahr über rund um die Parkanlage im Einsatz. Wenn sich die Schneeglöckchen und Winterlinge langsam verabschieden, legen sie in einer großen Pflanzaktion im Team, wie kürzlich vor Ostern, auch die Beete im Botanischen Garten neu an. Der Schaugarten mit den Blumenrondellen am Eingang zeigt als erste Frühlingsboten nun Stiefmütterchen, Hornveilchen, Gänseblümchen und Vergissmeinnicht. Zweimal jährlich wird der Staudengarten neugestaltet.
„An den Hauptrabatten haben wir jedes Jahr einen Wechselfloor“, sagt Gärtnermeisterin Annette Weber. „Die Bepflanzung dort erfolgt bei uns eigentlich nicht nach einem vorbestimmten Plan, sondern hier ist vielmehr die Kreativität unseres Teams gefragt.“
Die Hauptwege, hin zur historischen Sonnenuhr in der Mitte, säumen Calendula, Canna, Salvien, Spinnenblume, Gräser und Enziansträucher. Aber auch große Kübelpflanzen, Lorbeerstämme und Yuccapalmen, die jetzt im Frühling aus der Überwinterung von der Stadtgärtnerei geholt wurden. Neben den Präsentationsbeeten als Schaubereiche gibt es im Botanischen Garten auch einen Lehrbereich. Sein pädagogisches Konzept ist ebenfalls über die Hainapp abrufbar.
„Wir versuchen, mit der Natur zu arbeiten und das wollen wir den Leuten auch zeigen“, sagt Annette Weber. „Auch können uns die Besucherinnen und Besucher Fragen stellen. Etwa, wann man welche Pflanzen schneidet oder wieso bestimmte Arbeiten gemacht werden müssen. Unser Informationssystem mit Tafeln und Pulten ist zudem sehr hilfreich.“
Die Ursprünge der Entstehung des Botanischen Gartens gehen auf ein anfängliches Flanierinteresse der Stadtbewohner zurück. „Man wollte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts, vor allem an Sonntagen vermehrt mit der Familie zeigen“, erzählt Alfred Schelter. „So entstand die Idee, nach dem Vorbild eines Englischen Gartens eine Kulturlandschaft für die Bürger zu schaffen. Die Schönheit der Natur wurde zu dieser Zeit nicht nur erkannt, sondern sollte durch natürlich wirkende Ideale auch verbessert und künstlerisch angelegt werden.“ War dieses Kleinod, damals noch der Theresienhain als älterer Teil, zunächst dem Bamberger Bürgertum vorbehalten, so wurde es nach und nach für alle Interessierten geöffnet.
Mit seiner mehr als 200-jährigen Geschichte, in der der Bamberger Hain früher auch waldwirtschaftlichen Zwecken diente, zählt er heute zum Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiet von europäischem Rang und ist ein bedeutendes Gartendenkmal in Bayern. Nicht nur die Pflanzen sind gewachsen, auch die Parkarchitektur veränderte sich über viele Jahre hinweg. So zog der alte Theresienhain durch seinen künstlerischen Aspekt mit seinen Bildhauerarbeiten, kleinen Tempeln und einem öffentlich zugänglichen Badehaus Mitte des 19. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts viele Besucherinnen und Besucher an. Durch eine Änderung des Flusslaufs auf Grund von mehreren Hochwassern, ebenfalls Mitte des 19. Jahrhunderts, in fortan zwei Regnitzarme, gewann der Hainpark schließlich mit einem neu angelegten Buchenwald an Fläche hinzu. Es entstand der Luisenhain.
Botanischer Garten war zunächst Schulgarten
Das Konzept für den Botanischen Garten erarbeitete und prägte Viktor Luster, der als neuer Leiter der damaligen Garten- und Friedhofsdirektion 1923 von Hamburg Altona nach Bamberg kam. Luster war ein zu dieser Zeit bekannter und gut vernetzter Fachmann im Bereich Gartenbau, Gartenkunst und deren Planung. Sein Ziel war nach Maßgaben der Stadt neben der Betreuung der attraktive Ausbau weiterer Grünflächen im Stadtgebiet.
So entstanden etwa auch ein Tennisgelände und das Hainbad im Theresienhain, wobei sich dazwischen Wild- und Kulturpflanzen sowie Wiesen und Wasserflächen abwechselten. Auch ein Schulgarten für die Vermittlung von Kenntnissen in der Feld- und Gartenbewirtschaftung sollte im Luisenhain entstehen.
Viktor Luster schuf den Botanischen Garten demnach zunächst nach einem Vorbild, wie auch in anderen Städten, für pädagogische Zwecke. Der geometrische Garten, mit seiner rechteckigen und kreisförmigen Struktur beherbergte heimische Pflanzen und Kräuter und sogar eine Vielzahl an Alpenpflanzen. Mit dem Metznerhäuschen, das aus dem Garten der Familie Metzner in den Hainpark übersiedelte, und den Pergolas kam Kleinarchitektur hinzu ebenso wie raumteilende Elemente durch Hecken und Sträucher.
Alte, formale Gartenkunst aus der Zeit vor der Etablierung des englischen Landschaftsstils sollte wiederentdeckt und neubelebt werden. Später, um 1930, wurde das Gartenkonzept mit dem Hainweiher zu einer nicht mehr ganz geometrischen Form erweitert. Bereits Mitte der 1950er Jahre wurde die Anlage zudem aufgefrischt und umgestaltet und mit neu angelegten Blumenbeeten für die breite Öffentlichkeit als Botanischer Garten zugänglich gemacht. Viele Wege nach außen sorgen bis heute für die Erschließung des gesamten Hainparks.
Eine floristische und faunistische Goldgrube
Die jüngste Neuanlage der Themenbeete im Jahr 2019 behandelt aktuelle Thematiken, etwa zu Insekten‑, Arznei- beziehungsweise Heil- und Bauerngartenpflanzen sowie zu Kräutern und Beerenpflanzen und zu deren Pflege und Verwendungen in Garten und Küche. Alle Infos hierzu sind auch in der Hainapp abrufbar. Blickfang sind zudem die Stauden mit ihren Funkien, Farnen und Hortensien und die beliebten Sommerblumenrabatten beidseitig der Hauptachsen der nach wie vor geometrischen Gartenanlage. „Der Bamberger Hain ist eine floristische und faunistische Goldgrube“, sagt Robert Neuberth. „Er beherbergt neben seiner Pflanzenvielfalt und einem kostbaren alten Eichenbestand mit seltenen Käferarten, allen voran der in Bayern nur noch im Bamberger Hain nachgewiesene große Eichenbock, zudem seltene Vögel und Fledermäuse.
Durch Baumspendenaktionen und das Sponsoring von Ruhebänken können sich die Bürgerinnen und Bürger immer wieder an Veränderungen und Neuerungen in der Parkanlage beteiligen. Die Festwiese neben dem zentralen Musikpavillon kann darüber hinaus als Liegewiese genutzt werden. Auch die Wiesen rund um den Hainweiher werden regelmäßig gemäht und sind so im Frühling und Sommer als Liegewiesen zugänglich. „Wir wollen ein Miteinander. Sowohl die Besucherinnen und Besucher als auch die Tiere und Pflanzen im Hainpark sollen sich wohlfühlen.“