Bambergs kabarettistisches Aushängeschild Mäc Härder ist derzeit mit seinem 10. Soloprogramm „Ihr könnt mich alle gern haben!“ unterwegs. Im Vorfeld seines nächsten Auftritts in der Region, am 31. Oktober in Hallstadt, haben wir ihn zum Gespräch übers Witzeschreiben, das Gendern und die Zurückhaltung des Publikums getroffen.
Herr Härder, „Ihr könnt mich alle gern haben!“ ist Ihr 10. Soloprogramm. Haben Sie beim Schreiben eher Freude über das Jubiläum empfunden oder Druck, etwas Besonderes abliefern zu müssen?
Mäc Härder: Druck herrscht da auf keinen Fall – man hat ja oft genug bewiesen, dass man es kann. Es gab sogar einen großen Vorteil beim Schreiben des Programms. Wegen der Pandemie und der Lockdowns habe ich mehr Zeit gehabt und auch mehr Ideen. Der Nachteil war, und ist es immer noch, dass ich das Programm zu selten spielen kann. Ein Programm braucht 15, 20 Auftritte, bis es rund läuft. Ich bin jetzt seit einem Jahr damit unterwegs und habe die Show insgesamt erst zehn oder elf Mal komplett gespielt.
Gehen Ihnen beim Schreiben die Witze heute leichter von der Hand als früher?
Mäc Härder: Nein, weil man nach all den Jahren zu viel weiß. Ich kenne zu viele Programme von KollegInnen und ich will mich auch selbst nicht wiederholen mit Nummern und Themen von früheren Shows. Ich hätte gerne manchmal den Zauber, die Unbedarftheit des Anfangs.
Wie sieht Ihre Arbeitsweise beim Schreiben aus: Sind Sie ständig auf der Suche nach Pointen oder nur, wenn Sie sich an den Schreibtisch setzen?
Mäc Härder: Mein Radar ist immer an. Ich habe so eine Standby-Funktion. Und wenn ich mir mehr als drei bis fünf Formulierungen merken möchte, muss ich sie mir aufschreiben. Manchmal stehe ich nachts dafür auf. Früher habe ich es mit festen Schreibtischzeiten versucht. Ich hatte zum Beispiel drei Ideen und habe dann angefangen, sie auszuarbeiten. Irgendwann waren zwei DIN A 4‑Seiten vollgeschrieben, ich brach aber trotzdem ab, weil ich merkte, dass das ja überhaupt nichts ist. Dann nimmt man die zweite Idee her und lässt es nach einer Dreiviertelseite sein – mit noch schlimmerem Ergebnis. Bleibt noch die dritte lausige Idee. Richtig frustriert macht man sich an die ran und plötzlich wird etwas daraus. Das liegt aber gar nicht so sehr an der Idee, sondern daran, dass ich mich einfach erst warmschreiben musste. Heute brauche ich dieses Warmschreiben gar nicht mehr. Ich weiß, wann genug Material da ist. Dann leg ich los.
Wird man nach zehn Programmen härter sich selbst gegenüber, wenn es darum geht, sich einzugestehen, dass eine Idee schlecht ist und man sie streichen sollte?
Mäc Härder: Natürlich, ganz eindeutig! Man ist viel schneller dabei rauszuwerfen, was nicht funktioniert. Auch bin ich viel schneller darin geworden, Nummern, die es zwar ins Programm geschafft haben, die auf der Bühne beim Publikum nicht funktionieren, rauszuschmeißen. Früher hätte ich so eine Nummer noch ein halbes Jahr mitgeschleppt in der Hoffnung, dass es mit ihr noch was wird. Es gilt der alte Spruch von Kurt Tucholsky: „Wat jestrichen ist, fällt nicht durch.“
Schreibt das Leben die besten Gags oder sind diejenigen besser, die man sich ausdenkt?
Mäc Härder: Mit diesem Klischee komme ich überhaupt nicht zurecht. Das Leben kann eine gute Anregung sein, aber es reicht so gut wie nie für eine Nummer. Man kann hin und wieder mal Sätze wortwörtlich übernehmen, aber den Großteil muss man zuspitzen und verdichten. Kabarett ist eine Mischung aus Erlebtem und Erfundenem.
Wenn Sie seit einem Jahr mit einem Programm auf Tour sind, das Sie schon vor mehr als einem Jahr, während des Lockdowns, geschrieben haben, sind die Themen dann noch aktuell?
Mäc Härder: Tatsächlich ja, ich musste kaum etwas ändern. Bei manchen Themen weiß man einfach, dass sie perspektivisch ein paar Jahre halten.
Welche sind die Hauptthemen von „Ihr könnt mich alle gern haben!“?
Mäc Härder: Corona, die Ampelregierung, das Fränkische und das Gendern.
Gendern – ein Reizthema für viele.
Mäc Härder: Ich hatte zu diesem Thema eine schöne Idee für eine leichte Mitmach-Nummer, bei der das Publikum zur Schulklasse wird.
Ist die Nummer pro oder contra Gendern?
Mäc Härder: Letztendlich pro. Das kommt wahrscheinlich auch daher, dass ich zwei volljährige Töchter habe, die auf so etwas stark achten. Dadurch bleibt man flexibel und es schafft Sichtbarkeit. Wenn man nicht zu dogmatisch ist, ist es auch nicht schwer. Selbst Bundeswehroffiziere schaffen es inzwischen, die SoldatInnen mit „Meine Damen und Herren“ anzusprechen.
Wie gehen Sie auf die Ampelregierung ein?
Mäc Härder: Ich will auch hier nicht zu viel verraten, aber ich mache das mit einer Jongliernummer, mit einem roten, einem grünen und einem gelben Ball, die einer nach dem anderen runterfallen. Ich muss sagen, dass die Nummer bisher genial ankommt. Vor der Bundestagswahl hatte ich auch Söder dabei, der blau-weiße Ball wurde durch einen Mozzarellakäse ersetzt.
Gibt es Bamberger Themen im Programm? Der eine oder andere politische Anlass derzeit bestünde ja.
Mäc Härder: Ich habe für Auftritte in Bamberg einen knapp fünfminütigen Extrateil, in dem es um lokale Themen geht. Letztendlich ehrt man ja die Kommunalpolitiker dadurch, dass man sie satirisch verarbeitet.
Da erübrigt sich die Frage fast schon, was der fränkische Kabarettist Mäc Härder ohne Franken und das Fränkische wäre.
Mäc Härder: Ich baue immer eine fränkische Nummer ein und mache viele Anspielungen in meinen Programmen. Und einen großen Vorteil hat das Fränkische beziehungsweise Auftritte in der Gegend aber doch: Ich kann nachts nach den Shows heim fahren. Wenn man weiter weg einen Auftritt hat, dort übernachtet, lernt man schnell, dass der Anblick deutscher Fußgängerzonen im Morgengrauen nicht erquickend ist.
Der Titel „Ihr könnt mich alle gern haben!“ klingt ein bisschen nach Abschied. Ist es das letzte Programm?
Mäc Härder: Nein, nein, weil ich schon weiß, wie meine beiden letzten Programme heißen werden. Das Vorletzte wird „Härder geht nicht“ heißen und das letzte dann „Härder geht doch“. Aber das heißt nicht, dass es zwischen diesen beiden und dem aktuellen Programm nicht noch andere geben wird.
Mäc Härder bleibt der Bühne also noch ein paar Jahre erhalten?
Mäc Härder: Ja, und zwar mit der großen Hoffnung, dass mir irgendwann jemand sagt: „Mäc, das ist nicht mehr witzig“ – und dass ich darauf höre.
Ein Teil Ihrer Auftritte besteht aus Artistiknummern wie der schon erwähnten Jonglage. Ein relativ unübliches Gestaltungsmerkmal im Kabarett.
Mäc Härder: Ja, sehr unüblich sogar. Das ist eigentlich ein Alleinstellungsmerkmal. Oft rettet mich die Jonglage sogar, vor allem bei geschlossenen Auftritten. Man stelle sich ein Publikum aus 100 Versicherungsleuten vor. Die denken sich bei einem Kabarettisten alle: „Dumm labern können wir auch.“ Dann fange ich an zu jonglieren und sie sagen: „Oh, der kann ja richtig was!“
Im Juni waren Sie in Ghana und sind dort vor Kindern aufgetreten. Wie kam es dazu?
Mäc Härder: Ich habe meine Tochter besucht, sie macht ein Freiwilliges Soziales Jahr in Ghana. Für die Kinder habe ich erst einen Auftritt auf Englisch gemacht und anschließend noch einen Jonglier- Workshop. Es war 35 Grad heiß und wir hatten nur Steine zur Verfügung. Aber einige haben dennoch die Grundzüge des Jonglierens gelernt.
Auf die Gefahr hin, ein weiteres Klischee zu wiederholen: Gibt es sie die internationale Sprache des Humors?
Mäc Härder: Mit Texten ist es in diesem Fall schwerer, weil Kinder in dem Alter, in dem diese Kinder in Ghana waren, also sechs oder sieben Jahre, Ironie noch nicht verstehen. Humorverständnis fängt in etwa mit neun oder zehn Jahren an. Aber mit Jonglieren kann man lustige visuelle Effekte erzielen, die überall verstanden werden.
Viele Kulturschaffende klagen über eine gewisse Zurückhaltung des Publikums, was den Besuch von Veranstaltungen angeht, obwohl es keine Corona-Beschränkungen mehr gibt. Nehmen Sie das auch wahr?
Mäc Härder: Ja, und ich behaupte, wir verlieren auf Dauer ein Viertel unseres Publikums. Die Leute sind träger geworden. Sie sind zwei Jahre lang ohne Live-Kultur ausgekommen und haben sich daran gewöhnt. Selbst meine Generation kennt Streaming und Mediathek. Ich spüre auch, dass wir KünstlerInnen an Bedeutung verloren haben. Wir sind beliebt, aber irrelevant. Berühmtere Leute als ich mussten Auftritte absagen, weil zu wenige Karten verkauft wurden. Mich buchen fränkischen Firmen und Personen für Feiern und Jubiläen, was mir hilft, momentan zu überleben.
Sie sind also mit Ihrer regionalen Bekanntheit zufrieden?
Mäc Härder: Ja. Ich bin geneigt zu sagen: Gott sei Dank bin ich nicht berühmter geworden.