Der Kabarettist Mäc Härder hat ein neues Programm geschrieben. „Leben beginnt, wenn Hund tot und Kinder aus dem Haus“ handelt von einem neuen Lebensabschnitt, der sich in der titelgebenden Familiensituation einstellt. Am kommenden Samstag, dem 11. Januar, ist Mäc Härder ab 20 Uhr mit diesem Programm im Kulturboden in Hallstadt zu Gast.
Beschreibt der Titel Ihre aktuelle Familiensituation? Gibt es die Kinder und den Hund wirklich?
Mäc Härder: Nicht ganz, es waren zwei Katzen. Die Kinder haben jetzt aber tatsächlich erst vor ein paar Wochen das Haus verlassen. Eine Tochter ist zum Studium nach Dresden und die andere nach Würzburg gezogen. Am 4. Oktober waren innerhalb von zwei Stunden beide weg.
Wie fühlt man sich als Vater, wenn die Kinder das Haus verlassen?
Mäc Härder: Vor fünf Jahren habe ich geheult, als mir klar wurde, dass sie beide irgendwann weg sein würden. Da war ich richtig traurig. Heute habe ich mich aber damit abgefunden und das ist gut so. 20 Jahre Kinder im Haus zu haben, ist lang genug. Für die Kinder wie für die Eltern.
Was machen Sie mit der neu gewonnenen Freizeit?
Mäc Härder: Ich habe jetzt mal wieder richtig Zeit, kontinuierlich zu arbeiten. Es ist schön, Kinder zu haben, aber sie wollen eben auch dauernd irgendetwas. Jetzt spreche ich mich nur noch mit meiner Frau ab – das reicht. Was ich mit der vielen Freizeit aber wirklich anstellen will, kann ich noch nicht sagen. In den Wochen, seit meine Töchter weg sind, habe ich eigentlich nur das neue Programm geprobt. Und für ein neues Projekt, ein Buchprojekt, habe ich schon angefangen zu schreiben.
Um was geht es darin, ist es eine Biografie?
Mäc Härder: Nein, eine unveröffentlichte Biografie habe ich schon vor 12 Jahren geschrieben. Aber Teile der Verwandtschaft haben Einsprüche erhoben und so habe ich verzichtet, sie zu veröffentlichen, obwohl der Text eigentlich harmlos ist – aber egal. Ich schreibe mit zwei Kabarett-Kollegen ein Buch über Franken, die Lebensphilosophie der Menschen hier, über dieses „Passt scho“, und wie dieses Motto die Welt zu einem besseren Ort machen könnte. Klingt vielversprechend, oder?
Also endlich Dinge tun, die Sie schon lange einmal machen wollten?
Mäc Härder: Man kann auch vorher schon tun, was man will, man hat eben nur eine Verantwortung für die Familie. Die Freiheit, die ich jetzt habe, war vorher nur begrenzter. Das heißt aber nicht, dass sich jetzt Langeweile einstellt. Das wäre schön, wobei die Langeweile nicht lange anhalten würde. Ich reise zum Beispiel sehr gerne – in mehr als 70 Ländern war ich schon.
Wie gehen Sie an die Arbeit zu einem neuen Programm heran?
Mäc Härder: Das hängt stark vom Titel ab. Beim letzten Programm „Ihr könnt mich alle gern haben“ hatte ich kein wirkliches Thema, also war es eher allgemein gehalten. Das vorletzte dagegen – „Wir haben nicht gegoogelt, wir haben überlegt“ – hat sich mit den Veränderungen von früher zur heutigen Welt auseinander gesetzt. Jetzt, bei „Leben beginnt, wenn Hund tot und Kinder aus dem Haus“, wusste ich sofort, wo es in der Show hingehen kann. Das fokussiert und es entstehen wunderbare Einfälle, die dazu passen könnten. Sehr inspirierend. Das Hauptthema wird zum roten Faden und drumherum kann ich dann die anderen Ideen und Nummern mit einbauen.
Wie läuft das handwerklich ab?
Mäc Härder: Ungefähr im Februar hatte ich den Titel des Programms. Ab diesem Zeitpunkt schaltet das Gehirn um und hat eine Art Standby-Funktion, die alles nach Verwertbarkeit unter dem Gesichtspunkt des Titels analysiert. Alle zwei Wochen stelle ich meiner Frau dann neue Texte bei unserm „Jour fixe“ vor. Hinzu kommt meine Notizzettel-App auf dem Handy. Das heißt, ich sammle neun Monate und aus diesen vielen Bausteinen setze ich das Programm dann zusammen. Beispiel: Ich habe den Gag „meine Frau hat jetzt auch mehr Zeit. Aber sie hat niemanden mehr zum Erziehen. Der einzige, der übriggeblieben ist, bin ich.“ Und dann kann man anhand von tatsächlich Erlebtem, Erfundenem oder Übertreibungen ausbauen, wie sie mich erziehen will.
Haben Sie die Notiz-App klischeehafterweise auch griffbereit auf dem Nachttisch?
Mäc Härder: Mir fällt nachts oft etwas ein. Dabei verfolge ich das Prinzip: Bis zu fünf Gags kann ich mir merken, bei fünf bis sieben wird es eng, und sobald ich mehr als sieben Ideen habe, muss ich aufstehen, um es aufzuschreiben. Ein Zettel am Bett oder die App ist mir aber zu umständlich. Ich setze mich dann um 3:30 Uhr an den Schreibtisch und notiere mir alle Geistesblitze, auch wenn dabei nicht alles genial ist. Wie oft habe ich mich auf der anderen Seite schon geärgert, nicht aufgestanden zu sein, weil ich dachte, ich könnte mir alles merken.
Muss sich das Publikum auch auf ein Programm einstellen, in dem ein Kabarettist seine Midlife-Crisis ausbreitet?
Mäc Härder: Nein, kein bisschen! Das Programm ist durchaus an ein paar Stellen nachdenklich, weil man ja älter wird. Aber in erster Linie ist es lustig. Die Midlife-Crisis ist schon so lange her, die habe ich komplett vergessen oder verdrängt. Ich stehe seit fast 40 Jahren auf der Bühne. Dabei entwickelt man entweder einen eigenen Weg oder man ist wie alle andern und verschwindet.
Wie ist Ihr Weg?
Mäc Härder: Neben dem jeweiligen Hauptthema entdecke ich immer wieder schöne, einzigartige Sachen in der fränkischen Sprache und im Verhalten der Franken. Ein Beispiel: Wenn im Frankenkrimi der Satz fällt „Ich bin dä Mördä, ich hab gedödet“ – dann klingt das doch nicht gefährlich, dann klingt das sanft. Zudem erzähle ich von den Fernsehsendungen meiner Kindheit und Jugend. Und natürlich habe ich als mein Markenzeichen auch wieder Artistik im Programm. Diesmal wird es eine Heavy-Metal-Nummer geben – ich jongliere mit einem Beil und einer Machete.
Sie sind mit der Kabarettistin Annette von Bamberg verheiratet. Ist es hinderlich oder zuträglich, mit jemandem zusammen zu sein, die auch Kabarett macht?
Mäc Härder: Dann verrate ich doch mal ein Geheimnis. Es gilt ein altes Gesetz bei uns, das nicht nur verstehen kann, wer selbst auf der Bühne steht: Die letzten sechs Wochen vor der Premiere trennen wir uns nicht als Paar. Weil die Hälfte der Partnerschaft, die eine Premiere vor sich hat, in diesem Zeitraum unzurechnungsfähig ist. Einen Tag ist man himmelhochjauchzend, was für tolle Ideen man hat. Und am nächsten Tag stellt man mit Ernüchterung fest, dass man schon wieder nur etwas über die Deutsche Bahn geschrieben hat. Die andere Seite muss versuchen, das abzufedern. Denn eine Premiere ist vergleichbar mit einem Autounfall. Bloß weiß man, dass man auf etwas zurast.
Sind Sie schon einmal in einer solchen Premieren-Situation gewesen?
Mäc Härder: Nein, wir haben das immer vermieden. Annette wollte eigentlich dieses Jahr auch ein neues Programm auf die Bühne bringen, sie wäre eigentlich auch dran gewesen. Aber ich hatte schon so viele Ideen für mein neues Programm, weswegen sie mir den Vortritt gelassen hat. Außerdem führen wir gegenseitig beieinander Regie, das geht nicht gleichzeitig.
Ist man dabei größter Fan oder größter Kritiker?
Mäc Härder: Eher Kritiker. Man kennt das Programm des anderen auswendig und weiß, dass man es selbst ganz anders machen würde. Aber wir geben uns da letztlich nichts. Annette ist eine bessere Schauspielerin als ich, ganz eindeutig. Und ich bin wahrscheinlich ein besserer Schreiber.
Was treibt Sie nach elf Programmen an weiterzumachen?
Mäc Härder: Erstens habe ich genügend Ideen. Zweitens ist Kabarett ja auch die Möglichkeit, mit der Idiotie der Welt zurecht zu kommen und drittens habe ich zwei Kinder, die jetzt vielleicht aus dem Haus sind, aber immer noch Geld brauchen. Oder wie es im Programm heißt: „Geld ist nicht wichtig, aber es hält die Beziehung zu den Kindern aufrecht.“
Sie hatten im Theater am Michelsberg jahrelang so etwas wie eine Residenz. Nun hat das TaM sein Ende für den kommenden Februar bekanntgegeben. Wie gehen Sie damit um?
Mäc Härder: Es ist schade. Mein Dauerengagement im TaM hat so vieles erleichtert. Ich weiß, wo ich hin muss, ich habe ideale Aufbaubedingungen, ich habe das Publikum immer sehr nah und kann interagieren. Und danach kann ich runter ins Restaurant und noch eine Kleinigkeit trinken. So kann ich einen perfekten Abend gestalten. Ab einem bestimmten Alter ist auch das eine nicht zu unterschätzende Lebensqualität.
Was könnte Ihr nächstes Programm sein?
Mäc Härder: Das weiß ich noch nicht. Einen Titel hätte ich aber schon: „Enkel sind die besseren Kinder.“