Teil­ha­be von Men­schen mit Behinderung

„MITeinander.Vielfalt.erLEBEN“: 2. Inklu­si­ons­mes­se in Bamberg

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Inklusionsmesse
Die Inklusionsmesse findet im Neubau der Firma Dr. Pfleger statt, Foto: Thomas Woltmann
Nach­dem im ver­gan­ge­nen Jahr Bam­bergs ers­te Mes­se für Inklu­si­on in beacht­li­cher Grö­ße erfolg­reich statt­fand, gibt es heu­er am 27. April die zwei­te Aus­ga­be die­ser Inklu­si­ons­mes­se. Unter dem Mot­to „MITeinander.Vielfalt.erLEBEN“ wird sie ver­an­stal­tet vom För­der­kreis „gool­kids“ in Koope­ra­ti­on mit der Behin­der­ten­be­auf­trag­ten der Stadt Bam­berg sowie der Dr. Robert Pfle­ger Stif­tung. Wir haben mit Lukas Par­zych, Lei­ter des Inte­gra­ti­ons­pro­jekts „ginaS“, über die Vor­be­rei­tun­gen, die Ziel­set­zung der Mes­se sowie dar­über gespro­chen, ob bezie­hungs­wei­se wie inklu­siv und bar­rie­re­frei die Stadt und der Land­kreis Bam­berg sind.

Die Teil­ha­be von Men­schen mit Behin­de­rung ist ein unab­ding­ba­rer Teil unse­rer Gesell­schaft und sehr bedeut­sam. Doch was ist Teil­ha­be von Men­schen mit Behin­de­rung? Kurz und prä­gnant zusam­men­ge­fasst: Men­schen mit Behin­de­rung wol­len genau­so leben wie nicht­be­hin­der­te Men­schen. Man möch­te je nach Mög­lich­keit mobil und best­mög­lich selbst­stän­dig sein und den All­tag im Ide­al­fall ohne jeg­li­che frem­de Hil­fe meis­tern kön­nen – ohne sich von der Gesell­schaft abzu­kap­seln. Nie­mand darf zudem wegen einer Behin­de­rung benach­tei­ligt wer­den. So steht es im Grund­ge­setz der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, auch wenn es eine Selbst­ver­ständ­lich­keit für jeden von uns sein sollte.

Im Zuge der Teil­ha­be sticht eine Sache jedoch beson­ders her­vor: Bar­rie­re­frei­heit. Ohne Bar­rie­re­frei­heit ist eine Teil­ha­be nicht realisierbar.

Ange­sichts die­ser im Grund­ge­setz ver­an­ker­ten Nen­nung der Teil­ha­be ist es umso wich­ti­ger, dass eine Mes­se­rei­he wie die Bam­ber­ger Inklu­si­ons­mes­se ins Leben geru­fen wur­de. Am 27. April fin­det sie ab 11 Uhr in der Dr.-Robert-Pfleger-Straße 12 statt.

Eines der pri­mä­ren Zie­le die­ser Mes­se besteht dar­in, einen Über­blick über das viel­fäl­ti­ge Bera­tungs- und Unter­stüt­zungs­an­ge­bot der Bam­ber­ger Regi­on zu schaf­fen. Dar­über hin­aus wird zahl­rei­chen Bera­tungs­stel­len für Men­schen mit Behin­de­rung eine Prä­sen­ta­ti­ons­mög­lich­keit für ihr Wir­ken ermög­licht. Doch wie kam es zu eben die­ser Messereihe?

„Die Gesund­heits­mes­se ist im ver­gan­ge­nen Jahr aus­ge­fal­len, sodass wir selbst etwas auf die Bei­ne stel­len woll­ten“, sagt Lukas Par­zych, Lei­ter des Inte­gra­ti­ons­pro­jekts „ginaS“ („gool­kids inte­griert natür­lich alle Sport­ler“). „Im Prin­zip ist dadurch die Inklu­si­ons­mes­se ent­stan­den, die nicht nur auf­grund der hohen Besu­cher­zahl sehr erfolg­reich war. Beson­ders von den Kin­dern wur­de sie gut ange­nom­men. Wich­tig war uns, dass wir sie nicht nur für den Bereich der Inklu­si­on, son­dern für alle gestal­ten woll­ten. Initia­tor die­ser Mes­se war „gool­kids“. Mit dem Gelän­de der Fir­ma Dr. Pfle­ger haben wir zudem einen sehr geeig­ne­ten Stand­ort dazu­ge­won­nen, wor­über wir sehr froh und äußerst dank­bar sind. Mit Dr. Pfle­ger und der Stadt Bam­berg als Koope­ra­ti­ons­part­ner an unse­rer Sei­te kön­nen wir deut­lich stär­ker auftreten.“

Selbst­er­klä­rend ist zudem, dass eine Mes­se nur im Ver­bund mit einem funk­tio­nie­ren­den Orga­ni­sa­ti­ons­team durch­ge­führt wer­den kann. Die­ses besteht aus Robert Bartsch, Grün­der von „gool­kids“, sowie Bam­bergs Behin­der­ten­be­auf­trag­ter Nico­le Orf und Sascha Dorsch, Per­so­nal­lei­ter bei Dr. Pfle­ger, sowie sei­nem gesam­ten Team. „Für das Enga­ge­ment sind wir zu gro­ßem Dank ver­pflich­tet“, sagt Lukas Par­zych. „Wolf­gang Heyder von „gool­kids“ treibt eben­falls sehr viel vor­an und ist äußerst zuver­läs­sig glei­cher­ma­ßen wie Anna Nie­der­mai­er – auf bei­de kann man immer zählen.“

Der Fokus der Mes­se liegt in die­sem Jahr auf dem gesam­ten Land­kreis, nach­dem im letz­ten Jahr Bam­berg Stadt im Mit­tel­punkt der Ver­an­stal­tung stand. „Wir möch­ten die Inklu­si­on sowohl in als auch um Bam­berg her­um vorantreiben.

Dem­entspre­chend wur­den wich­ti­ge Ver­ant­wort­li­che auf unse­re Mes­se auf­merk­sam gemacht und zur Teil­nah­me eingeladen.“

„Wir brau­chen einen sozia­len Raum, in dem wir uns gemein­sam bewegen“

Wer­fen wir dabei einen Blick auf die Haupt-Initia­to­ren der Mes­se: „gool­kids“ – und damit ver­bun­den das Pro­jekt „ginaS“ – bie­tet im Gesamt­ver­bund kurz gesagt eine Mög­lich­keit, Per­so­nen an den Sport zu brin­gen, auch wenn dies natür­lich nur ein Teil­be­reich ist.

„Wir sind die benö­tig­te Brü­cke zwi­schen den Insti­tu­tio­nen wie der Lebens­hil­fe oder Don Bosco und vor allem den Ver­ei­nen“, sagt Lukas Par­zych. „Unser Anlie­gen ist, dass Per­so­nen zum Sport kom­men, die lei­der oft­mals nicht die Mög­lich­keit dazu haben. Wir ver­mit­teln und bie­ten Hil­fe im sozia­len Bereich und schau­en gleich­zei­tig, dass Per­so­nen durch den Sport akti­ver Teil unse­rer Gesell­schaft wer­den kön­nen – im Ver­bund mit viel Lebens­freu­de. Sei es bei unse­rer Inklu­si­ons-Fuß­ball­mann­schaft, unse­rem Bas­ket­ball­team, bei inte­gra­Fit, bei Ver­an­stal­tun­gen an Schu­len. Inklu­si­on soll als Selbst­ver­ständ­lich­keit und Teil unse­rer Gesell­schaft betrach­tet wer­den. Es soll ersicht­lich wer­den, dass es kei­ne Rol­le spielt, wie ein Mensch ist, woher er stammt, wel­che Haut­far­be er hat, ob er eine Behin­de­rung hat oder eben nicht. Grund­sätz­lich sind wir alle gleich, denn wir brau­chen einen sozia­len Raum, in dem wir uns gemein­sam bewe­gen. Wir haben fest­ge­stellt, dass man dies am bes­ten durch den Sport umset­zen kann.“

Dabei kön­nen „ginaS“ und „gool­kids“ auf eine Viel­zahl umge­setz­ter Pro­jek­te zurück­bli­cken, zu denen alle immer herz­lich will­kom­men waren. Alters­stu­fen spie­len kei­ne Rol­le. Ein Bei­spiel hier­für ist der Fuß­ball. Hier spie­len Spie­ler im Alter zwi­schen 6 und 50 Jah­ren zusam­men. Ein Pro­jekt möch­te Par­zych dann doch her­aus­he­ben, ohne die ande­ren Pro­jek­te zu benach­tei­li­gen. „Ich möch­te an die­ser Stel­le auf das Pro­jekt „Roll­stuhl­sport macht Schu­le“ auf­merk­sam machen. Die Inklu­si­ons­mann­schaft im Fuß­ball hat bei den Baye­ri­schen Meis­ter­schaf­ten zwei­mal den drit­ten Platz errun­gen, war bei den Spe­cial Olym­pics in Ber­lin dabei, wo wir die Bron­ze­me­dail­le gewon­nen haben. Das ist ein­fach etwas, das die tol­le Ent­wick­lung der Sport­ler ersicht­lich wer­den lässt. Ob mit oder ohne Behin­de­rung, ist neben­säch­lich. Das ist unfass­bar schön – ich sehe bei sol­chen Ver­an­stal­tun­gen die Augen strah­len. Die Sport­ler holen alles aus sich her­aus und wer­den mit laut­star­kem Jubel im Sta­di­on sowie einem ein­zig­ar­ti­gen Team­zu­sam­men­halt belohnt.“

Gera­de in Anbe­tracht sol­cher Erleb­nis­se muss aber auch erwähnt wer­den, dass weder „gool­kids“ noch „ginaS“ insti­tu­tio­nell geför­dert wer­den und dem­entspre­chend immer wie­der auf För­de­rer ange­wie­sen sind. „Stif­tun­gen, Orga­ni­sa­tio­nen und wei­te­re Spon­so­ren jeg­li­cher Art sind für uns über­le­bens­wich­tig“, so Par­zych. „Aus die­sem Grund ist Wer­bung über uns und das Auf­merk­sam machen auf unser Schaf­fen enorm wich­tig – vor allen Din­gen für unse­re Sport­ler, die damit der bedin­gungs­lo­sen Teil­ha­be ein gro­ßes Stück näher­kom­men. Wir müs­sen jähr­lich zuse­hen, dass wir genug Gel­der zusam­men­be­kom­men, damit die­se wich­ti­gen Pro­jek­te wei­ter­ge­führt wer­den können.“

Inklusionsmesse
Pro­jekt „Roll­stuhl­sport macht Schu­le“ bei der Inklu­si­ons­mes­se 2023, Foto: Moritz Trebin
Rah­men­pro­gramm, Mit­mach­ak­tio­nen und Podiumsdiskussionen

Der bevor­ste­hen­den Mes­se sieht Par­zych hin­ge­gen gelas­se­ner und mit viel Freu­de ent­ge­gen, da er auf zahl­rei­che Hel­fer zäh­len kann. „Bezüg­lich der Pla­nun­gen habe ich weni­ger Sor­gen, auch wenn die­se sehr umfang­reich und arbeits­in­ten­siv sind. Dank der groß­ar­ti­gen Arbeit aller Akteu­re kön­nen wir uns nun rela­tiv ent­spannt auf die Mes­se freu­en. Ohne das Orga­ni­sa­ti­ons­team wäre dies alles nicht mög­lich gewe­sen. Des­halb freue mich auf alle Besu­cher der Mes­se und den ergie­bi­gen Aus­tausch. Man kann neue Ideen ent­wi­ckeln und über Koope­ra­tio­nen spre­chen. Nicht uner­wähnt sol­len an die­ser Stel­le der Hoch­seil­gar­ten, das Kin­der­schmin­ken, der Kin­der­floh­markt, aber auch die Podi­ums­dis­kus­sio­nen und Vor­trä­ge blei­ben – ich freue mich ein­fach auf alles!“

Eini­ge Per­so­nen aus dem Teil­neh­mer­feld der Podi­en dür­fen an die­ser Stel­le bereits bekannt­ge­ge­ben wer­den. „Es geht vor allem dar­um, die Berei­che der Inklu­si­on, Bar­rie­re­frei­heit und Teil­ha­be vor­an­zu­trei­ben. Die­ses Mal ist, wie bereits erwähnt, der Land­kreis im Fokus. Für uns wird es von zen­tra­ler Bedeu­tung sein, wie man die The­ma­ti­ken des Land­krei­ses dann auch wie­der auf die Stadt Bam­berg zurück­füh­ren kann.“

Teil­neh­men an den Podi­en wer­den sowohl der SPD-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te für die Regio­nen Bam­berg, Forch­heim und Coburg, Andre­as Schwarz, die Inklu­si­ons­be­auf­trag­te der Stadt Bau­nach, Sabi­ne Saam, Vol­ker Hoff­mann, der Vor­sit­zen­de Bei­rat für Men­schen mit Behin­de­rung, sowie sei­ne bei­den Stell­ver­tre­ter Mar­kus Loch und Clau­dia Ramer als auch der erfolg­rei­che Para-Leicht­ath­let Maxi­mi­li­an Ley. Wolf­gang Metz­ner, Bam­bergs 3. Bür­ger­meis­ter, wird die Mode­ra­ti­on über­neh­men, wäh­rend Jonas Glüsen­kamp, der 2. Bür­ger­meis­ter, und Bru­no Kell­ner, stell­ver­tre­ten­der Land­rat, die Mes­se eröff­nen. „Wei­te­re zen­tra­le Ansprech­part­ner wer­den vor Ort sein, denn das The­ma soll auf kon­struk­ti­ve Art und Wei­se gemein­sam auf­ge­ar­bei­tet wer­den. Wir hof­fen auf wei­te­re posi­ti­ve Rückmeldungen.“

Bleibt die Fra­ge, wie inklu­siv und bar­rie­re­frei Bam­berg der­zeit ist, bezie­hungs­wei­se an wel­chen Stel­len Opti­mie­rungs­be­darf besteht? „Ich den­ke“, sagt Lukas Par­zych, „dass wir ins­ge­samt auf einem guten Weg sind. Jedoch gibt es noch eini­ge Opti­mie­rungs­po­ten­zia­le – vor allem im Bereich des Ver­eins­we­sens. Wir möch­ten, dass wir Men­schen mit Behin­de­rung – noch stär­ker – in Sport­ver­an­stal­tun­gen mit­ein­be­zie­hen. Dies machen wir als rela­tiv klei­ner Ver­ein in gro­ßer Form. Bei den Mes­sen ver­su­chen wir dar­zu­stel­len, dass Inklu­si­ons­sport tat­säch­lich allen Spaß macht, wir Bar­rie­ren über­win­den, Teil­ha­be schaf­fen und jeden ein­bin­den. Dar­über hin­aus möch­ten wir infor­mie­ren. Tho­mas Ven­ten, der im Sozi­al- und Rechts­be­reich infor­miert, ist zum Bei­spiel enorm wich­tig dafür, dass wir dahin­ge­hend zusam­men­kom­men und uns gegen­sei­tig helfen.“

Inklu­si­on so ver­ständ­lich wie mög­lich machen

So kann die 2. Bam­ber­ger Inklu­si­ons­mes­se am 27. April kom­men. Ohne die Unter­stüt­zung von ver­schie­de­nen Sei­ten wäre sie wahr­schein­lich jedoch kaum mög­lich. „Ich möch­te allen dan­ken, die uns über Jah­re hin­weg bedin­gungs­los unter­stützt haben und dies wei­ter­hin tun“, sagt Lukas Par­zych. „Ohne, oft ehren­amt­li­che, Hel­fer geht es nicht. Wir sind auf jeden Unter­stüt­zer ange­wie­sen, auch aus finan­zi­el­ler Sicht durch Spon­so­ren und Stif­tun­gen wie zum Bei­spiel „Akti­on Mensch“ und die Ober­fran­ken Stiftung.“

Neben der Sicher­stel­lung der Finan­zie­rung möch­te das Pro­jekt
„ginaS“ Inklu­si­on so ver­ständ­lich wie nur mög­lich machen und alle in den Sport brin­gen, die den Wunsch dazu haben – unab­hän­gig von ihren Vor­zei­chen. „Wir möch­ten die­se Men­schen best­mög­lich aus­stat­ten und teil­ha­ben las­sen am Leben, ihnen eine Freu­de machen, die sie mög­li­cher­wei­se zu bestimm­ten Abschnit­ten in ihren Leben nicht haben.“

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