Unter dem Motto „Grobschnitt Acoustic Party“ treten die beiden Gründungsmitglieder der 1970er-Jahre Rockband Grobschnitt, Gerd Otto „Lupo“ Kühn (Gitarre) und Stefan „Willi
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Am 27. April im Kulturboden
Grobschnitt: Comeback der akustischen Art
von Frank Keil
Unter dem Motto „Grobschnitt Acoustic Party“ treten die beiden Gründungsmitglieder der 1970er-Jahre Rockband Grobschnitt, Gerd Otto „Lupo“ Kühn (Gitarre) und Stefan „Willi Wildschwein“ Danielak (Gesang und Gitarre), sowie Willis Sohn Stefan „Nuki“ Danielak jr. (Gitarre, Gesang und Percussion), in kleiner Besetzung seit einiger Zeit wieder auf. Die „Acoustic Party“ ist eine Reise durch die Geschichte der Band. Im Vorfeld ihres Konzerts in Hallstadt am 27. April lassen wir mit Lupo diese Geschichte Revue passieren.
Lupo, du bist Gründungsmitglied von Grobschnitt, die zunächst von 1971 bis 1989 aktiv waren. Wie würdest Du die musikalischen Anfänge der Band beschreiben?
Lupo: Genau, wir haben 2021 unser 50-jähriges Bandjubiläum mit einer umfassenden Retrospektive in unserer Heimatstadt Hagen gefeiert, die Grobschnitt-Fans aus dem In- und Ausland begeistert hat. 1972 erschien unser Debütalbum, das wir mit Soundguru Conny Plank in Hamburg eingespielt haben. Unsere Kompositionen sind in den Anfangsjahren sehr oft aus endlos langen Improvisationen entstanden, so wie das Epos „Solar music“.
Wie kam es zu deinem Künstlernamen Lupo?
Lupo: So hieß ich bereits während meiner Schulzeit. Bei Grobschnitt haben alle Musiker und auch die Crew-Mitglieder Spitznamen. Unsere Fans kennen uns auch nur unter diesen Namen. Lustig wird es immer, wenn uns jüngere Fans mit Herr Lupo oder Herr Wildschwein ansprechen.
Im Lauf der Jahre änderte sich die Besetzung von Grobschnitt häufig. War das eine Bereicherung oder eher ein Rückschritt in musikalischer Hinsicht?
Lupo: Ab dem „Ballermann“-Album aus dem Jahr 1974 haben wir bis auf einen Wechsel des Bassisten bis Ende der 1970er Jahre immer in gleicher Besetzung gespielt. Erst in den 1980er Jahren fanden diverse Musikerwechsel statt, die dann automatisch auch neue Einflüsse und Strömungen mit sich brachten.
Wie würdest du rückblickend die Entwicklung der Band in den 1970er und 1980er Jahren charakterisieren?
Lupo: Die 1970er Jahre waren zweifelsohne die Golden-Grobschnitt-Jahre. In dieser Epoche entstanden viele unserer erfolgreichsten Alben und die Leser einiger Musikmagazine wählten uns zur besten deutschen Live-Band. Die gleiche Auszeichnung wurde uns 1978 bei der Wahl zur „Rockpalast” Live-Band des Jahres zuteil. Wir waren in der Zeit nonstop auf Tour und haben jedes Jahr bis zu 100 Konzerte gespielt. Die 1980er Jahre liefen in den ersten Jahren nicht minder erfolgreich, wobei die „Illegal“- und „Razzia“-Tourneen mit den überdimensionalen Bühnenshows schon Maßstäbe setzten und wir mit diversen Singleerfolgen wie „Silent movie“, „Wir wollen leben“ oder „Wie der Wind“ auch neue Fans erreichten.
Wie wichtig war euch die visuelle Umsetzung der Stücke auf der Bühne?
Lupo: Grobschnitt waren in ihrer langen Geschichte immer ein zeitübergreifendes Gesamtkunstwerk aus Musik, Theatereinlagen, Lightshow und Pyrotechnik. Inhaltliche Themen unserer Stücke inszenierten wir immer mit visuell ausschweifenden Bühnenshows. Die bis zu vierstündigen Konzerte hatten Happening-Charakter und die Erinnerungen daran sorgen bei den heutigen Akustikkonzerten immer wieder für ganz viel Gesprächsstoff.
Ihr habt auf Englisch und auf Deutsch gesungen. Ging es bei euren Texten nur um Unterhaltung oder auch Kritik an Gesellschaft und Politik?
Lupo: Die meisten Texte sind bis zum heutigen Tag zeitlos und haben nichts von ihrer damals teils aufsässigen, aber auch humorigen Authentizität verloren. Der Song „Wir wollen leben“ vom Razzia-Album aus dem Jahr 1982 wurde in der Öffentlichkeit zum Protestlied erkoren, weil der Text sehr stark die Umweltbewegung gegen den Bau der Startbahn West am Frankfurter Flughafen mit der geplanten Waldrodung reflektierte.
Welche Alben eurer Diskografie siehst du als Meilensteine an?
Lupo: Das Musikmagazin „eclipsed“ hat „Rockpommel‘s Land“ und „Solar music live“ in die Liste der weltweit 150 erfolgreichsten Progressive-Alben aufgenommen. Das ist schon ein dickes Pfund, worauf wir sehr stolz sind. Wenn es nach den Fans geht, haben wir fast nur „Meilensteine“ veröffentlicht, weil jedes Album für sich die jeweilige Zeit widerspiegelt.
Wie hast du die Zeit nach der Trennung zwischen 1989 und dem Neustart 2019 überbrückt? Bist Du in dieser Zeit dem Musikbusiness treu geblieben?
Lupo: Klar doch, nur nicht mehr aktiv auf der Bühne. Ich habe viele Jahre in der Eventbranche als Manager verbracht und mit vielen Künstlern zusammengearbeitet.
Wer hatte die Idee zum Comeback der akustischen Art?
Lupo: Die Idee dazu schwirrte schon lange in unseren Köpfen, zumal Willi und ich auch früher schon kurze Gitarren-Akustik-Sets auf der Bühne gespielt haben. Die orchestralen Grobschnitt-Songklassiker aber ungeschminkt mit vollkommen neuen, akustischen Arrangements und ohne großes Show-Brimborium mit drei Gitarren und etwas Percussion auf das Wesentliche zu reduzieren, war schon eine große Herausforderung, die uns alles abverlangte. Wir haben die Aktion fast drei Jahre im stillen Kämmerlein vorbereitet, ohne dass selbst Grobschnitt-Insider etwas davon wussten. Wir wollten die Stücke auch nicht im Stil einer Lagerfeuerromantik präsentieren, sondern rockig mit allen Original-Solopassagen. Die Reaktion der Fans nach den ersten Testkonzerten war überwältigend und bescherte uns volle Häuser. Das alles nochmal erleben zu dürfen, ist für uns Musiker ein großes Geschenk.
Wie setzt sich das Repertoire der „Acoustic Party“ zusammen, mit der ihr nach Hallstadt kommt?
Lupo: Die „Grobschnitt Acoustic Party“ ist eine fast dreistündige emotionale Reise inklusive einer 30-minütigen Pause durch die mittlerweile 53-jährige Musikgeschichte der Band mit vielen bekannten Song-Klassikern der Alben aus der Zeit von 1972 bis 1989. Mit im Programm sind natürlich auch die beiden Long-Tracks „Solar music“ und „Rockpommel‘s Land“ in jeweils 30-minütigen Akustik-Versionen, die bekanntlich bei keinem Grobschnitt-Auftritt fehlen dürfen. Zwischen den Stücken erzählen wir Anekdoten aus der Grobschnitt-Geschichte und kommunizieren mit dem Publikum.