Im ersten Spiel der Viertelfinalplayoffs ist Brose Bamberg heute Abend bei Alba Berlin zu Gast. Kein leichter Gegner. Die Berliner weisen offensiv und defensiv Spitzenwerte auf und das letzte Aufeinandertreffen endete für Bamberg mit einer hohen Niederlage. Im Vorfeld des Spiels gab Brose unterdessen eine wichtige Personalentscheidung bekannt.
Brose Bamberg steht seit 2002, also die 21. Saison in Folge, in den Viertelfinalplayoffs. Lediglich ein Verein hat eine längere Serie vorzuweisen – und das ist Alba Berlin. Bemerkenswert ist allerdings, dass sich beim Duell Bamberg gegen Berlin – das heutige Viertelfinale ist das 100. Aufeinandertreffen beider Teams – zwar 19 Meistertitel (zehn für Berlin und neun für Bamberg) gegenüberstehen, sich beide Teams aber in den Playoffs zuletzt kaum sahen. Das letzte Aufeinandertreffen ist schon elf Jahre her. Es endete mit dem 3:2‑Finalsieg Broses und dem Gewinn der vierten deutschen Meisterschaft.
Alba Berlin geht zum ersten Mal seit 13 Jahren als Hauptrundensieger in die Viertelfinalplayoffs. Diesen Platz haben sich die Hauptstädter vor allem in den letzten Wochen verdient, denn sind sie seit elf Spielen ungeschlagen. Zuletzt gab es am vergangenen Dienstag einen 83:78-Prestigeerfolg beim FC Bayern München Basketball.
Überhaupt haben sich die Berliner vor allem offensiv auf den Punkt genau gefunden. Gab es zu Saisonbeginn noch den einen oder anderen, auch individuellen, Durchhänger, läuft die Angriffsmaschinerie seit Monaten beständig auf Hochtouren. 87 Punkte erzielte die Mannschaft von Israel Gonzales bislang im Schnitt pro Partie. Das ist hinter Bonn (87,9) die beste Ausbeute aller BBL-Teams.
Vor allem von jenseits der Dreierlinie sind die Berliner treffsicher. Sie haben in Eriksson, Schneider und Sikma gleich drei Spieler, die weit über 40 Prozent ihrer Distanzwürfe treffen. Dabei ist es auch nicht der eine Spieler, der regelmäßig heiß läuft, es ist das gesamte Kollektiv, das punkten kann. Das macht Berlin so unberechenbar. Doch damit nicht genug: die Hauptstädter haben auch die beste Defensive der gesamten Liga, ließen bislang durchschnittlich lediglich 72,9 Punkte zu. Wie unschön ein Spiel gegen Berlin sein kann, musste Brose vor nicht allzu langer Zeit am eigenen Leib erfahren. Mit 57:89 wurde Bamberg vor knapp drei Wochen chancenlos aus der Halle geschossen.
Fokussiert nach Berlin
Dieses Spiel, dieses Ergebnis ist natürlich nach wie vor im Kopf, wenn es um die Vorbereitung auf die Viertelfinalserie geht. Den Fakt, dass Brose überhaupt zum 21. Mal in Serie in den Playoffs steht, hat sich die Mannschaft in den letzten Wochen hart erarbeitet und verdient. Neun ihrer letzten elf Partien konnte sie gewinnen.
Seit Montag liegt der komplette Fokus nun auf den Spielen gegen Berlin. Der Modus macht es möglich, mit einem gewonnenen Spiel in der Hauptstadt den Heimvorteil umzudrehen. Doch das ist Zukunftsmusik, die Aufgabe liegt im Hier und Jetzt.
Cheftrainer Oren Amiel hat aktuell alle Mann an Bord, kann also, bis auf den nach wie vor verletzten Patrick Heckmann, personell aus dem Vollen schöpfen. Dabei kann er, ähnlich wie Berlin, vor allem offensiv auf viele Spieler vertrauen, die den Unterschied machen können.
Gegen die Hamburg Towers beim zuletzt so wichtigen 77:67-Erfolg im Entscheidungsspiel um die Playoffteilnahme, waren etwa Justin Robinson (20), Omar Prewitt (12) und Tomáš Kyzlink (12) Bambergs beste Werfer. Ebenso sehr hervorzuheben sind Kenny Ogbe und Chris Dowe. Sie machten in erster Linie defensiv einen starken Job gegen Hamburgs Dauerbrenner Caleb Homesley. Genauso fokussiert muss Brose Bamberg auch heute Abend gegen Berlin antreten und darf sich vom Namen und der Atmosphäre nicht limitieren lassen.
Ein Blick in die Statistik
Eventuell werfen Chris Sengfelder und Co. auch einen Blick auf die Statistik. Die sagt nämlich aus, dass ein Aufeinandertreffen des Tabellenführers gegen den Tabellenachten oftmals viel knapper war, als es auf dem Papier aussah. Bestes Beispiel: Brose ging letztes Jahr ebenfalls als Achter in die Viertelfinalplayoffs und lieferte dem Tabellenersten Ludwigsburg, der in der Hauptrunde lediglich vier Niederlagen aufzuweisen hatte, einen harten Kampf über fünf Spiele.
Neben dieser Partie mussten in den vergangenen Jahren fünf weitere Spiele zwischen dem Tabellenersten und ‑achten in ein entscheidendes fünftes Spiel. Zweimal daran beteiligt war Alba Berlin. Die Hauptstädter benötigten 2006 gegen Oldenburg und 2009 gegen Paderborn jeweils die Entscheidungspartie, um ins Halbfinale einzuziehen. Die Berliner waren auch – und jetzt wird es aus Bamberger Sicht interessant – das erste Team, das es als Tabellenführer nicht schaffte, sich gegen den Achten durchzusetzen. 2007 ging die Viertelfinalserie gegen Quakenbrück deutlich und schnell mit 0:3 verloren. Dieses Missgeschick passierte einem Hauptrundenersten in den Viertelfinalplayoffs anschließend nur noch ein einziges Mal. Oldenburg musste sich 2010 Braunschweig in vier Spielen geschlagen geben.
Christian Sengfelder sagte gestern: „Natürlich haben wir noch das Spiel vor drei Wochen im Kopf. So etwas darf und wird uns nicht mehr passieren. Wir müssen am Freitag viel physischer sein. Sie haben uns offensiv wie defensiv ihren Willen aufgezwungen. Darauf müssen wir besser vorbereitet sein. Wir müssen schauen, dass wir sie aus ihrer Komfortzone bringen. Sie haben ja gemacht, was sie wollten. Unser Ziel muss sein, eines der beiden Spiele am Wochenende zu klauen. Vielleicht unterschätzen sie uns auch nach ihrem deutlichen Sieg vor zwei Wochen etwas. Wir wittern auf jeden Fall unsere Chance.“
Kontinuität auf dem Cheftrainerposten
Ein wenig beruhigende Kontinuität könnte ein Personalentscheidung vor den Viertelfinalplayoffs in die Mannschaft bringen. Denn Brose Bamberg den vorzeitig den Vertrag mit Cheftrainer Oren Amiel bis zum Ende der Spielzeit 2023/2024 verlängert. Das haben der Verein und der 50-jährige Israeli gestern bekanntgegeben. Die Vertragsunterzeichnung fand bereits im Februar statt und war damit unabhängig vom Ausgang der Saison.
Philipp Galewski, Geschäftsführer der Bamberger Basketball GmbH, sagte: „Wir haben vom ersten Tag an gemerkt, dass Oren hervorragend zum Bamberger Basketball passt. Mit seinem unbedingten Willen, jeden Tag besser werden zu wollen, hat er jedem einzelnen Spieler neues Selbstvertrauen gegeben und jeden besser gemacht, sodass am Ende auch das Kollektiv besser wurde. Seine ehrliche Art, seine Emotionen am Spielfeldrand und der Respekt vor der Bamberger Basketballhistorie bieten jedem Fan ein herausragendes Identifikationspotenzial. Daher haben wir uns schon im Februar dazu entschieden, den Vertrag mit ihm vorzeitig zu verlängern, um mit ihm zusammen frühzeitig die neue Saison planen zu können.“
Oren Amiel sagte: „Ich freue mich sehr, dass ich weiterhin Cheftrainer eines solch traditionsreichen Clubs sein darf. Es macht mir täglich aufs Neue Freude, in die Trainingshalle zu kommen und mit den Jungs zu arbeiten. Ich bedanke mich bei Philipp und dem Aufsichtsrat, dass sie mit mir in die Zukunft gehen. Ich denke, wir haben in den letzten Monaten den Spaß am Basketball nach Bamberg zurückgebracht und aus Team und Fans wieder eine Einheit gebildet. Das ist das Wichtigste für mich. Ich hatte mit dem ersten Spiel, nachdem die Zuschauer zurück in der Arena waren, das Gefühl, dass sie mich akzeptieren. Das ist großartig, dafür bin ich sehr dankbar.“
Oren Amiel trat Anfang Dezember als Nachfolger Johan Roijakkers seinen Job in Bamberg an. Zuvor war er unter anderem als Cheftrainer in Israel und Tschechien aktiv. Mit Brose Bamberg holte der 50-Jährige zuletzt neun Siege aus den letzten elf Saisonspielen und schaffte gemeinsam mit seinem Team den Einzug in die Viertelfinalplayoffs.