Seit mehr als 150 Jahren bietet der Musikverein Bamberg internationalen klassischen Solistinnen und Solisten und Kammermusikensembles eine Bühne in Bamberg. Seit April 2022 hat der Verein mit Stephan Schultz einen neuen 1. Vorsitzenden. Der Cellist, Ensembleleiter und Musikpädagoge möchte neue Impulse setzen.
„Musik belebt meine Seele. Musik ist wie ein Motor, aber auch beruhigend für mich. Wenn ich gestresst bin, nehme ich mein Cello und spiele Bach“, sagt Stephan Schultz.
1972 in Erfurt geboren, lebt er heute mit seiner Familie im französischen Metz und für die Arbeit in Lichtenfels. Als Cellist gründete er mit 23 Jahren das Leipziger Barockorchester und spielte im Europäischen Barockorchester, im Staatsorchester Halle, im MDR-Sinfonieorchester Leipzig, in der Magdeburgischen Philharmonie und im Orchestre Philharmonique du Luxembourg. Seit 2006 leitet er das Ensemble Le Concert Lorrain und ist außerdem seit 2021 Leiter der Heinrich-Faber-Musikschule Lichtenfels.
Auf einer Tagung im Herbst 2021 lernte er seinen Kollegen Martin Erzfeld, Leiter der Bamberger Musikschule, kennen. Dieser teilte ihm mit, dass der Musikverein Bamberg einen neuen 1. Vorsitzenden suche, nachdem Andrea Paletta nach 25 Jahren ihren Vorsitz abgeben wolle.
Möglichst schnell musste also eine Nachfolge für die verantwortungsvolle ehrenamtliche Aufgabe gefunden werden. Erzfeld fragte beim Musiker und Musikpädagogen mit ausgeprägtem Lebenslauf und entsprechendem Netzwerk, Stephan Schultz, an, und schlug ihn nach Schultz’ Zusage dem Verein als neuen 1. Vorsitzenden vor. Im April 2022 wurde er bei der Vorstandswahl in diese Position und Martin Erzfeld zum 2. Vorsitzenden des Musikvereins gewählt.
„Wir müssen schnell herausfinden, wer was übernehmen kann“
„Andrea Paletta hat ein großes Vermächtnis hinterlassen“, sagt Stephan Schultz, „sie hat immer Top-Künstler nach Bamberg geholt. Nun ist es auch meine Verpflichtung, diesen Anspruch zu erfüllen.“ Die Programmlinie, der Stephan Schultz dabei treu bleiben will, ist die der klassischen Musik.
Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet, war und ist der Musikverein in Bamberg der maßgebliche Veranstalter kammermusikalischer Konzerte und füllt damit eine Lücke, die der maßgebliche Veranstalter symphonischer Konzerte, die Bamberger Symphoniker, außer mit gelegentlichen Auftritten von Ensembles aus den eigenen Reihen, nicht schließen kann. Kraft ihrer Satzung können die Symphoniker nämlich ihre Solistinnen und Solisten nicht für reine Soloabende engagieren.
So soll es auch unter Stephan Schultz weiterhin mindestens sieben Konzerte pro Spielzeit im Joseph-Keilberth-Saal der Bamberger Konzerthalle, der traditionellen Konzertstätte des Musikvereins, geben. Wobei er sich, sofern der Vorstand mitzieht, auch ein achtes, zum Beispiel in Form eines Weihnachtskonzerts, vorstellen könne. Für die Verwirklichung dieser Pläne und der neuen Impulse, die der neue Vorsitzende geben möchte, „wird viel davon abhängen, ob der Vorstand und auch die Mitglieder des Musikvereins sich davon beflügeln lassen.“
Als Pendler zwischen den beiden Wohnsitzen in Metz und Lichtenfels ist Stephan Schultz ohnehin auf Teamarbeit angewiesen. „Wir müssen die Aufgaben gut verteilen und schnell herausfinden, wer was übernehmen kann. Aktuell sucht der Musikverein einen neuen Schatzmeister. Gerade für eine solche Position ist es jedoch schwer, qualifizierte ehrenamtlich tätige Leute zu finden. Wir müssen und dürfen die Dinge auf mehrere Schultern verteilen. So kann ich auch neue Impulse reinbringen und versuchen, die Mitglieder dazu zu motivieren, sich zu engagieren.“
Öffnung des Programms
Dieses Engagement sei nötig, um neue Akzente im Musikverein Bamberg zu setzen. Zum einen bleibt die erwähnte Verpflichtung zur Pflege des Repertoires von der Klassik bis zur klassischen Moderne wesentliche Maßgabe der Programmgestaltung. „Aber ich möchte auch die Jugend für die Tradition begeistern und träume davon, mehr jüngeres Publikum in den Joseph-Keilberth-Saal zu kriegen.“
Eine entsprechende Öffnung des musikalischen Programms hin zu moderneren Genres sieht Schultz als eine Möglichkeit, die Verjüngung des Publikums zu bewerkstelligen. Als Frankreich-Freund könne er sich zum Beispiel ein Konzert mit französischer und deutscher Musik kombiniert mit einer Lesung vorstellen – oder ein Kammerkonzert mit Alter Musik, ein Jazzkonzert oder den Auftritt eines Knabenchores.
„Ich denke, dass wir den Auftrag haben, Dinge im Kulturbetrieb auch immer wieder zu verändern und zu erneuern. Entscheidend ist dabei, dass der Anspruch an hohe künstlerische Qualität grundsätzlich auch die künftige Programmgestaltung begleitet.“
Das nächste Konzert des Musikvereins findet am 26. November statt und wird bereits in die Richtung der Verbindung von Tradition und Moderne gehen. Dann tritt das Duo Konvex auf und spielt zeitgenössische Musik für Schlagzeug und Flöte. Auf dem Programm von Alexandra Forstner und Holger Roese stehen unter anderem Werke von Ravi Shankar, Béla Bartók, Arthur Honegger und Astor Piazzolla.