Vor Kurzem meldete die Interessengemeinschaft Bamberger Gärtner, dass der Großteil der 19 Bamberger Gärtnereien trotz der Beschränkungen der Pandemiebekämpfung überraschenderweise höhere Umsätze als in den Sommermonaten des letzten Jahres verzeichnet. Mit Thomas Schmidt, dem Sprecher der Interessengemeinschaft Bamberger Gärtner, haben wir über die Gründe für diesen Anstieg, die Zusammenhänge mit Zierpflanzen und über ein stetig wachsendes Bewusstsein für regional produzierte Produkte gesprochen.
Herr Schmidt, in welchem Zustand befinden sich die Bamberger Gärtnereien?
Thomas Schmidt: Zu Beginn hat die Corona-Pandemie eine Schockwelle ausgelöst und zu einer großen Verunsicherung geführt. Vor allem durch die sich oft widersprechenden Vorgaben der Bayerischen Landesregierung – weniger durch die Behörden vor Ort – wussten viele der Bamberger Gärtnereien nicht, was in Sachen Betriebsführung erlaubt war und was nicht. Es gab teilweise ein Hin und Her mit den Bestimmungen – wer darf unter welchen Bedingungen öffnen und wer nicht. Natürlich wollte keine der Gärtnereien die Ausbreitung des Virus noch weiter begünstigen. Und was man im Nachhinein auch kritisieren muss, war die fehlende Möglichkeit, den verantwortlichen Stellen Feedback über die Vorgaben und Restriktionen zu geben, um zu sehen, welche Maßnahmen sinnvoll sind.
Vor welche weiteren Herausforderungen hat die Pandemie die Gärtnereien gestellt?
Thomas Schmidt: Der Jahresablauf ist durcheinandergebracht worden. Normalerweise produzieren die Gärtnereien im Winter und ernten im Frühjahr. Dann beginnt auch die Hochsaison des Verkaufs der Produkte. Doch dieses Jahr hatten wir dabei den Worst Case als die Pandemie ausbrach. Zuerst galt ein generelles Verkaufsverbot, dann konnte nur unter Auflagen verkauft worden.
Gibt es Gärtnereien, die davon irreparablen wirtschaftlichen Schaden genommen haben?
Thomas Schmidt: Natürlich waren die Verkaufsrestriktionen erst einmal ein herber Schlag, aber, wie es sich herausgestellt hat, hat so eine Pandemie, wie alles, zwei Seiten: die beschriebene negative, aber auch eine positive Seite. Zum einen haben die Gärtnereien realisiert, wie wichtig Kommunikation ist – nicht nur mit staatlichen Stellen, sondern auch mit Medien und untereinander. Wie die Region hier in schlechten Zeiten zusammengehalten hat, hat mich sehr gefreut. Auf der anderen Seite sehen wir vor allem die Reaktion der Kunden, der Verbraucher als sehr positiv. Den Leuten ist zunehmend klar geworden, wie wichtig regionale Versorgungsmöglichkeiten sind, nicht zuletzt, weil die Versorgung mit Lebensmitteln auf überregionalen beziehungsweise internationalen Wegen aufgrund der Pandemie zeitweise zurückgegangen ist.
Unter den Bamberger Gärtnereien befinden sich nicht nur Lebensmittelhersteller, sondern auch Zierpflanzen-Gärtnereien. Haben diese in den letzten Monaten einen ähnlichen Kundenansturm wie Baumärkte erlebt?
Thomas Schmidt: Ja. Zierpflanzen für das Heim, den Garten oder den Balkon wurden sehr stark nachgefragt. Aus Gesprächen mit den Kunden haben wir erfahren, dass Zierpflanzen scheinbar eine wichtige Rolle für die Psyche der Leute spielen. Die Leute haben plötzlich zum Beispiel vielmehr Blumensträuße geordert, um damit in diesen schwierigen Zeiten Familienmitgliedern oder Freunden eine Freude zu machen. Man kann ja keinen Rettich verschenken. Es scheint nicht nur ein Grundbedürfnis nach Ernährung zu bestehen, sondern auch nach etwas Schönem, das die Moral stärkt. Das Gärteln hat, glaube ich, bei Vielen den Corona-Frust kompensiert.
Fast 90 Prozent der Gärtnereien geben an, dass sie im Vergleich zu den gleichen Monaten von 2019 einen höheren Umsatz haben. Wie ist diese Entwicklung zustande gekommen?
Thomas Schmidt: Die Pandemie hat viele Kunden dazu veranlasst, sich mal wieder oder überhaupt darüber zu informieren, wo man regional Lebensmittel einkaufen kann. Regionale Erzeugung bedeutet ja auch, dass die Versorgung nicht so stark auf Import, also Lieferketten, die in Risikogebieten beginnen, angewiesen ist. So haben sich neue Kundengruppen gebildet, die vorher meistens beim Discounter eingekauft haben.
Ist dieser Trend zum Einkaufen von lokal erzeugten Lebensmitteln erst in Corona-Zeiten entstanden oder hat er sich schon vorher angebahnt?
Thomas Schmidt: Es ist ein Trend, der sich in bestimmten Kundengruppen langsam schon länger angebahnt hatte. Die Pandemie hat aber neue Kunden dazu gebracht. Es ist ein Bewusstsein über Import, Lieferketten und Regionalität entstanden. Die Leute kaufen bewusster ein und sind bereit, beim Einkaufen nicht nur den einfachen Weg zum Discounter einzuschlagen, sondern auch mehr Aufwand zu treiben und auch noch zum Gärtner zu gehen. Früher bestand eine der Hauptschwierigkeiten, regionale Produkte zu verkaufen, in einer gewissen Bequemlichkeit.
Wird sich dieses Bewusstsein halten?
Thomas Schmidt: Das ist schwer zu sagen, aber es flacht schon ein bisschen ab. Wir haben aber schon den Eindruck, dass die Leute gerne zu den Bamberger Gärtnereien gehen, auch weil sie wissen, dass sie etwas Gutes tun. Also zumindest sind sich jetzt mehr Leute darüber bewusst, dass es die Bamberger Gärtnereien überhaupt gibt. Diese Information ist auf jeden Fall hängengeblieben.
Was kann die Interessengemeinschaft Bamberger Gärtner tun, damit sich das Bewusstsein hält?
Thomas Schmidt: Im Angesicht der heutigen Informationsflut, der alle unterliegen, vergisst man unheimlich schnell. Man muss die Leute immer wieder darauf hinweisen, daran zu denken, wie wichtig Nahversorgung ist und dass die Gärtnereien Frische und Qualität bieten – und die Garantie, dass es auch in Pandemie-Lockdown-Zeiten die Möglichkeit gibt, Lebensmittel einzukaufen. Das ist eigentlich ein großer Luxus, den die Leute noch gar nicht zu schätzen wissen.
Wünschen Sie sich mehr Unterstützung durch die Politik?
Thomas Schmidt: Ja, natürlich. Wichtig wäre zum Beispiel, die Produktionsumstände zu erleichtern. Runtergebrochen auf Bamberg könnte das zum Beispiel bedeuten, das Problem des Parkplatzmangels im Gärtnerviertel zu beheben.
Vor Kurzem hat die Interessengemeinschaft der Bamberger Gärtner in einer Pressemitteilung darauf hingewiesen, dass die Bamberger Gärtnereien neben Konkurrenzdruck und fehlender Nachfolge auch unter dem Klimawandel leiden würden. Wie macht sich dieser vor Ort bemerkbar?
Thomas Schmidt: Hier haben wir zum Beispiel das große Problem der Trockenheit im Sommer. Das heißt, dass wir einen sehr hohen Wasserbedarf haben, was wiederum bedeuten kann, dass die Pflanzen durch Wassermangel unter höherem Stress stehen, weniger ergiebig und anfälliger für Schädlingsbefall sind. Dass ist ein Punkt, mit dem wir immer wieder auf die Stadt zugehen und zum Beispiel nach speziellen Wassertarifen fragen, um Wasserkosten zu sparen.
Wie sehen die städtischen Reaktionen auf solche Fragen aus?
Thomas Schmidt: Man ist sich des Problems bewusst, aber entsprechende Maßnahmen sind noch nicht umgesetzt wurden.
Mehr zu den Bamberger Gärtnereien unter: www.gaertnerstadt-bamberg.de