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Chor

„Wir ver­wech­seln uns teil­wei­se selber“

Vokal­ensem­ble Schwesterhochfünf

Die fünf Bam­ber­ger Schwes­tern Agnes, Cor­du­la, Fran­zis­ka, Maria und Moni­ka Tschusch­ke haben schon als Kin­der im Chor der Mäd­chen­kan­to­rei des Bam­ber­ger Doms zusam­men gesun­gen. Vor 20 Jah­ren grün­de­ten sie Schwes­ter­hoch­fünf – ein Vokal­ensem­ble mit per­so­nel­lem Seltenheitswert.

Das Reper­toire von Schwes­ter­hoch­fünf besteht neben eini­gen welt­li­chen vor allem aus geist­li­chen Chor-Stü­cken und umfasst mehr als 100 Titel. Nach zwei Jah­ren Kon­zert­lo­sig­keit berei­ten sich Schwes­ter­hoch­fünf Anfang Juli für zwei Auf­trit­te in Würz­burg und Bam­berg vor. Die Pro­ben fin­den in St. Eli­sa­beth in der Sand­stra­ße statt, wo am 25. Sep­tem­ber auch das Bam­ber­ger Kon­zert sein wird. Dort haben wir die Fünf zum Inter­view getroffen.

Wie­so haben Sie sich mit Schwes­ter­hoch­fünf für Chor­mu­sik entschieden?

Fran­zis­ka: Weil es das ist, was uns ver­bin­det, weil wir das Chor­sin­gen in unse­rer Kind­heit und Jugend im Chor in der Mäd­chen­kan­to­rei des Bam­ber­ger Doms gemein­sam erlebt haben, es gleich füh­len und es dar­um auch beson­ders trans­por­tie­ren kön­nen. Wir haben auch schon mal ver­sucht, Pop­mu­sik zu machen. Aber das kam nicht gut an, weil wir das ein­fach nie gemein­sam gemacht haben.

Cor­du­la: In unse­rem Eltern­haus gab es auch kei­ne Rock n’ Roll- oder Pop-Musik. Wir sind eher mit Klas­sik auf­ge­wach­sen. Das prägt.

Maria: Wenn wir jetzt etwas Neu­es wie eine ande­re Musik­rich­tung drauf set­zen wür­den, hät­te die­se Musik nicht die Ver­bin­dung zu unse­rem Ursprung und wäre nicht mehr so authentisch.

Neben Ihrer Gesangs-Aus­bil­dung in der Mäd­chen­kan­to­rei haben Sie immer wie­der Gesangs­coa­ches kon­sul­tiert. Neh­men Sie deren Diens­te auch heu­te noch in Anspruch oder sind Sie sozu­sa­gen ausgecoacht?

Maria: Nein, nie. Als wir anfin­gen, haben wir das ohne Ein­fluss von außen gemacht. Irgend­wann haben wir aber gemerkt, dass wir allei­ne nicht wei­ter­kom­men. Dar­um haben wir immer wie­der Coa­ches ange­heu­ert. Jeder davon hat uns auf eine ande­re Art und Wei­se wei­ter­ge­bracht und weiterentwickelt.

Cor­du­la: Und jetzt nach Coro­na könn­ten wir wie­der ein­mal Coa­ching brau­chen. Es ist auch immer wie­der inspi­rie­rend. Auch unter dem Gesichts­punkt, dass ein Coach, im Gegen­satz zu einem Chor­lei­ter, wie wir ihn frü­her in der Mäd­chen­kan­to­rei hat­ten, nicht vor­ne dran steht und den Chor führt. Wir muss­ten die Koor­di­na­ti­on also irgend­wann selbst übernehmen.

Gibt es vie­le ande­re Chö­re, die aus fünf Geschwis­tern bestehen?

Moni­ka: Es gibt schon vie­le Geschwis­ter-Ensem­bles, und nicht nur rein sin­gend, son­dern auch mit Instru­men­ten – aber fünf Schwes­tern, die zusam­men sin­gen, ist mir sonst noch nicht über den Weg gelau­fen, schon gar nicht in unse­rer Stilrichtung.

Sie haben noch zwei Brü­der. Dür­fen die bei­den nicht mitmachen?

Agnes: Doch, der Jün­ge­re singt ab und zu mit und wir freu­en uns, wenn er uns dann mit sei­nem Bass erdet.

Sie stam­men aus Bam­berg, woh­nen aber mitt­ler­wei­le ver­teilt auf ganz Süd­deutsch­land. Wel­chen Raum kann der Chor bei sol­chen Ent­fer­nun­gen noch haben?

Fran­zis­ka: Wir tref­fen uns pro­jekt­wei­se, regel­mä­ßi­ger ist es tat­säch­lich nicht mög­lich. Frü­her war es oft so, dass wir uns bei Fami­li­en­tref­fen tra­fen und dann auch gleich geprobt haben. Heu­te müs­sen wir mehr­mals im Jahr eige­ne Pro­be­wo­chen­en­den orga­ni­sie­ren – und vor­her muss jede zuhau­se etwas tun.

Agnes: Der geo­gra­fi­sche Mit­tel­punkt zwi­schen unse­ren Wohn­or­ten ist in Ans­bach. Und wenn es ganz nötig wird zu pro­ben, fah­ren wir alle mor­gens mit dem Zug dort­hin, wo es ein evan­ge­li­sches Pfarr­haus gibt, in dem wir pro­ben kön­nen, und abends geht es wie­der zurück. Das mini­miert den orga­ni­sa­to­ri­schen Auf­wand von Über­nach­tung oder Kinderbetreuung.

Wel­che Rol­le spielt die Kir­che für Schwesterhochfünf?

Maria: Eine gro­ße, denn dort kom­men wir her, aus der Mäd­chen­kan­to­rei. Auch wenn mitt­ler­wei­le welt­li­che oder Volks­lie­der dazu­ge­kom­men sind – am Anfang haben wir tat­säch­lich aus­schließ­lich geist­lich gesun­gen. Außer­dem haben wir die Erfah­rung gemacht, dass die Kir­che auch immer ein total guter Gast­ge­ber ist. Oft müs­sen wir in Kir­chen kei­ne Mie­te zah­len, wenn wir zum Bei­spiel einen Pfar­rer fin­den, der uns ohne Wei­te­res einen Raum und Auf­tritts­ort zur Ver­fü­gung stellt.

Moni­ka: Und auch was die Akus­tik betrifft, sind Kir­chen sehr wich­tig. Es ist schwer, Ver­an­stal­tungs­or­te zu fin­den, an denen wir uns akus­tisch woh­ler füh­len als in Kirchen.

Sie pro­ben dort, wo Sie auftreten?

Moni­ka: Ja, wir kön­nen nicht mit einer Akus­tik auf­tre­ten, die wir nicht ken­nen und da sofort ein Kon­zert sin­gen. Wir set­zen uns also vor­her immer inten­siv mit dem Ort aus­ein­an­der, min­des­tens ein bis zwei Stunden.

Fran­zis­ka: Aber natür­lich ist die Akus­tik in jeder Kir­che anders. Wir haben Stü­cke, die wir in der einen Kir­che geschlos­sen, also dicht neben­ein­an­der ste­hend sin­gen, und in der ande­ren mit Abstand, damit ein gesam­ter Klang ent­steht. Das ist eigent­lich immer ganz spannend.

Wel­che Bedeu­tung hat es für einen Chor und sei­ne Musik, wenn sei­ne Mit­glie­der bio­lo­gisch ver­wand­te Stim­men haben?

Maria: Das ist unse­re Sub­stanz, das sind wir. Manch­mal lachen wir dar­über, dass des­we­gen auch kei­ne aus­stei­gen oder ersetzt wer­den könn­te. Wenn eine geht, ist der Chor am Ende und Schwes­ter­hoch­fünf hat sich erle­digt. Auch das ist anders als in ande­ren Ensembles.

Agnes: Zum Bei­spiel bei Auf­nah­men pas­siert es aber auch uns immer wie­der, dass wir wegen unse­rer ähn­li­chen Stim­men selbst nicht wis­sen, wer an wel­cher Stel­le gesun­gen hat. Wir ver­wech­seln uns da teil­wei­se sel­ber. Aber das macht das gemein­sa­me Sin­gen für uns auch sehr leicht, weil sich unse­re Stim­men­gut mischen und so einen Gesamt­klang erzeu­gen. Für ein ande­res Ensem­bles wäre die­ser Effekt ein grö­ße­rer Auf­wand. Sei­ne Mit­glie­der müss­ten mehr an ihren Stim­men arbei­ten, um so einen Klang zu fin­den, um sei­ne Tei­le ein­an­der so ähn­lich zu machen. Bei uns funk­tio­niert das inso­fern von alleine.

Gibt es auch Nach­tei­le bei ver­wand­ten Stim­men wie zu wenig Fär­bung im Klang?

Moni­ka: Wenn zum Bei­spiel eine Stim­me her­vor­ste­chen soll, haben wir tat­säch­lich schon teil­wei­se Pro­ble­me, dass man das dann auch wirk­lich hört. Oft wird die eine Stim­me dann von den ande­ren Stim­men zuge­deckt. Da eine Struk­tur rein­zu­brin­gen, ist schon immer schwie­ri­ger für uns.

Kann es für eine Musik­grup­pe auch nach­tei­lig sein, wenn alle ihre Mit­glie­der ver­wandt sind?

Maria: Es hat Vor-und Nach­tei­le. Aber ich glau­be, die Vor­tei­le über­wie­gen, weil ein­fach im all­täg­li­chen Umgang alle wis­sen, wie alle ande­ren funk­tio­nie­ren. Das heißt ja auch immer, dass man die Fal­len bei den ande­ren kennt. Din­ge also, bei denen es immer mal wie­der kurz ein biss­chen knal­len kann.

Cor­du­la: Wenn man sich dann mal anraunzt, ist so was aber auch immer schnell wie­der erle­digt und man hat sofort wie­der eine Basis, auf der man wei­ter­ar­bei­ten kann. Das ist in nicht-ver­wand­ten Ensem­bles bei Streit, glau­be ich, nicht so leicht.

Haben Sie einen eige­nen Stil, wenn Sie sich neue Stü­cke aneignen?

Fran­zis­ka: Ich den­ke, was die Art und Wei­se angeht, wie wir vor­han­de­nes Noten­ma­te­ri­al umset­zen, an wel­cher Stel­le wir zum Bei­spiel uni­so­no sin­gen oder wo nicht, gibt es schon einen erkenn­ba­ren Stil. Ich fin­de ja, unser bes­tes Pro­jekt bis­her war unser Advents­lie­der-Album, weil die­se Lie­der wirk­lich extrem in uns ver­an­kert sind. Und die Art, wie wir da sin­gen, hat, glau­be ich, schon einen
Wie­der­erken­nungs­wert.

Cor­du­la: Wir ver­su­chen ein­zig­ar­tig zu sein, indem wir es schlicht machen, schlicht aber kunst­voll, mit kla­ren Stim­men und nicht ver­schnör­kelt. Das ist unse­re Eigen­heit – ein Match, das mit einem Pop­li­ed nicht so gut pas­sen würde.

Aber sind Advents­lie­der nicht schon mehr oder weni­ger zu Tode gespielt? Wie ver­su­chen Sie, aus sol­chen Stü­cken etwas Neu­es herauszuholen?

Agnes: Wir ver­su­chen, in die Tie­fe zu gehen, indem wir es nicht nur run­ter­nu­deln, son­dern ganz genau an den Text und die Musik hin­ge­hen, um ein­fach ernst und klar bei der Sache zu sein. Das ist gera­de bei den oft sehr alten Tex­ten unse­rer Lie­der nötig, die oft ein biss­chen sprö­de sind, aus einer ande­ren Zeit stam­men und skur­ril rüber kom­men kön­nen. Aber wir tau­chen ein und neh­men das ernst. Andre­as Ulich, der Autor und Über­set­zer aus Bam­berg, hat über uns ein­mal gesagt, als er bei unse­ren Pro­ben dabei war, das uns eine Ernst­haf­tig­keit aus­macht und im nächs­ten Moment ein fünf­stim­mi­ges Geläch­ter. Das sind viel­leicht die bei­den Pole, zwi­schen denen wir uns bewegen.

2004 haben Sie mit Schwes­ter­hoch­fünf Ihr ers­tes Kon­zert gege­ben. Wie kam es dazu?

Agnes: Ein Jahr vor­her hat­ten beim Requi­em für unse­re ver­stor­be­ne Groß­mutter drei von uns gesun­gen. Hin­ter­her gab uns unser Vater die Rück­mel­dung, dass es gut gewe­sen sei, er aber nicht hat­te raus hören kön­nen, wer wel­che Stim­me gesun­gen hat­te. Da wur­de uns klar, dass wir etwas haben, was sonst nie­mand hat – näm­lich sehr ähn­li­che Stim­men. Das ist unser Bonus­punkt. Also dach­ten wir uns: „Das ist doch etwas Beson­de­res, lasst uns zusam­men noch ein Kon­zert sin­gen.“ Dann haben wir Stü­cke raus­ge­sucht, die uns ein­fach Spaß mach­ten und zwei Kon­zer­te in einer Kir­che in Bam­berg und in Würz­burg vor­be­rei­tet, geplant und gesun­gen. Und die Kir­chen waren bei­de Male voll.

Cor­du­la: Wir schei­nen seit jeher aber auch auf außer­mu­si­ka­li­scher Ebe­ne Inter­es­se zu erzeu­gen. Auch wenn wir irgend­wo auf­tre­ten, wo wir vor­her noch nie waren und wo uns nie­mand kennt, kom­men trotz­dem immer vie­le Men­schen zu unse­ren Kon­zer­ten. Das könn­te dar­an lie­gen, dass sie auf unse­ren Ankün­di­gungs­pla­ka­ten unse­re fünf ähn­li­chen Gesich­ter sehen.

Was war nach den Kon­zer­ten in Bam­berg und Würz­burg aus­schlag­ge­bend weiterzumachen?

Moni­ka: Zum einen lag es dar­an, dass die Kon­zer­te so gut anka­men und uns so Spaß gemacht hat­ten. Und was auch mit rein­ge­spielt hat, war der Zeit­punkt. Wir waren alle schon in einem Alter, in dem wir das Eltern­haus ver­las­sen hat­ten und ver­streut waren. Schwes­ter­hoch­fünf war eine Mög­lich­keit, wie wir uns immer wie­der tref­fen und mit­ein­an­der Zeit ver­brin­gen konn­ten. Ohne das Ensem­ble wür­den wir uns, glau­be ich, heu­te nicht mehr so gut ken­nen und wären nicht mehr so nah aneinander.

Wel­che Ent­wick­lung hat Schwes­ter­hoch­fünf seit­her genommen?

Agnes: Stimm­lich sind wir auf jeden Fall bes­ser und rei­fer gewor­den. Frü­her hät­ten wir es nicht durch­ge­hal­ten, ein ein­stün­di­ges Kon­zert zu geben. Außer Moni­ka sind wir ja alle kei­ne aus­ge­bil­de­ten Sängerinnen.

Maria: Für unse­re ers­ten Kon­zer­te haben wir gesang­lich eigent­lich nach­ge­macht, was wir aus dem Chor der Mäd­chen­kan­to­rei kann­ten. Wir haben gesun­gen, aber ohne es rich­tig zu füh­len und waren Aus­füh­ren­de der musi­ka­li­schen Ideen ande­rer. Heu­te gibt sich jede ganz anders in die
Musik rein und ist selbst ver­ant­wort­lich für ihren Teil.

Fran­zis­ka: Frü­her haben wir aber auch viel mehr dar­über dis­ku­tiert, wie wir ein Stück klin­gen las­sen wol­len. Heu­te, fin­de ich, sind wir viel mehr dahin­ter gekom­men, dass wir im Moment der Auf­füh­rung viel mehr gemein­sam emp­fin­den und uns dar­auf ver­las­sen kön­nen, dass sich in die­sem Moment etwas anders ent­wi­ckeln kann, als es in der Pro­be war.

Cor­du­la: Und trotz­dem mer­ken wir in dem Moment alle, in wel­che Rich­tung es geht. Das sind die geils­ten Momen­te, wenn man spürt: Jetzt sind wir auf der Wel­le. Wenn also etwas pas­siert, das nicht mehr nur aus sei­nen Ein­zel­tei­len besteht, son­dern höher oder mehr­di­men­sio­nal ist. Dar­um ja auch unser Name Schwes­ter­hoch­fünf und nicht Schwestermalfünf.

Moni­ka: Das hängt auch viel mit einer Rou­ti­ne zusam­men, fin­de ich, einer Ruhe beim Sin­gen, die wir in den vie­len Jah­ren, die wir zusam­men sin­gen, erlangt haben. Eine Ruhe, dass man einer­seits immer mehr zu sich selbst wird und ander­seits aber auch los­las­sen und in den Klang der ande­ren rein­ge­ben kann, was bei einem selbst funk­tio­niert – ohne drü­ber nach­zu­den­ken. Am Anfang waren wir kon­zen­triert, so etwas hin­zu­krie­gen. Jetzt stel­len sich bei Stü­cken oft Momen­te ein, in denen das ein­fach pas­siert. Das sind tol­le Momente.

Fran­zis­ka: Das ist wahr­schein­lich auch Teil unse­rer Art. Oft ist das total wun­der­voll. Das zeigt sich auch oft bei unse­ren Kon­zer­ten. Die Atmo­sphä­re bei einem Schwes­ter­hoch­fünf-Kon­zert ist schon spe­zi­ell schön.

Nach Ihrem ers­ten Album „Geist­li­che Vokal­mu­sik“ von 2006 haben Sie 2010 beim Baye­ri­schen Chor­wett­be­werb einen ers­ten, beim Deut­schen Chor­wett­be­werb einen drit­ten Preis und einen Son­der­preis einer Musik­stif­tung aus Han­no­ver gewon­nen. Wie kam die­se Bal­lung von Erfolg in einem Jahr zustande?

Fran­zis­ka: Beim Baye­ri­schen Chor­wett­be­werb gab es damals zum ers­ten mal die Kate­go­rie „Vokal­ensem­ble mit 4 bis 12 Mit­glie­dern“. Dafür haben wir uns ange­mel­det, auch ein biss­chen aus der Sehn­sucht her­aus, mal objek­tiv bewer­tet zu wer­den. Wie gesagt kom­men Leu­te manch­mal in ers­ter Linie aus dem Grund zu unse­ren Kon­zer­ten, weil sie den Chor aus fünf Schwes­tern sehen wol­len. Wir woll­ten aber auch mal pro­fes­sio­nel­les Feed­back dar­über, wo wir eigent­lich ste­hen. Und dann haben wir da gewon­nen und sind wei­ter zum nächs­ten Wett­be­werb. Das war ein gro­ßer Schub.

2013 sind Sie zu Ihrer ers­ten und bis­her ein­zi­gen Tour­nee auf­ge­bro­chen. War­um ging es danach nicht mehr auf Tour?

Maria: Heu­te woh­nen wir alle im süd­deut­schen Raum und geben die meis­ten unse­rer Kon­zer­te auch hier. Aber frü­her wohn­ten unse­re Eltern in der Nähe von Hil­des­heim in Nie­der­sach­sen. Irgend­wann haben alte Freun­de unse­rer Eltern oder Ver­wand­te gesagt, dass sie auch mal ein Kon­zert von uns hören wol­len. Also haben wir ein­mal eine Tour orga­ni­siert und mit elf Kon­zer­ten den nord­deut­schen Raum abge­klap­pert. Das war ein sehr schö­nes Erleb­nis, aber fami­li­är bedingt war es danach nicht mehr mög­lich. Wir hat­ten damals schon zwei Babys dabei. Heu­te haben wir ins­ge­samt 15 Kinder.

Da scheint die nächs­te Gene­ra­ti­on des Chors schon gesi­chert zu sein.

Agnes: Es ist schon unser aller Wunsch, die Chor­mu­sik wei­ter­zu­tra­gen, weil wir sie als so etwas Wert­vol­les erlebt haben – als Kin­der und auch jetzt.

Maria: Es war ja bei uns eigent­lich nie so, dass wir im Chor­mu­sik­be­reich irgend­was wer­den woll­ten. Dar­um emp­fin­de ich es auch nach fast 20 Jah­ren immer noch eher als etwas, das uns zuge­fal­len ist und nichts, was wir betrie­ben hät­ten, um irgend­wo hin­zu­kom­men. Es geschieht uns. Und es kann ein­fach wei­ter pas­sie­ren. Mal schau­en, was uns als nächs­ten ins den Schoß fällt.

TiG – Thea­ter im Gärtnerviertel

Expe­ri­men­tier­freu­di­ges Thea­ter an unge­wöhn­li­chen Orten

Am 24. Sep­tem­ber eröff­net das TiG – Thea­ter im Gärt­ner­vier­tel sei­ne neue Spiel­zeit mit Fried­rich Schil­lers Klas­si­ker “Die Jung­frau von Orleans”. Ste­phan Bach, Jona­than Bam­berg, Valen­tin Bartzsch, Ursu­la Gumb­sch und Mar­tin Haber­mey­er spie­len, TiG-Lei­te­rin Nina Lorenz führt Regie. Mit ihr haben wir uns zum Inter­view getroffen.

Frau Lorenz, in wel­chem Zustand star­tet das TiG in die Spiel­zeit 2021/​/​2022?

Nina Lorenz: Wir haben einen ereig­nis­rei­chen Som­mer hin­ter uns und haben mit unse­rem TiG-Som­mer­thea­ter­fes­ti­val ver­sucht, die Mona­te Juni, Juli und August best­mög­lich zu nut­zen, um meh­re­re Pro­duk­tio­nen und viel Live-Thea­ter anzu­bie­ten. Für die neue Spiel­zeit 2021/​/​2022 sind wir gut gerüs­tet und hof­fen, unse­ren Spiel­plan auf­recht hal­ten zu kön­nen. Jedoch, es hängt nicht von uns allei­ne ab.


Wel­che Ände­run­gen gab es in den zurück­lie­gen­den ein­ein­halb Jahren?

Nina Lorenz: Die Ände­run­gen haben sich auf das Nicht-Spie­len kön­nen belau­fen. Das waren har­te Ein­schnit­te, auch finan­zi­ell. Ansons­ten ist das Ensem­ble kon­stant geblie­ben, kei­ner muss­te gehen und neue Gesich­ter sind dazu gekommen.


Wie hat sich die Spon­so­ren- und För­der­la­ge entwickelt?

Nina Lorenz: Die Spon­so­ren haben uns die Treue gehal­ten, eben­so ist der Freun­de­ver­ein des TiG eine groß­ar­ti­ge Unter­stüt­zung. Ein Teil der gestell­ten För­der­an­trä­ge wur­de aller­dings gekürzt, was gera­de in die­sen Zei­ten umso schwe­rer wiegt.


Nach einem Jahr, in dem kul­tu­rel­le Insti­tu­tio­nen durch die Poli­tik mehr oder weni­ger igno­riert wur­den – sind Sie nach wie vor über­zeugt, mit dem Thea­ter das Rich­ti­ge zu tun oder hat die Pan­de­mie Zwei­fel auf­kom­men lassen?

Nina Lorenz: Nein, die Pan­de­mie hat kei­ne Zwei­fel auf­kom­men las­sen. Kunst und Kul­tur und spe­zi­ell Thea­ter sind wich­tig und nicht weg­zu­den­ken aus unse­rer Gesell­schaft. Thea­ter bie­tet den gemein­sa­men Atem und das gemein­sa­me Erle­ben, ist ein­ma­lig und immer live. Der Aus­tausch zwi­schen dem Publi­kum und den Schauspieler*innen auf der Büh­ne schafft einen gemein­sa­men Raum und bes­ten­falls kön­nen wir durch die­sen Aus­tausch Din­ge bewe­gen und Per­spek­ti­ven verändern.


Heißt es jetzt also “jetzt erst recht”?

Nina Lorenz: Es heißt, weitermachen!


War­um haben Sie für die Spiel­zeit­er­öff­nung am 24. Sep­tem­ber “Die Jung­frau von Orleans” ausgewählt?

Nina Lorenz: In der „Jung­frau von Orleans“ geht es um Glau­bens­krie­ge und einen gro­ßen Fana­tis­mus der Figur der Johan­na. Ihr mit­leid­lo­ses und blin­des Han­deln macht sie zu einem Werk­zeug der Mäch­ti­gen, der Poli­ti­ker und der Prag­ma­ti­ker. Sie wird benutzt und tak­tisch ein­ge­setzt. Damit sind wir sehr nah dran an der heu­ti­gen Zeit und Asso­zia­tio­nen zu sich radi­ka­li­sie­ren­den Jugend­li­chen, die still in den hei­li­gen Krieg zie­hen oder sich als rechts­ra­di­ka­le Got­tes-Kämp­fer sehen und für ihre ver­meint­lich rich­ti­ge Sachen kämp­fen, stel­len sich ein, da kann man auch an die Mor­de des NSU den­ken. Das Leben der Jean­ne d‘Arc wur­de von vie­len Sei­ten benutzt und für eige­ne Zwe­cke aus­ge­nutzt und miss­braucht, bis heu­te, bis zu Marie Le Pen. Aus die­sem Grun­de ist die­ser Stoff, die­ses Stück, hoch aktu­ell. Und es erzählt vom Krieg, den Grau­sam­kei­ten und dem Grau­en im Krieg. Auch das hat bis heu­te nicht aufgehört.


“Die Jung­frau von Orleans” ist eines der am häu­figs­ten gespiel­ten Stü­cke von Fried­rich Schil­ler. Was wird die Insze­nie­rung des TiG bie­ten, das noch nicht zu sehen war?

Nina Lorenz: Wir set­zen mit der Insze­nie­rung unse­re eige­nen Akzen­te und ver­knüp­fen das Gan­ze mit der Musik. Live an der Orgel beglei­tet Ingrid Kas­per die Insze­nie­rung, in Koope­ra­ti­on mit der Kir­chen­mu­sik St. Ste­phan sind der musi­ca-viva-chor bam­berg, der Chor der Kan­to­rei, der Jugend­kan­to­rei und der Gos­pel­chor St. Ste­phan zu erle­ben. Der Spiel­ort ist St. Ste­phan Bam­berg – wir spie­len im Haupt­schiff der Kir­che, dür­fen den Altar über­bau­en und zen­tral in der Kir­che spie­len. Eine groß­ar­ti­ge Mög­lich­keit, die uns die Gemein­de St. Ste­phan bietet!


Wie sehen Ihre Pla­nun­gen aus, falls stei­gen­de Inzi­den­zen Kul­tur­auf­füh­run­gen erneut gefähr­den sollten?

Nina Lorenz: Vie­le Mög­lich­kei­ten haben wir nicht. Bei „Die Jung­frau“ wür­den wir nicht noch­mal um ein Jahr ver­schie­ben, son­dern dar­aus einen Film machen. Aber das hof­fen wir nicht.


Nach wel­chen Gesichts­punk­ten haben Sie den wei­te­ren Spiel­plan zusammengestellt?

Nina Lorenz: Der neue Spiel­plan beinhal­tet Stü­cke, die, coro­nabe­dingt, im letz­ten Jahr aus­fal­len muss­ten, wie „Die Jung­frau von Orleans“ und „Die Drei­gro­schen­oper“ von Ber­told Brecht, die ab März 2022 geplant ist. Spiel­ort bleibt die Mal­erwerk­statt der Hand­werks­kam­mer für Ober­fran­ken, dar­über freu­en wir uns sehr. Für die wei­te­ren Stü­cke pla­nen wir, heu­ti­ge Autor*innen zu Wort kom­men zu lassen.


Auf was kann sich das Publi­kum in der kom­men­den Spiel­zeit gefasst machen?

Nina Lorenz: Auf span­nen­des, leben­di­ges, expe­ri­men­tier­freu­di­ges Thea­ter an unge­wöhn­li­chen Spielorten.


TiG – Thea­ter im Gärtnerviertel

„Die Jung­frau von Orleans“

24. Sep­tem­ber, 20 Uhr
St. Ste­phan Bam­berg, Ste­phans­platz 5


Wei­te­re Infor­ma­tio­nen unter:

https://tig-bamberg.de/