Seit mehr als zehn Jahren wirkt die Initiative „Bienen-leben-in-Bamberg.de“ schon in der Stadt. Im Frühjahr vor zehn Jahren flog auch die „Bamberger Schulbiene“ erstmals los. Über Meilensteine und bewährte wie neue Projekte im Jubiläumsjahr und warum die Biene in unserem Leben eine so wichtige Rolle spielt.
„Vor „Bienen-leben-in-Bamberg.de“ stand für uns beim Imkern die reine Freizeittätigkeit im Vordergrund. Es ging um den Ausgleichsgedanken zum Beruf und ein Hobby, das Natur und Handwerk verbindet”, erzählt Ilona Munique. Relativ schnell fanden die Erwachsenenbildnerin mit bibliothekarischen Wurzeln und ihr Partner, der Geograph Reinhold Burger, die Materie so reizvoll, dass sie es nicht bei einem reinen Hobby beließen.
Doch zunächst galt es, einen Jungimker-Lehrgang zu besuchen. „Nikolaus Hofmann verdanken wir dabei einen tollen Einstieg”, erinnern sich die beiden. „Unser Imkervater hat uns mit seiner achtsamen Art des Bienenumgangs beeindruckt und direkt abgeholt. Er weckte unser Interesse an Bienen nachhaltig“, sagt Munique. Mittlerweile unterhält die Initiative „Bienen-leben-in-Bamberg.de“ sieben Bienen-Standorte in Bamberg mit saisonal bis zu 25 Bienenvölkern, darunter ein Lehrbienenstand. „Wir wollten unsere Leidenschaft für Bienen und die Imkerei auch anderen Interessierten nahebringen.“
Bienenerhalt und Nachwuchsimkern
Vor zehn Jahren startete „Bienen-leben-in-Bamberg.de“ im Herbst 2012 einen Weblog und die gleichnamige Initiative unter dem Motto „Bamberg. Stadt der Gärtner und Häcker. Ohne Bienen fehlt dir was!“ Seither stehen sie für den Bienenerhalt und das Nachwuchsimkern. „Wir wollten nicht nur unser Wissen teilen und Ansprechpartner sein, sondern ebenso die Bedürfnisse der Bienen und Imker und Imkerinnen, wie auch die Anforderungen an das Ur-Produkt Honig stärker ins Bewusstsein der Menschen rücken“, sagt Ilona Munique.
Der Impuls zum pädagogischen Konzept „Bamberger Schulbiene“ entstand beim Weihnachtsmarkt des Don Bosco Jugendwerks. Dort hatten Lehrkräfte aus Stadt und Land den Stand der beiden Imker entdeckt und Interesse an den Rätselspielen und Wachsbasteleien gezeigt. „Wir erkannten schnell, dass es in Sachen Biene hohen Bedarf an den Schulen gab. So kam die Biene unter dem Aspekt der Wiese, die in den Grundschulklassen auf dem Lehrplan steht, in die Schulen“, erzählt Munique. Das Geld für die Projektumsetzung, zu der eine Materialgrundausstattung und ein klassenstufen‑, fächer- sowie schulartenbezogener Unterrichtsplan gehörten, konnte über eine Crowdfunding-Aktion gesammelt werden.
Führungen, Vorträge, Unterricht und Kurse
Um Insekten in die Stadtnatur miteinzuschließen und dabei einen Fokus auf den Schulunterricht zu setzen, bauten sie die Bienen-InfoWabe auf der Erba-Insel auf. Der Standort ging 2015 als „Grünes Klassenzimmer“ in Betrieb. Ilona Munique und Reinhold Burger bieten dort Führungen und Vorträge sowie Schulbienenunterricht und Imkerkurse an. Von April bis September ist die Bienen-InfoWabe im Erba-Park an jedem dritten Sonntag im Monat nachmittags geöffnet. Auf die Besucher warten Informationen und Beratungen rund um die Themen Biene, Honig, Imkerei und Natur.
Dort am Bienenweg befindet sich seit 2017 außerdem ein jederzeit zugänglicher botanischer Bienengarten, der mehr als 300 bienenfreundliche Pflanzen in unterschiedlich konzipierten Schaubeeten enthält. Am Rande sind mehrere Bienen-Völker aufgestellt, die das Imkerpaar betreut.
Neben der Erba-Insel kann man außerdem die Völker in den Buger Wiesen und am Bughof, dem Schiffsbauplatz und an der Weide in der Inselstadt, an der Sternwarte im Berggebiet und im Welterbe-Garten in der Gärtnerstadt besichtigen. Den dort gewonnenen „Bamberger Lagenhonig“ vertreibt die Initiative als Jahrgangshonig, also nicht nach Sorten, sondern getrennt nach Standorten.
Wer bei der jährlich nur einmal, und zwar im Juli stattfindenden Honigernte dabei sein möchte, kann sich zu den Honigschleudertagen anmelden. Unter Anleitung ernten, verarbeiten und abfüllen und am Ende das selbstgeimkerte Honigglas in Händen zu halten, ist ein Naturerlebnis für die ganze Familie.
Zweijährige Bienenpatenschaft
Von Beginn an erhielt die Initiative viel Unterstützung von Politik, Wirtschaft und der Bevölkerung. „Nicht zuletzt durch unsere Bienenpatinnen und ‑paten fühlen wir uns sehr getragen. Sie sind auch Multiplikatoren“, sagt Ilona Munique.
Wer eine zweijährige Bienenpatenschaft eingeht, bekommt über das Jahr hinweg neben einer festgelegten Menge Honig und Einblicken in die Welt der Bienen einen Newsletter und ist zu Aktionstagen eingeladen. „Derzeit beteiligen sich rund 40 Patinnen und Paten daran, den Bienengedanken in ihr Umfeld zu tragen.“
Im Jahr 2020 richtete die Initiative die Transition-Gruppe „Bienenfreu(n)de“ ein. Mit dem in 2022 gegründeten „Förderkreis Bienenleben Bamberg e. V. (FKBB)“ und mit Hilfe von Fördermitteln aus einem Unterstützungsfond der Stadt sollen aktuell eine Photovoltaik-Anlage und eine Bio-Trockentoilette, die für einen zeitgemäßen Betrieb dringend gebraucht werden, installiert werden. „Von den 27.300 Euro, die wir hierfür benötigen, konnten wir mehr als die Hälfte schon einfahren.“
Stöbern in der Imker-Bibliothek
Reinhold Burger war von Anfang an vom Bienenkosmos und der Imkerei derart fasziniert, dass er sich zunächst zum Bienensachverständigen qualifizierte, dann zum Imkerfacharbeiter ausbilden ließ und 2020 schließlich seinen Imkermeister absolvierte. „Wissen undogmatisch zu teilen, ist unser Ding“, betonen die Initiatoren, die außerdem beide im Vorstand des Förderkreises sind.
„Dazu benötigt es unbedingt Bücher. Sich nur aus dem Internet mit Informationen zu versorgen, reicht bei Weitem nicht aus. Diese müssen auch nach vertrauenswürdigen Quellen gefiltert, richtig interpretiert und stimmig in den eigenen Kontext eingeordnet werden“, sagt Ilona Munique, die deutschlandweit vornehmlich als Bibliotheks-Coach und Hochschullehrbeauftragte arbeitet.
Um Orientierung zu geben, stellen die beiden eine gut sortierte Imker-Bibliothek zur Verfügung, die mittels Rezensionsexemplaren stetig und kostengünstig auf etwa 260 Bücher angewachsen ist. In diesem Bestand lässt sich zu den Sonntagsöffnungen der Bienen-InfoWabe schmökern, auch eine Ausleihe ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Das Engagement und die im Wesentlichen ehrenamtliche Tätigkeit von Ilona Munique und Reinhold Burger für die Initiative „Bienen-leben-in-Bamberg.de“ wurde im Laufe der Zeit immer wieder mit Auszeichnungen und Preisen prämiert. 2016 erhielt das Imkerpaar beispielsweise den Sparda-Zukunftspreis, 2017 den Preis zur Imkernachwuchsförderung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und 2018 den „Grünen Engel“ des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz.
Wissen weitergeben und Verständnis erreichen
Ilona Munique und Reinhold Burger geben ihr Wissen ständig aktualisiert und immer wieder aufs Neue weiter. Aus wichtigem Grund, denn es kursieren oft Falschinformationen über Bienen. „Manches ist aus dem Zusammenhang gerissen oder wird einfach falsch verstanden“, sagt Munique. Außerdem brauche es eine breitere Akzeptanz von Insekten. „Mit unserer Arbeit wollen wir ein besseres Verständnis erreichen, indem wir vor allem erklären, wie die Bienen ticken, was sie benötigen und wie wir mit ihnen umgehen sollten.“ So liefern sie Informationen, die helfen, den Bund mit den Bienen neu zu schließen. „Man kann nur lieben lernen und daher schützen, was man kennt.“
Dazu werden von Mitte April bis Anfang Juli verschiedene Führungen unterschiedlicher Dauer angeboten. Etwa für Erwachsene mit Besuch des Lehrbienenstands auf der Erba-Insel samt Honigverkostung oder für Kinder in Form von zwei bis drei Unterrichtseinheiten in der Bienen-InfoWabe und im Bienengarten. Letztere werden vor allem von Schulklassen gerne gebucht. „In unserem Schulunterricht ist nahezu in jeder Klasse mindestens ein Kind dabei, das Angst vor Bienen hat. Wenn wir erreichen, dass es sich am Ende des Unterrichts traut, eine Biene zu streicheln, sind wir einfach nur glücklich“, meint die Imkerin, „dann ist es für alle Beteiligten ein tolles Erlebnis.“
Lesemaus zum Schulbienenjubiläum
Zum zehnjährigen Jubiläum der „Bamberger Schulbiene“ im kommenden Mai lassen sich die Initiatoren etwas Besonderes einfallen. Sie schenken allen Grundschulklassen der zweiten Jahrgangsstufe sämtlicher Bamberger Schulen einen Klassensatz aus der bekannten Lesemaus-Reihe „Ich hab einen Freund, der ist Imker“, gedacht für den dauerhaften Einsatz im Unterricht. Für die Finanzierung der rund 600 Bücher rechnen sie mit der Unterstützung aus der Bevölkerung. „Das zehnjährige Jubiläum der Bamberger Schulbiene wollen wir natürlich angemessen mit allen Schulen feiern“, sagt Ilona Munique.
Doch die Honigbiene ist auch ein generationenübergreifendes Thema und in jedem Lebensalter interessant. Es gelte, in jeder Generation das Verständnis zu erneuern und die Menschen zu sensibilisieren.
„Wir müssen die Schlüssel-Lebewesen Wildbiene und Honigbiene stärker in den Köpfen und Herzen der Menschen verankern und noch mehr für sie tun“, sagt die Imkerin. Etwa, um die Bestäubungsleistung in der Region zu halten, wodurch man heimischen Honig ernten und kaufen könne und so die Imkereien unterstützt. Die Biene sei schließlich für den Anbau von Obst, Gemüse und Beeren, für die Artenvielfalt und letztlich für die Ernährung von Menschen und Tieren systemrelevant. „Wenn es den Bienen gut geht, geht es uns allen gut“, bringen Munique und Burger es auf den Punkt
Gefahren und Klimawandel
Bei all den Gefahren, die auf die Bienen- und Insektenwelt lauern, ist das nicht ganz einfach zu realisieren. „Seit mehr als 30 Jahren ist die Varroa-Milbe ein nicht mehr vollständig zu beseitigender Bienenschädling. Doch eine wirkungsvolle Behandlung der befallenen Völker wird bei den sich verändernden Wetterbedingungen immer schwieriger“, sagt Reinhold Burger. Ein anderer gefürchteter Räuber ist die Asiatische Hornisse, die sich durch steigende Temperaturen zunehmend ausbreitet. Auch der Kleine Beutenkäfer steht von Italien aus bereits in den Startlöchern, um neue, ebenfalls wärmer werdende Gefilde zu erobern.
„Da sich das Blütenangebot durch den Klimawandel ändert, spielt das für die Insekten, besonders für die oft nur auf eine Pflanze spezialisierten Wildbienen, eine immense Rolle“, sagt Ilona Munique. „Unter den zunehmenden Hitzetagen leiden zahlreiche der bislang heimischen Lebewesen. Während jedoch der Mensch beispielsweise mit Wahlen oder lautstarken Protestaktionen einige Möglichkeiten zur Gegenwehr hat, vernimmt das leise Summen und Brummen unserer Insektenwelt kaum jemand.“ Den Bienen und anderen Insekten eine Stimme zu geben und sie trotz großer Probleme und Krisen der Menschheit auf die Tagesordnung zu heben, dafür geben beide ihr Bestes.