100 Jah­re Pflan­zen­pracht im Hainpark

Bam­bergs Bota­ni­scher Gar­ten fei­er­te Jubiläum

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Botanischer Garten
Blick vom Metznerhäuschen auf den Botanischen Garten, Foto: Sebastian Quenzer
Im Okto­ber ver­gan­ge­nen Jah­res fei­er­te der Bota­ni­sche Gar­ten 100-jäh­ri­ges Jubi­lä­um. Zeit für einen Besuch, eine Rück­schau auf sei­ne Ent­ste­hung im Bam­ber­ger Hain und die Neuerungen.

Der Bam­ber­ger Hain ist das grü­ne Wohn­zim­mer für die Bewoh­ner von Stadt und Land. „Unser Hain ist eine der ältes­ten Bür­ger­park­an­la­gen deutsch­land­weit, die wir schüt­zen, pfle­gen und för­dern wol­len“, sagt Alfred Schel­ter, ers­ter Vor­sit­zen­der des Bür­ger­park­ver­eins Bam­ber­ger Hain e. V. mit nahe­zu 100 Mitgliedern.

Schel­ter war vor­mals Außen­stel­len­lei­ter des Amts für Denk­mal­pfle­ge und Regio­nal­be­auf­trag­ter für His­to­ri­sche Gär­ten. Der Hain sei zum einen ein Nah­erho­lungs­ge­biet zur Ent­span­nung und Kraft­schöp­fung sowie ein schö­ner, gepfleg­ter und zugleich frei zugäng­li­cher Rück­zugs­raum, der auch für vie­le Tou­ris­ten an Attrak­ti­vi­tät kaum zu über­bie­ten ist, sagen Schel­ter und Robert Neu­berth. Zwei­te­rer ist der frü­he­re Lei­ter des Gar­ten- und Fried­hof­am­tes und einer der Haupt­in­itia­to­ren für die Grün­dung des Bür­ger­park­ver­eins Bam­ber­ger Hain e. V. im Jahr 2005.

Zum ande­ren ist der Gar­ten ein wich­ti­ges Schutz­ge­biet mit einer viel­fäl­ti­gen Flo­ra und Fau­na. Gleich­zei­tig tra­ge er zusam­men mit dem Hauptsmoor­wald und dem Erba­park in einer Art Insel­si­tua­ti­on maß­geb­lich zum Stadt­kli­ma bei. „Die Kalt­luft, die über dem Hain pro­du­ziert wird, kommt auch in die Stadt“, erklä­ren sie. Von den Aus­wir­kun­gen des Kli­ma­wan­dels blei­be der Hain den­noch nicht ver­schont. „Vie­le gro­ße Bäu­me ster­ben ab. In den letz­ten Jah­ren muss­ten des­halb über 100 Groß­bäu­me aus Sicher­heits­grün­den ent­fernt werden.“

Botanischer Garten
Von links: Tho­mas Heiß (Gar­ten­bau­tech­ni­ker bei der Stadt), Robert Neu­berth, Alfred Schel­ter und Annet­te Weber, Foto: Danie­la Pielenhofer
Schutz­ge­biet mit viel­fäl­ti­ger Flo­ra und Fauna

Eine Foto­aus­stel­lung im Metz­ner­häus­chen, dem zen­tra­len Treff­punkt im Bota­ni­schen Gar­ten, beglei­tet die Besu­che­rin­nen und Besu­cher der­zeit über das gan­ze Jahr hin­weg. Die rund 20 groß- und klein­for­ma­ti­gen, teils prä­mier­ten Auf­nah­men zei­gen den Bota­ni­schen Gar­ten im Wan­del der Jah­res­zei­ten, hin­zu kom­men Fotos von Sing­vö­geln auf und am Hain­wei­her in einer anspre­chen­den Raum­il­lu­mi­na­ti­on. Unter der Woche ist das Metz­ner­häus­chen zu den Arbeits­zei­ten der Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter des Gar­ten- und Fried­hof­amts, die sich um die Pfle­ge der Grün­an­la­gen im Stadt­ge­biet küm­mern, von 7:30 Uhr bis 15 Uhr geöff­net. Die Dau­er­aus­stel­lung wur­de aus über 160 Ein­sen­dun­gen eines Foto­wett­be­werbs im letz­ten Jahr zusam­men­ge­stellt. Eine Son­der­aus­stel­lung zeigt zudem Fotos von der Anla­ge aus dem 19. Jahr­hun­dert im Ver­gleich zu heute.

Erst vor sie­ben Jah­ren wur­den das Metz­ner­häus­chen sowie die gesam­te Anla­ge des Bota­ni­schen Gar­tens mit sei­nen Säu­len­gän­gen, genannt Per­go­las, aus Natur­stein, an denen sich ver­schie­de­ne Klet­ter­ro­sen ran­ken, nach und nach in Zusam­men­ar­beit mit der Mes­ser­schmitt-Stif­tung, der Spar­kas­sen- und der Ober­fran­ken­stif­tung sowie der Bun­des­stif­tung Umwelt umfas­send saniert.

Mit einer Hain­app sowie ana­lo­gen Info­ta­feln und ‑pul­ten wur­de zudem ein viel­schich­ti­ges Infor­ma­ti­ons­sys­tem eta­bliert. Auch wur­de das Bewäs­se­rungs­sys­tem erneu­ert und ein blin­den­ge­rech­tes Bron­ze­re­li­ef ange­bracht, Ram­pen und Quer­we­ge nach his­to­ri­schen Plä­nen erneu­ert und Ruhe­bän­ke ein­ge­baut. An den wich­ti­gen Park­ein­gän­gen ste­hen zudem Info-Ste­len zur Ver­fü­gung, auf deren Gra­fik­ta­feln sich die Besu­che­rin­nen und Besu­cher einen Über­blick über die Park­an­la­ge ver­schaf­fen und Grund­in­for­ma­tio­nen ein­ho­len kön­nen. Ein­zel­ne Info-Pul­te zu inter­es­san­ten Aspek­ten über Pflan­zen und Tie­re sind dar­über hin­aus an wei­te­ren zen­tra­len Stel­len ent­lang der Besu­cher­we­ge zu finden.

Ziel des neu­en Info­sys­tems ist ein Bota­ni­scher Gar­ten, bei dem die Pflan­zen und Gewäch­se in der App audio­vi­su­ell abruf­bar sind und die The­men­be­rei­che His­to­ri­sche Gar­ten­an­la­ge, FFH-Schutz­ge­biet (Fau­na-Flo­ra-Habi­tat) und Bür­ger­park ver­netzt wer­den. So gibt es auch vie­le Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen zu den ver­schie­de­nen Tier- und Pflan­zen­ar­ten, die im Hain­ge­biet vor­kom­men. „Ins­ge­samt 1,2 Mil­lio­nen Euro wur­den über 20 Jah­re hin­weg durch För­der­mit­tel und Spen­den in die Gene­ral­über­ho­lung des Parks inves­tiert“, sagt Robert Neuberth.

Schau­gar­ten mit Blu­men­ron­del­len am Eingang

Um die Pflan­zen- und Arten­viel­falt zu erhal­ten, sind die Gärt­ne­rin­nen und Gärt­ner der Stadt das gan­ze Jahr über rund um die Park­an­la­ge im Ein­satz. Wenn sich die Schnee­glöck­chen und Win­ter­lin­ge lang­sam ver­ab­schie­den, legen sie in einer gro­ßen Pflanz­ak­ti­on im Team, wie kürz­lich vor Ostern, auch die Bee­te im Bota­ni­schen Gar­ten neu an. Der Schau­gar­ten mit den Blu­men­ron­del­len am Ein­gang zeigt als ers­te Früh­lings­bo­ten nun Stief­müt­ter­chen, Horn­veil­chen, Gän­se­blüm­chen und Ver­giss­mein­nicht. Zwei­mal jähr­lich wird der Stau­den­gar­ten neugestaltet.

„An den Haupt­ra­bat­ten haben wir jedes Jahr einen Wech­sel­flo­or“, sagt Gärt­ner­meis­te­rin Annet­te Weber. „Die Bepflan­zung dort erfolgt bei uns eigent­lich nicht nach einem vor­be­stimm­ten Plan, son­dern hier ist viel­mehr die Krea­ti­vi­tät unse­res Teams gefragt.“

Die Haupt­we­ge, hin zur his­to­ri­schen Son­nen­uhr in der Mit­te, säu­men Cal­en­du­la, Can­na, Sal­vi­en, Spin­nen­blu­me, Grä­ser und Enzi­an­sträu­cher. Aber auch gro­ße Kübel­pflan­zen, Lor­beer­stäm­me und Yuc­ca­pal­men, die jetzt im Früh­ling aus der Über­win­te­rung von der Stadt­gärt­ne­rei geholt wur­den. Neben den Prä­sen­ta­ti­ons­bee­ten als Schau­be­rei­che gibt es im Bota­ni­schen Gar­ten auch einen Lehr­be­reich. Sein päd­ago­gi­sches Kon­zept ist eben­falls über die Hain­app abrufbar.

„Wir ver­su­chen, mit der Natur zu arbei­ten und das wol­len wir den Leu­ten auch zei­gen“, sagt Annet­te Weber. „Auch kön­nen uns die Besu­che­rin­nen und Besu­cher Fra­gen stel­len. Etwa, wann man wel­che Pflan­zen schnei­det oder wie­so bestimm­te Arbei­ten gemacht wer­den müs­sen. Unser Infor­ma­ti­ons­sys­tem mit Tafeln und Pul­ten ist zudem sehr hilfreich.“

Die Ursprün­ge der Ent­ste­hung des Bota­ni­schen Gar­tens gehen auf ein anfäng­li­ches Fla­nier­in­ter­es­se der Stadt­be­woh­ner zurück. „Man woll­te sich zu Beginn des 19. Jahr­hun­derts, vor allem an Sonn­ta­gen ver­mehrt mit der Fami­lie zei­gen“, erzählt Alfred Schel­ter. „So ent­stand die Idee, nach dem Vor­bild eines Eng­li­schen Gar­tens eine Kul­tur­land­schaft für die Bür­ger zu schaf­fen. Die Schön­heit der Natur wur­de zu die­ser Zeit nicht nur erkannt, son­dern soll­te durch natür­lich wir­ken­de Idea­le auch ver­bes­sert und künst­le­risch ange­legt wer­den.“ War die­ses Klein­od, damals noch der The­re­si­en­hain als älte­rer Teil, zunächst dem Bam­ber­ger Bür­ger­tum vor­be­hal­ten, so wur­de es nach und nach für alle Inter­es­sier­ten geöffnet.

Mit sei­ner mehr als 200-jäh­ri­gen Geschich­te, in der der Bam­ber­ger Hain frü­her auch wald­wirt­schaft­li­chen Zwe­cken dien­te, zählt er heu­te zum Flo­ra-Fau­na-Habi­tat-Schutz­ge­biet von euro­päi­schem Rang und ist ein bedeu­ten­des Gar­ten­denk­mal in Bay­ern. Nicht nur die Pflan­zen sind gewach­sen, auch die Park­ar­chi­tek­tur ver­än­der­te sich über vie­le Jah­re hin­weg. So zog der alte The­re­si­en­hain durch sei­nen künst­le­ri­schen Aspekt mit sei­nen Bild­hau­er­ar­bei­ten, klei­nen Tem­peln und einem öffent­lich zugäng­li­chen Bade­haus Mit­te des 19. Jahr­hun­derts bis Anfang des 20. Jahr­hun­derts vie­le Besu­che­rin­nen und Besu­cher an. Durch eine Ände­rung des Fluss­laufs auf Grund von meh­re­ren Hoch­was­sern, eben­falls Mit­te des 19. Jahr­hun­derts, in fort­an zwei Reg­nitz­ar­me, gewann der Hain­park schließ­lich mit einem neu ange­leg­ten Buchen­wald an Flä­che hin­zu. Es ent­stand der Luisenhain.

Bota­ni­scher Gar­ten war zunächst Schulgarten

Das Kon­zept für den Bota­ni­schen Gar­ten erar­bei­te­te und präg­te Vik­tor Lus­ter, der als neu­er Lei­ter der dama­li­gen Gar­ten- und Fried­hofs­di­rek­ti­on 1923 von Ham­burg Alto­na nach Bam­berg kam. Lus­ter war ein zu die­ser Zeit bekann­ter und gut ver­netz­ter Fach­mann im Bereich Gar­ten­bau, Gar­ten­kunst und deren Pla­nung. Sein Ziel war nach Maß­ga­ben der Stadt neben der Betreu­ung der attrak­ti­ve Aus­bau wei­te­rer Grün­flä­chen im Stadtgebiet.

So ent­stan­den etwa auch ein Ten­nis­ge­län­de und das Hain­bad im The­re­si­en­hain, wobei sich dazwi­schen Wild- und Kul­tur­pflan­zen sowie Wie­sen und Was­ser­flä­chen abwech­sel­ten. Auch ein Schul­gar­ten für die Ver­mitt­lung von Kennt­nis­sen in der Feld- und Gar­ten­be­wirt­schaf­tung soll­te im Lui­sen­hain entstehen.

Vik­tor Lus­ter schuf den Bota­ni­schen Gar­ten dem­nach zunächst nach einem Vor­bild, wie auch in ande­ren Städ­ten, für päd­ago­gi­sche Zwe­cke. Der geo­me­tri­sche Gar­ten, mit sei­ner recht­ecki­gen und kreis­för­mi­gen Struk­tur beher­berg­te hei­mi­sche Pflan­zen und Kräu­ter und sogar eine Viel­zahl an Alpen­pflan­zen. Mit dem Metz­ner­häus­chen, das aus dem Gar­ten der Fami­lie Metz­ner in den Hain­park über­sie­del­te, und den Per­go­las kam Klein­ar­chi­tek­tur hin­zu eben­so wie raum­tei­len­de Ele­men­te durch Hecken und Sträucher.

Alte, for­ma­le Gar­ten­kunst aus der Zeit vor der Eta­blie­rung des eng­li­schen Land­schafts­stils soll­te wie­der­ent­deckt und neu­be­lebt wer­den. Spä­ter, um 1930, wur­de das Gar­ten­kon­zept mit dem Hain­wei­her zu einer nicht mehr ganz geo­me­tri­schen Form erwei­tert. Bereits Mit­te der 1950er Jah­re wur­de die Anla­ge zudem auf­ge­frischt und umge­stal­tet und mit neu ange­leg­ten Blu­men­bee­ten für die brei­te Öffent­lich­keit als Bota­ni­scher Gar­ten zugäng­lich gemacht. Vie­le Wege nach außen sor­gen bis heu­te für die Erschlie­ßung des gesam­ten Hainparks.

Eine flo­ris­ti­sche und fau­nis­ti­sche Goldgrube

Die jüngs­te Neu­an­la­ge der The­men­bee­te im Jahr 2019 behan­delt aktu­el­le The­ma­ti­ken, etwa zu Insekten‑, Arz­nei- bezie­hungs­wei­se Heil- und Bau­ern­gar­ten­pflan­zen sowie zu Kräu­tern und Bee­ren­pflan­zen und zu deren Pfle­ge und Ver­wen­dun­gen in Gar­ten und Küche. Alle Infos hier­zu sind auch in der Hain­app abruf­bar. Blick­fang sind zudem die Stau­den mit ihren Fun­ki­en, Far­nen und Hor­ten­si­en und die belieb­ten Som­mer­blu­men­ra­bat­ten beid­sei­tig der Haupt­ach­sen der nach wie vor geo­me­tri­schen Gar­ten­an­la­ge. „Der Bam­ber­ger Hain ist eine flo­ris­ti­sche und fau­nis­ti­sche Gold­gru­be“, sagt Robert Neu­berth. „Er beher­bergt neben sei­ner Pflan­zen­viel­falt und einem kost­ba­ren alten Eichen­be­stand mit sel­te­nen Käfer­ar­ten, allen vor­an der in Bay­ern nur noch im Bam­ber­ger Hain nach­ge­wie­se­ne gro­ße Eichen­bock, zudem sel­te­ne Vögel und Fledermäuse.

Durch Baum­spen­den­ak­tio­nen und das Spon­so­ring von Ruhe­bän­ken kön­nen sich die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger immer wie­der an Ver­än­de­run­gen und Neue­run­gen in der Park­an­la­ge betei­li­gen. Die Fest­wie­se neben dem zen­tra­len Musik­pa­vil­lon kann dar­über hin­aus als Lie­ge­wie­se genutzt wer­den. Auch die Wie­sen rund um den Hain­wei­her wer­den regel­mä­ßig gemäht und sind so im Früh­ling und Som­mer als Lie­ge­wie­sen zugäng­lich. „Wir wol­len ein Mit­ein­an­der. Sowohl die Besu­che­rin­nen und Besu­cher als auch die Tie­re und Pflan­zen im Hain­park sol­len sich wohlfühlen.“

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