Trotz vie­ler Gegenargumente

Gas­tro­no­mie auf Unte­rer Brü­cke: Stadt­rat gibt Aus­schrei­bung in Auftrag

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Brücke
Die Freischankfläche auf der Unteren Brücke, Foto: Gerhard Beck, Stadt Bamberg
In sei­ner Voll­sit­zung am 26. Okto­ber hat der Stadt­rat ent­schie­den, die Ver­wal­tung zu beauf­tra­gen, eine öffent­li­che Aus­schrei­bung für einen dau­er­haf­ten Betrieb einer Frei­schank­flä­che auf der Unte­ren Brü­cke vor­zu­be­rei­ten. Dies tat man, obwohl sich in einer Bür­ge­rIn­nen-Befra­gung mehr als 70 Pro­zent gegen Gas­tro­no­mie auf der Brü­cke aus­ge­spro­chen hat­ten. Auch eini­ge wei­te­re Punk­te spre­chen dagegen.

Vor einem Monat kün­dig­te die Stadt in einer Mit­tei­lung an, eine Befra­gung der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger dar­über zu begin­nen, ob die gas­tro­no­mi­sche Nut­zung der Unte­ren Brü­cke im nächs­ten Jahr fort­ge­setzt wer­den soll. Dies habe man tun wol­len, um für die Voll­sit­zung des Stadt­rats am 26. Okto­ber eine „gute und gesi­cher­te Grund­la­ge“ zu haben, auf der über die­se Fra­ge ent­schie­den wer­den kön­ne. Nun ist das Ergeb­nis der nicht-reprä­sen­ta­ti­ven Befra­gung da – die Ent­schei­dung ist aber schluss­end­lich nicht in ihrem Sin­ne getrof­fen worden.

Aus­gangs­punkt „Exzes­se im Som­mer 2021“

Nach gut ein­stün­di­ger, leb­haf­ter Aus­ein­an­der­set­zung, wie die Stadt mit­teil­te, folg­te die Stadt­rats-Voll­sit­zung am Ende mehr­heit­lich einem Vor­schlag der Ver­wal­tung. So sprach das Gre­mi­um den Auf­trag aus, eine öffent­li­che Aus­schrei­bung für einen dau­er­haf­ten gas­tro­no­mi­schen Betrieb auf der Unte­ren Brü­cke vorzubereiten.

„Die­ses Jahr war der pro­vi­so­ri­sche Brü­cken­bier­gar­ten ein befris­te­ter Test­lauf zu erleich­ter­ten Bedin­gun­gen“, sag­te Ober­bür­ger­meis­ter Andre­as Star­ke bei der Voll­sit­zung. „Des­halb müs­sen wir uns auch auf den Fall vor­be­rei­ten, dass wir nach einer Aus­schrei­bung zu ver­än­der­ten Kon­di­tio­nen kei­nen Betrei­ber fin­den könn­ten.“ Es sei aber klar: „Wir dür­fen nicht ris­kie­ren, in die Zustän­de aus dem Jahr 2021 zurückzufallen.“

Den Aus­gangs­punkt für die Ein­rich­tung eines Bier­gar­tens auf der Unte­ren Brü­cke bil­de­ten, was die Stadt „Exzes­se im Som­mer 2021“ nennt. Die Coro­na-Pan­de­mie schränk­te damals die Mög­lich­kei­ten, am Abend aus­zu­ge­hen stark ein. Die Clubs waren geschlos­sen, Kon­zer­te fan­den nur ver­ein­zelt statt. So habe sich die schon vor­her belieb­te Unte­re Brü­cke zu einem über Bam­bergs Gren­zen hin­aus bekann­ten Par­ty-Hot­spot ent­wi­ckelt. Das habe nega­ti­ve Begleit­erschei­nun­gen wie Lärm, Müll und Schlä­ge­rei­en in Fol­ge erhöh­ten Alko­hol­kon­sums mit sich gebracht. Alle Ver­su­che der Stadt, die Lage gemein­sam mit der Poli­zei unter Kon­trol­le zu brin­gen, konn­ten an der Situa­ti­on nichts ändern.

Im Früh­jahr 2022 sah der Stadt­rat kei­nen ande­ren Aus­weg, als auf der Brü­cke einen Pro­be­be­trieb für eine Frei­schank­flä­che mit 140 Sitz­plät­zen zu begin­nen. Ziel der Unter­neh­mung war, durch die Bewir­tung und mit Hil­fe von Secu­ri­ty-Kräf­ten die Lage zu ent­span­nen und „Fei­er-Aus­wüch­se“ zu ver­hin­dern. Als ein­zi­ger Bewer­ber erhielt Gas­tro­nom Tom Land den Zuschlag für die Umsetzung.

1032 Fra­ge­bö­gen aus­ge­füllt: Mehr als 70 Pro­zent gegen gas­tro­no­mi­schen Betrieb

Ein hal­bes Jahr spä­ter stellt sich nun die Fra­ge: Wur­de das Ziel erreicht? An der ana­lo­gen und digi­ta­len Befra­gung der Bür­ge­rIn­nen, die die Stadt­ver­wal­tung zur Beant­wor­tung der Fra­ge für den Stadt­rat unter­nahm, nah­men rund 1030 Men­schen teil.

Die Mehr­heit der Befrag­ten bejah­te die Ver­bes­se­rung der Zustän­de im Jahr 2022. Sowohl die Ruhe­stö­run­gen (37 Pro­zent Ja, 21 Pro­zent Nein) als auch die Ver­schmut­zun­gen (49 Pro­zent Ja, 22 Pro­zent Nein) auf der Unte­ren Brü­cke sei­en laut Ant­wor­ten im Fra­ge­bo­gen ein­ge­dämmt worden.

Die Fra­ge „Wür­den Sie gene­rell eine dau­er­haf­te Frei­schank­flä­che in den Som­mer­mo­na­ten auf der Unte­ren Brü­cke begrü­ßen?“ brach­te ein ein­deu­ti­ge­res Ergeb­nis. Mehr als 70 Pro­zent der Befrag­ten wür­den eine Fort­füh­rung des gas­tro­no­mi­schen Betriebs über­haupt nicht bezie­hungs­wei­se eher nicht begrüßen.

Eine genaue­re Ana­ly­se der nicht-reprä­sen­ta­ti­ven Umfra­ge habe jedoch erken­nen las­sen, dass Alter und Wohn­ort die Ant­wor­ten beein­flus­sen. Umso älter die Befrag­ten sei­en, umso posi­ti­ver wür­den sie die Frei­schank­flä­che bewer­ten. Aller­dings gebe es in kei­ner Alters­klas­se eine Mehr­heit für einen Weiterbetrieb.

Die­se Erkennt­nis­se sei­en dem Stadt­rat in der Voll­sit­zung aus­führ­lich dar­ge­legt wor­den. Dem­nächst wird man sie auch voll­stän­dig auf Bam­bergs Betei­li­gungs­platt­form nach­le­sen können.

Bewer­tun­gen und Auflagen

Neben den Umfra­ge­er­geb­nis­se leg­te die Ver­wal­tung dem Stadt­rat wei­te­re Stel­lung­nah­men vor. So zie­he zum Bei­spiel die Poli­zei Bam­berg-Stadt eine posi­ti­ve Bilanz des Som­mers. Die Situa­ti­on auf der Unte­ren Brü­cke habe sich deut­lich ent­spannt. Die Grün­de könn­ten durch­aus in der gas­tro­no­mi­schen Nut­zung lie­gen. Jedoch sei auch der gesamt­ge­sell­schaft­li­che Umgang mit der Pan­de­mie mitt­ler­wei­le ent­spann­ter. Auch das Ord­nungs­amt, das Kli­ma- und Umwelt­amt sowie der Baye­ri­sche Hotel- und Gast­stät­ten­ver­band äußern sich zufrie­den mit dem Testversuch.

Ob es tat­säch­lich die gas­tro­no­mi­sche Nut­zung der Brü­cke, war, die die nächt­li­chen „Fei­er-Aus­wüch­se“ been­de­te, sei aller­dings tat­säch­lich dahin­ge­stellt. Nicht ohne Grund wie­sen eini­ge Stadt­rä­te dar­auf hin, dass es durch die Wie­der-Öff­nun­gen der Clubs, die durch weg­ge­fal­le­ne Coro­na-Ein­schrän­kun­gen mög­lich wur­den, ohne­hin kei­nen „Par­ty-Hot­spot“ an der Unte­ren Brü­cke mehr gege­ben hät­te. Die Sor­ge des Bür­ger­meis­ters, in die Zustän­de von 2021 zurück­zu­fal­len, ist inso­fern unbegründet.

Sehr kri­tisch bewer­ten das Zen­trum Welt­erbe und der Denk­mal­schutz den Pro­be­lauf. Die bis­he­ri­ge Optik des Bier­gar­tens stel­le eine Beein­träch­ti­gung der Wir­kung des über­lie­fer­ten künst­le­ri­schen Erschei­nungs­bil­des der sen­si­blen Umge­bung mit dem his­to­ri­schen Brü­cken­rat­haus im Her­zen des Welt­kul­tur­er­bes dar.

Wei­te­re Ämter der Stadt­ver­wal­tung wie­sen zudem dar­auf hin, dass bei einem Dau­er­be­trieb der Frei­schank­flä­che etli­che recht­li­che Anfor­de­run­gen zu erfül­len sei­en, die für den Pro­be­be­trieb aus­ge­blen­det wur­den. So wird eine fes­te Betriebs­ein­rich­tung in einem Gebäu­de, für die Zube­rei­tung von Spei­sen und der Nach­weis von Toi­let­ten gefor­dert. Auch müs­se die Flä­che um die Mit­or­aj-Skulp­tur dau­er­haft frei­ge­hal­ten wer­den, um Anfor­de­run­gen des Denk­mal­schut­zes und des Stra­ßen­ver­kehrs­amts nach­zu­kom­men. Außer­dem sei­en über einen Auf­la­gen­ka­ta­log Details wie Stell­plät­ze oder Flucht- und Ret­tungs­we­ge zu regeln.

Gas­tro­nom Tom Land zog in der Voll­sit­zung indes eine posi­ti­ve Bilanz und erklär­te sein Inter­es­se, den Bier­gar­ten auch in den nächs­ten Jah­ren wei­ter betrei­ben zu wol­len. Nach anfäng­li­chen Anfein­dun­gen sei die Bewer­tung des Bier­gar­tens mit dem Tag der Öff­nung ins Posi­ti­ve umgeschlagen.

Knap­pe Mehr­heit für die Aus­schrei­bung einer wei­te­ren gas­tro­no­mi­schen Nut­zung trotz vie­ler Argu­men­te dagegen

Am Ende der Voll­sit­zung fand der Ver­wal­tungs­vor­schlag, eine Aus­schrei­bung für eine dau­er­haf­te Frei­schank­flä­che vor­zu­be­rei­ten, aber trotz der zwar nicht reprä­sen­ta­ti­ven, aber mehr­heit­lich ableh­nen­den Umfra­ge-Ergeb­nis­se, der grund­sätz­lich jugend- und nacht­le­ben­feind­li­chen Absicht der gas­tro­no­mi­schen Nut­zung, des weg­ge­fal­le­nen Aus­lö­sers der vor­an­ge­gan­ge­nen stär­ke­ren Fre­quen­tie­rung der Brü­cke („Aus­wüch­se“), also die Coro­na-Ein­schrän­kun­gen, der opti­schen Ver­schand­lung durch die Bier­gar­ni­tu­ren, der zusätz­li­chen Ver­schand­lung durch ein geplan­tes Sicher­heits­ge­län­der und der Kom­mer­zia­li­sie­rung des öffent­li­chen Raums, eine knap­pe Mehrheit.

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