Ate­lier mit wech­sel­vol­ler Vergangenheit

Gud­run Bess­lein-Bau­er zeigt aktu­el­le Wer­ke an der Nonnenbrücke

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Gudrun Besslein-Bauer
Gudrun Besslein-Bauers Atelier an der Nonnenbrücke
In ihrer neu­en Aus­stel­lung an der Non­nen­brü­cke 10 zeigt Gud­run Bess­lein-Bau­er mehr als 25 ihrer aktu­el­len Arbei­ten auf Papier. Die Aus­stel­lung ist auch am 21. Mai, dem Inter­na­tio­na­len Muse­ums­tag, geöff­net und bis Ende Okto­ber zu sehen. Der Aus­stel­lungs­ort selbst hat eine wech­sel­vol­le Ver­gan­gen­heit und teil­wei­se berühm­te Vormieter.

Es sind Bil­der in reli­ef­ar­tig wir­ken­den Schich­ten, wel­che mit unter­schied­li­chen Mit­teln bear­bei­tet wur­den, in den Aus­stel­lungs­räu­men an der Non­nen­brü­cke 10. Natür­lich vor­kom­men­de Pig­men­te, die Gud­run Bess­lein-Bau­er selbst mischt, dazu Schel­lack, Gra­fit und wei­ße Gou­ache, die sie über­ein­an­der­legt und dann wie­der teil­wei­se ablöst, erzeu­gen nicht nur einen künst­li­chen Alte­rungs­pro­zess der Ober­flä­chen, son­dern wecken auch die Illu­si­on einer fik­ti­ven Ver­gan­gen­heit der Kunstwerke.

Gudrun Besslein-Bauer
Gud­run Bess­lein-Bau­er vor ihrem Werk „Die Fes­tung oder das Ende einer Geschichte“

„Mei­ne Arbei­ten fol­gen einer Art archäo­lo­gi­schem Prin­zip, bei dem man vor­sich­tig Schich­ten ablöst, kon­ser­viert und durch neue ergänzt“, sagt Gud­run Bess­lein-Bau­er. „Dadurch wer­den manch­mal auch Zwi­schen­stu­fen der Bear­bei­tung sicht­bar, in denen sich mir immer wie­der neue Mög­lich­kei­ten eröff­nen.“ So ent­ste­he nicht nur ein gewünsch­ter 3‑D-Effekt, son­dern auch der ver­meint­li­che Ein­druck von orga­ni­schem Mate­ri­al wie Rin­de oder Stein.

The­ma der Bil­der sind Bess­lein-Bau­ers Rei­sen, etwa nach Ägyp­ten, das sie meh­re­re Male besuch­te, oder nach Syri­en. „Ich war dort auf archäo­lo­gi­scher Tour. Auch die Archi­tek­tur hat mich sehr beein­druckt“, sagt sie. Ihre Bil­der, die sich aus Erin­ne­run­gen und Asso­zia­tio­nen spei­sen, wie sie erklärt, zei­gen somit eine Selbst­er­fah­rung in der Begeg­nung mit ver­gan­ge­nen Kul­tu­ren und Zei­ten. Aber sie sind auch eine vir­tu­el­le Rei­se durch Zeit und Raum, die Erleb­tes und Gedach­tes ver­bin­det. „Abfah­ren, Unter­wegs­sein und Ankom­men als wie­der­keh­ren­des Ritu­al der Selbst­be­we­gung, das in der Vor­stel­lung durch geheim­nis­vol­le Türen und Tore zu archai­schen Monu­men­ten, zu einer Begeg­nung mit mythi­schen Gestal­ten und magi­schen Orten in fer­ne Län­der führt“, beschreibt die Künst­le­rin den Eindruck.

Die Rei­se­er­fah­run­gen spie­geln sich in den Titeln der Bil­der wider. Zu sehen sind bei­spiels­wei­se „Aus einer gol­de­nen Zeit“, „So fern, so nah“, „Wüs­ten­land“, „Wol­ki­ge Ido­le“, „Der Traum des Ägyptologen/​Archäologen“, „Anle­gen an fer­nen Ufern“, „Mond­blei­che Stei­ne“, „Irgend­wo im Nir­gend­wo“ oder „Pyra­mi­den­land“. Jedes Bild bringt dabei eine Auf­ga­be mit sich. „Es muss zu Ende gedacht wer­den“, meint sie und lacht, „das Frag­men­ta­ri­sche bie­tet dem Beschau­er Raum für gedank­li­che Ergänzung.“

Gro­ßer Künst­le­ri­scher Nachlass

Anfang der 1970er Jah­re stu­dier­te Gud­run Bess­lein-Bau­er nach dem Abitur an der Aka­de­mie der Bil­den­den Küns­te in Mün­chen und leg­te ihren Schwer­punkt auf Bild­haue­rei in Ver­bin­dung mit Archi­tek­tur. Spä­ter war sie vie­le Jah­re als Kunst­päd­ago­gin an einem Erlan­ger Gym­na­si­um tätig.

Ihre Lei­den­schaft für die Kunst bewahrt und ver­ar­bei­tet die inzwi­schen 73-Jäh­ri­ge bis heu­te und bringt mit ihrer aktu­el­len Aus­stel­lung neue Ideen aufs Papier. „Ich arbei­te nie vor dem Objekt, son­dern eigent­lich immer aus der Erin­ne­rung“, erklärt sie, „und bevor­zu­ge gedämpf­te Far­ben und Erd­far­ben wie grau, braun, beige oder gold.“

Die Tech­nik des Restau­rie­rens, die sie in der Ent­ste­hung ihrer Bil­der anwen­det, habe sie von ihrem ver­stor­be­nen Vater gelernt. Als Toch­ter des nam­haf­ten Bam­ber­ger Künst­ler­paa­res Robert und Ina Bau­er-Hader­lein konn­te sie schon als Kind und Jugend­li­che nahe­zu täg­lich den Eltern bei der Arbeit über die Schul­ter schau­en und so den einen oder ande­ren Kniff lernen.

Wäh­rend Vater Robert mit sei­ner Bild­haue­rei, die in der hei­mi­schen Werk­statt ent­stand, in der Stadt und im Umkreis eine Viel­zahl an Monu­men­ten schuf, ließ Mut­ter Ina als Male­rin hei­mi­sche Land­schaf­ten und Bau­wer­ke in Aqua­rell­far­ben oder in Krei­de ent­ste­hen. Schon damals setz­te Toch­ter Gud­run die Land­schafts­ma­le­rei­en ihrer Mut­ter hei­ter in klei­nen Plas­ti­ken oder bemal­ten Vasen, Fla­schen und Muscheln fort, bevor sie im spä­te­ren Kunst­stu­di­um selbst das Hand­werk von Grund auf erlernte.

Nach dem Tod der Eltern wan­del­te Gud­run Bess­lein-Bau­er das elter­li­che Ate­lier an der Non­nen­brü­cke in ein Muse­um um und ver­wal­tet dort seit­dem den umfang­rei­chen künst­le­ri­schen Nach­lass aus der gemein­sa­men, mehr als 40-jäh­ri­gen Schaf­fens­zeit der Eltern.

So zeig­te die Mut­ter Ina Bau­er-Hader­lein im Anschluss an ihr Kunst­stu­di­um an der Aka­de­mie der Bil­den­den Küns­te in Nürn­berg und Wien bereits 1946 nach dem Krieg im Rah­men einer Weih­nachts-Kunst­aus­stel­lung der dama­li­gen, neu gegrün­de­ten „Frei­en Künst­ler-Uni­on Bam­berg“, ihre ers­ten Wer­ke „Son­ni­ger Win­kel“, „Frän­ki­sches Dorf“ und „Am Was­ser“, die in Aqua­rell und Pas­tell ent­stan­den sind.

Es folg­ten wei­te­re Aus­stel­lun­gen in Bam­berg, Würz­burg, Kulm­bach, Nürn­berg, Mün­chen, Pom­mers­fel­den, Bonn, Graz, Bolo­gna und Bedford. Die im Lau­fe der Zeit auch mit Farb­krei­de, japa­ni­scher Wachs­mal­krei­de und Öl gemal­ten Bil­der prä­sen­tie­ren mit Vita­li­tät und Lebens­freu­de frän­ki­sche Land­schaf­ten, Wäl­der, Gebir­ge, Häu­ser und Gär­ten oder Küs­ten, Fin­kas und Pini­en­hai­ne in leuch­tend bun­ten Farben.

Brun­nen und Plastiken

Robert Bau­er-Hader­lein hat als Bild­hau­er das Stadt­bild maß­geb­lich durch zahl­rei­che Brun­nen geprägt, die sei­ne Hand­schrift tra­gen. Nach­dem er in den 1930er Jah­ren die Gesel­len- und Meis­ter­prü­fung bei sei­nem Vater Anton Bau­er abge­legt hat­te, stu­dier­te er an der Aka­de­mie der Bil­den­den Küns­te in Mün­chen. In sei­nen bild­haue­ri­schen Wer­ken spe­zia­li­sier­te er sich auf Bau­plas­ti­ken, Brun­nen und Grup­pen­kom­po­si­tio­nen. Dazu zäh­len etwa der Mari­en­brun­nen am Mari­en­platz, der Del­phin­brun­nen am Gar­ten­städ­ter Markt oder der Klar­abrun­nen mit sze­ni­schen Reli­efs gegen­über dem Künst­ler­ate­lier, die in den 1950er Jah­ren ent­stan­den sind.

Aber auch in eini­gen Kir­chen, bei­spiels­wei­se in der Kir­che Maria Hilf, zeu­gen Kan­zel und Tauf­stein mit Dar­stel­lun­gen aus dem Alten Tes­ta­ment oder in St. Kuni­gund die Hei­li­ge Kuni­gun­de aus Stein, mit ihrem schüt­zen­den Man­tel, den sie über der Stadt aus­brei­tet, von sei­ner Arbeit. In der Kir­che St. Wolf­gang gestal­te­te er sogar die gesam­te plas­ti­sche Aus­stat­tung. Die bei­den über­di­men­sio­na­len Tafeln der Auf­er­ste­hung am Fried­hof­s­por­tal gehen als Ehren­mal für die Opfer des zwei­ten Welt­krie­ges mit gro­ßer Aus­drucks­kraft eben­falls auf Robert Bau­er-Hader­lein zurück.

Klei­ne­re Ent­wür­fe und Gips­ab­güs­se sei­ner zahl­rei­chen Wer­ke fin­den sich im Ate­lier­mu­se­um und dem dazu­ge­hö­ri­gen klei­nen Gar­ten, den man in einem Rund­gang besich­ti­gen kann. Dort auch zu sehen sind die Grup­pen­kom­po­si­tio­nen „Tafel­run­de“ und „Begeg­nung“ mit E.T.A. Hoff­mann aus Bron­ze. Wei­te­re bekann­te Wer­ke aus Bron­ze von Robert Bau­er-Hader­lein sind etwa die „Berg­pre­digt“ von 1965 und die „Undi­ne“ von 1979 in der Richard-Wag­ner-Stra­ße. Schon zu Beginn wur­den sei­ne Wer­ke auch im Haus der Kunst in Mün­chen aus­ge­stellt. Bei vie­len Wett­be­wer­ben ging er immer wie­der als Sie­ger her­vor. Die Restau­rie­rungs­ar­bei­ten, an denen er in Bam­berg zudem maß­geb­lich betei­ligt war, sind das Lächeln der Hl. Kuni­gun­de auf der Unte­ren Brü­cke sowie die Reli­efs am Prunk­tor der Renais­sance-Aus­for­mung der Alten Hofhaltung.

Immer wie­der stellt Gud­run Bess­lein-Bau­er die Arbei­ten ihrer Eltern im ehe­ma­li­gen Künst­ler­haus an der Non­nen­brü­cke aus: So auch im letz­ten Jahr aus­ge­wähl­te Exem­pla­re der Male­rei zum 100. Geburts­tag ihrer Mut­ter Ina Bauer-Haderlein.

Ein Rund­gang durch das Ate­lier­mu­se­um, die frü­he­re Werk­statt des Bild­hau­ers Bau­er-Hader­lein, ver­mit­telt die Ein­drü­cke einer ver­gan­ge­nen Zeit. Neben all den Plas­ti­ken und Skulp­tu­ren befin­den sich in einem Modell­schrank noch die Skiz­zen­bü­cher, die bei­de Eltern auf ihren Rei­sen ange­fer­tigt haben und die Ent­wurfs­zeich­nun­gen zu gro­ßen Auf­trä­gen des Vaters. Auch Skulp­tu­ren des Groß­va­ters Anton Bau­er, der eben­falls Bild­hau­er war, befin­den sich noch ver­ein­zelt dar­un­ter. „Sie sind sti­lis­tisch in der Zeit des Art Deco ein­zu­ord­nen,“ meint Gud­run Besslein-Bauer.

E.T.A. Hoff­manns ers­te Wohnung

Anton Bau­er hat­te das Anwe­sen an der Non­nen­brü­cke in den 1930er Jah­ren gekauft. Das mehr­stö­cki­ge Haus mit klei­nem Gar­ten und Innen­hof wur­de bereits im 16. Jahr­hun­dert erst­mals erwähnt und hat­te schon meh­re­re inter­es­san­te Besit­zer. Einer davon war, nach einem Brand Ende des 17. Jahr­hun­derts, Fürst­bi­schof Schenk von Stauf­fen­berg, spä­ter, im 18. Jahr­hun­dert, die Maler­dy­nas­tie Scheu­bel, und im begin­nen­den 19. Jahr­hun­dert der Tuch­ma­cher und Schön­fär­ber Schnei­der. Die­ser zog aus, als 1808 E.T.A. Hoff­mann mit sei­ner Frau Mich­ali­na nach Bam­berg kam und als Musik­di­rek­tor am Thea­ter acht Mona­te dort wohn­te, bevor er in das Haus am Schil­ler­platz umzog. Auch meh­re­re Gene­ra­tio­nen von Buch­dru­ckern der Fami­li­en Gött­ling und Span­del haben ab der Grün­dung der „Bam­ber­ger Neu­es­ten Nach­rich­ten“ von 1866 bis 1922 dort gewohnt, bevor die ehe­ma­li­ge Dru­cke­rei 1934 einem Bild­hau­er­ate­lier wich.

Zu Glanz­zei­ten, spä­ter im Ate­lier ihres Vaters, hät­ten auch meh­re­re Bild­hau­er­lehr­lin­ge und ‑gesel­len gear­bei­tet, erzählt Gud­run Bess­lein-Bau­er. Da die Eltern erfolg­reich waren und immer wie­der Wett­be­wer­be gewan­nen, herrsch­te damals in der Werk­statt reger Betrieb. „Aber es gab auch Zei­ten, in denen sie es als frei­be­ruf­li­che Künst­ler nicht leicht hat­ten und so war es ihnen wich­tig, dass ich nach mei­nem Stu­di­um als Kunst­er­zie­he­rin zunächst in den Lehr­be­ruf gehe“, erzählt sie, „das füll­te mich anfangs der­art aus, dass ich erst spä­ter nach eini­ger Zeit wie­der selbst zusätz­lich frei­schaf­fend in mei­nem eige­nen Ate­lier in Erlan­gen arbei­ten und mich als Zeich­ne­rin und Plas­ti­ke­rin ent­fal­ten konn­te.“ Das Ate­lier und das Ate­lier­mu­se­um sei­en dem­nach nicht nur ein Aus­stel­lungs­or­te, son­dern auch künst­le­ri­sches Erbe.

Am 21. Mai, dem Inter­na­tio­na­len Muse­ums­tag, hat das Ate­lier samt der aktu­el­len Aus­stel­lung von Gud­run Bess­lein-Bau­er von 11 Uhr bis 17 Uhr geöff­net und ansons­ten bis Okto­ber nach tele­fo­ni­scher Vereinbarung.

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