2021 markiert das bundesweite Jubiläumsjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Vor diesem Hintergrund entwickelten das „Projekt 2025-Arche Musica“ und das Bildungsbüro
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1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland
Guter Ort
2021 markiert das bundesweite Jubiläumsjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Vor diesem Hintergrund entwickelten das „Projekt 2025-Arche Musica“ und das Bildungsbüro des Landkreises Bamberg die Veranstaltungsreihe “Guter Ort“. Am morgigen Sonntag findet in Schlüsselfeld die zweite Veranstaltung statt.
Insgesamt handelt es sich um vier Erinnerungstage an das jüdische Leben der Region, die Arno Schimmelpfennig aus Bamberg durch Videos und das Aufzeichnen der Veranstaltungen zudem in Szene setzt. Eröffnung war Ende Juli unter großem Publikumsinteresse in Scheßlitz. Weitere Termine zu Begegnungen mit der jüdischen Geschichte Frankens sind morgen in Schlüsselfeld, in Heiligenstadt im September und Mitte Oktober in Lichtenfels. Wir haben mit Thomas Spindler über die Reihe gesprochen.
Herr Spindler, warum haben Sie und das Bildungsbüro des Landkreises sich entschlossen, die Reihe “Guter Ort – Begegnungen mit der jüdischen Geschichte Oberfrankens” zu organisieren?
Thomas Spindler: Da Oberfranken und besonders der Landkreis Bamberg eine Jahrhunderte alte, große jüdische Geschichte hat, war es nicht nur an der Zeit, diese Geschichte mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken. Das Jubiläumsjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ bot die Möglichkeit, die jüdische Geschichte Oberfrankens bundesweit vorzustellen.
Am 25. Juli startete die Reihe in Scheßlitz mit einem Vortrag. Was wurde dem Publikum dabei geboten?
Thomas Spindler: Die Veranstaltung „Guter Ort“ besteht aus unterschiedlichen Angeboten für die Besucher. Ein besonderes Angebot waren Führungen durch den jüdischen Friedhof von Zeckendorfe durch Anton Heinert, einem Kenner der jüdischen Geschichte der Stadt Scheßlitz.
Im Rahmen des Begegnungsforums in der Mittelschule von Scheßlitz konnten sich unterschiedlichste Projektpartner und jüdische Kultureinrichtungen präsentieren. Auch die Mittelschule Scheßlitz und der Heimatverein beteiligten sich und das Besucherinteresse war groß. Das dritte Angebot bestand aus aufeinander abgestimmten Vorträgen, Musikstücken und Einblicken in die Kulturgeschichte unserer Region. Referenten waren Prof. Dr. Günter Dippold, Dr. Karin Dengler-Schreiber und Markus Raupach. Dass ein fränkischer Musikverein, unter Leitung von Holger Lieb, drei jüdische Musikstücke nach einem Arrangement aus Tel Aviv, Arrangeuer Danny Donner, spielte, war ein echter Höhepunkt und ein besonderes Symbol für die jüdisch-israelisch-deutsche Projektkooperation. Die wunderbaren und sehr atmosphärischen Videoeinspielungen von Arno Schimmelpfennig präsentierten den Gästen mehr als 500 Jahre jüdische Geschichte und Geschichten unserer Region.
Wie viele Leute waren da? Mit wie vielen hatten Sie gerechnet?
Thomas Spindler: Inklusive der Führungen und der Kernveranstaltung gehen wir von 250 bis 300 Besuchern aus, die zwischen 13 und 17 Uhr die Angebote wahrgenommen haben. Das war ein sehr gutes Ergebnis, das so nicht zu erwarten war. Zudem haben sich bundesweit bereits mehr als 500 Personen für den Videostream der Veranstaltung interessiert, den Arno Schimmelpfennig.
Wie sahen die Rückmeldungen aus?
Thomas Spindler: Die aktuellen Rückmeldungen von den Besuchern, von Projektpartnern und aus den Sozialen Netzen ist überaus positiv. Wir beleuchten einen bisher wenig berücksichtigten und sehr vernachlässigten Bereich unserer Regionalgeschichte.
Wie wird das Programm der weiteren Veranstaltungen in Schlüsselfeld (22. August.), Heiligenstadt (19. September) und Lichtenfels (17. Oktober) aussehen?
Thomas Spindler: Die Inhalte der Vorträge und die Gästeauswahl ändern sich zwar von Veranstaltungstag zu Veranstaltungstag, aber das Rahmenformat der vier Veranstaltungen ist jeweils identisch: Zwischen 13 und 17 Uhr gibt es ein Begegnungsforum, wobei die Kernveranstaltung jeweils von 15 bis 16:15 Uhr stattfindet. Unsere Führungen zu den jüdischen Friedhöfen beginnen jeweils um 13:30 Uhr und enden um 16:30 Uhr. Alle Kernveranstaltungen sind am Veranstaltungstag ab 18 Uhr außerdem als Stream zu sehen.
Warum haben Sie diese vier Orte für die Vorträge gewählt?
Thomas Spindler: Bei mehr als 30 besonderen jüdischen Orten in Oberfranken war es unser Ziel, durch die vier unterschiedlichen Schauplätze einen ersten Eindruck zum jüdischen Leben zu vermitteln. Jeder dieser Orte wie Scheßlitz, Schlüsselfeld, Heiligenstadt und Lichtenfels hat seine eigenen jüdischen Geschichten und Schicksale
Was werden die Gäste Eva Haller, die Präsidentin der Europäischen Janusz Korczak Akademie, die sich dem interreligiösen Dialog widmet, und der Holocaustüberlebende Roman Haller beitragen?
Thomas Spindler: Die Teilnahme von Gästen wie Eva Haller und Roman Haller, außerdem Karin Offmann, die Geschäftsführerin des Landesverbandes israelitischer Kultusgemeinden in Bayern, German Djanatlie, einem Mitglied im Direktorium des Zentralrates der Juden, sind ein Beleg für die Aktualität der Themen Judentum und Antisemitismus und für die Bedeutung dieser Veranstaltungsreihe. Unsere Zusammenarbeit mit dem Bildungsbüro des Landkreises Bamberg, hier möchte ich Vanessa Hohmann, Dr. Rosa Karl und Dr. Christian Lorenz besonders danken, war der Schlüssel für den Erfolg. Die Teamleistung hat den Landkreis Bamberg zu einem echten Hot-Spot der jüdischen Geschichte transformiert und gezeigt, dass der Landkreis die Fachkompetenz hat dieses Thema überzeugend zu präsentieren.
Reihe „Guter Ort“
Termine:
22. August, Schlüsselfeld, Historische Zehntscheune
19. September, Heiligenstadt, Oertelscheune
17. Oktober, Lichtenfels, Stadthalle
Weitere Informationen und Streaming-Angebote sind zu finden unter https://arche-musica.org/guter-ort/
Jubiläumsjahr
Plakatserie „Jüdisches Leben in Oberfranken“
Anlässlich des Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ gibt der Bezirk Oberfranken eine Plakatserie heraus. Sie orientiert sich am jüdischen Kalender und enthält neben Fotos erklärende Texte zu jüdischen Feiertagen und Traditionen sowie dem jeweiligen Fotomotiv.
„Mit der Plakatserie ‚Jüdisches Leben in Oberfranken‘ möchte der Bezirk die vielfältige jüdische Geschichte der Region ins öffentliche Bewusstsein rufen“, sagt Bezirkstagspräsident Henry Schramm und erklärt weiter: „Ein prominentes Beispiel für diese Geschichte ist Levi Strauss, der Miterfinder der Jeans. Er stammte aus Buttenheim im Landkreis Bamberg.“
„Der jüdische Kalender hat im kommenden Jahr einen Schaltmonat und daher insgesamt dreizehn Monate. So können wir mit unseren monatlich erscheinenden Plakaten aus jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt einen Ort oder ein Objekt beleuchten“, erläutert Bezirksheimatpfleger Günter Dippold. Warum jüdische Familien für verschiedene Speisen unterschiedliches Geschirr verwenden, wird beispielsweise an einigen Ausstellungsstücken des Porzellanikons im Landkreis Wunsiedel erklärt. Wie Thorarollen entstehen und wie die Fragmente zweier Thorarollen ins Stadtarchiv Kulmbach kamen, erzählt das dritte Plakate der Serie im August.
Deutschland blickt in diesem Jahr auf mehr als 1700 Jahre jüdisches Leben zurück. Im Jahr 321 erließ der römische Kaiser Konstantin ein Gesetz, das es Juden erlaubte, städtische Ämter in Köln zu übernehmen. Dieses Gesetz ist der älteste Nachweis für jüdisches Leben in Deutschland und zeigt, dass Juden und der jüdische Glaube schon lange ein fester Bestandteil der europäischen und deutschen Kultur sind.
Die Plakate „Jüdisches Leben in Oberfranken“ erscheinen ab sofort monatlich bis Juni 2022. In gedruckter Form werden sie im Format A2 kostenlos an öffentliche Einrichtungen und Vereine ausgegeben (maximal 5 Exemplare pro Plakat). Ein kostenloses PDF ist auf Anfrage für alle Interessierten erhältlich über die Kultur- und Heimatpflege: Frau Ronja Storck; E‑Mail: ronja.storck@bezirk-oberfranken.de; Telefon: 0921//604‑1789.