In Oberhaid betreibt Hajk G. Hovhannisjan eine Restaurierungswerkstatt für Kunstgegenstände. Wir haben ihm einen Besuch abgestattet und bei der Arbeit über die Schulter geschaut.
Als Diplom-Restaurator befasst sich Hajk G. Hovhannisjan mit der Bewahrung und Wiederherstellung sowie der wissenschaftlich-technologischen Dokumentation von Kunst- und Kulturgütern. Seit seiner Ankunft in Deutschland übt er sein Handwerk mit Leidenschaft aus.
„Ich habe von 1981 bis 1985 in Jerewan, der Hauptstadt Armeniens, die Fachschule für bildende Künste und Kunstgeschichte besucht. Nach dem Abschluss und dem Wehrdienst absolvierte ich 1993 ein Studium der Gemälderestaurierung mit Diplom in Moskau.“
Heute betreibt er eine Restaurierungswerkstatt in Oberhaid. Eine solche Werkstatt zeichnet sich, wenn sie gut geführt ist, durch mehrere Faktoren aus. An erster Stelle steht die fachliche Kompetenz der Restauratoren, die über eine nachweisbare, solide Ausbildung sowie umfassendes Wissen in Kunstgeschichte sowie Chemie und auch Materialkunde verfügen sollten. Zudem ist eine moderne Ausstattung der Werkstatt Qualität unabdingbar.
Ebenfalls wichtig ist die Umkehrbarkeit, fachlich Reversibilität genannt, der verwendeten Materialien und Methoden. Diese sollten im Optimalfall so gewählt werden, dass etwaige zukünftige Restaurierungen an den Werken ohne Beschädigung des Originals durchgeführt werden können. In diesem Zusammenhang ist eine sorgfältige Dokumentation jeder einzelnen Restaurierung gleichermaßen ein Qualitätsmerkmal, um den Zustand vor und nach der Arbeit festzuhalten und gleichzeitig Transparenz gegenüber Kunden, aber auch Fachkollegen gewährleisten zu können.
Oberhaider Restaurierungswerkstatt international geschätzt
Mittlerweile gehört die Restaurierungswerkstatt von Hajk G. Hovhannisjan im internationalen Vergleich nach fast 30 Jahren in Deutschland zu den renommiertesten Werkstätten auf der ganzen Welt.
„Um die Authentizität eines Kunstwerkes zu wahren, vermeide ich, auf die Originalsubstanz einzuwirken. ‚So wenig wie möglich, so viel wie nötig‘ ist derjenige Leitgedanke, der mich stets bei meiner Arbeit begleitet. Von maßgeblicher Bedeutung ist ebenfalls die Charta von Venedig, die die zentralen Werte und Vorgehensweisen bei der Konservierung und Restaurierung festlegt“, erklärt er.
Diese Charta ist ein 1964 verabschiedetes internationales Dokument, das Prinzipien zum Schutz und zur Erhaltung von Kulturerbe bestimmt. Sie betont Authentizität und Integrität bei Restaurierungen und fordert und fördert damit die Zusammenarbeit zwischen Fachleuten und Öffentlichkeit.
Besondere Beachtung schenkt der Restaurator bei seiner Arbeit demgemäß der Voruntersuchung der Kunstwerke. Mit modernster Analysetechnik wird der Zustand jedes Gemäldes präzise erfasst. „Zuallererst wird das Gemälde unter UV‑, Infrarot- und Streiflicht begutachtet, eventuelle Schäden werden unter dem Stereomikroskop genauer untersucht und mit hochauflösenden Aufnahmen dokumentiert, um die richtigen Maßnahmen bei der Konservierung und Restaurierung durchzuführen“, beschreibt Hovhannisjan die ersten Schritte seiner Arbeitsprozesse.
Dabei kommen äußerst hochwertige und modernste Stereomikroskope zum Einsatz, die eine Live-Übertragung über einen Monitor ermöglichen. So kann die Kundschaft den laufenden Prozess mitverfolgen – per Stream auch von weit entfernten Orten. Dies ist der Grundstein für eine transparente und vertrauensvolle Arbeit.
„Mit unserer Infrarotkamera sind Aufnahmen in Full-HD und einer Wellenlänge von 400 bis 1700 Nanometern möglich, wodurch dem Kunden Einblicke in verborgene Bereiche unter der Malschicht eines Gemäldes ermöglicht werden. Dadurch kann man den Entstehungsprozess besser nachvollziehen, der uns auch Aufschluss über die Authentizität gibt“, so der Oberhaider Restaurator.
Im Laufe der Jahre hat Hovhannisjan schon unzählige Werke restauriert – darunter auch sehr bedeutende. Gemessen am monetären sowie am historischen Wert sind einige davon besonders prägend und bestimmte Objekte liegen ihm dabei sehr am Herzen. Als Beispiele nennt Hajk G. Hovhannisjan eine Version des „Lanzenstoßes“ von Peter Paul Rubens, Altartafeln von Erhard Altdorfer, Werke von Lucas Cranach dem Älteren, Jan Brueghel dem Älteren und Hendrik van Balen.
Alles für die bestmögliche Restaurierung und Konservierung
Restauratoren setzen im Rahmen ihrer Arbeit häufig Techniken und Materialien wie spezielle Klebstoffe, Farben, Pinsel, Gewebe und chemische Mischungen ein. Diese eignen sich besonders gut, weil sie die Integrität und Authentizität der Objekte erhalten, deren Stabilität und Ästhetik verbessern und minimalinvasive Eingriffe ermöglichen. So auch der Restaurator aus dem Bamberger Landkreis.
„Ich verwende eine Vielzahl der hochwertigsten historischen und modernen Pigmente. Der Firnis gehört jedoch zu einer der wichtigsten Mittel in der Konservierung. Dieser isoliert die Originalsubstanz von Ergänzungen durch die Restaurierung und dient zugleich als Schutzschicht vor äußeren Einflüssen. Wir verwenden für unseren Firnis ein neuartiges Kunstharz, das dem Anspruch an Reversibilität für Restauratoren und Kunstgegenstände genau wie dem europäischen Standard für die Erhaltung des kulturellen Erbes gerecht wird“, verweist Hovhannisjan auf die strenge Einhaltung aller Richtlinien.
Kontinuierliche Weiterbildung ist ebenso wichtig, damit Restauratoren mit neuen Techniken und Materialien Schritt halten können. „Einerseits bin ich durch Publikationen des Verbands der Restauratoren immer auf dem Laufenden. Andererseits sind Fachmessen sowohl im In- als auch im Ausland von enormer Bedeutung. Ich optimiere darüber hinaus stetig die Ausstattung meiner Werkstatt, um den Kunstwerken die bestmögliche Restaurierung und Konservierung bieten zu können.“
An diesen Fort- und Weiterbildungen nimmt Hajk G. Hovhannisjan aber nicht immer allein teil. Manchmal begleitet ihn sein Sohn Wahe. Dieser studiert in Bamberg den Masterstudiengang Restaurierungswissenschaften und konnte bereits Restaurierungsarbeiten im Betrieb seines Vaters erledigen und auch Illustrationen für mehrere Bücher erstellen.
Kunst der Wiederbelebung
Die Restauration, man könnte auch sagen „Kunst der Wiederbelebung“, ist eine komplexe Aufgabe, die nicht nur technisches Know-how, sondern auch eine tiefe Wertschätzung für die Kunstgeschichte erfordert. Der Restaurator gibt den Kunstwerken nicht nur neues Leben, sondern bewahrt auch die Geschichten, die sie erzählen. Dabei spielt die Restaurierung eine entscheidende Rolle, da sie hilft, unser kulturelles Erbe und historische Kunstwerke für kommende Generationen zu erhalten. Durch die fachgerechte Restaurierung werden Schäden behoben, Farben revitalisiert und die Originalität der Werke konserviert. So können wir die Geschichten und Werte vergangener Zeiten nachvollziehen und wertschätzen.
Besonders schön an der Restaurierung ist dahingehend die harmonische Verbindung von Tradition und Innovation. Restauratoren wie Hajk G. Hovhannisjan vereinen jahrhundertealte Techniken mit modernen Methoden, um den Charakter eines Objekts zu wahren und seine Funktionalität zu optimieren. Die präzise Handarbeit und das Streben nach höchster Qualität verleihen jedem restaurierten Stück eine neue, faszinierende Ausstrahlung, die sowohl die Kunstwerke selbst als auch die Kultur, aus der sie stammen, zum Leben erweckt – sie wiederbelebt.