Mädchen und junge Frauen sind im Handwerk vor allem bei handwerklich-technischen Berufen noch in der Minderheit. Die Handwerkskammer für Oberfranken ist einer von drei Partnern des Projekts „Kurs aufs Handwerk: (Mehr) Mädchen für Handwerksberufe gewinnen“, das helfen soll, diese Entwicklung umzukehren.
In dem bayernweiten Pilotprojekt haben sich das Forschungsinstitut Berufliche Bildung (f‑bb) sowie die Handwerkskammer für Oberfranken und die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz zusammengetan, um vorherrschende Rollenklischees über Frauen- und Männerberufe im Handwerk aufzubrechen und Mädchen eine vorurteilsfreie Berufsorientierung zu ermöglichen. Das gemeinsame Ziel: Schülerinnen für technische Handwerksberufe zu begeistern und ihnen die vielfältigen Karriereperspektiven aufzeigen.
Talentscouts entwickeln Konzepte
Eine zentrale Rolle bei der Umsetzung in der Praxis dabei spielen zwei sogenannte „Talentscouts“, die in beiden Kammern neu eingestellt wurden. Sie sollen spezielle und individuelle Formate zur Ansprache in Sachen Berufsorientierung entwickeln. Dazu werden Infoveranstaltungen und Betriebsführungen genauso zählen wie Workshops und Webinare oder auch Auftritte bei Ausbildungsmessen und vieles mehr. Die Talentscouts sollen aber nicht nur potenzielle Kandidatinnen suchen und ansprechen. Ebenso werden Eltern, Lehrkräfte an Schulen aber auch Handwerkerinnen und Handwerker mit ins Boot geholt. Betriebe werden eigens beraten, wie sie Mädchen für eine Ausbildung im Handwerk gewinnen können und was es bei der Ausbildung zu beachten gilt. Entstehen soll ein starkes Netzwerk aller Akteure rund um die Berufsorientierung in der Region.
Funke soll überspringen
Talentscout an der HWK für Oberfranken ist Corinna Lange. Die 36-jährige Raumausstatter-Meisterin und staatlich geprüfte Requisiteurin möchte bei der Entwicklung unterschiedlicher Aktivitäten mit ihrem persönlichen Erfahrungsschatz aus der Handwerksausbildung punkten. „Viele junge Leute wissen gar nicht, welche faszinierenden Berufe es im Handwerk gibt“, ist Corinna Lange sicher. „Ich möchte junge Frauen davon überzeugen, dass sie mit handwerklichem Geschick und ihren Fähigkeiten zu Expertinnen und zufriedenen Persönlichkeiten im Handwerk werden können.“ Corinna Lange hat bereits in verschiedenen Raumausstatter-Betrieben, aber auch bei einem Fernsehsender und unterschiedlichen Theatern als Bühnenausstatterin und Requisiteurin gearbeitet, zuletzt am Landestheater in Coburg.
Ihr Ziel ist es, über unterschiedliche Ansprachewege, Mädchen und jungen Frauen Anreize zu geben, sich vorurteilsfreie Gedanken darüber zu machen, was und welcher Beruf ihnen Spaß machen könnte – ohne das Handwerk von vorneherein auszuschließen. „Wir müssen siefaszinieren, so dass am Ende der Funke überspringt und sie den Schritt ins Handwerk wagen“, fasst der Talentscout zusammen.
Momentan arbeitet Corinna Lange zusammen mit ihrer Kollegin aus Niederbayern-Oberpfalz an einem Konzept für eine zentrale Auftaktveranstaltung. Zum Einsatz wird auch ein Online-Selbsttest des f‑bb kommen, um bei Eltern und Lehrkräften die Einstellungen zur Berufswahl von Mädchen und jungen Frauen zu reflektieren.
Das Projekt, das vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales mit 300.000 Euro gefördert wird, läuft bis Ende Oktober 2023. Bis dahin sollen bis zu 460 Mädchen und junge Frauen erreicht und für eine Ausbildung im Handwerk gewonnen werden.
Corinna Lange hat ihr Büro im Berufsbildungs- und Technologiezentrum (BTZ) Bamberg der Handwerkskammer für Oberfranken. Sie ist telefonisch erreichbar 0951 91506–48 oder per E‑Mail unter corinna.lange@hwk-oberfranken.de.