Atari, Nintendo, PlayStation, X Box, PC – seit Jahrzehnten dienen Konsolenspiele der Freizeitbeschäftigung. In Corona-Zeiten sicherlich mehr als zuvor. Für viele Gamer sind Konsolen- und Computerspiel aber mehr als ein Hobby. So steht bei E‑Sports der sportliche Wettkampf im Vordergrund. Der Deutsche Olympische Sportbund sträubt sich zwar noch gegen die Anerkennung des E‑Sports als Sportart, international wird der elektronische Sport aber bereits als olympische Disziplin diskutiert. Auch beim FC
Eintracht Bamberg hat der E‑Sport einen hohen Stellenwert. Seit Mitte April unterhält der Verein die Abteilung „FC Eintracht Bamberg 2010 – eSports”. Abi Baskaran, der Geschäftsstellenleiter und Leiter der elektronischen Abteilung des Vereins, stand uns für ein Interview zur Verfügung.
Kommen Sie selbst aus dem Fußball?
Abi Baskaran: Ja, ich habe zehn Jahre aktiv in einem Verein gespielt, ehe ich verletzungsbedingt aufhören musste. Im selben Jahr entschied ich mich dazu, Jugendtrainer zu werden und machte die entsprechende Lizenz dafür.
Sind Sie selbst im Bereich E‑Sports aktiv?
Abi Baskaran: Hin und wieder habe ich tatsächlich verschiedene Online- und Offline-Games gezockt. „FIFA“ war eines dieser Spiele. Aber aktiv gespielt habe ich nicht, nur gelegentlich.
Was macht den Reiz von Fußball als E‑Sport aus?
Abi Baskaran: Der Reiz dieses Spiels besteht ganz klar in der Tatsache, dass es das echte Fußballspiel sehr gut nachahmt. Mittlerweile ist „FIFA“ so gut entwickelt worden, gerade in Bezug auf die Grafik, dass man als Unwissender denkt, im Fernsehen läuft gerade ein echtes Spiel. Es ist, glaube ich, das Gesamtpaket, welches den FIFA-Spieler dazu verleitet, am Ball – in dem Fall am Controller – zu bleiben.
Es gibt im Bereich E‑Fußball unterschiedliche Spielmöglichkeiten, Ihr Verein tritt in Ligen an, in denen tatsächlich jeweils elf Spieler pro Team an den Konsolen sitzen, also jeder Spieler an der Konsole einen Spieler auf dem Feld steuert. Worin liegen die Unterschiede der einzelnen Spielvarianten?
Abi Baskaran: Es gibt den bekannten Eins-gegen-Eins- und den Zwei-gegen-Zwei-Modus. Der 11-gegen-11-Modus hingegen ähnelt schon eher dem realen Fußball. Hier sind ausschlaggebende Faktoren zum Beispiel, dass alle an einem Strang ziehen, jeder eine tragende Rolle spielt, aber man auch gemeinsam einen Sieg feiern kann und jeder für jeden Kämpft. Kurz gesagt, es ist ein Teamsport.
Sie sind seit Mitte April mit dem Team „FC Eintracht Bamberg 2010 – eSports“ am Start, das in den E‑Sports-Ligen NGL (4. Pro Club Liga A), Pro League (Liga 4A) und ITFA (1. Bundesliga) teilnimmt. Was können Sie über die Ligen sagen, in denen Ihr Verein antritt?
Abi Baskaran: Alle Ligen sind eigenständige E‑Sports-Ligen und im 11-gegen-11-Modus bekannt und favorisiert unter den Teams.
Wie viele Teams spielen jeweils in den Ligen?
Abi Baskaran: In der 1. ITFA Bundesliga sind es 13 Teams, 16 sind es in der Pro League und 18 Mannschaften sind es in der NGL.
Wie lange dauert ein Spiel?
Abi Baskaran: Ein Spiel dauert in der Regel circa 15 Minuten.
Wie ist es normalerweise, sitzen alle elf Spieler plus Ersatzspieler zusammen, wenn sie spielen und wie funktioniert die Kommunikation unter den Spielern?
Abi Baskaran: Nein, Auswechselspieler gibt es keine während des Spiels. Wir haben aktuell einen 17er-Kader. Davon werden im Vorhinein elf Spieler für den Spieltag ausgewählt, welche letztendlich die Partien bestreiten. Die Nicht-Nominierten fiebern den ganzen Abend vor dem Stream mit. Die Spieler sind selbstverständlich auch die ganze Zeit in Kontakt über den In-Game-Party-Chat von PS4.
Ist der Schiedsrichter echt?
Abi Baskaran: Der Schiedsrichter ist nicht echt beziehungsweise wird vom Computer gesteuert und trifft somit in allen Situationen die richtige Entscheidung. Das vermeidet unnötige Diskussionen und gewährleistet das Fairplay.
Wie läuft die Vorbereitung ab?
Abi Baskaran: Die Vorbereitung sieht bei uns so aus, dass verschiedene Taktiken, Formationen, Spielsysteme und neue Spieler getestet werden.
Wann beginnt und wann endet die Saison? Wie läuft sie ab, wöchentlich ein Spiel oder mehrere Spiele in kurzer Zeit?
Abi Baskaran: Da die E‑Spiele im Vergleich zu realen Spielen unter anderem schnelllebiger sind und die virtuellen Spieler keine Ruhezeiten benötigen, gibt es zwei Saisons. Die erste Saison beginnt Mitte April und endet spätestens Anfang August. Jedes Jahr im Oktober kommt ein neuer Teil der „FIFA“-Reihe raus. Mit diesem wird dann in der zweiten Saison Mitte November angefangen und schließlich im März beendet. Unsere E‑Sports-Abteilung hat jede Woche zwei Spieltage, pro Spieltag drei bis fünf Begegnungen. Diese sind mittwochs und sonntags, ab 20:30 Uhr, live auf twitch.tv zu sehen. Die direkten Links findet man auch auf unseren Socia-Media-Kanälen.
Auf welchen Konsolen wird gespielt?
Abi Baskaran: Möglich ist das Spielen auf den Konsolen Xbox One und Playstation 4. Unsere Spieler spielen auf der Playstation.
Unterstützen die Sponsoren die Abteilung oder wird Equipment vom Verein gestellt beziehungsweise von den Spielern selbst?
Abi Baskaran: Da das Ganze noch frisch ist, haben wir noch keinen Sponsor gefunden, hoffen jedoch nach der Corona-Krise, einen engagierten Unterstützer zu finden. Aktuell ist es so vereinbart, dass jeder Spieler vom Verein ein individuelles Trikot gestellt bekommt und auch für die Zukunft sind noch weitere interessante Ideen in Planung. Wir gehören wohl zu den wenigen Vereinen in diesen Ligen, welcher einen Kommentator bei den Live-Spielen hat. Marc, unser Kommentator bekommt dafür natürlich eine Entschädigung, welche wir uns mit den Spielern teilen.
Wie sind Sie mit dem Auftakt zufrieden?
Abi Baskaran: Den Auftakt haben die Vereinsfunktionäre, der Vorstand und ich live mitverfolgt. Man sah sehr viele gute Spielzüge und sowohl individuelle Klasse als auch Fehler. Wir geben der Mannschaft noch etwas Zeit sich zu finden und hoffen, dass alle weiterhin zusammenhalten und in jedem Spiel ihr Bestes geben.
Was Sind die Ambitionen des FC Eintracht Bamberg 2010 – eSports?
Abi Baskaran: Erst mal Fuß zu fassen und uns in diesem Game zu etablieren. Wir möchten noch keine großen Ansprüche an unsere Spieler stellen, freuen uns aber über jeden Sieg und Aufstieg. Mindestens den Klassenerhalt wünschen wir uns jedoch von unseren E‑Sportlern.
Gibt es wie im klassischen Fußball auch für die E‑Sportler einen Transfermarkt samt Ablösesummen?
Abi Baskaran: Einen Transfermarkt oder Ablösesummen gibt es nicht. Es soll wohl einige wenige Vereine geben, die das tun, aber wir gehören vorerst nicht dazu.