Kaba­rett

Mäc Härder: Leben beginnt, wenn Hund tot und Kin­der aus dem Haus

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Härder
Mäc Härder, Foto: Sebastian Quenzer
Der Kaba­ret­tist Mäc Härder hat ein neu­es Pro­gramm geschrie­ben. „Leben beginnt, wenn Hund tot und Kin­der aus dem Haus“ han­delt von einem neu­en Lebens­ab­schnitt, der sich in der titel­ge­ben­den Fami­li­en­si­tua­ti­on ein­stellt. Am kom­men­den Sams­tag, dem 11. Janu­ar, ist Mäc Här­der ab 20 Uhr mit die­sem Pro­gramm im Kul­tur­bo­den in Hall­stadt zu Gast.
Beschreibt der Titel Ihre aktu­el­le Fami­li­en­si­tua­ti­on? Gibt es die Kin­der und den Hund wirklich?

Mäc Härder: Nicht ganz, es waren zwei Kat­zen. Die Kin­der haben jetzt aber tat­säch­lich erst vor ein paar Wochen das Haus ver­las­sen. Eine Toch­ter ist zum Stu­di­um nach Dres­den und die ande­re nach Würzburg gezo­gen. Am 4. Okto­ber waren inner­halb von zwei Stun­den bei­de weg.


Wie fühlt man sich als Vater, wenn die Kin­der das Haus verlassen?

Mäc Härder: Vor fünf Jah­ren habe ich geheult, als mir klar wur­de, dass sie bei­de irgend­wann weg sein würden. Da war ich rich­tig trau­rig. Heu­te habe ich mich aber damit abge­fun­den und das ist gut so. 20 Jah­re Kin­der im Haus zu haben, ist lang genug. Für die Kin­der wie für die Eltern.


Was machen Sie mit der neu gewon­ne­nen Freizeit?

Mäc Härder: Ich habe jetzt mal wie­der rich­tig Zeit, kon­ti­nu­ier­lich zu arbei­ten. Es ist schön, Kin­der zu haben, aber sie wol­len eben auch dau­ernd irgend­et­was. Jetzt spre­che ich mich nur noch mit mei­ner Frau ab – das reicht. Was ich mit der vie­len Frei­zeit aber wirk­lich anstel­len will, kann ich noch nicht sagen. In den Wochen, seit mei­ne Töchter weg sind, habe ich eigent­lich nur das neue Pro­gramm geprobt. Und für ein neu­es Pro­jekt, ein Buch­pro­jekt, habe ich schon ange­fan­gen zu schreiben.


Um was geht es dar­in, ist es eine Biografie?

Mäc Härder: Nein, eine unver­öf­fent­lich­te Bio­gra­fie habe ich schon vor 12 Jah­ren geschrie­ben. Aber Tei­le der Ver­wandt­schaft haben Ein­sprü­che erho­ben und so habe ich ver­zich­tet, sie zu veröffentlichen, obwohl der Text eigent­lich harm­los ist – aber egal. Ich schrei­be mit zwei Kaba­rett-Kol­le­gen ein Buch über Fran­ken, die Lebens­phi­lo­so­phie der Men­schen hier, über die­ses „Passt scho“, und wie die­ses Mot­to die Welt zu einem bes­se­ren Ort machen könnte. Klingt viel­ver­spre­chend, oder?


Also end­lich Din­ge tun, die Sie schon lan­ge ein­mal machen wollten?

Mäc Härder: Man kann auch vor­her schon tun, was man will, man hat eben nur eine Ver­ant­wor­tung für die Fami­lie. Die Frei­heit, die ich jetzt habe, war vor­her nur begrenz­ter. Das heißt aber nicht, dass sich jetzt Lan­ge­wei­le ein­stellt. Das wäre schön, wobei die Lan­ge­wei­le nicht lan­ge anhal­ten würde. Ich rei­se zum Bei­spiel sehr ger­ne – in mehr als 70 Ländern war ich schon.


Wie gehen Sie an die Arbeit zu einem neu­en Pro­gramm heran?

Mäc Härder: Das hängt stark vom Titel ab. Beim letz­ten Pro­gramm „Ihr könnt mich alle gern haben“ hat­te ich kein wirk­li­ches The­ma, also war es eher all­ge­mein gehal­ten. Das vor­letz­te dage­gen – „Wir haben nicht gegoo­gelt, wir haben überlegt“ – hat sich mit den Ver­än­de­run­gen von frü­her zur heu­ti­gen Welt aus­ein­an­der gesetzt. Jetzt, bei „Leben beginnt, wenn Hund tot und Kin­der aus dem Haus“, wuss­te ich sofort, wo es in der Show hin­ge­hen kann. Das fokus­siert und es ent­ste­hen wun­der­ba­re Ein­fäl­le, die dazu pas­sen könnten. Sehr inspi­rie­rend. Das Haupt­the­ma wird zum roten Faden und drum­her­um kann ich dann die ande­ren Ideen und Num­mern mit einbauen.


Wie läuft das hand­werk­lich ab?

Mäc Härder: Ungefähr im Febru­ar hat­te ich den Titel des Pro­gramms. Ab die­sem Zeit­punkt schal­tet das Gehirn um und hat eine Art Stand­by-Funk­ti­on, die alles nach Ver­wert­bar­keit unter dem Gesichts­punkt des Titels ana­ly­siert. Alle zwei Wochen stel­le ich mei­ner Frau dann neue Tex­te bei unserm „Jour fixe“ vor. Hin­zu kommt mei­ne Notiz­zet­tel-App auf dem Han­dy. Das heißt, ich samm­le neun Mona­te und aus die­sen vie­len Bau­stei­nen set­ze ich das Pro­gramm dann zusam­men. Bei­spiel: Ich habe den Gag „mei­ne Frau hat jetzt auch mehr Zeit. Aber sie hat nie­man­den mehr zum Erzie­hen. Der ein­zi­ge, der übrig­ge­blie­ben ist, bin ich.“ Und dann kann man anhand von tatsächlich Erleb­tem, Erfun­de­nem oder Übertreibungen aus­bau­en, wie sie mich erzie­hen will.


Haben Sie die Notiz-App kli­schee­haf­ter­wei­se auch griff­be­reit auf dem Nachttisch?

Mäc Härder: Mir fällt nachts oft etwas ein. Dabei ver­fol­ge ich das Prin­zip: Bis zu fünf Gags kann ich mir mer­ken, bei fünf bis sie­ben wird es eng, und sobald ich mehr als sie­ben Ideen habe, muss ich auf­ste­hen, um es auf­zu­schrei­ben. Ein Zet­tel am Bett oder die App ist mir aber zu umständ­lich. Ich set­ze mich dann um 3:30 Uhr an den Schreib­tisch und notie­re mir alle Geis­tes­blit­ze, auch wenn dabei nicht alles geni­al ist. Wie oft habe ich mich auf der ande­ren Sei­te schon geärgert, nicht auf­ge­stan­den zu sein, weil ich dach­te, ich könnte mir alles merken.


Muss sich das Publi­kum auch auf ein Pro­gramm ein­stel­len, in dem ein Kaba­ret­tist sei­ne Mid­life-Cri­sis ausbreitet?

Mäc Härder: Nein, kein biss­chen! Das Pro­gramm ist durch­aus an ein paar Stel­len nach­denk­lich, weil man ja älter wird. Aber in ers­ter Linie ist es lus­tig. Die Mid­life-Cri­sis ist schon so lan­ge her, die habe ich kom­plett ver­ges­sen oder ver­drängt. Ich ste­he seit fast 40 Jah­ren auf der Bühne. Dabei ent­wi­ckelt man ent­we­der einen eige­nen Weg oder man ist wie alle andern und verschwindet.


Wie ist Ihr Weg?

Mäc Härder: Neben dem jewei­li­gen Haupt­the­ma ent­de­cke ich immer wie­der schö­ne, ein­zig­ar­ti­ge Sachen in der frän­ki­schen Spra­che und im Ver­hal­ten der Fran­ken. Ein Bei­spiel: Wenn im Fran­ken­kri­mi der Satz fällt „Ich bin dä Mördä, ich hab gedödet“ – dann klingt das doch nicht gefährlich, dann klingt das sanft. Zudem erzäh­le ich von den Fern­seh­sen­dun­gen mei­ner Kind­heit und Jugend. Und natür­lich habe ich als mein Mar­ken­zei­chen auch wie­der Artis­tik im Pro­gramm. Dies­mal wird es eine Hea­vy-Metal-Num­mer geben – ich jon­glie­re mit einem Beil und einer Machete.


Sie sind mit der Kaba­ret­tis­tin Annet­te von Bam­berg ver­hei­ra­tet. Ist es hin­der­lich oder zuträglich, mit jeman­dem zusam­men zu sein, die auch Kaba­rett macht?

Mäc Härder: Dann ver­ra­te ich doch mal ein Geheim­nis. Es gilt ein altes Gesetz bei uns, das nicht nur ver­ste­hen kann, wer selbst auf der Bühne steht: Die letz­ten sechs Wochen vor der Pre­mie­re tren­nen wir uns nicht als Paar. Weil die Hälfte der Part­ner­schaft, die eine Pre­mie­re vor sich hat, in die­sem Zeit­raum unzurechnungsfähig ist. Einen Tag ist man him­mel­hoch­jauch­zend, was für tol­le Ideen man hat. Und am nächsten Tag stellt man mit Ernüchterung fest, dass man schon wie­der nur etwas über die Deut­sche Bahn geschrie­ben hat. Die ande­re Sei­te muss ver­su­chen, das abzu­fe­dern. Denn eine Pre­mie­re ist ver­gleich­bar mit einem Auto­un­fall. Bloß weiß man, dass man auf etwas zurast.


Sind Sie schon ein­mal in einer sol­chen Pre­mie­ren-Situa­ti­on gewesen?

Mäc Härder: Nein, wir haben das immer ver­mie­den. Annet­te woll­te eigent­lich die­ses Jahr auch ein neu­es Pro­gramm auf die Bühne brin­gen, sie wäre eigent­lich auch dran gewe­sen. Aber ich hat­te schon so vie­le Ideen für mein neu­es Pro­gramm, wes­we­gen sie mir den Vor­tritt gelas­sen hat. Außer­dem führen wir gegen­sei­tig bei­ein­an­der Regie, das geht nicht gleichzeitig.


Ist man dabei größter Fan oder größter Kritiker?

Mäc Härder: Eher Kri­ti­ker. Man kennt das Pro­gramm des ande­ren aus­wen­dig und weiß, dass man es selbst ganz anders machen würde. Aber wir geben uns da letzt­lich nichts. Annet­te ist eine bes­se­re Schau­spie­le­rin als ich, ganz ein­deu­tig. Und ich bin wahr­schein­lich ein bes­se­rer Schreiber.


Was treibt Sie nach elf Pro­gram­men an weiterzumachen?

Mäc Härder: Ers­tens habe ich genügend Ideen. Zwei­tens ist Kaba­rett ja auch die Mög­lich­keit, mit der Idio­tie der Welt zurecht zu kom­men und drit­tens habe ich zwei Kin­der, die jetzt viel­leicht aus dem Haus sind, aber immer noch Geld brau­chen. Oder wie es im Pro­gramm heißt: „Geld ist nicht wich­tig, aber es hält die Bezie­hung zu den Kin­dern aufrecht.“


Sie hat­ten im Thea­ter am Michels­berg jah­re­lang so etwas wie eine Resi­denz. Nun hat das TaM sein Ende für den kom­men­den Febru­ar bekannt­ge­ge­ben. Wie gehen Sie damit um?

Mäc Härder: Es ist scha­de. Mein Dau­er­en­ga­ge­ment im TaM hat so vie­les erleich­tert. Ich weiß, wo ich hin muss, ich habe idea­le Auf­bau­be­din­gun­gen, ich habe das Publi­kum immer sehr nah und kann inter­agie­ren. Und danach kann ich run­ter ins Restau­rant und noch eine Klei­nig­keit trin­ken. So kann ich einen per­fek­ten Abend gestal­ten. Ab einem bestimm­ten Alter ist auch das eine nicht zu unter­schät­zen­de Lebensqualität.


Was könnte Ihr nächstes Pro­gramm sein?

Mäc Härder: Das weiß ich noch nicht. Einen Titel hätte ich aber schon: „Enkel sind die bes­se­ren Kinder.“

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