Ein breites Spektrum an Veranstaltungen bietet die Kunst- und Kulturbühne Hirschaid – von Kindertheaterstücken über Konzerte und Lesungen bis hin zu Filmnachmittagen für Senioren und Firmen-Workshops. Geschichte erlebbar machen und wach halten sowie Vernetzung sind stete Antriebsfaktoren, denen der Verein um Geschäftsführerin Annette Schäfer und Erstem Vorsitzenden Jörg Leibinger folgt.
„Bei Vorträgen arbeiten wir unter anderem mit dem CHW, dem Colloquium Historicum Wirsbergense, als Partnerverein zusammen. Das ist der größte Geschichtsverein Nordbayerns“, berichtet Jörg Leibinger, der Vorsitzende der Kunst- und Kulturbühne Hirschaid. Das CHW ist unterteilt in Bezirksgruppen und Jörg Leibinger ist wiederum Bezirksgruppenleiter der Bezirksgruppe Regnitztal. „Da geht es Hand in Hand und wir holen aus diesem Verein auch Referenten für Vorträge. Diese sind manchmal recht wissenschaftlich, manchmal auch locker und niederschwellig“, so Jörg Leibinger.
Annette Schäfer, die Geschäftsführerin der Kunst- und Kulturbühne Hirschaid, referierte schon zuvor lange Jahre für das CHW und da sei es nur selbstverständlich gewesen, „dass wir mit Beginn der eigenen Kulturveranstaltungen in Hirschaid mit Partnern wie der Bezirksgruppe Regnitztal im CHW zusammenarbeiten wollten, um auf vorhandene Referenten zurückgreifen zu können.“
Kulturelles Angebot für unterschiedliche Zielgruppen
Aus den Anfängen mit Vorträgen entwickelte sich mittlerweile ein breites Angebot, das die Kunst- und Kulturbühne Hirschaid auf die Beine stellt. Die Idee zur Gründung des Vereins geht ziemlich genau zwanzig Jahre zurück. Der damalige Bürgermeister Andreas Schlund hatte das Ziel, mehr Kulturarbeit in der Marktgemeinde zu etablieren, und diesen Verein dann 2006 ins Leben gerufen, wie Annette Schäfer berichtet. „Ich hatte vorher schon zwei Jahre bei der Gemeinde gearbeitet, dann wurde der Verein gegründet und hat mich als Geschäftsführerin angestellt. Dazu gab es eine Vereinbarung, wie Gemeinde und Verein zusammenarbeiten“, blickt die Geschäftsführerin zurück. Im Rahmen dieser Vereinbarung erstellte der Verein auch das Nutzungskonzept für das Schloss Sassanfahrt. „Gegründet wurde der Verein dann 2006 im Sommer, das heißt, wir haben nächstes Jahr 20-jähriges. Und seitdem ist es tatsächlich so, dass der Verein mit seinen Mitgliedern, da hat er momentan um die 80, hier auch im Schloss Sassanfahrt und darüber hinaus für ein kulturelles Angebot sorgt.“
Der Anspruch war, ein breites Angebot zu etablieren, das Besucherinnen und Besucher aus dem gesamten Umkreis anzieht, mittlerweile reicht das Einzugsgebiet sogar bis in den Nürnberger Raum. „Wir haben damals angefangen mit Vorträgen. Außerdem ging es darum, das Tropfhausmuseum hier in Sassanfahrt zu bespielen, und in Hirschaid in der Alten Schule ist ein ortsgeschichtliches Museum eingerichtet worden. Das waren alles Dinge, die über diesen Verein gelaufen sind, einfach um ein kulturelles Angebot zu schaffen, das unterschiedliche Zielgruppen anspricht.“
Anfangs war der Sitz des Vereins in der Alten Schule in Hirschaid, mittlerweile ist es das Schloss Sassanfahrt. Das Schloss war 2002 von der damaligen Eigentümerin zum Verkauf ausgeschrieben und beinhaltete fünf Mietwohnungen. Im Gemeinderat und auch beim damaligen Bürgermeister gab es dann die Überlegung, das Hirschaider Denkmal zu erwerben. In diese Zeit fällt auch der Arbeitsbeginn Annette Schäfers beim Markt Hirschaid. Nachdem nach und nach die Mieter ausgezogen waren und es leer stand, begann eine Planungs- und Finanzierungsphase, auf deren Basis es von 2011 bis 2014 saniert wurde. „Es war ein langer Weg, dieses Konzept zu entwickeln und das Ganze entsprechend auch mit den Behörden abzusprechen“, erinnert sie sich.
Jörg Leibinger, geborener Mittelfranke und seit rund 25 Jahren in der Marktgemeinde wohnhaft, war wie Annette Schäfer bereits bei der Gründungsversammlung des Vereins dabei und zunächst passives Mitglied. Seit sieben Jahren ist er in der aktiven Phase, nach einer Zeit als Beisitzer und dann als Zweiter Vorstand ist er seit letztem Jahr Erster Vorsitzender des Vereins.
2005 und 2006 gab es im Ortsteil, in dem er lebt, eine Dorferneuerung, bei der er sich engagierte und in deren Rahmen auch ein Buch für jeden Gemeindeteil erstellt wurde. „Während der Arbeiten zur Ortschronik, in die ich mit eingebunden war, gab es dann die ersten Kontakte zu Frau Schäfer. Dies fiel auch in die Zeit der Gründung der Kunst- und Kulturbühne Hirschaid. Das kulturelle Interesse und mein Engagement war nachhaltig für die nächsten Jahre bei mir geweckt“, erinnert sich Jörg Leibinger an die ersten Begegnungen.
Erinnerung im Mai an mehr Lametta
Der Verein fungiert im Schloss auch als Außenstelle des Blues- und Jazz-Festivals, 2025 werden in diesem Rahmen am 2. August Ellie Benn & Band und am 3. August Full House auftreten. Die Resonanz bei den Veranstaltungen sei unterschiedlich. Wichtig, betonen beide, sei, ein Angebot zu schaffen, das breit gefächert ist. Dieses reicht von Kindertheater, Vorträgen und Konzerten über Filmnachmittage für Senioren bis hin zu Firmenworkshops.

„In diesem Jahr haben wir auch einen Loriot-Abend dabei, auf den ich mich persönlich sehr freue und der, so wie ich hoffe, auch auf breites Interesse stoßen wird“, so Leibinger. Der Loriot-Abend findet am 16. Mai statt und wird vom Fränkischen Theatersommer gespielt, der drei Mal im Jahr mit Indoor- und Open Air-Stücken vor Ort ist.
Weitere dauerhafte Partner sind neben der engen Verzahnung mit dem Markt Hirschaid und der Zusammenarbeit mit dem Colloquium Historicum Wirsbergense, dem Bamberger Literaturfestival und dem Stadtmarketing Bamberg beim Blues- und Jazz-Festival außerdem aus der Marktgemeinde der ASV Sassanfahrt als Partner für Catering sowie die beiden Büchereien.
Mit den örtlichen Büchereien wird unter anderem im November der Literarische Salon veranstaltet, bei dem Bürger aus ihren Lieblingsbüchern lesen. „Diese beiden Büchereileiterinnen sind ein super Team und das passt alles einfach so gut zusammen. Wir haben auch schon Bücherflohmärkte hier gemacht“, sagt Annette Schäfer.
Ein fester Termin ist in jedem Jahr die Glühwein-Party am 30. Dezember. Diese findet im Schosspark, egal bei welchem Wetter, statt. Bei dieser stellt der örtliche Sportverein, der ASV Sassanfahrt, seine Buden auf und verkauft Bratwurst, Waffeln, Bier und Glühwein, die Kulturbühne beschränkt sich beim Ausschank auf heißen Aperol und organisiert immer einen Gitarristen, der Country- und Folksongs spielt. „Das hat halt einfach eine gewisse Stimmung. Nach Weihnachten, da sind die Leute entspannter. Und es ist noch vor Silvester und man kann den Glühwein noch sehen“, so die Geschäftsführerin.
Regelmäßig finden auch Filmnachmittage für Senioren statt, um die sich der zweite Vorsitzende des Vereins, der Amateurfilmer Klaus Fleischmann, kümmert. „Er hat die Kontakte zu den Filmautoren in ganz Bayern und bekommt auch schöne Kurzfilme von seinen Filmkollegen“, so Schäfer. „Im Saal bei Kaffee und Kuchen haben wir auch regelmäßig 30 bis 40 Besucherinnen und Besucher.“
„au contraire“ – zwei Künstler, zwei Sichtweisen
Der Verein finanziert sich in erster Linie über Spenden. „Was gut funktioniert, ist unser Getränkeausschank bei Veranstaltungen. Der läuft nämlich nicht gegen feste Preise, sondern gegen Spende. Und wir haben auch immer ein Schweinchen aufgestellt“, so Annette Schäfer. Auch die Finanzierung der Künstler übernimmt komplett der Verein.
Der Vorstand mit Beisitzern besteht aus zehn Personen, bei den Veranstaltungen seien dann immer noch weitere Mitglieder mit vor Ort, um mitzuhelfen. „10 bis 15 Leute groß ist der Pool, aus dem wir schöpfen können. Wenn Not am Mann ist, kann man noch weitere Helfer ansprechen, die sind uns alle auch mit ihrer Zeit sehr gewogen“, weiß Annette Schäfer das Engagement im Verein zu schätzen.
Im Verein wie auch außerhalb wurde mittlerweile ein großes Netzwerk geschaffen.
Vernetzen ist auch ein persönlicher Antrieb von Annette Schäfer. Deswegen sei auch die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen stark. „Wir haben zum Beispiel auch mit der Kufa schon kooperiert, mit KS.BAM, mit dem Landratsamt oder mit Institutionen, die sich mit Geschichte beschäftigen“, so Schäfer. „Ich versuche immer, wenn ich ein Thema sehe, möglichst viele Leute mit reinzubringen.“
Noch bis zum 1. Juni läuft die Ausstellung „Züge in den Tod“, die über die persönlichen Kontakte zu den Verantwortlichen des Netzwerks „Jüdisches Leben in Oberfranken“ entstanden ist. Die Verantwortlichen der Kulturbühne wussten, dass es eine Wanderausstellung gibt, und fragten an, ob deren Initiatoren sie auch nach Sassanfahrt bringen möchten. Diese Ausstellung befasst sich mit den Zügen, mit denen die jüdische Bevölkerung 1942 aus Coburg, Kulmbach und Lichtenfels deportiert wurde und die alle über die Regnitztal-Bahnstrecke fuhren.
Ein besonderes Konzept hat die Ausstellungsreihe „au contraire“, ein Eigengewächs der Kunst- und Kulturbühne Hirschaid. Dahinter verbirgt sich das Konzept einer Fotoausstellung, in der zwei Amateurfotografen unterschiedliche Herangehensweisen an Themen, Techniken und Motiven gegenüberstellen. Diese findet alle zwei Jahre statt und wurde im vergangenen Jahr bereits zum vierten Mal durchgeführt wurde. „Es entwickelt sich dann schon immer ganz schön, dass man Gegensätze herausfindet. Seien es Fotografen, die beide Naturfotografie machen, aber der eine in schwarz-weiß, der anderen in Farbe“, so Schäfer. „Oder im letzten Sommer, da hatten wir eine Fotografin, die sagt, sie will das Bild in dem Moment, in dem der Auslöser geht, fertig haben, sie bearbeitet nichts nach. Und auf der anderen Seite hat man einen Fotografen, der unheimlich gern spielt mit der Technik.“
Weg von der Theorie hin zu Erlebnissen
Der Verein ist auch außerhalb seiner Schlossmauern engagiert und versucht, dem gesellschaftlichen Leben zu helfen wo immer möglich. Besonders Geschichte, das Bewahren historischer Substanz und das Weitergeben von Wissen an jüngere Generationen sind für Frau Schäfer und Herrn Leibinger Herzensanliegen.
Im vergangenen Jahr hat sich die Kulturbühne für die Sanierung der ehemaligen jüdische Schule in der Ortsmitte Hirschaids starkgemacht. Das Gebäude, ursprünglich als Bauernhaus gebaut, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit das älteste noch stehende in Hirschaid, ein erhaltener Balken wird auf das Jahr 1517 datiert. „Und als Besonderheit“, so Jörg Leibinger, „das noch erhaltene rituelle Tauchbad, die Mikwe.“ Bis in die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war die jüdische Schule darin untergebracht, seitdem steht das Gebäude leer. „Wir als Verein haben uns in letzter Zeit in dieser Angelegenheit stark engagiert, um das Thema populär zu machen. Mittlerweile wurde auch einer Sanierung zugestimmt“, freut sich Leibinger.
2023 hat die Kunst- und Kulturbühne am „Tag des offenen Denkmals“ darin auch Führungen angeboten und die Verantwortlichen halten es für denkbar, wenn es saniert ist, dass auch sie als Verein das Haus mit Veranstaltungen bespielen können. „Das Denkmal soll ja nicht nur da stehen, sondern auch mit einem Sinn, mit Leben gefüllt werden“, betont der Vorsitzende. „Und da können und wollen wir als Verein auch unseren Beitrag leisten.“
„Solchen Projekten zu ihrem Platz zu verhelfen, ist nicht ganz einfach. Aber wichtig ist, dranzubleiben und schrittweise weiterzukommen“, ergänzt Schäfer. „Und wichtig ist, dass der Beschluss gefasst ist, dieses kulturelle Denkmal und das letzte Zeugnis der jüdischen Geschichte zu erhalten und zugänglich zu machen. Das ist heute wichtiger denn je.“
Ein anderer Ort, Schülern Geschichte zu veranschaulichen, ist das Tropfhaus. Nach dem Motto: Weg von der Theorie hin zu Erlebnissen. „Es geht immer darum bei Geschichte, den Bezug zur eigenen Lebensrealität herzustellen“, betont Annette Schäfer. Und sie unterstützen mit dem Verein in Sachen außerschulische Bildung gerne wo sie können mit ihrem Angebot.