Gestern Abend fand am Gabelmann in Bamberg eine Mahnwache zum Gedenken an Malte C. statt. Der 25-jährige trans Mann war in Münster Opfer eines queerfeindlichen Hassverbrechens geworden. Rund 250 Menschen nahmen an dem vom Organisationsteam des CSD Bamberg und der Queeren CommUNIty organisierten Gedenken für Malte C. teil.
Beim Christopher Street Day in Münster am 27. August wollte Malte C. schlichten, als ein 20-Jähriger Teilnehmende des CSD lesbenfeindlich beschimpfe. Daraufhin schlug der Mann Malte C. zusammen und verletzte ihn so schwer, dass er am vergangenen Freitag an den Folgen starb.
Gestern Abend, am 6. September, veranstaltete das Organisationsteam des CSD Bamberg und die Queere CommUNIty eine Mahnwache für Malte C am Gabelmann.
Leonie Ackermann von der Queeren CommUNIty begrüßte die Anwesenden und umriss den Ablauf der Veranstaltung, die vom Duo Resonance mit Harfenklängen eröffnet wurde.
„Wir sind heute hier, weil der 25-jährige trans Mann Malte brutal aus dem Leben gerissen wurde. Wir sind heute hier, weil sein Tod schmerzhaft in uns widerhallt. Er war einer von uns – und jetzt fehlt er“, begann Leonie Ackermann anschließend den ersten Redebeitrag.
Sie thematisierte auch die Hintergründe, die zu Taten wie der in Münster führen. Es sei gut, dass der Tatverdächtige gefasst wurde, doch wüssten alle, dass die Verurteilung eines Einzelnen nicht dafür sorgen werde, dass Schwule, Lesbische, Bisexuelle, Trans, Inter, Nichtbinäre und Agender-Personen zukünftig in der Öffentlichkeit sicher sind. Der Täter sei nur ein Symptom, seine Tat Ausdruck der giftigen Saat, die auf dem fruchtbaren Boden einer queerfeindlichen Gesellschaft gedeihe.
Einsatz auch aller nicht von Queerfeindlichkeit Betroffener nötig
Diejenigen, die Hass gegen queere Menschen säen, ob im privaten Umfeld, in den Medien, in den Sozialen Netzwerken oder in Parlamenten würden größtenteils nicht vor ein Gericht gestellt. „Doch wenn wir verhindern wollen, dass solche Gewalttaten wieder und wieder passieren, dürfen wir queerfeindliche Hetzer eben nicht davonkommen lassen.“ Diese würden den Eindruck erwecken, als gäbe es Queerfeindlichkeit in der Gesellschaft überhaupt nicht, als seien die Betroffenen paranoid.
Wenn dann die Gewalt jedoch so offensichtlich sei wie im Fall von Malte C., greife ein anderer Mechanismus. Queerfeindlichkeit werde dann versucht, als Konsequenz charakterlicher Fehler Einzelner darzustellen. Statt Queerfeindlichkeit als ein strukturelles Problem zu benennen werde bei der Tat von Münster darauf beharrt, dass der Tatverdächtige kein Deutscher sei.
„Auf dieses Ablenkungsmanöver kann es von uns als queere Community nur eine Antwort geben: Nein, wir lassen uns nicht für eure Ausländerfeindlichkeit und euren Rassismus instrumentalisieren! Wenn euch Gewalt gegen uns nur interessiert, wenn ihr eure ausländerfeindlichen Ressentiments durch sie bestätigt sehr, seid ihr nicht unsere Verbündeten. Wir positionieren uns klar gegen Hetze gegen Migrantinnen und gegen jede Form von Rassismus.“
Auch die landläufige Darstellung, vorwiegend seien ältere Leute queerfeindlich und nicht davon abzubringen, wies Leonie Ackermann zurück. Im Fall Malte C. sei der Täter ein 20-Jähriger gewesen. Außerdem schilderte sie einen Fall vom Samstag, als eine 57-jährige trans Frau in Bremen von einem Teenager in der Straßenbahn angegriffen und schwer im Gesicht verletzt wurde. Queerfeindlichkeit könne nur aussterben, so Leonie Ackermann, wenn verhindert werde, dass sie an die nächste Generation weitergegeben werde. Dies gelinge nur, wenn sich auch alle einsetzen, die nicht von Queerfeindlichkeit betroffen seien.
„Ein Lied für Malte und eines für uns“
Schauspieler Arnd Rühlmann betonte am Gabelmann, dass er im Vorfeld mit Mit-Veranstalterin Dr. Karin Gehrer einig war, kein Lied singen zu wolle, um ein Opfer zu beklagen. Vielmehr wolle er Malte C. für seine Courage ehren. So sei die Entscheidung auf „Hero“ von Mariah Carey gefallen, welches er anstimmte.
Nach einer Gedenkminute für Malte C. und alle Opfer von Gewalt brachte in einem weiteren Redebeitrag Ben, selbst trans Mann und Studierender der Psychologie, seine Gedanken und Gefühle zum Ausdruck, die ihn ereilt hatten, als sein Freund ihm die Nachricht vom Tod Malte C.s überbracht habe. Er sei wütend und traurig gewesen und habe das für ihn uralte Bedürfnis gehabt, sich zu verstecken und der Welt zu entfliehen. „Ein Bedürfnis aus den Tagen, bevor ich ich selbst sein konnte.“
Ein junger trans Mann gehe auf eine CSD-Parade, kämpfe für seine Rechte, kämpfe jahrelang mit Behörden, Verwandten und sich selbst – und in dem Moment, in dem er seine Freiheit gefunden habe, werde er getötet. Ben appellierte abschließend an das Publikum, Malte als jemanden in Erinnerung zu behalten, der für andere eingetreten ist und beispiellose Courage bewiesen hat.
Neben der Möglichkeit, Blumen und Kerzen abzulegen, war während der Gedenkveranstaltung eine Spendenbox aufgestellt. Deren Erlöse kommt dem Vereins Trans-Kinder-Netz e.V. zugute. Dabei handelt es sich um einem Verein von Eltern und Familienangehörigen von minderjährigen trans Kindern, der den Kindern ein glückliches Leben frei von Stigmatisierung und Ausgrenzung ermöglichen möchte.
Arnd Rühlmann sang zum Ende der Mahnwache ein weiteres Lied. Die Idee sei gewesen, zwei Lieder zu singen, „eines für Malte und eines für uns.“ Alle Anwesenden seien mit Gefühlen wie Wut, Trauer, Verzweiflung oder Fassungslosigkeit zur Gedenkveranstaltung gekommen. So jedoch, meinte Rühlmann, solle man nicht auseinandergehen. Hass dürfe nicht mit noch mehr Hass begegnet werden. Es sei wichtig, dass die Community, die sich nicht immer einig ist, noch besser auf sich aufpasse und zusammenhalte. „True Colors“, im Original von Cindy Lauper, hatte er für den Abschluss ausgewählt.