Hiroshi Higuchi aus Kyoto bietet seit sechs Jahren im Dojo in der Nürnberger Straße als Übungsleiter der Aikido-Gemeinschaft Bamberg Kurse in der
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Aikido
Körperliche und geistige Reife
Hiroshi Higuchi aus Kyoto bietet seit sechs Jahren im Dojo – japanisch für Übungshalle – in der Nürnberger Straße als Übungsleiter der Aikido-Gemeinschaft Bamberg Kurse in der Kampfkunst des Aikido an. Auf dem gepolsterten Fußboden der weitläufigen Räumlichkeiten lernen seine Schülerinnen und Schüler durch verschiedene Wurf- und Grifftechniken, angreifende Gegner abzuwehren und entwickeln ein tiefgehendes Gefühl für den eigenen Körper, für Energie und Harmonie.
Das Erreichen von innerer Ruhe gilt als erstrebenswert
Während in den ebenfalls aus dem japanischen oder chinesischen Raum stammenden Kampfsportarten wie Judo oder Karate meist der Wettkampfcharakter im Vordergrund steht, bezieht Aikido auch spirituelle Gesichtspunkte mit ein. Das Erreichen von innerer Ruhe und Ausgeglichenheit gilt als erstrebenswert. Und im Kampf geht es nicht darum, den Gegner vernichtend zu schlagen oder zu demütigen, sondern ihn auf eine Art und Weise zu besiegen, dass er sich beruhigen und sein Gesicht bewahren kann. Ein Leitspruch des Aikido lautet: Das Geheimnis von Aikido liegt nicht darin, wie man seine Füße bewegt, sondern wie man seinen Geist bewegt.
Passend zu ruhigen Zeit haben wir heute für Sie ein Interview mit Hiroschi Higuchi über Aikido.
Herr Higuchi, in Europa wird Aikido in erster Linie unter sportlichen Gesichtspunkten betrieben. Wird diese Herangehensweise dem Sport gerecht?
Hiroshi Higuchi: Aikido ist mehr als ein Sport. Es ist holistisch. Alles muss da sein: Harmonie, Energie und Spiritualität. Vom Namen her bedeutet „ai“ „harmonisieren“, „ki“ ist Energie und „do“ ist der Weg. Das kann ein körperlicher, aber eben auch ein spiritueller Weg sein. Ein Dojo ist ursprünglich auch eigentlich keine Sporthalle, sondern eine Übungsstätte für buddhistische Mönche. In Japan wird es heute zwar auch als Sport betrieben, aber die Ursprünge liegen im Spirituellen.
Wann und warum haben Sie mit dem Aikido angefangen?
Hiroshi Higuchi: Ich habe relativ spät angefangen. Erst mit 35. Ich litt damals unter gesundheitlichen Problemen und hatte einen Bekannten, der Aikido machte. Obwohl ich Japaner bin, hatte ich von dieser japanischen Kampfkunst noch nie gehört. Mein Bekannter nahm mich mit zum Training, weil er der Meinung war, es würde gegen meine Probleme helfen. Und er hatte recht. Ich bin dabeigeblieben und 25 Jahre bei einem Aikidomeister in die Lehre gegangen. Damals noch in der Nähe von Düsseldorf. Allerdings bin ich selbst kein Meister. Dieser Vereinsbetrieb passt mir nicht. Darum gibt es in meinem Dojo auch keine Hierarchien oder Prüfungen. Man merkt, wenn jemand es kann. Und meine Trainingsidee ist, unabhängig von Gürtelfarben, Technik zu lehren. Der Spaß steht im Vordergrund.
Worauf kommt es an, wenn man im Aikido Fortschritte machen möchte? Bedarf es bestimmter Voraussetzungen?
Hiroshi Higuchi: Aikido besteht fast nur aus Übungen. Kaum aus Wettkampf, darum ist die Übungsgestaltung sehr wichtig. Am besten im Einzeltraining: ein Lehrer, ein Schüler. Denn Feinheiten kann man nur persönlich vermitteln. Im Training gilt es zunächst einmal, den eigenen Körper kennenzulernen. Wie beim Yoga. Nur ist man beim Yoga allein. Beim Aikido stehen sich immer zwei gegenüber. Also muss man nicht nur für die eigenen Bewegungsabläufe ein Gefühl bekommen, sondern auch für die des Trainingspartners. Als Voraussetzung schadet ein wenig Talent für Bewegung natürlich nicht. Was aber wichtiger ist, ist ein Gefühl für den eigenen Körper zu entwickeln. Das kann man bei uns im Training lernen.
Wann lassen sich Fortschritte erkennen?
Hiroshi Higuchi: Wenn man körperliche und geistige Reife erreicht hat. Man darf keinen komischen Stolz haben, sondern man muss bescheiden bleiben. Das kann ein großer Stolperstein sein, denn manche wollen zu schnell zu viel. Hier fehlt manchmal ein bisschen Respekt sich selbst und dem anderen gegenüber. Beide Seiten müssen üben. Die körperliche Reife besteht darin, den ganzen Körper in der Bewegung einzusetzen. Einzelne Teile sind schwach, aber strukturiert und aufeinander abgestimmt sind sie stark. Einen solchen Körper muss man bilden.
Aikido geht auch mit Respekt vor dem Gegner einher. Was hat es damit auf sich?
Hiroshi Higuchi: Die Techniken des Aikido zielen darauf ab, die Energie des Partners zu ihm zurückzuleiten. Ich begleite seine Energie, indem ich sie aufnehme. Ich gehe mit seiner Energie und seiner Bewegung mit. So überwältigt man den anderen, entmachtet ihn, aber ohne ihn zu verletzen. Und idealerweise stehen hinterher beide wieder auf und sind Freunde. Wenn man jemanden schlägt, hat man das nach zwei Jahren vielleicht vergessen. Der andere aber nicht. Die Aggression lebt im Angegriffenen als Erinnerung weiter. Aikido möchte diese Situation aufheben, indem die aggressive Energie neutralisiert wird.
Auf Ihrer Homepage schreiben Sie „Aikido ist gut für den Geist und hilft, eine flexible Haltung im Alltag zu bekommen.“
Hiroshi Higuchi: Das ist wieder die spirituelle Seite. Sport betreibt man in einer Halle oder auf dem Sportplatz, aber die Zeiten davor und danach sind davon getrennt. Was ich in der Kampfkunst realisieren möchte, soll im täglichen Leben weitergehen. Alles, was im Leben geschieht, ist in der Kampfkunst und ihrer inneren Balance integriert und umgekehrt.
Aikido Kobukan
Aikido-Gemeinschaft Bamberg e.V.
Nürnberger Straße 109 Hinterhaus
96052 Bamberg