Welche Schule ist die richtige für mein Kind? Diese Frage beschäftigt viele Eltern, besonders nach der 4. Klasse. Für Familien mit Migrationsgeschichte
... weiter
Familien mit Migrationsgeschichte können sich über Bildungswege informieren
Mehrsprachige Info-Veranstaltung erleichtert die Schulwahl
Welche Schule ist die richtige für mein Kind? Diese Frage beschäftigt viele Eltern, besonders nach der 4. Klasse. Für Familien mit Migrationsgeschichte kann das deutsche Bildungssystem eine Herausforderung sein. Um ihnen die Schulwahl zu erleichtern, organisiert der Migrantinnen- und Migrantenbeirat der Stadt Bamberg in Kooperation mit der Bildungsregion Bamberg und der Schulberatung eine mehrsprachige Info-Veranstaltung.
Das Erfolgsprojekt wurde 2021 ins Leben gerufen und wächst seither stetig. Was als digitales Angebot in zwei Sprachen begann, findet heute in Präsenz statt – mit Informationen in acht Sprachen. Im vergangenen Jahr nutzten rund 60 Familien die Gelegenheit, sich gezielt über Bildungswege zu informieren.
Dank der engen Zusammenarbeit mit Carmen Scholz, Koordinatorin der Beratungslehrkräfte an Grund- und Mittelschulen im Schulamtsbezirk Bamberg und Forchheim, sowie dem Einsatz qualifizierter Sprach- und Kulturvermittlerinnen und ‑vermittler werden komplexe Inhalte verständlich aufbereitet. „Jetzt habe ich mehr Klarheit über die Schulwege meines Kindes und kann es sicher auf seinem Weg begleiten“, sagt eine Mutter nach der Veranstaltung.
„Die steigende Teilnehmerzahl zeigt, wie wichtig mehrsprachige Angebote sind. Gemeinsam leisten wir einen wertvollen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit“, betont Nuray Fidangül Bünül, Vorstandsmitglied des Migrantinnen- und Migrantenbeirats.
Ein besonderer Dank gelte der Hugo-von-Trimberg-Schule und ihrem Schulleiter Christian Scharting für die Bereitstellung der Räumlichkeiten, dem Schulamt, dem Bildungsbüro sowie allen Mitwirkenden, die dieses Projekt Jahr für Jahr möglich machen. Die nächste Veranstaltung ist bereits in Planung – denn jedes Kind verdient die besten Bildungschancen.
Internationale Forschung unter Bamberger Leitung
Schulzeit bestimmt Lebenswege – unabhängig vom Bildungssystem
Ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Steffen Schindler von der Universität Bamberg hat Bildungswege in sieben verschiedenen Ländern untersucht. Ziel der Untersuchung war es, herauszufinden, ob sich unterschiedliche Bildungssysteme darin unterscheiden, inwieweit sie den späteren beruflichen Erfolg vorherbestimmen.
Durch die Wahl der weiterführenden Schule werden in Deutschland bereits frühzeitig Lebensverläufe vorherbestimmt. Schülerinnen und Schüler an Hauptschulen finden sich im späteren Leben häufiger in Berufen mit niedrigerem Einkommen wieder als Schülerinnen und Schüler auf dem Gymnasium. Der Umstand, dass durch das deutsche Schulsystem solche sogenannten Pfadabhängigkeiten besonders früh angelegt werden, wird in der öffentlichen Auseinandersetzung häufig kritisiert. Zum Vergleich werden dann oft Bildungssysteme angeführt, die längere Zeiten gemeinsamen Lernens in der Sekundarstufe vorsehen.
Ob sich unterschiedliche Bildungssysteme tatsächlich darin unterscheiden, inwieweit sie den späteren beruflichen Erfolg vorherbestimmen, hat nun ein internationales Forschungsteam untersucht. Es hat die Bildungssysteme aus sieben Ländern miteinander verglichen. Die Ergebnisse wurden im Juli 2021 in einem Sonderband der Zeitschrift „Longitudinal and Life Course Studies“ veröffentlicht. Die Erkenntnis: „In allen Bildungssystemen findet eine Sortierung der Schülerinnen und Schüler statt, durch die der spätere Arbeitsmarkterfolg vorherbestimmt wird“, fasst Dr. Steffen Schindler zusammen, Professor für Soziologie mit dem Schwerpunkt Bildung und Arbeit im Lebensverlauf an der Universität Bamberg. Er leitet das Forschungsprojekt „LIFETRACK“ („Life-Course Dynamics of Educational Tracking“).
Aufteilung der Schülerinnen und Schüler in allen Bildungssystemen
Soziologinnen und Soziologen aus Dänemark, Deutschland, England, Finnland, Frankreich, Israel und Italien haben für das Projekt ihre Bildungssysteme untersucht und verglichen. Ihr Augenmerk richteten sie dabei auf die Sekundarstufe. Dort befinden sich typischerweise Schülerinnen und Schüler zwischen 10 und 18 Jahren. Die Sekundarstufe ist je nach Land unterschiedlich gestaltet. In Deutschland werden Schülerinnen und Schüler in der Regel bereits im Alter von 10 Jahren auf unterschiedliche Schulformen aufgeteilt.
In anderen Ländern besuchen Heranwachsende bis zum Alter von 14 oder 16 Jahren eine Gesamtschule. Dennoch finden sich auch in solchen Schulsystemen Aufteilungen der Schülerinnen und Schüler, die jedoch nicht immer offensichtlich sind. „Alle Forschungsteams haben in ihrem Land eine Form der Aufteilung von Schülerinnen und Schülern in der Sekundarstufe festgestellt – unabhängig vom Bildungssystem“, sagt Steffen Schindler. Sichtbar wird diese Differenzierung etwa, wenn Kinder je nach Leistung in unterschiedliche Lerngruppen aufgeteilt werden. In England findet die Aufteilung unauffälliger statt, zum Beispiel durch die Wahl bestimmter Fächer oder die Teilnahme an bestimmten Prüfungen.

Akademische Bildung bringt in jedem Bildungssystem Vorteile
Die sieben Länderstudien stimmen in einer Erkenntnis überein: Akademische Bildungswege führen tendenziell zu günstigeren Ergebnissen auf dem Arbeitsmarkt als berufliche Bildungswege. „Und die Frage, ob jemand später ein Studium aufnimmt oder nicht, wird in fast allen Ländern sehr häufig bereits durch die Sortierung in der Sekundarstufe entschieden“, sagt Steffen Schindler. Es zeigt sich in der Untersuchung auch, dass die Aufteilung der Schülerinnen und Schüler in allen Ländern zur Entstehung sozialer Ungleichheit beiträgt. Das liegt zum Beispiel daran, dass Kinder aus benachteiligter sozialer Herkunft häufiger in den nicht-akademischen Bildungsgängen vorzufinden sind als Kinder aus privilegierter sozialer Herkunft.
Für das Projekt haben die Forschenden längsschnittliche Daten ihres jeweiligen Landes analysiert. Das deutsche Team nutzte Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) in Zusammenarbeit mit dem Bamberger Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi). Neben Steffen Schindler gehören zum deutschen Forschungsteam Prof. Dr. Corinna Kleinert und Claudia Traini. LIFETRACK ist ein Teil des europäischen Forschungsprogramms „Dynamics of Inequality Across the Life Course“ (DIAL). NORFACE fördert das Projekt insgesamt mit rund 1,4 Millionen Euro. NORFACE ist ein Zusammenschluss mehrerer nationaler Forschungsförderorganisationen in Europa, wie zum Beispiel der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).