Ende Mai gewann der FC Eintracht Bamberg die Meisterschaft der Bayernliga Nord und stieg nach acht Jahren Abwesenheit wieder in die Regionalliga Bayern auf. Auf einen Sieg nach dem anderen, wie in der zurückliegenden Saison, stellen sich die Bamberger in Bayerns vierthöchster Spielklasse aber nicht ein. Mit Vorstandsmitglied Sascha Dorsch haben wir über das Saisonziel, das was danach kommen könnte, Gefahren der neuen Ligazugehörigkeit, Spiele mit Sicherheitsstufe, das Budget und die zweiwöchige Aufstiegsfeier gesprochen.
Herr Dorsch, am 20. Mai hat der FC Eintracht Bamberg den SSV Jahn Regensburg II mit 5:2 besiegt und damit die Meisterschaft und den Aufstieg klar gemacht. Was ging in Ihnen an diesem Tag vor?
Sascha Dorsch: Ich hatte zwei Gefühle. Das stärkere davon war natürlich die Freude. Denn, wenn man sich die Saison abgesehen vom sportlichen Erfolg anschaut, war es teilweise zum Verzweifeln. Wie oft dachten wir: Ist denn die ganze Welt gegen uns? Spiele wurden abgesagt, unser Platz war kaputt, das Spitzenspiel gegen Gebenbach, in dem wir vorne lagen, musste kurz vor Ende wegen Nebels abgebrochen werden, und dann kamen noch einige Verletzte dazu. Aber ich glaube, andererseits hat uns das auch stark gemacht und enger zusammengeschweißt. Das andere Gefühl nach dem Schlusspfiff war, gerade für mich als Verantwortlicher: Oh oh, was jetzt in der Regionalliga Bayern alles auf uns zukommt.
Was kommt auf den Verein zu, wo sehen Sie mögliche Schwierigkeiten?
Sascha Dorsch: Wir haben das Projekt „Regionalliga“ auf vier Säulen aufgebaut. Die erste Säule ist die sportliche. Da sehen wir uns so weit gut aufgestellt, wir haben nahezu den kompletten Kader halten können und uns punktuell verstärkt. Aber klar, die Regionalliga ist eine semiprofessionelle Liga, wir werden von Anfang an gegen den Abstieg spielen.

Dann haben wir die Infrastruktur. Wir können die Umkleidekabinen des Fuchs-Park-Stadions aufgrund eines Wassereintritts seit 2017 nicht benutzen. Diese Thematik hat die Stadt Bamberg mit der temporären Aufstellung von Umkleide- und Duschcontainern entschärft. Drittens: das Budget. Die Kosten der Regionalliga werden wir zu einer Hälfte über Sponsoring-Einnahmen decken. Hier sind wir auf einem guten Weg, da wir auch neue Unterstützer gewinnen konnten. Die andere Hälfte sind Zuschauereinnahmen und das Catering. Das ist natürlich immer mit einer gewissen Unschärfe verbunden, da das Zuschauerinteresse immer mit dem sportlichen Erfolg korreliert. Gewinnen wir beispielsweise die ersten vier Spiele und es kommt ein großer Verein wie die SpVgg Bayreuth, dann haben wir 3.000 Zuschauer bei diesem Spiel. Verlieren wir aber nur und es regnet, haben wir vielleicht 200 Leute im Stadion. Insofern haben wir eine moderate Zuschauerplanung hinterlegt, um die Ausgaben und die Einnahmen auszubalancieren.
Die letzte Säule betrifft das Personal außerhalb des Platzes. Da wird die Arbeit auch sehr zunehmen. Wer macht am Heimspieltag den Ausschank, wer kümmert sich um die Gästefans, wer sogt für die Trikots, wer macht die Medienarbeit – haben wir die Leute, und haben wir sie vor allem am Spieltag? Hier werden wir viel Arbeit investieren müssen, da wir das alles weiterhin im Ehrenamt stemmen wollen und nicht auf unerschöpfliche Ressourcen zurückgreifen können wie andere Teams in der Liga.
Die letzte Teilnahme der Eintracht an der Regionalliga endete in der Insolvenz. Sind die Fehler von 2016 aufgearbeitet?
Sascha Dorsch: Ja, aber was waren die Fehler damals? Ich will es nicht an einer Person festmachen, das wäre zu einfach. Es waren Verantwortliche, die irgendwann begonnen hatten, krampfhaft sportlichen Erfolg zu erzwingen. Dabei geriet die Wirtschaftlichkeit aus dem Blick. Dann gab es offensichtlich auch kein richtiges Kontrollorgan. Darum war es im Nachhinein auch einer der ersten Schritte, einen starken Aufsichtsrat einzusetzen, der die Entscheidungen des Vorstands kontrolliert. Wir haben alle ein großes Interesse, dass sich die Dinge der Vergangenheit nicht noch einmal wiederholen. Wir wollen auf regionalen Nachwuchs bauen und damit kostengünstiger sein.
Wie war die Aufstiegsfeier?
Sascha Dorsch: Der Wahnsinn. Traditionell ging es los im „Sternla“ und als dort Zapfenstreich war, ging es nach einem kurzen Abstecher zum Schönleinsplatz weiter in die Stadt. Ich bin gegen 3 Uhr heim, aber die Jungs haben die Nacht durchgemacht. Am Sonntagmorgen darauf sind sie dann erst ins „Schlenkerla“ und am Nachmittag haben sie beim Spiel unseres Kooperationsvereins Oberhaid zugeschaut. Und dann ist ein Teil der Spieler nach Mallorca beziehungsweise Kroatien geflogen. Die haben die Meisterschaft in vollen Zügen genossen, was auch völlig verdient war. Aber das zeigt nur noch einmal den Zusammenhalt in der Mannschaft.
Welche Saisonziele haben sie in der Regionalliga Bayern?
Sascha Dorsch: Das sind zwei Dinge. Wir werden von Anfang an gegen den Abstieg spielen. Es wäre also eine Riesenleistung, wenn wir es schaffen, die Klasse zu halten. Und das zweite, auch wenn es ein bisschen platt klingt: Wir wollen junge Spieler und damit die Mannschaft entwickeln. Bamberg verträgt die Regionalliga und das möchten wir strategisch ausbauen.
Was heißt das konkret?
Sascha Dorsch: Wir gehen den Bamberger Weg, das heißt, wir holen keine spektakulären Neuzugänge, sondern setzen auf Regionalität und die eigene Jugend. Was bringt es uns, wenn wir jetzt teure Leute von woanders herholen? Dann steigen wir vielleicht ab und sie sind wieder weg. Im gleichen Zuge würden vielleicht bestehende Spieler gehen, wenn sie hören, dass neue kommen. Um das zu vermeiden, setzen wir auf unseren Stamm und haben den Spielern klar gesagt, wer Regionalliga spielen möchte, den nehmen wir auch mit. Und bis auf Moritz Kaube, unser einziger Abgang nach der Saison, sind auch alle geblieben.
Wenn Sie die Klasse halten, heißt das langfristige Ziel dann erneuter Aufstieg, diesmal in die 3. Liga?
Sascha Dorsch: Nein, das ist utopisch! Ich hätte gerne das Szenario einer dauerhaften Regionalliga-Mitgliedschaft in Bamberg, mit einer Kernmannschaft aus Bamberger Spielern in einem wunderschönen Stadion. Das wäre dann erst mal das Ende der Entwicklung. Die 3. Liga ist unrealistisch, das können wir nicht stemmen. Und das wäre auch mit der Idee einer regionalen Mannschaft nicht zu machen.
Bedeutet eine höhere Spielklasse auch höhere Spielergehälter? Welchen Platz haben diese in der Budgetplanung?
Sascha Dorsch: Da haben wir mit den Spielern ganz offen gesprochen und ihnen gesagt: Wir sind nicht der reichste Verein der Liga, wir können euch nicht mehr Geld geben. In dieser Liga steigen aufgrund höherer Kosten für Schiedsrichter, Reiseaufwand, Verbandsabgaben, Mietkosten und so weiter die Ausgaben erst einmal massiv, ohne dass wir einen einzigen Cent mehr eingenommen haben. Wir – inklusive der Mannschaft – wollten die Regionalliga. Dafür haben wir hart gearbeitet. Und nun wollen wir uns dafür belohnen. Geld war dabei für alle Beteiligten ein Nebenthema, da haben wir eine extrem reife und verständnisvolle Truppe.
Was wenn die Mannschaft tatsächlich nur verliert und sofort wieder absteigt, könnte man einfach wie in der letzten Saison weitermachen?
Sascha Dorsch: Dadurch, dass wir jetzt unabhängig vom Tabellenplatz einen Großteil der Kosten durch Sponsoring abdecken können, wäre so eine Entwicklung zumindest nicht der Ruin. Auch der Cateringteil, so unsicher er auch sein mag, würde nicht ganz wegbrechen. Dabei gehen wir aus meiner Sicht auch nicht von unrealistischen Zuschauerzahlen aus. Wir kalkulieren mit etwa 600 pro Heimspiel. Selbst wenn wir Letzter sind: Wenn Bayreuth kommt, Bayern II, Würzburg oder Schweinfurt werden ein paar Leute da sein. Und da wir wie schon erwähnt die Mannschaft halten konnten, würde sicher auch ein Großteil der Truppe zusammenbleiben.
Die Spieler spielen alle zum ersten Mal in der Regionalliga Bayern. Wie ist die Stimmung in der Mannschaft? Herrscht Nervosität?
Sascha Dorsch: Die Jungs wissen, dass es anspruchsvoll wird, aber nervös sind sie nicht. Im Gegenteil: Die Vorfreude ist extrem. Viele machen auch zusätzliches individuelles Training.
In der Saison 2022/2023 haben Sie 23 Mal gewonnen und nur zweimal verloren. Besteht die Gefahr, dass die Spieler zu locker in die neue Saison gehen?
Sascha Dorsch: Mit Sicherheit nicht! Wenn es eine Gefahr gibt, dann eher von außen – das könnte auch ein Problem werden. Wir haben in den letzten Jahren tatsächlich sogar nie mehr als zwei Spiele am Stück verloren. Dass das jetzt aber kommen wird, weiß die Mannschaft. Und wenn wir dann einmal mehrere Spiele nacheinander verlieren, kann ich mir auch gut vorstellen, dass irgendwer von der Tribüne „Trainer raus!“ schreit. Aber auf solche Diskussionen lassen wir uns nicht ein.
Was, wenn sich gegnerische Fans auf einen Spottnamen wie „Pleiteverein“ einschießen?
Sascha Dorsch: Na ja, dann ist es so. Ich fände das eigentlich fast witzig – so was gehört im Fußball dazu. In Bamberg haben wir uns ja bereits daran gewöhnt. Ich denke, man kann das mit dem FC Bayern München vergleichen, ohne jetzt arrogant klingen zu wollen, sondern nur um es zu vergleichen: Der FC Eintracht polarisiert schon noch in der Stadt. Ich weiß, was alles erzählt wird. Aber unser Bild hat sich dahingehend sehr geändert. Der FC Eintracht Bamberg ist heute nicht mehr der Verein von 2016. Solange niemand persönlich beleidigt wird, ist das okay. Unsere Fans haben ja auch den ein oder anderen Spruch für andere Vereine, das gehört dazu.
Kurz vor der Meisterschaft haben Sie den Vertrag von Trainer Jan Gernlein um ein Jahr verlängert. Der Verein nannte ihn eine absolute Wunschlösung. Warum?
Sascha Dorsch: Weil er zwei Komponenten mitbringt. Einmal die Sportliche: Er hat jahrelange Regionalliga-Erfahrung. Er weiß, was die Liga bringt. Dann ist er ein extrem geschulter Trainer, führend in der Bayernliga, würde ich sagen. Aber ohne ein Laptoptrainer zu sein – er vergeistigt das Spiel nicht. Er weiß, was die Mannschaft machen muss, was sie dabei leisten kann – und kann es der Mannschaft auch erklären. Darum glauben die Jungs an ihn. Die andere Sache ist die menschliche. Er ist demütig und bescheiden und fordert nie mehr als drin ist. Außerdem kann man mit ihm abends auch mal ein Bier trinken gehen, ohne dabei nur über Fußball zu sprechen.
Haben Sie einen Angstgegner in der neuen Liga?
Sascha Dorsch: Nein, wir freuen uns auf alle Spiele.
Und einen Lieblingsgegner?
Sascha Dorsch: Da nenne ich die SpVgg Bayreuth, weil es eine hohe Verbundenheit zwischen den Vereinen gibt. Die Fanrivalität ist allerdings nicht so lustig. Die Polizei sagt, es gibt für Bamberg drei Spiele mit höchster Sicherheitsstufe. Das ist einmal gegen Schweinfurt und dann noch die Spiele gegen Bayreuth und Würzburg. Anfang Juli waren wir vom Vorstand auf Einladung der SpVgg deswegen auch schon in Bayreuth zur Sicherheitsbesprechung zu Gast. Auf eine Mannschaft, auf die wir uns auch besonders freuen, ist die SpVgg Ansbach, gegen die die wir am dritten Spieltag antreten. Wir kennen den Verein aus der Bayernliga gut. Außerdem besteht ein sehr guter Draht auf Funktionärsebene. Und es gibt eine Fanfreundschaft, die dermaßen eng ist, dass es der explizite Wunsch der beiden Fanlager ist, die Gästetrennung im Stadion aufzuheben. Ob das die Polizei mitmacht, müssen wir noch sehen, aber wir erwarten eine gute Stimmung.
Bisher haben Sie vier neue Spieler für die kommende Saison verpflichtet. Mit Patrick Görtler und Andreas Mahr kommen zwei Routiniers. Warum haben Sie die beiden geholt?
Sascha Dorsch: Patrick Görtler hat es schon einmal höherklassig versucht. Das Talent dazu hat er, war dann aber verletzt. Auch hat er bereits für die Jugend der Eintracht gespielt und kennt die Mannschaft perfekt. Andreas Mahr kommt aus Lichtenfels und Trainer Gernlein wollte ihn, weil er auf dem Platz viel Körperlichkeit reinbringt, er weiß, wie man im Spiel ein Zeichen setzt und er geht voran.
Die Neuzugänge Luca Auer und Nico Baumgartl sind beide 19 Jahre alt. Sehen Sie die beiden in der Startelf oder zu Beginn eher auf der Bank?
Sascha Dorsch: Nico kommt aus der Jugend und Luca war auch schon bei uns. Luca hat klar gesagt, dass er Angebote von anderen Clubs hat, aber zur Eintracht zurück will, zurück ins Wohnzimmer hat er gesagt – auch um sich zu zeigen. Ich traue ihm auf jeden Fall die Stammelf zu. Bei Nico haben wir eher perspektivische Vorstellungen, aber wir würden ihm nicht sagen „bleib bei uns“, wenn wir ihn nicht einsetzen. Wir haben die Meisterschaft mit der Defensive gewonnen. Und auch in der Regionalliga wollen wir das ganz klar so machen: Hinten dichte Räume und dann schnelle Gegenstöße. Dafür ist Nico Baumgartl perfekt.
Sind weitere Einkäufe geplant?
Sascha Dorsch: Nein. Allerdings fällt Björn Schönwiesen immer noch mit Kreuzbandriss aus. Das ist extrem schade, weil uns da ein absoluter Charakterspieler fehlt. Aber ich denke, er kann bald wieder einsteigen. Nur wenn er nicht wieder fit wird, können wir uns vorstellen, uns noch einmal zu verstärken.
Würde der Verein an dieser Personalpolitik festhalten, falls der Klassenerhalt gelingen sollte?
Sascha Dorsch: Wenn der Klassenerhalt klappt, wird im zweiten Regionalliga-Jahr noch mehr Intensität reinkommen. Dann wird es perspektivisch darum gehen, neue Spieler zu holen, die die Mannschaft noch besser machen. Wir werden es nicht schaffen, jedes Jahr aus unserer Jugend genug Spieler dafür zu holen. Aber auch hier werden wir weiter versuchen, Spieler mit regionaler Identität einzubauen. Das heißt, wir sichten jetzt schon in der Region Spieler, mit denen wir uns verstärken können. Im ersten Jahr wollen wir es ohne weitere Verstärkung schaffen, um dann Schritt für Schritt sportlich zu wachsen.