Die Fraktionsgemeinschaft Grünes Bamberg/ÖDP/Volt ist der Auffassung, dass alle Stadtratsmitglieder den Prüfbericht des Kommunalen Prüfungsverbands ohne Schwärzungen erhalten sollen. Ebenso sollen ihnen
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Bamberger Finanzskandal
Grüne/ÖDP/Volt wollen ungeschwärzten Prüfbericht
Die Fraktionsgemeinschaft Grünes Bamberg/ÖDP/Volt ist der Auffassung, dass alle Stadtratsmitglieder den Prüfbericht des Kommunalen Prüfungsverbands ohne Schwärzungen erhalten sollen. Ebenso sollen ihnen auch alle Stellungnahmen der Stadtverwaltung zu den Vorwürfen des Prüfberichts ungeschwärzt zugehen. Wie Grünes Bamberg mitteilt, wurde dies von der grünen Fraktionsvorsitzenden Ulrike Sänger sowie Hans-Günter Brünker (Volt) und Lucas Büchner (ÖDP) nun so beantragt.
Bereits in den Weihnachtsferien sei man davon ausgegangen, dass man die Unterlagen noch vor Jahresende erhalten werde. Dies sei nicht geschehen. Nun führe der Oberbürgermeister datenschutzrechtliche Bedenken ins Feld und wolle nur eine geschwärzte Version des Berichts herausgeben. „Der OB stützt sich mit dieser Einschätzung lediglich auf eine Einschätzung zum Datenschutz aus dem eigenen Rathaus“, sagt Ulrike Sänger. Das überzeuge aber nicht. Denn genau das Rathaus stehe im Zentrum der Kritik und sei Gegenstand der Aufklärung, deshalb könne man sich auf eine Einschätzung dieser Herkunft nicht verlassen.
Juristische Einschätzungen aus dem Rathaus seien in diesem Fall nicht überzeugend
Freilich sehen Grüne/ÖDP/Volt im Datenschutz und im Schutz von Persönlichkeitsrechten ein hohes Gut und wollen diese gewahrt sehen. Gleichwohl gehe es aber auch um Aufklärung von Fehlverhalten, wofür umfassende Informationen nötig seien. Ulrike Sänger meint daher: „Alle Stadtratsmitglieder sind der Verschwiegenheit verpflichtet und haben darauf einen Eid geschworen. Darauf muss man sich verlassen können.“ Es sei überdies mittlerweile eine „lächerliche Situation, wenn Pressevertreter*innen inzwischen nahezu ausnahmslos den Prüfbericht auf ihren Schreibtischen liegen haben, die zur Aufklärung aller Hintergründe aufgerufenen politischen Mandatsträger*innen aber nicht.“ Sänger macht auch darauf aufmerksam, dass die Gerüchteküche in der jetzigen Situation ohnehin brodle wie noch nie, „und auch das ist dem Persönlichkeitsschutz keineswegs zuträglich.“
Mit ihrem Antrag geht die Fraktionsgemeinschaft Grünes Bamberg/ÖDP/Volt noch weiter. Hans-Günter Brünker: „Um Interessenkonflikte zu vermeiden sollen juristische Einschätzungen zu dem Komplex Sonderzahlungen künftig nur noch von Jurist*innen gegeben werden, die nicht in der Stadtverwaltung oder anderen städtischen Gremien und Einrichtungen involviert sind.“
Grüne/ÖDP/Volt wollen auch dem Vorwurf auf den Grund gehen, dass für die in der ersten Jahreshälfte 2020 gestoppten Sonderzahlungen Ersatz durch Minijobs und Beraterverträge in städtischen Unternehmen geschaffen wurde. Sie stellten deshalb in allen fraglichen Unternehmen entsprechende Anfragen.
Und in einem weiteren Punkt ist man sich einig, den Fraktionsvorsitzende Ulrike Sänger so formuliert: „Der Oberbürgermeister hat sich als Chef der Verwaltung den Vorwürfen zu stellen. Seine Aufgabe ist es nicht, in diesem Aufklärungsprozess eine führende Rolle einzunehmen, diesen zu leiten oder zu beeinflussen.“
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Bamberger Finanzskandal
Grader stellt Vorgehensweise bei Aufklärung vor
Schon vor Weihnachten hatte die Stadtratsfraktion Grünes Bamberg eine „lückenlose und umfassende Aufklärung“ zu den Vorwürfen der illegalen Sonderzahlungen im Rathaus gefordert. Nun legt Grünen-Stadtrat Wolfgang Grader, der als Vorsitzender des städtischen Rechnungsprüfungsausschusses dabei eine führende Rolle spielt, dar, wie er vorgehen will.
Finanzskandal soll Startschuss für Neustart sein
Der Rechnungsprüfungsausschuss ist ein Kontrollgremium für die Verwaltung, das deshalb nicht dem Verwaltungschef, also dem Oberbürgermeister, untersteht, sondern einem Stadtratsmitglied, meist einer Vertreterin /einem Vertreter der größten Fraktion.
Für Ende Januar hat Wolfgang Grader nun eine vermutlich zweitägige Sitzung des Ausschusses anberaumt. Diese wird im ersten Teil öffentlich sein, das heißt Bürger*innen sind als Publikum zugelassen. In diesem Teil werden die Prüfabläufe des umstrittenen Prüfberichts des Kommunalen Prüfverbands über die Jahre 2011 bis 2017 vorgestellt, ebenso wie Grundlagen über die kommunale Rechnungsprüfung allgemein. Der zweite Teil der Sitzung ist, wie in der bayerischen Gemeindeordnung vorgesehen, nicht mehr öffentlich, da es in diesem Teil um Informationen zu den mit den Sonderzahlungen in Zusammenhang stehenden Personen geht. An diesem Teil können jedoch über die sieben Ausschussmitglieder hinaus auch alle anderen Stadträt*innen teilnehmen. Zur Unterstützung sollen auch Sachverständige eingeladen werden, die den ehrenamtlichen Mandatsträger*innen bei der Aufklärung mit Fachwissen zur Seite stehen.
Dass dies nur der Auftakt einer ganzen Reihe von Sitzungen sein wird, die der Rechnungsprüfungsausschuss in dieser Form noch absolvieren wird, davon geht Wolfgang Grader aus. „Wir müssen den Vorwürfen auf den Grund gehen. Das braucht Zeit, Energie und Geduld. Aber auf die lange Bank wird nichts geschoben“, so der Grünen-Stadtrat. Sein Ziel dabei ist nicht nur der Blick in die Vergangenheit: „Wir müssen auch Lehren ziehen und neue, saubere Grundlagen für eine zukunftsfähige Personalpolitik schaffen. Diese Affäre soll der Startschuss für einen Neustart sein.“
Grader mahnt zur Besonnenheit
Die zentralen Fragen, denen sich der Rechnungsprüfungsausschuss stellen muss, umreißt er so: „Wo haben sich unkorrekte Strukturen gefestigt? Wer trägt für Fehlverhalten die Verantwortung? Handelt es sich um Einzelfehler oder um systemische Fehler? Wo hat das Kontrollsystem versagt? Insbesondere wie konnte es dazu kommen, dass Beanstandungen im Jahr 2013 keine Folgen hatten? Wie ist dies künftig zu verhindern?“ Die weitere Prüftätigkeit des Rechnungsprüfungsausschusses soll nach Graders Worten auch Vorfälle jenseits der schon bekannten Stichproben des Prüfberichts umfassen.
Dabei mahnt Grader aber auch zu unparteiischer Sorgfalt und zur Besonnenheit: „Der Rechnungsprüfungsausschuss ist keine Inquisition und sein Instrument ist nicht die Brechstange!“ Deshalb ist es ihm sehr wichtig zu betonen, „dass auch die Stellungnahme der Verwaltung ein wichtiger Bestandteil des Verfahrens zur Aufklärung ist. Der Rechnungsprüfungsausschuss muss beide Seiten hören und ernst nehmen, erst dann kann er sich ein klares Bild machen und Konsequenzen ziehen. Das ist ein wichtiges und unabdingbares Rechtsstaatsprinzip.“
Grader warnt aus diesem Grund davor, aus Sensationslüsternheit allzu leichtfertig mit dem wichtigen Rechtsgut des Daten- und Persönlichkeitsschutzes umzugehen. „Es gibt hier auch eine große Verantwortung des Stadtrats gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung.“ Aus seiner Sicht haben die Stadtratsmitglieder vor allem die Aufgabe, die politische Dimension der Affäre auszuleuchten, Lehren für die Zukunft zu ziehen und dabei durchaus auch selbstkritisch zu sein, sowie das Controlling zu verbessern, um mögliche missbräuchliche Strukturen zu verhindern.
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Ungesetzliche Überstundenpauschalen
Volt fordert Aufklärung
Hans-Günter Brünker, Stadtrat für Volt, fordert in einem mehrere Punkte umfassenden Plan die Aufklärung der kürzlich bekanntgewordenen ungesetzlichen Zahlungen von Überstundenpauschalen in der Stadtverwaltung.
Aus einem Bericht des kommunalen Prüfungsverbandes geht hervor, dass die Stadt Bamberg im Zeitraum von 2011 bis 2017 tarifwidrig und ohne gesetzliche Grundlage mindestens 450.000 Euro für nicht geleistete Überstunden an Rathausmitarbeitende gezahlt hat. Wer diese Zahlungen veranlasst hat und an wen sie gegangen sind, ist noch nicht klar. Oberbürgermeister Starke hat erste Untersuchungsergebnisse für Ende Januar angekündigt.
Hans-Günter Brünker, Bamberger Stadtrat der Partei Volt, die sich in einer Stadtratskooperation mit SPD, Grünen und ÖDP befindet, hat die Nachricht über die Zahlungen nach eigener Aussage mit Entsetzen und Verwunderung zur Kenntnis genommen. „Es sind schon deutliche Summen, die da geflossen sind, und diese Praxis der tarifwidrigen Überstundenzahlungen wurde anscheinend bereits 2013 bemängelt und bis mindestens 2017 nicht eingestellt.”
Bei der Aufklärung des Falls fordert er, mehrere Punkte zu beachten. Eine rückhaltlose Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft müsse genauso gegeben sein wie die Veröffentlichung aller Teile des Rechnungsprüfungsberichtes, die unter Wahrung des Datenschutzes veröffentlicht werden können. Auch eine baldige Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses unter Beteiligung aller Stadtratsmitglieder und nach Möglichkeit auch unter Beteiligung der Öffentlichkeit fordert der Stadtrat.
Besonderes Augenmerk solle außerdem auf der Frage liegen, ob es auch nach 2017 fragwürdige Zahlungen in der Verwaltung gab oder den begünstigten Personen auf anderem Wege Vorteile zuteilwurden. Außerdem müsse überprüft werden, ob die Praxis der Bezahlung fragwürdiger Überstunden inzwischen eingestellt worden ist. Und schlussendlich gelte es zu klären, wer verantwortlich ist und welche strukturellen Hintergründe zu dieser Praxis geführt haben.
„Neben mangelnden Kontrollmöglichkeiten lag mitunter vielleicht auch ein mangelnder Kontrollwille durch den Stadtrat vor. Es scheint auch, dass zu viel Macht in den Händen einzelner konzentriert ist”, sagt Brünker. Die Chancen auf Aufklärung sieht er als durchaus gegeben. Aber: „Es besteht die Gefahr, dass es am Schluss heißt‚ die Überstunden seien selbstverständlich geleistet, nur leider nicht erfasst worden, und dass dann jemand auf untergeordneter Ebene dafür zur Verantwortung gezogen wird. Solche Bauernopfer sollten wir verhindern. Damit wäre dann vielleicht dem Recht Rechnung getragen, aber keine Aufklärung geleistet.”