vbw zum Sozialpartnerdialog zur Arbeitszeit
Keine Lücke im Arbeitsschutz
Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. begrüßt den nun fortgesetzten Sozialpartnerdialog zur Arbeitszeit.
„Es ist richtig und wichtig, dass das deutsche Arbeitszeitgesetz mit dem europäischen Rechtsrahmen in Einklang gebracht werden soll. Dabei gilt es ausdrücklich hervorzuheben, dass der EU-Rechtsrahmen keine Schutzlücken für Arbeitnehmer lässt“, erklärt vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. „Er hat das erklärte Ziel Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu gewähren. Diesem Ziel wird die Richtlinie vollumfänglich gerecht.“ Zusätzlich werde das bestehende deutsche Arbeitsschutzgesetz weiterhin die Gefährdungsbeurteilung unter Einbeziehung der Arbeitszeitgestaltung sicherstellen. Aus arbeitsschutzrechtlicher Sicht ändere sich durch die Umstellung auf eine durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit nichts.
Für die vbw ist eine gesetzliche Öffnung der Arbeitszeit, anstatt rein tariflicher Möglichkeiten, notwendig. Dazu Brossardt: „Diskutiert wird, ob nicht Öffnungsklauseln für die Tarif- und Betriebsparteien ausreichen. Das tun sie nicht. Sie tragen den Bedürfnissen der Unternehmen nicht im gleichen Umfang Rechnung wie eine gesetzliche Regelung. In vielen Branchen sind tarifvertragliche Lösungen nicht zu erreichen. Außerdem verfügen nur sehr wenige der Kleinbetriebe mit hohem Flexibilisierungsbedarf über Betriebsräte, mit denen die notwendigen abweichenden Regelungen vereinbart werden könnten.“
Die Vorteile einer Umstellung der deutschen Arbeitszeitregelung auf den EU-Rahmen, der eine maximale wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden vorsieht, hat aus Sicht der vbw klare Vorteile. „Ein Arbeitnehmer in Deutschland arbeitet im Schnitt 1.343 Stunden, das sind zum Beispiel 391 Stunden weniger als in Italien und 460 Stunden weniger als in Polen. Zwar lagen wir bei Vollzeitbeschäftigten mit 40,2 Wochenstunden nur knapp unter dem EU-Durchschnitt von 40,3. Wir haben aber die dritthöchste Teilzeitquote in Europa – und mit rund 18,4 Stunden eine sehr kurze Arbeitszeit derer, die in Teilzeit arbeiten. Hinzu kommen der relativ hohe Krankenstand und die vergleichsweise hohe Anzahl an Feiertagen“, so Brossardt.
Die vbw betont, dass mit der Umstellung auf eine wöchentlichen Höchstarbeitszeit mehr Flexibilität entsteht. „Wo die betrieblichen Notwendigkeiten dafür Raum lassen, kann eine flexible Verteilung der Arbeitszeit im Einvernehmen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärken und somit einen wichtigen Hebel für die Steigerung des Erwerbumfangs darstellen – das gilt insbesondere für die Beschäftigungsmöglichkeiten von Frauen. Von daher begrüßen wir, wenn das deutsche Arbeitszeitgesetz sich künftig am europäischen Rahmen orientiert“, sagt Brossardt abschließend.
Das könnte Sie auch interessieren...
vbw zum Mercosur-Abkommen
Europäische Unternehmen könnten jährlich vier Milliarden Euro einsparen
Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. begrüßt die erfolgte Verabschiedung des Textes des EU-Mercosur-Freihandelsabkommens durch die EU-Kommission.
„Das Abkommen ist seit Monaten fertig. Angesichts der Belastungen im Welthandel unter anderem durch Trumps erratische Politik müssen Rat und EU-Parlament jetzt zustimmen. Das Abkommen ist nicht nur ein klares Signal an die US-Administration. Mit dem Mercosur-Abkommen würde eine riesige Freihandelszone mit 780 Millionen Einwohnern entstehen“, erläutert vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Mit dem Wegfall von Zöllen für 91 Prozent aller Waren könnten europäische Unternehmen pro Jahr etwa vier Milliarden Euro einsparen. Das Abkommen biete der EU große Chancen zur Markterschließung, verbessere die Rohstoffsicherheit und sichere der EU weltweiten Einfluss für höhere Standards im Bereich der Nachhaltigkeit und Beschäftigung. „Zudem ist die EU der erste Partner, mit dem das südamerikanische Staatenbündnis ein Handelsabkommen schließt – damit erzielen wir gegenüber China einen deutlichen Wettbewerbsvorsprung.“
Ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten birge umfassende wirtschaftliche Potenziale. „2024 ging nur ein knappes Prozent der bayerischen Exporte in die Mercosur-Staaten. Aber unsere stark unter der derzeitigen wirtschaftlichen Schwäche leidenden Unternehmen könnten vom Abbau der bestehenden Zölle und von einem erleichterten Marktzugang deutlich profitieren. Das gilt insbesondere für die Automobilindustrie, den Maschinen- und Anlagenbau sowie die Chemie- und Pharmaindustrie“, sagt Brossardt und ergänzt „Die Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay stellen die fünfgrößte Wirtschaftsregion der Welt dar. Die Märkte sind dank einer jungen und mindestens bis Mitte des Jahrhunderts wachsenden Bevölkerung und demokratischer Strukturen mit engen Verbindungen zu Europa sehr attraktiv.“
Laut vbw müsse Europa mit Blick auf die Aggression Russlands, die industrielle Expansion Chinas und die transatlantische Komplikation Einigkeit und Stärke demonstrieren. „Wir sind überzeugt, dass jedes Freihandelsabkommen unseren europäischen Wirtschaftsraum stärker macht und davon alle Branchen profitieren können. Bisher wurde das Mercosur-Abkommen öffentlich nicht besonders gut verkauft. Mit dem eingeleiteten Ratifizierungsprozess ist ein weiterer wichtiger Schritt vollzogen. Es gilt den Vertrag über 25 Jahre nach Beginn der Verhandlungen wie geplant bis Ende des Jahres abzuschließen“, resümiert Brossardt.
Das könnte Sie auch interessieren...
IHK-Vertreter im Gespräch mit Monika Hohlmeier
“Update Europa”
In Brüssel werden immer mehr EU-weite Entscheidungen getroffen, die auch auf die oberfränkischen Unternehmen unmittelbare Auswirkungen haben. Die IHK für Oberfranken Bayreuth hat das zum Anlass genommen, um unter dem Motto “Update Europa” aktuelle Europathemen an die Politik zu adressieren. Ansprechpartnerin der virtuellen Sitzung war die oberfränkische Europaabgeordnete Monika Hohlmeier.
„Durch die Corona-Pandemie und die in diesem Zusammenhang diskutierten Themen, wie etwa die Beschaffung der Impfstoffe oder die faktischen Grenzschließungen des Binnenmarktes, sind andere Themen in den Hintergrund gerückt , obwohl sie von großer Bedeutung für unsere Unternehmen sind”, betonte IHK-Präsidentin Sonja Weigand in ihrer Begrüßung. Die Europaabgeordnete versprach, bei allen Entscheidungen auf europäischer Ebene die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im Auge zu behalten. Drei Themenbereiche hatte die IHK vorbereitet, die durch Experten aus dem IHK-Ehrenamt quasi als “Paten” eingeführt wurden.
IHK-Vizepräsident Dr. Heinrich Strunz ging zunächst auf die anstehende neue EU-Förderperiode 2022–2028 ein, in der Deutschland deutlich weniger EU-Fördermittel erhalten soll als bisher. In der Folge droht nach seinen Worten ein Fördergefälle von 40 Prozent zwischen Oberfranken und Höchstfördergebieten in der Tschechischen Republik. Das werde insbesondere in den Grenzregionen zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen führen und im schlechtesten Fall zu einem Rückgang von Investitionen oder gar zu Betriebsverlagerungen. „Wir fordern die deutsche Politik in Land, Bund und EU auf, drohende Nachteile für die oberfränkische Wirtschaft durch Wettbewerbsverzerrungen über Nachverhandlungen zu verhindern. Zudem muss der Freistaat Bayern einen größeren eigenen finanziellen Handlungsspielraum bekommen, um einzelbetriebliche Investitionen in Oberfranken auch künftig fördern zu können”, so Dr. Strunz.
„Es ist völlig inakzeptabel, dass ein Höchstfördergebiet der EU an eine Region grenzt, die ohne Förderung auskommen muss”, kritisierte Monika Hohlmeier den von der EU-Kommission vorgelegten Entwurf für die Neuordnung der EU-Förderung. Die Abgeordnete will sich gegenüber der Kommission dafür einsetzen, die Deutschland zustehenden Förderanteile zu erhöhen.
So gewinne der Bund zusätzlichen Spielraum, um zusätzliche Fördergebiete in den Grenzregionen ausweisen zu können. Ziel müsse es sein, das Fördergefälle zur Tschechischen Republik auf maximal 15 Prozent zu begrenzen.
Brexit führt zu Beeinträchtigungen
Einen Impuls zum Brexit und seinen Auswirkungen auf die oberfränkische Wirtschaft gab Stefan Trassl, Geschäftsführer der Sigmund Lindner GmbH in Warmensteinach. Er berichtete von erheblichen Beeinträchtigungen der Handelsbeziehungen seines Unternehmens mit dem Vereinigten Königreich. „Die Probleme betreffen nicht nur unser Unternehmen, denn rund 190 Unternehmen in Oberfranken haben wirtschaftliche Beziehungen nach Großbritannien”, betonte Trassl. Die bayerischen Exporte nach Großbritannien sind 2020 um 18 Prozent eingebrochen, wodurch das Vereinigte Königreich von Platz 5 der bayerischen Handelspartner auf Platz 8 zurückgefallen sei. Konkret leide man derzeit unter erheblich verlängerten Lieferzeiten, deutlich höheren Frachtkosten und erheblichen Problemen mit unerfahrenen britischen Zollbehörden. Insgesamt beeinträchtige die Situation die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erheblich.
„Alles ist jetzt teurer und umständlicher”, so das Resümee Hohlmeiers zum Brexit. Die britische Regierung unter Premier Boris Johnson habe sich nicht auf den EU-Austritt vorbereitet und so treffe man nun völlig unvorbereitete britische Beamte vor allem bei der Zollabwicklung. Das mache Just-in-time-Lieferungen nahezu unmöglich und führe zu langen Transport- und Standzeiten. Den oberfränkischen Unternehmern machte die Abgeordnete allerdings wegen der unberechenbaren Haltung der britischen Regierung wenig Hoffnung auf schnelle Besserung und faire Wettbewerbsbedingungen. Schon jetzt verstoße das Vereinigte Königreich gegen zentrale Punkte des ratifizierten Übergangsvertrages und nutze die Sonderrolle Nordirlands zum eigenen Vorteil. „Wir müssen hart verhandeln, denn die Briten vertreten die Position ‘Wir profitieren, aber die EU zahlt’ “, so Hohlmeier.
“Green Deal” darf kein “Green Kill” werden
Als dritten Themenkomplex führte Bernd Hörauf, Geschäftsführer der Gerresheimer Tettau GmbH aus Tettau in die Folgen des “Green Deal” für oberfränkische Unternehmen ein. Mit dem Green Deal verfolge die Europäische Union das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu sein und das Wirtschaftswachstum in der EU von der Ressourcennutzung abzukoppeln. Das führe zu enormen Herausforderungen für die Wirtschaft, insbesondere für die industrielle Produktion. „Wir müssen aufpassen, dass aus dem ‘Green Deal’ kein ‘Green Kill’ wird”, mahnte Hörauf. Schließlich müsse man auf der einen Seite die erneuerbare Stromerzeugung, die Stromnetze und die Forschung in innovativen Zukunftstechnologien, wie der Wasserstofftechnik, massiv ausbauen, zugleich aber auf der anderen Seite den betroffenen Unternehmen im Übergang beistehen. „Eine neue Glaswanne mit Umfeld kann bis zu 30 Millionen Euro kosten und hat eine Laufzeit von 15 Jahren. Betreibt man diese Anlage mit regenerativ erzeugtem Strom und grünem Wasserstoff, bringt das erhebliche Mehrkosten mit sich”, so Hörauf. Die Politik müsse deshalb einen Mehrkostenausgleich bei Schlüsseltechnologien einführen, um das Abwandern der Produktion und damit die Verlagerung der CO2-Belastung zu verhindern.
Die Umsetzung des “Green Deal” nannte auch Monika Hohlmeier eine Herkulesaufgabe. Die EU-Kommission habe 50 Maßnahmen definiert, um die Klimaziele zu erreichen. Der Umstieg dürfe vor allem im Bereich der Wirtschaft nicht nur ideologisch motiviert sein, sondern müsse verträglich erfolgen. „Wir müssen die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften im Auge behalten, sonst kommt es zu Verlagerungen, die unserer Wirtschaft schaden, und dabei dem Weltklima auch nicht helfen”, so die Abgeordnete, die sich vor allem für Investitionsprogramme zur Förderung neuer Zukunftstechnologien aussprach. Bisher allerdings sei der Green Deal lediglich ein reines Ideenwerk, das über konkrete Kommissionsentscheidungen erst zu einem Regelwerk heranwachsen müsse. „Alleine einen fairen Emissionszertifikatehandel zu implementieren ist extrem aufwendig, vor allem wenn man die unterschiedlichen Akteure in den EU-Mitgliedsstaaten betrachtet”, erläuterte Monika Hohlmeier.
In ihrem Schlusswort kritisierte IHK-Hauptgeschäftsführerin Gabriele Hohenner die Kurzfristigkeit, mit der manche Entscheidungen von erheblicher Tragweite für die Wirtschaft oft angegangen und umgesetzt werden. „Viele Themen werden lange aufgeschoben und dann zur Unzeit mit äußerst knappen Umsetzungsfristen entschieden”, so Hohenner.