Ende September startet das Mainfranken Theater Würzburg in seine neue Spielzeit. Darin geht es unter anderem einer zentralen Frage der heutigen Zeit
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Neue Spielzeit
Mainfranken Theater Würzburg: Vom Gehen in die Fremde
Ende September startet das Mainfranken Theater Würzburg in seine neue Spielzeit. Darin geht es unter anderem einer zentralen Frage der heutigen Zeit und des heutigen Europas nach. Zum Auftakt gibt es ein Theaterfest.
Schon ein oberflächlicher Blick auf das kulturelle Erbe Europas zeigt, so das Mainfranken Theater Würzburg in einer Mitteilung, dass Fragen von Flucht und Vertreibung, vom Aufbruch in vermeintlich bessere Welten, vom gescheiterten und gelingenden Ankommen in einer anderen Gesellschaft, ein wesentlicher Teil unserer europäischen Erfahrung sind. Das Theater hat daher für die kommende Spielzeit mit Pia Beckmann und ihrer Initiative „pics4peace“ eine Kooperation entwickelt, die diesem Thema unter dem Hashtag #endlichankommen und dem Motto „Vom Gehen in die Fremde“ zu breiter Wahrnehmung verhelfen will.
Die Eröffnungspremieren „Medea“ sowie „Maria Stuart“ thematisieren gleich zu Beginn der Spielzeit entsprechende Fragen: Wie wichtig ist das Gastrecht, das Asyl, auch wenn die jeweiligen Personen nicht engelsgleich sind? Medea hat geholfen, das goldene Vlies zu rauben, Maria Stuart hat sich durch ihren Lebenswandel in Schottland so viele Feinde geschaffen, dass sie ins Nachbarland fliehen musste. Dennoch wird verhandelt, welche Rechte sie in dem neuen Land haben dürfen.
Highlights der Spielzeit
Am 14. Februar 2025 kommt auf der Probebühne des Mainfranken Theaters das Schauspiel „Escape Love“ in einer Inszenierung von Albrecht Schröder zur Uraufführung. In ihrem Auftragswerk im Rahmen des Leonhard-Frank-Stipendiums des Mainfranken Theaters lässt Autorin Elisabeth Pape drei junge Menschen ihre Vorstellungen von Liebe und Beziehungen hinterfragen.
1934 als letztes Werk entstanden, das Paul Abraham vor seiner Flucht vor dem Nazi-Terror in die USA zur Uraufführung bringen konnte, geht es in der Operette „Märchen im Grand Hôtel“ als Liebesgeschichte rund um die Filmemacherin Marylou, die exilierte spanische Prinzessin Isabella und den Zimmerkellner Albert vor der schillernden Kulisse der Côte d‘Azur auch um eine Auseinandersetzung mit dem Sehnsuchtsort Hollywood.
Mit „Grimms Reisen“ wird am 4. Mai 2025 eine große Tanzproduktion mit dem Philharmonischen Orchester Würzburg auf die Bühne der Theaterfabrik Blaue Halle kommen. Der Abend wird gestaltet von Gastchoreografin Wubkje Kuindersma und Dominique Dumais und reflektiert sowohl das Leben als auch die vielseitigen Geschichten der Brüder Grimm.
Höhepunkt der Saison des Philharmonischen Orchesters ist die Aufführung von Gustav Mahlers 2. Sinfonie („Auferstehung“) im Congress Centrum unter der musikalischen Leitung von Enrico Calesso. Die Sinfonie mit Chor, Sopran- und Altsolo steht in doppelter Hinsicht für Übergang und Neubeginn. So ist es das letzte Konzert, das Calesso im Rahmen seiner Amtszeit als Generalmusikdirektor in Würzburg dirigieren wird.
Theaterfest zum Auftakt
Eröffnet wird die neue Spielzeit am 22. September mit einem Theaterfest im Neubau in der Theaterstraße 21. Dieser Tag der offenen Tür bietet ab 11 Uhr auf den Bühnen und in den Foyers ein vielfältiges Programm zum Kosmos Theater.
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TiG – Theater im Gärtnerviertel
Experimentierfreudiges Theater an ungewöhnlichen Orten
Am 24. September eröffnet das TiG – Theater im Gärtnerviertel seine neue Spielzeit mit Friedrich Schillers Klassiker “Die Jungfrau von Orleans”. Stephan Bach, Jonathan Bamberg, Valentin Bartzsch, Ursula Gumbsch und Martin Habermeyer spielen, TiG-Leiterin Nina Lorenz führt Regie. Mit ihr haben wir uns zum Interview getroffen.
Frau Lorenz, in welchem Zustand startet das TiG in die Spielzeit 2021//2022?
Nina Lorenz: Wir haben einen ereignisreichen Sommer hinter uns und haben mit unserem TiG-Sommertheaterfestival versucht, die Monate Juni, Juli und August bestmöglich zu nutzen, um mehrere Produktionen und viel Live-Theater anzubieten. Für die neue Spielzeit 2021//2022 sind wir gut gerüstet und hoffen, unseren Spielplan aufrecht halten zu können. Jedoch, es hängt nicht von uns alleine ab.
Welche Änderungen gab es in den zurückliegenden eineinhalb Jahren?
Nina Lorenz: Die Änderungen haben sich auf das Nicht-Spielen können belaufen. Das waren harte Einschnitte, auch finanziell. Ansonsten ist das Ensemble konstant geblieben, keiner musste gehen und neue Gesichter sind dazu gekommen.
Wie hat sich die Sponsoren- und Förderlage entwickelt?
Nina Lorenz: Die Sponsoren haben uns die Treue gehalten, ebenso ist der Freundeverein des TiG eine großartige Unterstützung. Ein Teil der gestellten Förderanträge wurde allerdings gekürzt, was gerade in diesen Zeiten umso schwerer wiegt.
Nach einem Jahr, in dem kulturelle Institutionen durch die Politik mehr oder weniger ignoriert wurden – sind Sie nach wie vor überzeugt, mit dem Theater das Richtige zu tun oder hat die Pandemie Zweifel aufkommen lassen?
Nina Lorenz: Nein, die Pandemie hat keine Zweifel aufkommen lassen. Kunst und Kultur und speziell Theater sind wichtig und nicht wegzudenken aus unserer Gesellschaft. Theater bietet den gemeinsamen Atem und das gemeinsame Erleben, ist einmalig und immer live. Der Austausch zwischen dem Publikum und den Schauspieler*innen auf der Bühne schafft einen gemeinsamen Raum und bestenfalls können wir durch diesen Austausch Dinge bewegen und Perspektiven verändern.
Heißt es jetzt also “jetzt erst recht”?
Nina Lorenz: Es heißt, weitermachen!
Warum haben Sie für die Spielzeiteröffnung am 24. September “Die Jungfrau von Orleans” ausgewählt?
Nina Lorenz: In der „Jungfrau von Orleans“ geht es um Glaubenskriege und einen großen Fanatismus der Figur der Johanna. Ihr mitleidloses und blindes Handeln macht sie zu einem Werkzeug der Mächtigen, der Politiker und der Pragmatiker. Sie wird benutzt und taktisch eingesetzt. Damit sind wir sehr nah dran an der heutigen Zeit und Assoziationen zu sich radikalisierenden Jugendlichen, die still in den heiligen Krieg ziehen oder sich als rechtsradikale Gottes-Kämpfer sehen und für ihre vermeintlich richtige Sachen kämpfen, stellen sich ein, da kann man auch an die Morde des NSU denken. Das Leben der Jeanne d‘Arc wurde von vielen Seiten benutzt und für eigene Zwecke ausgenutzt und missbraucht, bis heute, bis zu Marie Le Pen. Aus diesem Grunde ist dieser Stoff, dieses Stück, hoch aktuell. Und es erzählt vom Krieg, den Grausamkeiten und dem Grauen im Krieg. Auch das hat bis heute nicht aufgehört.
“Die Jungfrau von Orleans” ist eines der am häufigsten gespielten Stücke von Friedrich Schiller. Was wird die Inszenierung des TiG bieten, das noch nicht zu sehen war?
Nina Lorenz: Wir setzen mit der Inszenierung unsere eigenen Akzente und verknüpfen das Ganze mit der Musik. Live an der Orgel begleitet Ingrid Kasper die Inszenierung, in Kooperation mit der Kirchenmusik St. Stephan sind der musica-viva-chor bamberg, der Chor der Kantorei, der Jugendkantorei und der Gospelchor St. Stephan zu erleben. Der Spielort ist St. Stephan Bamberg – wir spielen im Hauptschiff der Kirche, dürfen den Altar überbauen und zentral in der Kirche spielen. Eine großartige Möglichkeit, die uns die Gemeinde St. Stephan bietet!
Wie sehen Ihre Planungen aus, falls steigende Inzidenzen Kulturaufführungen erneut gefährden sollten?
Nina Lorenz: Viele Möglichkeiten haben wir nicht. Bei „Die Jungfrau“ würden wir nicht nochmal um ein Jahr verschieben, sondern daraus einen Film machen. Aber das hoffen wir nicht.
Nach welchen Gesichtspunkten haben Sie den weiteren Spielplan zusammengestellt?
Nina Lorenz: Der neue Spielplan beinhaltet Stücke, die, coronabedingt, im letzten Jahr ausfallen mussten, wie „Die Jungfrau von Orleans“ und „Die Dreigroschenoper“ von Bertold Brecht, die ab März 2022 geplant ist. Spielort bleibt die Malerwerkstatt der Handwerkskammer für Oberfranken, darüber freuen wir uns sehr. Für die weiteren Stücke planen wir, heutige Autor*innen zu Wort kommen zu lassen.
Auf was kann sich das Publikum in der kommenden Spielzeit gefasst machen?
Nina Lorenz: Auf spannendes, lebendiges, experimentierfreudiges Theater an ungewöhnlichen Spielorten.
TiG – Theater im Gärtnerviertel
„Die Jungfrau von Orleans“
24. September, 20 Uhr
St. Stephan Bamberg, Stephansplatz 5
Weitere Informationen unter:
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Wieder im Spiel!
ETA Hoffmann Theater stellt die Spielzeit 2021//22 vor
Das ETA Hoffmann Theater Bamberg hat heute die neue Spielzeit vorgestellt. Über seine siebte Spielzeit unter der Intendanz von Sibylle Broll-Pape schreibt das Theater sich: „Wieder im Spiel!“
Voller Enthusiasmus und Vorfreude wurde sich den Themen und Stoffen gewidmet, welche die Kraft haben, das volle Leben und die großen gesellschaftlichen Fragen auf die Bühne – ins Spiel – zu bringen.
Für die neue Spielzeit nimmt das ETA Hoffmann Theater 11 Neuproduktionen ins Programm, davon drei Uraufführungen. In Rainald Goetz´ „Reich des Todes“ (Regie: Sibylle Broll-Pape) sieht man einer Demokratie beim Wandel in zerstörerische Autokratie zu. Märchenhaft geht der Spätkapitalismus in Philipp Gärtners „Gold“ (Regie: Wilke Weermann) unter. Das Weihnachtsstück 2021 wird „Herr Bello und das blaue Wunder“ des berühmten Bamberger Kinderbuchautors Paul Maar sein, nachdem es 2020 noch nicht zur Aufführung kommen konnte. Regie führt Jana Vetten. Mit dem Auftragswerk „Der endlos tippende Affe“ (Regie: Mirjam Loibl) schreibt der Autor Björn SC Deigner nach „Der Reichskanzler von Atlantis“ und „Die Polizey“ zum dritten Mal ein Stück für das Bamberger Ensemble. Mit Eduardo de Filippos „Die Kunst der Komödie“ steht ein fulminantes Lustspiel auf der Großen Bühne auf dem Programm. Regie führt Sebastian Schug, in Bamberg bekannt durch seine Inszenierungen von „Mutter Courage und ihre Kinder“, „Hamlet“ und zuletzt „Bunbury. Ernst sein ist alles.“ Mit „Gott ist 3 Frauen (Gi3F)“ (Uraufführung: Jakob Weiss) entwirft Miroslava Svolikova fein und leicht eine Schöpfungsgeschichte, die das menschliche Irren und Streben zwinkernd begutachtet. Olga Grjasnowas „Gott ist nicht schüchtern“ (Regie: Sibylle Broll-Pape) kartographiert ein Bild des Arabischen Frühlings.
Mit Hannes Weilers Bearbeitung von E.T.A. Hoffmanns „Der Sandmann“ wirft das Theater einen Blick auf den künstlichen Menschen. Heinrich von Kleists Lustspiel „Der zerbrochne Krug“ (Regie: Fabian Gerhardt) zieht seine Komik aus der Tatsache, dass jemand über sich selbst zu Gericht sitzen und sich gleichzeitig erfinderisch aus Schlingen befreien muss.
Vom 13. Bis 28. Mai kommenden Jahres werden die 38. Bayerischen Theatertage in Bamberg ausgetragen. Den Auftakt macht ein neues Stück der renommierten Theaterautorin Theresia Walser. Sibylle Broll-Pape wird die Uraufführung am 13. Mai 2022 auf die Bühne bringen. Zum Abschluss der Spielzeit stehen wieder die Calderón-Freilichtspiele in der Alten Hofhaltung an. Zu sehen gibt es dort William Shakespeares meisterhafte Familien- und Liebestragödie „Romeo und Julia“ in der Inszenierung von Matthias Köhler.
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Spielzeiteröffnung
Neue Spielzeit im ETA Hoffmann Theater
Seit 1. Juli wird am ETA Hoffmann Theater wieder geprobt. Nach einem Eröffnungs-Liederabend am 3. Oktober soll am 9. Oktober die neue Spielzeit mit Anton Tschechows „Der Kirschgarten“ beginnen – jeweils mit der Verpflichtung, auf der Bühne und im Publikum Corona-Abstandsregeln einzuhalten. Wie genau die Umsetzung dieser Vorgaben mit der Inszenierung von Theaterstücken vereinbar sein wird, ist allerdings noch nicht abschließend geklärt. Intendantin und Regisseurin Sibylle Broll-Pape ist aber guter Dinge, dass Theaterschaffende mit ihren Ausdrucksmitteln vertretbare Lösungen finden werden. Wir haben die Intendantin zum Gespräch getroffen.
Frau Broll-Pape, wie geht es Ihnen nach monatelangem Stillstand?
Sibylle Broll-Pape: Man möchte gerne wieder Theater machen. Wir haben bis dahin eine ganze Menge zu tun, aber eben nicht das, was die Seele eines Theaters ausmacht: inszenieren, proben, Vorstellungen zeigen – das fehlt.
Welche Arbeiten stehen zurzeit an?
Sibylle Broll-Pape: Hygienemaßnahmen entwickeln zum Beispiel. Wir wissen ja bereits, dass wir ab 1. Juli wieder proben können, aber wir müssen Konzepte entwickeln, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen das zu machen ist. Und wir überlegen natürlich, wie das Bühnengeschehen aussehen wird, wenn im Oktober die neue Spielzeit beginnt. Das sind alles Dinge, die für mich eher fachfremd waren.
Wie geht es dem Ensemble, auch unter finanziellen Gesichtspunkten?
Sibylle Broll-Pape: Unter finanziellen Gesichtspunkten sind sie durch ihr Festengagement am ETA Hoffmann Theater abgefedert, aber sie scharren natürlich schon mit den Hufen und möchten endlich wieder richtig arbeiten können. Ganz beschäftigungslos waren sie unter anderem mit der Video-Reihe „ETA@home“ zwar nicht, aber das ist natürlich nicht vergleichbar mit einem ständigen Proben- und Vorstellungsbetrieb. Schauspieler brauchen genau das, sie müssen das die ganze Zeit weiter praktizieren. Und sie brauchen den Kontakt zum Publikum. Sie müssen spielen können und sie brauchen das Feedback vom Publikum. Wenn da lange Zeit nichts zurückkommt, fehlt etwas Fundamentales.
Kulturschaffende haben in den zurückliegenden Wochen immer wieder die zu geringe Unterstützung von staatlicher Seite kritisiert. Können Sie nachvollziehen, was in Kulturschaffenden im Angesicht dieser geringschätzigen Behandlung vorgeht?
Sibylle Broll-Pape: Ich glaube, dass wir als Kulturschaffende uns nie großartigen Illusionen darüber hingegeben haben, dass wir bei der Politik die Nummer eins wären. Insofern hätte ich auch nichts anderes erwartet. Wir haben auch keine finanzielle Lobby hinter uns, wie etwa der Fußball oder die Autoindustrie, die über ganz andere Druckmittel verfügen. Deswegen ist Kultur auch nicht das Erste, worüber in der Politik nachgedacht wird. So ist es eben. Aber ich bin schon froh, dass überhaupt über Kultur nachgedacht wird und es durchaus Wertschätzung gibt. Ich glaube aber, dass die wirklich schwierigen Jahre erst noch kommen. Der jetzige Stillstand ist nicht so problematisch, wie das, was finanziell noch kommen könnte.
Das heißt?
Sibylle Broll-Pape: Jetzt muss Geld ausgegeben und jetzt müssen Schulden gemacht werden. Dieses Geld muss aber auch irgendwann wieder reinkommen, in den Stadtsäckel zum Beispiel. Das heißt, die Budgets, auch die für Kultur, könnten in den nächsten Jahren insgesamt reduziert werden. Das befürchte ich.
Wie geht es dem ETA Hoffmann Theater derzeit finanziell?
Sibylle Broll-Pape: Im Moment gehen wir sehenden Auges ins Defizit. Wir tun sehr viel, um das Defizit zu verkleinern. Zum Großteil werden wir das auch schaffen, aber es wird uns eben nicht gelingen, das Defizit aus eigener Kraft vollständig verschwinden zu lassen. Wir hoffen also auch weiterhin auf Unterstützung durch die Stadt.
Gibt es schon Rückmeldungen aus dem Rathaus bezüglich finanzieller Unterstützung des Theaters?
Sibylle Broll-Pape: Nein, aber das kann ich in gewisser Weise nachvollziehen, weil die Stadt selber noch nicht weiß, wie der kommende Haushalt aussehen wird und man noch bis zum Herbst warten möchte, um die Höhe des städtischen Defizits einzuschätzen.
Wie sehen die Sparmaßnahmen des ETA Hoffmann Theaters aus?
Sibylle Broll-Pape: Wir haben Produktionen absagen oder verschieben müssen, das heißt, wir haben Gagen eingespart und die Kosten für Material wie zum Beispiel Kulissen und Kostüme. Auch sind wir größtenteils in Kurzarbeit.
Lässt sich aus der Not eine Tugend machen, indem man zum Beispiel spartanische Kulissen zum künstlerischen Ausdrucksmittel macht?
Sibylle Broll-Pape: Meine Bühnenbilder sind meistens reduziert. Mehr lässt sich dort eben nicht zusammensparen.
Das Motto der kommenden Spielzeit lautet „Wo stehen wir?“. Warum haben Sie es gewählt, was bedeutet es?
Sibylle Broll-Pape: Wir haben uns schon vor fast einem Jahr für dieses Motto entschieden. Damals waren wir noch auf der Suche nach einem Slogan, der Bezug dazu hat, dass wir schon fünf Jahre hier sind, was die Hälfte meiner Vertragslaufzeit als Intendantin ausmacht. Da fängt man an zu überlegen, was man gemacht hat und wo es noch hingehen soll. Das Motto drückt aber auch aus, worüber zeitgenössischen Theaterautor*innen heute nachdenken. Uns ist aufgefallen, dass sehr viele Autor*innen angefangen haben, eine Art Bestandaufnahme unseres Landes und unserer Gesellschaft zu machen. Das fanden wir sehr spannend. Dass das Motto jetzt, nach Monaten des Stillstandes, aber erst so richtig passt, das hätte niemand gedacht.
Geschah entsprechend auch die Auswahl der Stücke für die neue Saison vor Corona? Beziehungsweise würde der Spielplan anders aussehen, wenn Sie ihn unter dem Eindruck der Pandemie zusammengestellt hätten?
Sibylle Broll-Pape: Wir haben überlegt, ob wir uns umentscheiden und aus dem Spielplan tatsächlich einen reinen Corona-Spielplan machen sollten. Aber letztendlich haben wir diesen Schritt abgelehnt. Wir haben das Gefühl, dass Corona schon genug Aufmerksamkeit bekommt. Aber, was die Krise mit sich gebracht hat, ist, dass es sie gesellschaftliche Probleme, die die ganze Zeit schon da waren, viel deutlicher in den Fokus rückt.
Sind bereits Theaterstücke, die sich mit der Virus-Thematik befassen, geschrieben worden?
Sibylle Broll-Pape: Ja.
Finden Sie das gut oder schlecht?
Sibylle Broll-Pape: Ich verstehe das sehr gut und ich verstehe auch jedes Theater, das solche Stücke zeigen will. Aber ich glaube auch, dass das Thema sowieso in künftigen Inszenierungen vorkommen wird. Es kann auch gar nicht anders sein, als dass wir damit auf unsere Art und Weise umgehen, schon aus dem Grund, dass wir auf der Bühne jetzt anders arbeiten und zum Beispiel Abstände einhalten müssen. Das Thema wird also implizit mit dabei sein, auch wenn es nicht explizit genannt wird.
Vor der eigentlichen Spielzeiteröffnung am 9. Oktober veranstalten Sie am 3. Oktober einen Liederabend. Das kommt mir ein bisschen wie das Pfeifen im dunklen Wald vor.
Sibylle Broll-Pape: Das sehe ich nicht so. Aber natürlich haben wir einen Auftakt gesucht, der unserem Publikum wieder Lust und Spaß auf Theater macht, der in gewisser Weise feiert, dass wir wieder da sind. Der Abend wird viel mit uns, mit Bamberg und der jetzigen Situation zu tun haben.
Warum haben Sie für das erste Stück der neuen Spielzeit „Der Kirschgarten“ von Anton Tschechow ausgewählt?
Sibylle Broll-Pape: Eigentlich war es für die zurückliegende Spielzeit geplant, zum damaligen Motto „Fortschritt“. Wir hatten auch schon das Bühnenbild gebaut, waren eigentlich fertig und standen einen Tag vor Probenbeginn, aber dann mussten wir die Spielzeit abbrechen. Alles in die Tonne schmeißen wollten wir aber nicht, mit all der bereits geleisteten Arbeit. Ich finde, es ist tatsächlich ein perfektes Stück, um die kommende Spielzeit zu beginnen, weil es sehr genau auf die Thematik gesellschaftlicher Probleme und Umbrüche, wie wir sie derzeit erleben, passt. Außerdem bin ich sehr gespannt, wie ich damit umgehen kann, so viele Menschen unter Corona-Bedingungen auf der Bühne zu haben. Das reizt mich.
Wie wird das Bühnengeschehen, gerade bei körperlichen Szenen, aussehen, wenn die Schauspielerinnen und Schauspieler Abstand zueinander halten müssen und sich nicht berühren dürfen?
Sibylle Broll-Pape: Solche Szenen gibt es dann eben nicht. Da muss man sich etwas Adäquates einfallen lassen. Zuerst dachten wir schon, wie schade das ist, aber eigentlich ist es auch spannend und eine Herausforderung. Wie kann man trotzdem klarmachen, was zwischen Figuren passiert, ohne dass sie sich anfassen?
Aber können dabei dieselbe Stimmung und Energie entstehen?
Sibylle Broll-Pape: Ich glaube schon. Es kann auch viel über Sprache erreicht werden oder über die Position von Menschen im Raum. Wir probieren es aus und sind gespannt auf das Ergebnis.
Seit 1. Juli läuft der Probenbetrieb. Wie sehen die bisherigen Erfahrungen mit Proben unter Corona-Abstandsregeln aus?
Sibylle Broll-Pape: Es macht einfach richtig Spaß, wieder gemeinsam zu proben. Das Tragen von Abstandshaltern und andere hygienebedingte Einschränkungen sind zwar manchmal etwas hinderlich, bringen uns im Gegenzug aber immer wieder auf neue, spannende Ideen.
Könnte es passieren, dass während der Proben oder Aufführungen ein Punkt erreicht wird, an dem Sie oder das Ensemble entnervt aufgeben?
Sibylle Broll-Pape: Nein. Das könnten wir uns einfach nicht leisten. Wir haben drei Premieren im Oktober geplant und die wollen wir einfach zeigen. Aber natürlich weiß kein Mensch, wie sich die Situation um das Virus im Oktober darstellen wird. Natürlich könnte ich denken, dass sowieso eine zweite Infektionswelle kommt und dann gar nichts stattfindet. Aber ich versuche, mir meinen Optimismus zu erhalten.
Sind Geisterauftritte ohne Publikum, zum Beispiel für den Online-Konsum, denkbar?
Sibylle Broll-Pape: Das ist eine Überlegung wert, aber ich fände diese Lösung sehr schade. Das wäre eigentlich kein Theater.
Grundlegend gefragt, welche Rolle spielt das Publikum während einer Theater-Aufführung? Es sitzt ja eigentlich nur still im Dunkeln.
Sibylle Broll-Pape: Es ist vielleicht nicht so laut wie beim Fußball, aber man spürt seine Anwesenheit, die Energie, die aus dem Publikum kommt. Man spürt, dass da Aufmerksamkeit ist.
Wie könnte Theater mit Abstandhalten auf der Bühne und in den Sitzreihen auf das Publikum wirken?
Sibylle Broll-Pape: Ich glaube, dass die Leute gespannt genug sind, es einfach auszuprobieren.
Beziehungsweise, was hat ein Mitglied des Publikums von der normalerweise dicht gepackten Anwesenheit anderer, wenn auch stiller Zuschauerinnen und Zuschauer?
Sibylle Broll-Pape: Eine Menge, weil Theater trotz der Stille ein starkes soziales Ereignis ist. Man erlebt etwas zusammen und spürt die anderen Menschen im Raum. Ich glaube, Menschen brauchen das.
Halten die Abonnentinnen und Abonnenten Ihnen bisher die Treue oder werden Abonnements vermehrt gekündigt?
Sibylle Broll-Pape: Zum großen Teil bleiben sie uns treu. Wir erhalten sehr zugewandte und unterstützende Rückmeldungen.
Wie sieht das Ensemble die Pflicht zum Abstand?
Sibylle Broll-Pape: Im Moment überwiegt die Vorfreude, überhaupt wieder miteinander arbeiten zu können.
Was, wenn die Spielzeit doch wieder abgebrochen werden muss?
Sibylle Broll-Pape: Da möchte Ich jetzt nicht darüber nachdenken. Wenn sie abgebrochen wird, wird sie abgebrochen und wir setzen mit neuen Planungen zu einem anderen Zeitpunkt wieder an. Wir werden nicht die Hände in den Schoß legen und aufgeben.
Gibt es etwas Positives, das Sie persönlich aus der Krise ziehen können?
Sibylle Broll-Pape: Ach, das berühmte Positive in der Krise. Ich weiß nicht, eigentlich nichts. Das eine ist, dass das Virus zahlreiche Menschenleben gefordert hat, was soll daran gut sein? Und dann diese ganzen wohlmeinenden Sprüche, dass man Zeit hat, über sich nachzudenken und so weiter, die sind gut und schön, aber ich mache das wie viele andere Menschen sowieso andauernd. Dafür habe ich keine Krise gebraucht.