Lie­der­buch zuguns­ten der Kin­der- und Jugendhospizarbeit

Mit­tel­al­ter­band Sagensang

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Sagensang
Sagensang von links: Isabel Schaffner, Daniela Festi, Johanne Scharnick und Marcel Bauer, Foto: Markus Schindewolf
Die Musik­grup­pe Sagensang spielt neue Lie­der über mit­tel­al­ter­li­che Zei­ten und his­to­ri­sche Tanz­mu­sik. Nun hat die Grup­pe um Front­frau Danie­la Fes­ti außer­dem ein Kin­der­lie­der­buch für den guten Zweck herausgebracht.

Die Spiel­leu­te der Mit­tel­al­ter­band Sagensang, das sind Danie­la Fes­ti, Mar­cel Bau­er, Isa­bel Schaff­ner und Johan­ne Schar­nick. Die Grup­pe hat sich vor rund zwei Jah­ren zusam­men­ge­fun­den. Grün­de­rin Danie­la Fes­ti, die sich in Anleh­nung an das Sym­bol für Pau­se in einem Musik­stück auch „Fer­ma­ta Sagensang“ nennt, fand in der Pan­de­mie neue Men­schen für ihre „neu­en Lie­der über alte Zei­ten“. Es sind oft his­to­risch inspi­rier­te Melo­dien mit eige­nen Tex­ten. „Schon als Kind habe ich mich sehr für die Sagen über König Arthus inter­es­siert. Die Roma­ne dazu gibt es in vie­len ver­schie­de­nen Varia­tio­nen, die die Geschich­te aus unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven erzäh­len“, erklärt sie. Spä­ter habe sie nicht nur Musik­un­ter­richt genom­men, son­dern sich auch mehr und mehr mit der Musik beschäf­tigt, die auf Mit­tel­al­ter­märk­ten oder an Lager­feu­ern und bei Live-Rol­len­spie­len gespielt wird.

Fan­ge­mein­den des Live Role Action Play­ing (LRAP), die regel­mä­ßig zu den Spie­len ohne Zuschau­er pil­gern, gibt es dabei nicht nur in Deutsch­land, son­dern welt­weit. Beim LARP schlüp­fen die Spie­ler in eine selbst aus­ge­dach­te Rol­le, tra­gen oft selbst genäh­te, fan­ta­sie­vol­le Gewän­der und erle­ben gemein­sam inter­ak­ti­ve Aben­teu­er, unter­stützt durch die Spiel­lei­tung. Publi­kum gibt es kei­nes – dafür aber pas­sen­de Musik oder Tanz­aben­de. „Wir waren mit Sagensang auch schon als Spiel­leu­te auf einem LARP“, sagt Danie­la Fes­ti. „Ein Her­zog hat­te zu einem Fest gela­den. Wir haben erst ein klei­nes Kon­zert gege­ben und dann den gan­zen Abend zum Tanz aufgespielt.“

His­to­ri­sche Tanz­mu­sik aus der Renais­sance ist eine wei­te­re Inspi­ra­ti­ons­quel­le für Sagensang. „Unse­re Musik ist eine bun­te Mischung aus alten und neu­en Lie­dern in der Tra­di­ti­on der Folk-Musik und der Pfad­fin­der, hand­ge­macht, meist mit Gitar­ren­be­glei­tung“, erklärt Frau Fes­ti. Bei Sagensang kom­men akus­ti­sche Instru­men­te zum Ein­satz, die meist kei­nen Ver­stär­ker brau­chen. Das kön­nen bei­spiels­wei­se Gitar­ren­lau­ten, Block­flö­ten und Trom­meln sein. „Wir spie­len auch mit einem Tam­bou­rin und einem Hüm­mel­chen, das ist ein klei­ner Dudel­sack in Zim­mer­laut­stär­ke“, sagt sie und lacht. Die Instru­men­te vari­ie­ren zudem unter den Spie­lern und es kann in wech­seln­der Beset­zung und Rol­len zu zweit, zu dritt oder zu viert gespielt wer­den. Ein wenig schau­spie­le­ri­sches Talent ist dar­über hin­aus eben­so gefragt. „Da Mar­cel in nächs­ter Zeit die Grup­pe lei­der ver­lässt, wäre als Nach­fol­ger jemand gut, der künf­tig wie­der die männ­li­chen Parts in unse­ren Stü­cken über­neh­men kann, etwa den Bären, den Troll oder den Her­zog“, sagt Frau Fes­ti. Auch könn­ten noch mehr Instru­men­te wie Strei­cher oder gar eine Har­fe ger­ne zur Grup­pe hinzukommen.

Lie­der von Dra­chen, Köni­gen und Rittern

Ihre Lie­der spie­len Sagensang aber nicht nur auf Mit­tel­al­ter­märk­ten, bei Live-Rol­len­spie­len und his­to­ri­schen Tanz­aben­den. Sie pas­sen auch in eine eher unbe­kann­te Com­mu­ni­ty, den soge­nann­ten „Filk“. In Anleh­nung an den eng­li­schen „Folk“, der sich an tra­di­tio­nel­ler Volks­mu­sik ori­en­tiert, wer­den im Filk Lie­der über Sci­ence-Fic­tion und Fan­ta­sy-The­men gesun­gen. Filk Con­ven­ti­ons, also Zusam­men­künf­te von Anhän­gern der Filk-Musik, gibt es vor allem in USA und Groß­bri­tan­ni­en; aber auch in Deutsch­land und Skan­di­na­vi­en. Die Filk-Com­mu­ni­ty pflegt einen regen inter­na­tio­na­len Aus­tausch. „Ich war total über­rascht und sehr geehrt, als ich als Inter­filk-Gast auf eine Con­ven­ti­on nach Seat­tle ein­ge­la­den wur­de“, erzählt Danie­la Fes­ti. Dafür habe sie eigens Lie­der ins Eng­li­sche über­setzt und Noten für die Instru­men­tal­stü­cke auf­ge­schrie­ben. „Ich habe dann ein Kon­zert zusam­men mit zwei tol­len Musi­ke­rin­nen vor Ort gege­ben, Cel­lo und Gei­ge. Ein tol­ler Sound für Sagensang – was für ein Glück, das die­se Rei­se kurz vor der Pan­de­mie noch statt­fin­den konnte!“

Danie­la Fes­tis mit­tel­al­ter­li­che Fan­ta­sy-Lie­der han­deln zum Bei­spiel von einer Burg, vor des­sen Toren ein Heer lagert, bis der König sie befreit, und von einem spre­chen­den Baum am Wal­des­rand, der aller­hand erlebt: Ein Ein­horn kommt bei ihm vor­bei und er weiß etwas über eine Hexe oder einen Dra­chen mit Mund­ge­ruch zu erzäh­len. Lie­der über Rit­ter ste­hen auch auf dem Pro­gramm, wie der muti­ge Rit­ter Hase als Ret­ter in der Not, der von der Insek­ten­kö­ni­gin geehrt wird und der Schwar­ze Rit­ter, der wider­wil­lig ein schwe­res Erbe antre­ten muss und fort­an zum Böse­wicht abge­stem­pelt wird. Die Dra­chen­kin­der zur alten Tanz­me­lo­die „Unga­re­scha“ indes schlüp­fen und sind nied­lich, bis sie in den Dra­chen­kin­der­gar­ten kom­men und dann nach und nach selb­stän­di­ger und selbst­be­stimm­ter wer­den. „Der Tanz ist ein­fach zu ler­nen, wir brin­gen ihn bei unse­ren Mit­mach­kon­zer­ten dem Publi­kum auch ger­ne bei“, sagt Danie­la Festi.

Aus den Aben­teu­ern lernen

„Die Lie­der han­deln von Freud und Leid im Mit­tel­al­ter, aber auch von Stär­ke und Mut der Fan­ta­sie­fi­gu­ren, von denen sie erzäh­len“, erklärt Danie­la Fes­ti. Der Reiz von Sagen, oft mit magi­schem Flair, lie­ge vor allem in einem guten Ende. „Das Beson­de­re an Fan­ta­sy-Geschich­ten und den Sagen des Mit­tel­al­ters ist, dass man aus den Aben­teu­ern ler­nen kann. Die Hel­din­nen und Hel­den bewäl­ti­gen alle Gefah­ren, die sich ihnen in den Weg stel­len und über­win­den nahe­zu jede noch so schwie­ri­ge Situa­ti­on.“ Auch kön­ne man in einer Fan­ta­sie­welt von einer kom­pli­zier­ten neu­en Welt auf eine ver­meint­lich ein­fa­che alte Welt zurück­schau­en, in der noch ech­te Gefah­ren am Weges­rand lau­er­ten, und sich dabei sicher füh­len. Ein humor­vol­les Augen­zwin­kern beim Zurück­schau­en ist in den Lie­dern mit dabei. „Der Troll im Lied bei­spiels­wei­se, zu dem ich erst bei Kin­dern nach­ge­fragt habe, wie sie ihn sich vor­stel­len, ist eigent­lich gar nicht böse, son­dern mag Musik – das ist das Schöne.“

Mit ihren Lie­dern, für die sich Danie­la Fes­ti die Inspi­ra­tio­nen hin und wie­der auch von Spiel­kar­ten aus einem fran­zö­si­schen Rate­spiel holt, trat sie zunächst im Fami­li­en- und Freun­des­kreis auf. „Begeis­tert waren anfangs vor allem die Kin­der, die die mit­tel­al­ter­li­chen Klän­ge gleich ver­zau­ber­ten und die prompt bei den Refrains mit­ge­sun­gen haben“, erzählt sie.

Bei einem Innen­hof­kon­zert in Bam­berg, das die Lie­der­ma­che­rin im Juni 2021 orga­ni­sier­te, lern­te sie den Gitar­ris­ten und Sän­ger Mar­cel Bau­er ken­nen, der sich bei dem Kon­zert um den Sound küm­mer­te. Und als dann bei einer jähr­li­chen Rol­len­spiel- und Spie­le­frei­zeit in Baden-Würt­tem­berg drei Mona­te spä­ter eines der Kin­der selbst einen Chor zusam­men­stell­te, um das Lied „Die Burg“ zu sin­gen – und dafür nach Text und Noten frag­te – ent­schied Danie­la Fes­ti, eine Idee end­lich in die Tat umzusetzen.

Dra­chen­kin­der-Lie­der­buch als gemein­nüt­zi­ges Projekt

So beschloss Danie­la Fes­ti, aus ihren Lie­dern und Bal­la­den ein fami­li­en­freund­li­ches Lie­der­buch zu machen. Sie frag­te Mar­cel Bau­er, ob er sich vor­stel­len kön­ne, bei Sagensang dabei zu sein, und such­te nach wei­te­ren Spiel­leu­ten für die Grup­pe. Über Face­book lern­te sie Isa­bel Schaff­ner ken­nen, die zu die­sem Zeit­punkt nicht nur neu in der Stadt war, son­dern auch den glei­chen Musik­ge­schmack hat. Johan­ne Schar­nick kommt kurz dar­auf über das Erwach­se­nen-Block­flö­ten­en­sem­ble der Städ­ti­schen Musik­schu­le hin­zu, in dem sie und Danie­la Fes­ti mit­spie­len. Die Grup­pe „Sagensang“ probt fort­an zu viert und es gibt jedes Mal Bam­ber­ger Hexen­kräu­ter­tee, eines der Lieb­lings­ge­trän­ke der Spiel­leu­te. Im April 2022 tra­ten sie bei den Fei­er­lich­kei­ten zu einer Tau­fe mit einer Aus­wahl von vier Lie­dern zum ers­ten Mal gemein­sam auf.

Für die Illus­tra­tio­nen im Lie­der­buch wähl­te Danie­la Fes­ti einen Weg, der schon bei der Musik gut funk­tio­niert hat­te: Sie ließ sich von his­to­ri­schen Vor­bil­dern inspi­rie­ren und mach­te etwas Neu­es dar­aus. Der Codex Manes­se ist eine Lie­der­hand­schrift aus dem 14. Jahr­hun­dert, die die Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek Hei­del­berg nicht nur auf­be­wahrt, son­dern auch digi­tal zur Ver­fü­gung stellt. Neben mit­tel­hoch­deut­schen Tex­ten fin­den sich dort 138 Bil­der mit unter­schied­li­chen Sze­nen aus dem mit­tel­al­ter­li­chen Leben – eine Men­ge Mate­ri­al, um für jedes der elf für das Lie­der­buch vor­her­ge­se­he­nen Lie­der eine pas­sen­de Bild­ta­fel zu malen.

Um das Lie­der­buch-Pro­jekt zu finan­zie­ren, ent­stand die Idee, das Geld für die ers­te Auf­la­ge über eine Crowd­fun­ding-Akti­on zu sam­meln und die Bücher anschlie­ßend zu spen­den. Bei einem Kon­zert in der KUFA von Sagensang im Febru­ar die­ses Jah­res zusam­men mit dem Bam­ber­ger Duo „Bern­stein & Eben­holz“, bei dem sich bei­de Grup­pen in gemüt­li­cher Lager­feu­er-Atmo­sphä­re gegen­sei­tig ihre Lie­der als „Musi­ka­li­sche Geschich­ten an der Weg­ga­be­lung der Zeit“ vor­spiel­ten, wur­de die Crowd­fun­ding-Akti­on bekannt gege­ben und danach flei­ßig über das Inter­net und sozia­le Netz­wer­ke beworben.

Bis Anfang Juni kamen so mehr als 1.800 Euro zusam­men. Damit konn­ten 77 zusätz­li­che Lie­der­bü­cher finan­ziert wer­den, die Sagensang Mit­te Sep­tem­ber bei einem wei­te­ren Kon­zert in der KUFA an den Bam­ber­ger Hos­piz­ver­ein für sei­ne Kin­der- und Jugend­ar­beit via Urkun­de über­gab. Den Ver­kauf der Bücher über­nahm der Hos­piz­ver­ein selbst. „Dra­chen­kin­der – Ein Lie­der­buch von Sagensang“ ist dort online bestell­bar. Es kann aber auch über den Ver­lag oder bei Live-Kon­zer­ten von Sagensang erwor­ben werden.

„Wer sich für ein Dra­chen­kin­der-Lie­der­buch ent­schei­det, tut nicht nur sich etwas Gutes, son­dern för­dert damit die gemein­nüt­zi­ge Arbeit der vie­len ehren­amt­li­chen Hel­fer des Bam­ber­ger Hos­piz­ver­eins für das Kin­der- und Jugend­hos­piz zu ein­hun­dert Pro­zent“, sagt Danie­la Fes­ti. Hin­ten im Buch befin­det sich zudem ein QR-Code, mit dem man sich das Gitar­ren­buch zu den Dra­chen­kin­dern her­un­ter­la­den kann. Neben der Ori­gi­nal-Ton­art sind dar­in auch wei­te­re, gut spiel­ba­re Ton­ar­ten ange­ge­ben, falls die ori­gi­nal Sagensang-Ver­si­on zu hoch oder zu tief sein sollte.

Sozia­les Enga­ge­ment Mitmachkonzerte

Zum Dra­chen­kin­der-Lie­der­buch pla­nen Sagensang, die alle­samt in ihrer Frei­zeit Freu­de am gemein­sa­men Spie­len und Sin­gen haben, in nächs­ter Zeit auch Auf­nah­men für ein Album. Mit ihren Mit­mach­kon­zer­ten sind die Spiel­leu­te auch an Schu­len aktiv, zuletzt wäh­rend der Feri­en­be­treu­ung im Som­mer bei­spiels­wei­se an einer Grund­schu­le in der Regi­on. Zum The­ma Mit­tel­al­ter haben sie dort zusam­men mit den Kin­dern über Dra­chen und Bur­gen gesun­gen, his­to­ri­sche Tän­ze getanzt und bun­te Dra­chen­mas­ken gebas­telt. Zu sehen sind Sagensang auch auf Mit­tel­al­ter­märk­ten, etwa in Neun­burg vorm Wald in der Ober­pfalz oder beim his­to­ri­schen Schaf­fest in Hers­bruck. Neue Kon­zer­te in Bam­berg und Umge­bung wird es im nächs­ten Jahr auch wie­der geben.

Jetzt im Advent wol­len Sagensang zusam­men mit dem Hos­piz­ver­ein in ruhi­ger Atmo­sphä­re im klei­nen Kreis an Fei­ern im Kin­der- und Jugend­hos­piz teil­neh­men und dort Kin­der, Jugend­li­che und Trau­er­grup­pen besu­chen, um mit ihnen gemein­sam mit Dra­chen­ei­ern und Ras­seln Musik zu machen. „Da es bei uns kei­ne kla­re Tren­nung zwi­schen Musi­zie­ren und Zuhö­ren gibt und wir die Dra­chen­kin­der-Lie­der vor­wie­gend in Mit­mach­kon­zer­ten spie­len, bei denen sich das Publi­kum auch ein­brin­gen kann“, sagt Danie­la Fes­ti, freu­en wir uns auf die Kin­der, Jugend­li­chen und auch Erwach­se­nen, die mit Begeis­te­rung dabei sind.“

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