Mitte Juni hat der Münchner Liedermacher Konstantin Wecker sein aktuelles Album „Utopia“ veröffentlicht. Sein erstes Studioalbum nach sechs Jahren präsentiert 16 Lieder
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Konstantin Wecker
Reise nach Utopia
von Frank Keil
Mitte Juni hat der Münchner Liedermacher Konstantin Wecker sein aktuelles Album „Utopia“ veröffentlicht. Sein erstes Studioalbum nach sechs Jahren präsentiert 16 Lieder und Gedichte. Unterstützt wird er dabei unter anderem von Fany Kammerlander am Cello und Jo Barnikel am Piano. Dieses Trio wird man am 29. August auch beim Open Air in Bad Staffelstein im Kurpark des Rosengartens erleben können. Konstantin Wecker stand uns für ein Interview zur Verfügung.
Herr Wecker, Sie wurden 1947 geboren und lernten bereits als Kind Klavier, Geige und Gitarre zu spielen und zu singen. Legten ihre Eltern damit den Grundstein für die spätere Karriere?
Konstantin Wecker: Ganz sicher in vielerlei Hinsicht. Mein Vater war Opernsänger und bei uns zuhause wurde viel musiziert, was meinem Knaben-Sopran in einem Kinder-Chor zugutekam. Aber auch meine Mutter wollte kein Wunderkind aus mir machen, wofür ich beiden bis heute dankbar bin.
Ihre Bühnenlaufbahn begann Ende der 1960-er Jahre. Wie würden Sie die ersten zehn Jahre ihrer Karriere rückblickend einordnen?
Konstantin Wecker: Ich habe seit meinem 12. Lebensjahr Gedichte geschrieben und der Text hatte auch später immer Vorrang vor der Musik. Ich habe mich ab Mitte der 1960er Jahre in vielen Sparten ausprobiert, zwischen Kleinkunst-Szene und Musical. Als Pianist, Sänger und Komponist. Getreu meinem Motto: Ich singe, weil ich ein Lied habe, nicht weil es euch gefällt. Diese Zeit hat mich und meine spätere Karriere geprägt, genau wie Kollegen und Freunde wie Hanns Dieter Hüsch und Dieter Hildebrandt, die mich damals ermutigten und unterstützten.
Sie gelten als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Liedermacher. 1977 gelang Ihnen der Durchbruch mit Ihrem vierten Studioalbum „Genug ist nicht genug“. Das Album mit dem Klassiker „Willy“, eine Ballade an einen von Rechtsradikalen erschlagenen Freund, erhielt im selben Jahr den Deutschen Kleinkunstpreis. Auf welche weiteren Meilensteine als Liedermacher blicken sie bis heute zurück?
Konstantin Wecker: Ab „Genug ist nicht genug“ nahm die Zuschauerresonanz massiv zu und ich konnte fortan von meiner Kunst leben. Aber dennoch liebe ich es mehr, vor ein paar hundert Leuten zu spielen, als vor Tausenden.
Besonders die 1980-er und 1990-er Jahre hatten auch ihre Schattenseiten für Sie. Ihr Drogenkonsum und die daraus resultierende Bewährungsstrafe wurden von Fans und Medien hinlänglich diskutiert. Sie selber haben diese Zeit vielfältig aufgearbeitet. Was und wer hat ihnen geholfen, fortan drogenfrei zu leben und weiterhin kreativ zu sein?
Konstantin Wecker: Ich habe nie auf Drogen geschrieben. Und die Poesie hat mich vor dem schlimmsten bewahrt. Denn die Gedichte und Lieder haben eine ehrliche Tiefe, die mich immer wieder selbst überrascht.
Musiker, Komponist, Liedermacher, Schauspieler, Autor. Brauchen Sie diese Abwechslung, um sich als Künstler auszuleben und gibt es innerhalb der unterschiedlichen Genres eine Art Wertigkeit?
Konstantin Wecker: In erster Linie sehe ich mich als Poet mit Lesen und Schreiben als Handwerkszeug. Und natürlich als Musiker, der zuhause von der klassischen Musik geprägt wurde.
2013 haben Sie mit „Sturm & Klang“ ihr eigenes Label gegründet, auf dem neben Ihren Veröffentlichungen auch die Alben anderer Künstlerinnen und Künstler erscheinen. Sind Sie maßgeblich für deren Auswahl verantwortlich?
Konstantin Wecker: Die Auswahl erfolgt im Team, funktioniert aber final nicht, wenn mir die Künstlerin oder der Künstler und ihr Material nicht gefallen. Getreu der Prämisse „ihr müsst singen, weil ihr ein Lied und eine Botschaft habt“, wähle ich aus. Nehmen wir da zum Beispiel die Songwriterin und Sängerin Sarah Straub, die 2019 ihr erstes deutschsprachiges Album „Alles das und mehr“ mit Neu-Interpretationen meiner Lieder veröffentlicht hat. Mit ihr und den anderen Künstlerinnen und Künstlern meines Labels teile ich auch immer wieder sehr gerne die Bühne.
Kommen wir auf Ihr aktuelles Album „Utopia“ zu sprechen, das Mitte Juni erschien. Wie ordnen Sie es in Ihrer Diskografie ein, was ist Ihr Utopia?
Konstantin Wecker: Für mich ist es eine sehr wichtige Veröffentlichung, denn der Gedanke einer herrschaftsfreien Welt beschäftigt mich schon seit vielen Jahren. Und es ist das erste Studioalbum, auf dem ich Lieder singe und Gedichte vortrage. Für mich ist Utopia alles andere als undenkbar und diese wunderschöne Idee muss von uns Künstlern weitergetragen werden.
Am 29. August treten Sie zusammen mit Pianist Jo Barnikel und Cellistin Fany Kammerlander als Trio auf dem „Seebühne“-Open Air in Bad Staffelstein auf. Mit welchem Programm?
Konstantin Wecker: Wir werden natürlich ein paar Lieder von „Utopia“ im Gepäck haben. Und ansonsten werde ich mit Jo und Fany durch meine älteren Werke streifen. Dem Publikum und uns wird so ganz bestimmt nicht langweilig werden.
Ihre künstlerische Karriere war immer auch von Ihrem politischen Engagement geprägt. Bis heute gelten Sie als linkes Aushängeschild. Sind Sie Mitglied einer Partei und werden Sie sich im kommenden Bundestagswahlkampf aktiv engagieren?
Konstantin Wecker: Nein, ich war nie Mitglied einer Partei, auch wenn ich mich in den 1980-er Jahren bei den Grünen zu Zeiten von Petra Kelly politisch und zivilgesellschaftlich engagiert habe. Im Herzen fühle ich mich immer noch als Anarchist. Mit „Schäm dich Europa“ habe ich ja aktuell schon deutlich Stellung bezogen. Und mein Kampf gegen Rechtsextremismus und Neo-Faschismus bleibt bestehen.
Konstantin Wecker
Open Air im Kurpark des Rosengartens
29. August, 19 Uhr, Bad Staffelstein