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Spielzeiteröffnung

TiG – Thea­ter im Gärtnerviertel

Expe­ri­men­tier­freu­di­ges Thea­ter an unge­wöhn­li­chen Orten

Am 24. Sep­tem­ber eröff­net das TiG – Thea­ter im Gärt­ner­vier­tel sei­ne neue Spiel­zeit mit Fried­rich Schil­lers Klas­si­ker “Die Jung­frau von Orleans”. Ste­phan Bach, Jona­than Bam­berg, Valen­tin Bartzsch, Ursu­la Gumb­sch und Mar­tin Haber­mey­er spie­len, TiG-Lei­te­rin Nina Lorenz führt Regie. Mit ihr haben wir uns zum Inter­view getroffen.

Frau Lorenz, in wel­chem Zustand star­tet das TiG in die Spiel­zeit 2021/​/​2022?

Nina Lorenz: Wir haben einen ereig­nis­rei­chen Som­mer hin­ter uns und haben mit unse­rem TiG-Som­mer­thea­ter­fes­ti­val ver­sucht, die Mona­te Juni, Juli und August best­mög­lich zu nut­zen, um meh­re­re Pro­duk­tio­nen und viel Live-Thea­ter anzu­bie­ten. Für die neue Spiel­zeit 2021/​/​2022 sind wir gut gerüs­tet und hof­fen, unse­ren Spiel­plan auf­recht hal­ten zu kön­nen. Jedoch, es hängt nicht von uns allei­ne ab.


Wel­che Ände­run­gen gab es in den zurück­lie­gen­den ein­ein­halb Jahren?

Nina Lorenz: Die Ände­run­gen haben sich auf das Nicht-Spie­len kön­nen belau­fen. Das waren har­te Ein­schnit­te, auch finan­zi­ell. Ansons­ten ist das Ensem­ble kon­stant geblie­ben, kei­ner muss­te gehen und neue Gesich­ter sind dazu gekommen.


Wie hat sich die Spon­so­ren- und För­der­la­ge entwickelt?

Nina Lorenz: Die Spon­so­ren haben uns die Treue gehal­ten, eben­so ist der Freun­de­ver­ein des TiG eine groß­ar­ti­ge Unter­stüt­zung. Ein Teil der gestell­ten För­der­an­trä­ge wur­de aller­dings gekürzt, was gera­de in die­sen Zei­ten umso schwe­rer wiegt.


Nach einem Jahr, in dem kul­tu­rel­le Insti­tu­tio­nen durch die Poli­tik mehr oder weni­ger igno­riert wur­den – sind Sie nach wie vor über­zeugt, mit dem Thea­ter das Rich­ti­ge zu tun oder hat die Pan­de­mie Zwei­fel auf­kom­men lassen?

Nina Lorenz: Nein, die Pan­de­mie hat kei­ne Zwei­fel auf­kom­men las­sen. Kunst und Kul­tur und spe­zi­ell Thea­ter sind wich­tig und nicht weg­zu­den­ken aus unse­rer Gesell­schaft. Thea­ter bie­tet den gemein­sa­men Atem und das gemein­sa­me Erle­ben, ist ein­ma­lig und immer live. Der Aus­tausch zwi­schen dem Publi­kum und den Schauspieler*innen auf der Büh­ne schafft einen gemein­sa­men Raum und bes­ten­falls kön­nen wir durch die­sen Aus­tausch Din­ge bewe­gen und Per­spek­ti­ven verändern.


Heißt es jetzt also “jetzt erst recht”?

Nina Lorenz: Es heißt, weitermachen!


War­um haben Sie für die Spiel­zeit­er­öff­nung am 24. Sep­tem­ber “Die Jung­frau von Orleans” ausgewählt?

Nina Lorenz: In der „Jung­frau von Orleans“ geht es um Glau­bens­krie­ge und einen gro­ßen Fana­tis­mus der Figur der Johan­na. Ihr mit­leid­lo­ses und blin­des Han­deln macht sie zu einem Werk­zeug der Mäch­ti­gen, der Poli­ti­ker und der Prag­ma­ti­ker. Sie wird benutzt und tak­tisch ein­ge­setzt. Damit sind wir sehr nah dran an der heu­ti­gen Zeit und Asso­zia­tio­nen zu sich radi­ka­li­sie­ren­den Jugend­li­chen, die still in den hei­li­gen Krieg zie­hen oder sich als rechts­ra­di­ka­le Got­tes-Kämp­fer sehen und für ihre ver­meint­lich rich­ti­ge Sachen kämp­fen, stel­len sich ein, da kann man auch an die Mor­de des NSU den­ken. Das Leben der Jean­ne d‘Arc wur­de von vie­len Sei­ten benutzt und für eige­ne Zwe­cke aus­ge­nutzt und miss­braucht, bis heu­te, bis zu Marie Le Pen. Aus die­sem Grun­de ist die­ser Stoff, die­ses Stück, hoch aktu­ell. Und es erzählt vom Krieg, den Grau­sam­kei­ten und dem Grau­en im Krieg. Auch das hat bis heu­te nicht aufgehört.


“Die Jung­frau von Orleans” ist eines der am häu­figs­ten gespiel­ten Stü­cke von Fried­rich Schil­ler. Was wird die Insze­nie­rung des TiG bie­ten, das noch nicht zu sehen war?

Nina Lorenz: Wir set­zen mit der Insze­nie­rung unse­re eige­nen Akzen­te und ver­knüp­fen das Gan­ze mit der Musik. Live an der Orgel beglei­tet Ingrid Kas­per die Insze­nie­rung, in Koope­ra­ti­on mit der Kir­chen­mu­sik St. Ste­phan sind der musi­ca-viva-chor bam­berg, der Chor der Kan­to­rei, der Jugend­kan­to­rei und der Gos­pel­chor St. Ste­phan zu erle­ben. Der Spiel­ort ist St. Ste­phan Bam­berg – wir spie­len im Haupt­schiff der Kir­che, dür­fen den Altar über­bau­en und zen­tral in der Kir­che spie­len. Eine groß­ar­ti­ge Mög­lich­keit, die uns die Gemein­de St. Ste­phan bietet!


Wie sehen Ihre Pla­nun­gen aus, falls stei­gen­de Inzi­den­zen Kul­tur­auf­füh­run­gen erneut gefähr­den sollten?

Nina Lorenz: Vie­le Mög­lich­kei­ten haben wir nicht. Bei „Die Jung­frau“ wür­den wir nicht noch­mal um ein Jahr ver­schie­ben, son­dern dar­aus einen Film machen. Aber das hof­fen wir nicht.


Nach wel­chen Gesichts­punk­ten haben Sie den wei­te­ren Spiel­plan zusammengestellt?

Nina Lorenz: Der neue Spiel­plan beinhal­tet Stü­cke, die, coro­nabe­dingt, im letz­ten Jahr aus­fal­len muss­ten, wie „Die Jung­frau von Orleans“ und „Die Drei­gro­schen­oper“ von Ber­told Brecht, die ab März 2022 geplant ist. Spiel­ort bleibt die Mal­erwerk­statt der Hand­werks­kam­mer für Ober­fran­ken, dar­über freu­en wir uns sehr. Für die wei­te­ren Stü­cke pla­nen wir, heu­ti­ge Autor*innen zu Wort kom­men zu lassen.


Auf was kann sich das Publi­kum in der kom­men­den Spiel­zeit gefasst machen?

Nina Lorenz: Auf span­nen­des, leben­di­ges, expe­ri­men­tier­freu­di­ges Thea­ter an unge­wöhn­li­chen Spielorten.


TiG – Thea­ter im Gärtnerviertel

„Die Jung­frau von Orleans“

24. Sep­tem­ber, 20 Uhr
St. Ste­phan Bam­berg, Ste­phans­platz 5


Wei­te­re Infor­ma­tio­nen unter:

https://tig-bamberg.de/

Wie­der im Spiel!

ETA Hoff­mann Thea­ter stellt die Spiel­zeit 2021/​/​22 vor

Das ETA Hoff­mann Thea­ter Bam­berg hat heu­te die neue Spiel­zeit vor­ge­stellt. Über sei­ne sieb­te Spiel­zeit unter der Inten­danz von Sibyl­le Broll-Pape schreibt das Thea­ter sich: „Wie­der im Spiel!“

Vol­ler Enthu­si­as­mus und Vor­freu­de wur­de sich den The­men und Stof­fen gewid­met, wel­che die Kraft haben, das vol­le Leben und die gro­ßen gesell­schaft­li­chen Fra­gen auf die Büh­ne – ins Spiel – zu bringen.

Für die neue Spiel­zeit nimmt das ETA Hoff­mann Thea­ter 11 Neu­pro­duk­tio­nen ins Pro­gramm, davon drei Urauf­füh­run­gen. In Rai­nald Goetz´ „Reich des Todes“ (Regie: Sibyl­le Broll-Pape) sieht man einer Demo­kra­tie beim Wan­del in zer­stö­re­ri­sche Auto­kra­tie zu. Mär­chen­haft geht der Spät­ka­pi­ta­lis­mus in Phil­ipp Gärt­ners „Gold“ (Regie: Wil­ke Weer­mann) unter. Das Weih­nachts­stück 2021 wird „Herr Bel­lo und das blaue Wun­der“ des berühm­ten Bam­ber­ger Kin­der­buch­au­tors Paul Maar sein, nach­dem es 2020 noch nicht zur Auf­füh­rung kom­men konn­te. Regie führt Jana Vet­ten. Mit dem Auf­trags­werk „Der end­los tip­pen­de Affe“ (Regie: Mir­jam Loibl) schreibt der Autor Björn SC Deig­ner nach „Der Reichs­kanz­ler von Atlan­tis“ und „Die Poli­zey“ zum drit­ten Mal ein Stück für das Bam­ber­ger Ensem­ble. Mit Edu­ar­do de Filip­pos „Die Kunst der Komö­die“ steht ein ful­mi­nan­tes Lust­spiel auf der Gro­ßen Büh­ne auf dem Pro­gramm. Regie führt Sebas­ti­an Schug, in Bam­berg bekannt durch sei­ne Insze­nie­run­gen von „Mut­ter Cou­ra­ge und ihre Kin­der“, „Ham­let“ und zuletzt „Bun­bu­ry. Ernst sein ist alles.“ Mit „Gott ist 3 Frau­en (Gi3F)“ (Urauf­füh­rung: Jakob Weiss) ent­wirft Miros­la­va Svo­li­ko­va fein und leicht eine Schöp­fungs­ge­schich­te, die das mensch­li­che Irren und Stre­ben zwin­kernd begut­ach­tet. Olga Grjas­no­was „Gott ist nicht schüch­tern“ (Regie: Sibyl­le Broll-Pape) kar­to­gra­phiert ein Bild des Ara­bi­schen Frühlings.

Mit Han­nes Wei­lers Bear­bei­tung von E.T.A. Hoff­manns „Der Sand­mann“ wirft das Thea­ter einen Blick auf den künst­li­chen Men­schen. Hein­rich von Kleists Lust­spiel „Der zer­broch­ne Krug“ (Regie: Fabi­an Ger­hardt) zieht sei­ne Komik aus der Tat­sa­che, dass jemand über sich selbst zu Gericht sit­zen und sich gleich­zei­tig erfin­de­risch aus Schlin­gen befrei­en muss.

Vom 13. Bis 28. Mai kom­men­den Jah­res wer­den die 38. Baye­ri­schen Thea­ter­ta­ge in Bam­berg aus­ge­tra­gen. Den Auf­takt macht ein neu­es Stück der renom­mier­ten Thea­ter­au­torin The­re­sia Wal­ser. Sibyl­le Broll-Pape wird die Urauf­füh­rung am 13. Mai 2022 auf die Büh­ne brin­gen. Zum Abschluss der Spiel­zeit ste­hen wie­der die Cal­derón-Frei­licht­spie­le in der Alten Hof­hal­tung an. Zu sehen gibt es dort Wil­liam Shake­speares meis­ter­haf­te Fami­li­en- und Lie­bes­tra­gö­die „Romeo und Julia“ in der Insze­nie­rung von Mat­thi­as Köhler.

Spiel­zeit­er­öff­nung

Neue Spiel­zeit im ETA Hoff­mann Theater

Seit 1. Juli wird am ETA Hoff­mann Thea­ter wie­der geprobt. Nach einem Eröff­nungs-Lie­der­abend am 3. Okto­ber soll am 9. Okto­ber die neue Spiel­zeit mit Anton Tschechows „Der Kirsch­gar­ten“ begin­nen – jeweils mit der Ver­pflich­tung, auf der Büh­ne und im Publi­kum Coro­na-Abstands­re­geln ein­zu­hal­ten. Wie genau die Umset­zung die­ser Vor­ga­ben mit der Insze­nie­rung von Thea­ter­stü­cken ver­ein­bar sein wird, ist aller­dings noch nicht abschlie­ßend geklärt. Inten­dan­tin und Regis­seu­rin Sibyl­le Broll-Pape ist aber guter Din­ge, dass Thea­ter­schaf­fen­de mit ihren Aus­drucks­mit­teln ver­tret­ba­re Lösun­gen fin­den wer­den. Wir haben die Inten­dan­tin zum Gespräch getroffen.
Intendantin Sibylle Broll-Pape, Foto: Matthias Hoch
Inten­dan­tin Sibyl­le Broll-Pape, Foto: Mat­thi­as Hoch

Frau Broll-Pape, wie geht es Ihnen nach mona­te­lan­gem Stillstand?

Sibyl­le Broll-Pape: Man möch­te ger­ne wie­der Thea­ter machen. Wir haben bis dahin eine gan­ze Men­ge zu tun, aber eben nicht das, was die See­le eines Thea­ters aus­macht: insze­nie­ren, pro­ben, Vor­stel­lun­gen zei­gen – das fehlt.

Wel­che Arbei­ten ste­hen zur­zeit an?

Sibyl­le Broll-Pape: Hygie­ne­maß­nah­men ent­wi­ckeln zum Bei­spiel. Wir wis­sen ja bereits, dass wir ab 1. Juli wie­der pro­ben kön­nen, aber wir müs­sen Kon­zep­te ent­wi­ckeln, unter wel­chen Bedin­gun­gen und Vor­aus­set­zun­gen das zu machen ist. Und wir über­le­gen natür­lich, wie das Büh­nen­ge­sche­hen aus­se­hen wird, wenn im Okto­ber die neue Spiel­zeit beginnt. Das sind alles Din­ge, die für mich eher fach­fremd waren.

Wie geht es dem Ensem­ble, auch unter finan­zi­el­len Gesichtspunkten?

Sibyl­le Broll-Pape: Unter finan­zi­el­len Gesichts­punk­ten sind sie durch ihr Fest­enga­ge­ment am ETA Hoff­mann Thea­ter abge­fe­dert, aber sie schar­ren natür­lich schon mit den Hufen und möch­ten end­lich wie­der rich­tig arbei­ten kön­nen. Ganz beschäf­ti­gungs­los waren sie unter ande­rem mit der Video-Rei­he „ETA@home“ zwar nicht, aber das ist natür­lich nicht ver­gleich­bar mit einem stän­di­gen Pro­ben- und Vor­stel­lungs­be­trieb. Schau­spie­ler brau­chen genau das, sie müs­sen das die gan­ze Zeit wei­ter prak­ti­zie­ren. Und sie brau­chen den Kon­takt zum Publi­kum. Sie müs­sen spie­len kön­nen und sie brau­chen das Feed­back vom Publi­kum. Wenn da lan­ge Zeit nichts zurück­kommt, fehlt etwas Fundamentales.

Kul­tur­schaf­fen­de haben in den zurück­lie­gen­den Wochen immer wie­der die zu gerin­ge Unter­stüt­zung von staat­li­cher Sei­te kri­ti­siert. Kön­nen Sie nach­voll­zie­hen, was in Kul­tur­schaf­fen­den im Ange­sicht die­ser gering­schät­zi­gen Behand­lung vorgeht?

Sibyl­le Broll-Pape: Ich glau­be, dass wir als Kul­tur­schaf­fen­de uns nie groß­ar­ti­gen Illu­sio­nen dar­über hin­ge­ge­ben haben, dass wir bei der Poli­tik die Num­mer eins wären. Inso­fern hät­te ich auch nichts ande­res erwar­tet. Wir haben auch kei­ne finan­zi­el­le Lob­by hin­ter uns, wie etwa der Fuß­ball oder die Auto­in­dus­trie, die über ganz ande­re Druck­mit­tel ver­fü­gen. Des­we­gen ist Kul­tur auch nicht das Ers­te, wor­über in der Poli­tik nach­ge­dacht wird. So ist es eben. Aber ich bin schon froh, dass über­haupt über Kul­tur nach­ge­dacht wird und es durch­aus Wert­schät­zung gibt. Ich glau­be aber, dass die wirk­lich schwie­ri­gen Jah­re erst noch kom­men. Der jet­zi­ge Still­stand ist nicht so pro­ble­ma­tisch, wie das, was finan­zi­ell noch kom­men könnte.

Das heißt?

Sibyl­le Broll-Pape: Jetzt muss Geld aus­ge­ge­ben und jetzt müs­sen Schul­den gemacht wer­den. Die­ses Geld muss aber auch irgend­wann wie­der rein­kom­men, in den Stadt­sä­ckel zum Bei­spiel. Das heißt, die Bud­gets, auch die für Kul­tur, könn­ten in den nächs­ten Jah­ren ins­ge­samt redu­ziert wer­den. Das befürch­te ich.

Wie geht es dem ETA Hoff­mann Thea­ter der­zeit finanziell?

Sibyl­le Broll-Pape: Im Moment gehen wir sehen­den Auges ins Defi­zit. Wir tun sehr viel, um das Defi­zit zu ver­klei­nern. Zum Groß­teil wer­den wir das auch schaf­fen, aber es wird uns eben nicht gelin­gen, das Defi­zit aus eige­ner Kraft voll­stän­dig ver­schwin­den zu las­sen. Wir hof­fen also auch wei­ter­hin auf Unter­stüt­zung durch die Stadt.

Gibt es schon Rück­mel­dun­gen aus dem Rat­haus bezüg­lich finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung des Theaters?

Sibyl­le Broll-Pape: Nein, aber das kann ich in gewis­ser Wei­se nach­voll­zie­hen, weil die Stadt sel­ber noch nicht weiß, wie der kom­men­de Haus­halt aus­se­hen wird und man noch bis zum Herbst war­ten möch­te, um die Höhe des städ­ti­schen Defi­zits einzuschätzen.

Wie sehen die Spar­maß­nah­men des ETA Hoff­mann Thea­ters aus?

Sibyl­le Broll-Pape: Wir haben Pro­duk­tio­nen absa­gen oder ver­schie­ben müs­sen, das heißt, wir haben Gagen ein­ge­spart und die Kos­ten für Mate­ri­al wie zum Bei­spiel Kulis­sen und Kos­tü­me. Auch sind wir größ­ten­teils in Kurzarbeit.

Lässt sich aus der Not eine Tugend machen, indem man zum Bei­spiel spar­ta­ni­sche Kulis­sen zum künst­le­ri­schen Aus­drucks­mit­tel macht?

Sibyl­le Broll-Pape: Mei­ne Büh­nen­bil­der sind meis­tens redu­ziert. Mehr lässt sich dort eben nicht zusammensparen.

Das Mot­to der kom­men­den Spiel­zeit lau­tet „Wo ste­hen wir?“. War­um haben Sie es gewählt, was bedeu­tet es?

Sibyl­le Broll-Pape: Wir haben uns schon vor fast einem Jahr für die­ses Mot­to ent­schie­den. Damals waren wir noch auf der Suche nach einem Slo­gan, der Bezug dazu hat, dass wir schon fünf Jah­re hier sind, was die Hälf­te mei­ner Ver­trags­lauf­zeit als Inten­dan­tin aus­macht. Da fängt man an zu über­le­gen, was man gemacht hat und wo es noch hin­ge­hen soll. Das Mot­to drückt aber auch aus, wor­über zeit­ge­nös­si­schen Theaterautor*innen heu­te nach­den­ken. Uns ist auf­ge­fal­len, dass sehr vie­le Autor*innen ange­fan­gen haben, eine Art Bestand­auf­nah­me unse­res Lan­des und unse­rer Gesell­schaft zu machen. Das fan­den wir sehr span­nend. Dass das Mot­to jetzt, nach Mona­ten des Still­stan­des, aber erst so rich­tig passt, das hät­te nie­mand gedacht.

Geschah ent­spre­chend auch die Aus­wahl der Stü­cke für die neue Sai­son vor Coro­na? Bezie­hungs­wei­se wür­de der Spiel­plan anders aus­se­hen, wenn Sie ihn unter dem Ein­druck der Pan­de­mie zusam­men­ge­stellt hätten?

Sibyl­le Broll-Pape: Wir haben über­legt, ob wir uns ument­schei­den und aus dem Spiel­plan tat­säch­lich einen rei­nen Coro­na-Spiel­plan machen soll­ten. Aber letzt­end­lich haben wir die­sen Schritt abge­lehnt. Wir haben das Gefühl, dass Coro­na schon genug Auf­merk­sam­keit bekommt. Aber, was die Kri­se mit sich gebracht hat, ist, dass es sie gesell­schaft­li­che Pro­ble­me, die die gan­ze Zeit schon da waren, viel deut­li­cher in den Fokus rückt.

Sind bereits Thea­ter­stü­cke, die sich mit der Virus-The­ma­tik befas­sen, geschrie­ben worden?

Sibyl­le Broll-Pape: Ja.

Fin­den Sie das gut oder schlecht?

Sibyl­le Broll-Pape: Ich ver­ste­he das sehr gut und ich ver­ste­he auch jedes Thea­ter, das sol­che Stü­cke zei­gen will. Aber ich glau­be auch, dass das The­ma sowie­so in künf­ti­gen Insze­nie­run­gen vor­kom­men wird. Es kann auch gar nicht anders sein, als dass wir damit auf unse­re Art und Wei­se umge­hen, schon aus dem Grund, dass wir auf der Büh­ne jetzt anders arbei­ten und zum Bei­spiel Abstän­de ein­hal­ten müs­sen. Das The­ma wird also impli­zit mit dabei sein, auch wenn es nicht expli­zit genannt wird.

Vor der eigent­li­chen Spiel­zeit­er­öff­nung am 9. Okto­ber ver­an­stal­ten Sie am 3. Okto­ber einen Lie­der­abend. Das kommt mir ein biss­chen wie das Pfei­fen im dunk­len Wald vor.

Sibyl­le Broll-Pape: Das sehe ich nicht so. Aber natür­lich haben wir einen Auf­takt gesucht, der unse­rem Publi­kum wie­der Lust und Spaß auf Thea­ter macht, der in gewis­ser Wei­se fei­ert, dass wir wie­der da sind. Der Abend wird viel mit uns, mit Bam­berg und der jet­zi­gen Situa­ti­on zu tun haben.

War­um haben Sie für das ers­te Stück der neu­en Spiel­zeit „Der Kirsch­gar­ten“ von Anton Tschechow ausgewählt?

Sibyl­le Broll-Pape: Eigent­lich war es für die zurück­lie­gen­de Spiel­zeit geplant, zum dama­li­gen Mot­to „Fort­schritt“. Wir hat­ten auch schon das Büh­nen­bild gebaut, waren eigent­lich fer­tig und stan­den einen Tag vor Pro­ben­be­ginn, aber dann muss­ten wir die Spiel­zeit abbre­chen. Alles in die Ton­ne schmei­ßen woll­ten wir aber nicht, mit all der bereits geleis­te­ten Arbeit. Ich fin­de, es ist tat­säch­lich ein per­fek­tes Stück, um die kom­men­de Spiel­zeit zu begin­nen, weil es sehr genau auf die The­ma­tik gesell­schaft­li­cher Pro­ble­me und Umbrü­che, wie wir sie der­zeit erle­ben, passt. Außer­dem bin ich sehr gespannt, wie ich damit umge­hen kann, so vie­le Men­schen unter Coro­na-Bedin­gun­gen auf der Büh­ne zu haben. Das reizt mich.

Wie wird das Büh­nen­ge­sche­hen, gera­de bei kör­per­li­chen Sze­nen, aus­se­hen, wenn die Schau­spie­le­rin­nen und Schau­spie­ler Abstand zuein­an­der hal­ten müs­sen und sich nicht berüh­ren dürfen?

Sibyl­le Broll-Pape: Sol­che Sze­nen gibt es dann eben nicht. Da muss man sich etwas Adäqua­tes ein­fal­len las­sen. Zuerst dach­ten wir schon, wie scha­de das ist, aber eigent­lich ist es auch span­nend und eine Her­aus­for­de­rung. Wie kann man trotz­dem klar­ma­chen, was zwi­schen Figu­ren pas­siert, ohne dass sie sich anfassen?

Aber kön­nen dabei die­sel­be Stim­mung und Ener­gie entstehen?

Sibyl­le Broll-Pape: Ich glau­be schon. Es kann auch viel über Spra­che erreicht wer­den oder über die Posi­ti­on von Men­schen im Raum. Wir pro­bie­ren es aus und sind gespannt auf das Ergebnis.

Seit 1. Juli läuft der Pro­ben­be­trieb. Wie sehen die bis­he­ri­gen Erfah­run­gen mit Pro­ben unter Coro­na-Abstands­re­geln aus?

Sibyl­le Broll-Pape: Es macht ein­fach rich­tig Spaß, wie­der gemein­sam zu pro­ben. Das Tra­gen von Abstands­hal­tern und ande­re hygie­ne­be­ding­te Ein­schrän­kun­gen sind zwar manch­mal etwas hin­der­lich, brin­gen uns im Gegen­zug aber immer wie­der auf neue, span­nen­de Ideen.

Könn­te es pas­sie­ren, dass wäh­rend der Pro­ben oder Auf­füh­run­gen ein Punkt erreicht wird, an dem Sie oder das Ensem­ble ent­nervt aufgeben?

Sibyl­le Broll-Pape: Nein. Das könn­ten wir uns ein­fach nicht leis­ten. Wir haben drei Pre­mie­ren im Okto­ber geplant und die wol­len wir ein­fach zei­gen. Aber natür­lich weiß kein Mensch, wie sich die Situa­ti­on um das Virus im Okto­ber dar­stel­len wird. Natür­lich könn­te ich den­ken, dass sowie­so eine zwei­te Infek­ti­ons­wel­le kommt und dann gar nichts statt­fin­det. Aber ich ver­su­che, mir mei­nen Opti­mis­mus zu erhalten.

Sind Geis­ter­auf­trit­te ohne Publi­kum, zum Bei­spiel für den Online-Kon­sum, denkbar?

Sibyl­le Broll-Pape: Das ist eine Über­le­gung wert, aber ich fän­de die­se Lösung sehr scha­de. Das wäre eigent­lich kein Theater.

Grund­le­gend gefragt, wel­che Rol­le spielt das Publi­kum wäh­rend einer Thea­ter-Auf­füh­rung? Es sitzt ja eigent­lich nur still im Dunkeln.

Sibyl­le Broll-Pape: Es ist viel­leicht nicht so laut wie beim Fuß­ball, aber man spürt sei­ne Anwe­sen­heit, die Ener­gie, die aus dem Publi­kum kommt. Man spürt, dass da Auf­merk­sam­keit ist.

Wie könn­te Thea­ter mit Abstand­hal­ten auf der Büh­ne und in den Sitz­rei­hen auf das Publi­kum wirken?

Sibyl­le Broll-Pape: Ich glau­be, dass die Leu­te gespannt genug sind, es ein­fach auszuprobieren.

Bezie­hungs­wei­se, was hat ein Mit­glied des Publi­kums von der nor­ma­ler­wei­se dicht gepack­ten Anwe­sen­heit ande­rer, wenn auch stil­ler Zuschaue­rin­nen und Zuschauer?

Sibyl­le Broll-Pape: Eine Men­ge, weil Thea­ter trotz der Stil­le ein star­kes sozia­les Ereig­nis ist. Man erlebt etwas zusam­men und spürt die ande­ren Men­schen im Raum. Ich glau­be, Men­schen brau­chen das.

Hal­ten die Abon­nen­tin­nen und Abon­nen­ten Ihnen bis­her die Treue oder wer­den Abon­ne­ments ver­mehrt gekündigt?

Sibyl­le Broll-Pape: Zum gro­ßen Teil blei­ben sie uns treu. Wir erhal­ten sehr zuge­wand­te und unter­stüt­zen­de Rückmeldungen.

Wie sieht das Ensem­ble die Pflicht zum Abstand?

Sibyl­le Broll-Pape: Im Moment über­wiegt die Vor­freu­de, über­haupt wie­der mit­ein­an­der arbei­ten zu können.

Was, wenn die Spiel­zeit doch wie­der abge­bro­chen wer­den muss?

Sibyl­le Broll-Pape: Da möch­te Ich jetzt nicht dar­über nach­den­ken. Wenn sie abge­bro­chen wird, wird sie abge­bro­chen und wir set­zen mit neu­en Pla­nun­gen zu einem ande­ren Zeit­punkt wie­der an. Wir wer­den nicht die Hän­de in den Schoß legen und aufgeben.

Gibt es etwas Posi­ti­ves, das Sie per­sön­lich aus der Kri­se zie­hen können?

Sibyl­le Broll-Pape: Ach, das berühm­te Posi­ti­ve in der Kri­se. Ich weiß nicht, eigent­lich nichts. Das eine ist, dass das Virus zahl­rei­che Men­schen­le­ben gefor­dert hat, was soll dar­an gut sein? Und dann die­se gan­zen wohl­mei­nen­den Sprü­che, dass man Zeit hat, über sich nach­zu­den­ken und so wei­ter, die sind gut und schön, aber ich mache das wie vie­le ande­re Men­schen sowie­so andau­ernd. Dafür habe ich kei­ne Kri­se gebraucht.