Der italienische Kulturverein „mosaico italiano“ setzt sich für die Verbreitung der italienischen Kultur und Sprache in Bamberg ein. Anhand von Veranstaltungen oder Sprachkursen soll Italienfans das südeuropäische Land näher gebracht werden –
und zwar jenseits gängiger Klischees.
Eigentlich, so könnte man meinen, hat die italienische Kultur und ihre Bekanntheit Förderung oder Unterstützung, wie etwa durch einen Kulturverein, kaum nötig. Alle Welt kennt sie, alle Welt schätzt sie.
Doch, sagt Marco Depietri, Vorsitzender beziehungsweise Presidente von „mosaico italiano“ im Gespräch mit dem Stadtecho, trotz der Gegenwärtigkeit italienischer Kultur in so gut wie allen Ländern der Welt, gehe diese Verbreitung oft nicht über das Klischeehafte hinaus. Dem wollte er etwas entgegensetzen, als er „mosaico italiano“ vor 23 Jahren in Bamberg gründete.
Die Stadt war Depietri bereits aus seinen Zeiten als Austauschstudent bekannt und Ende der 1990er Jahre kehrte er für das Berufsleben an die Regnitz zurück. Heute lebt er mit seiner Familie in Bamberg, ist Mitglied der örtlichen SPD, Personalratsvorsitzender der Universität und Teil der Doppelspitze des Migrantinnen- und Migrantenbeirats.
„Eine meiner ersten Tätigkeiten, als ich nach Bamberg gezogen bin“, sagt Depietri, „war aber eine Lehrstelle für muttersprachlichen Ergänzungsunterricht in Bamberg, Hof, Bayreuth und Rehau für die italienischen Familien der Gegend.“ Eines der Kinder dieser Familien sei übrigens Marco Tonin gewesen, heute Inhaber einer Bamberger Eisdielenkette.
„Als ich dann nach drei Jahren an die Uni Bamberg wechselte, hatte ich für diese Unterrichts-Stelle aber keine Zeit mehr“, sagt Depietri weiter. „Weil ich aber mit den italienischen Familien bereits so viele Aktivitäten organisiert hatte, wäre es schade gewesen, das und diese Kontakte aufzugeben.“ So entstand die Idee, einen Kulturverein zu gründen. „2001 haben wir angefangen.“
Ein Club, in dem sich ausschließlich Italiener:innen treffen und unter sich bleiben, sollte „mosaico italiano“ aber ausdrücklich nicht sein. Vielmehr sind die knapp 130 Vereinsmitglieder sowohl italienischer als auch deutscher Herkunft, verbunden durch die Liebe zur italienischen Kultur. „Wir wollen Brücken bauen und die Freundschaft zwischen den Nationen auf kultureller Ebene stärken.“
Sprachkurse in kleinen Gruppen
Dies tut „mosaico italiano“, wie Marco Depietri zu seiner Anfangszeit in Bamberg, unter anderem durch sprachlichen Austausch. Zwar finden die Veranstaltungen von „mosaico italiano“ auf die eine oder andere Weise auch auf Deutsch statt. So gibt es etwa zu Lesungen oder Vorträgen stets parallele Übersetzungen, denn etwa die Hälfte der Mitglieder des Kulturvereins sind nicht italienisch. „Hauptsache, das Thema ist die italienische Kultur“, sagt der Vorsitzende.
Da die Verbreitung einer Kultur aber auch immer mit der Verbreitung ihrer Sprache zusammenhängt, das Verständnis einer Kultur und ihrer Produkte tiefer wird, wenn die sprachlichen Mittel umfassender werden, und es ja auch noch Italien-Tourismus gibt, bietet „mosaico italiano“ Italienisch-Sprachkurse an.
In kleinen Gruppen mit maximal 14 Personen laufen derzeit ein halbes Dutzend davon. Das Niveau der Kurse bietet für alle Lernwilligen etwas, während der ansonsten ehrenamtlich arbeitende Verein aus den Einnahmen leichter seine Kosten finanzieren kann. „Unsere Sprachkurse fügen sich gut in das Bamberger Angebot ein, da sie eine Nische im Anspruch zwischen den Kursen der VHS und der Universität füllen“, sagt Depietri.
Mehr als Pizza, Pasta und Cappuccino
Auch war es „mosaico italiano“ von Anfang an wichtig, von Italien-Klischees – „Sie wissen schon, Pizza, Pasta und Cappuccino“, sagt Marco Depietri – wegzukommen. Zwar bietet der Verein durchaus auch Kochkurse an, stellt aber auch italienische Literatur oder das Kino des Landes in den Vordergrund. „Dafür haben wir eine Kooperation mit dem Lichstpiel-Kino, nämlich die Reihe „Cinema Italia“, bei der wir italienische Filme zeigen.“ In dieser steht der nächste Termin im November an.
Und um in Bamberg italienische und vor allem zeitgenössische italienische Literatur bekannter zu machen, lädt der Verein auch immer wieder Autorinnen und Autoren in die Stadt ein – zuletzt etwa Giorgio Fontana. Der 1981 geborene Schriftsteller aus der Nähe von Mailand las auf Einladung von „mosaico italiano“ im Juni an der Universität aus seinem Sachbuch „Kafka. Eine Welt der Wahrheit“ – passend sowohl zum italienisch-deutschen Ansinnen des Kulturvereins als auch zum 100. Todesjahr Franz Kafkas. Für die nächste Lesung versucht Marco Depietri zurzeit, den Autor Nicolò Govoni zu gewinnen. An diesem ist ihm nicht nur als Vorsitzender des Kulturvereins gelegen, sondern auch als Vertreter des Migrantinnen- und Migrantenbeirats. Denn Govoni schreibt nicht nur, er ist auch in der Flüchtlingshilfe aktiv.
Auch auf örtliche architektonische Berührungspunkte zwischen Italien und Franken weist „mosaico italiano“ immer wieder hin. So gehören vor Ort die Villa Concordia, das Böttingerhaus, die Fresko-Kuppel in der Martinskirche oder das bereits erwähnte, vor Dekoration fast überladene Alte Rathaus zu den prominentesten baulichen Vertretern des italienischen Barocks, der sich Anfang des 17. Jahrhunderts in ganz Europa auszubreiten begann. Auch die Neue Residenz oder Schloss Seehof und Kloster Banz sind Produkte dieser Zeit und ihres geschmückten Baustils.
Und nicht zuletzt das Gemälde Jacopo Tintorettos in der Oberen Pfarre und Klein Venedig (samt Gondeln) stellen einen zusätzlichen italienischen Einschlag dar. „Im September werden wir, um auch architektonische Beziehungen mit Italien zu betonen, einen Stadtrundgang mit Dr. Margit Fuchs, einer Kunsthistorikerin aus Bamberg, machen“, sagt Marco Depietri. Dabei wird es sicherlich auch um Bambergs Topografie gehen. Denn wie die italienische Hauptstadt Rom wurde auch die Hauptstadt des Landkreises Bamberg auf und zwischen sieben Hügeln erbaut – eine Lage, die ihr zusammen mit ihrer vormaligen religiösen Wichtigkeit sogar den Spitznamen „Fränkisches Rom“ einbrachte.
Fränkisch-italienische Genusskultur
Es bestehen in Bamberg also jede Menge Grundlagen, auf denen ein Kulturverein eine Verbindung stärken kann und die über Pizza, Pasta und Cappuccino hinausgehen. Wobei die Stadt Bamberg, bei Bedarf, durchaus auch diesen Klischees oder, anders ausgedrückt, immateriellen, gastronomischen Gesichtspunkten der italienischen Kultur gerecht werden kann. Restaurants, die italienische Küche anbieten, gibt es zuhauf und in manchen Straßen reiht sich ein Café an das andere.
Ob er die hiesige italienische Küche als authentisch oder eher lokal und touristisch zugeschnitten bezeichnen würde, möchte Marco Depietri zwar nicht verraten – „ich muss nicht auswärts essen gehen, weil ich zu Hause gutes italienisches Essen bekomme“, sagt er. Aber Bambergs vielteilige Straßen-Kaffeekultur sei doch verhältnismäßig italienisch oder zumindest südländisch geprägt. „Ich glaube, die Franken haben auch eine gewisse Genusskultur. Eine Genusskultur, die man sehr gut mit der italienischen verbinden kann.“
Eine Sache, bei der in der fränkischen Region jedoch Entwicklungspotenzial im Sinne eines italienischen Genussverständnisses bestehen könnte, spricht Depietri dann aber doch an. „Genuss bedeutet auch, Momente zu schaffen, in denen man zum Beispiel das Essen nicht nur als Bedürfnis, sondern auch als Moment der Begegnung sieht. Das ist eine Haltung, die man in Bamberg ein bisschen mehr beherzigen könnte.“