Der Schlusspunkt des zweiten Pandemiejahres lag für das oberfränkische Handwerk etwas niedriger als im Vorjahr, der Jahresabschluss ist allerdings im Vergleich zu 2020 deutlich stärker. Die Handwerkskammer für Oberfranken zeigt sich mit der Entwicklung zufrieden und hofft, dass das Handwerk in Oberfranken in diesem Jahr endgültig wieder das starke Vorkrisenniveau erreicht.
So ist der Geschäftsklimaindex im Handwerk im Vergleich zum dritten Quartal 2021 um sechs Punkte auf 108 gesunken. „Die Erholungstendenz setzt sich dennoch fort“, sagt dazu der Präsident der Handwerkskammer für Oberfranken, Matthias Graßmann. „Das zeigt vor allem der Blick auf den Jahresvergleich.“
Die Handwerkskammer für Oberfranken führte eine Umfrage unter 407 Betrieben mit 7.033 Beschäftigten durch. Insgesamt 83 Prozent der befragten Betriebe des oberfränkischen Handwerks beurteilen im vierten Quartal 2021 ihre Lage als befriedigend oder gut, Ende 2020 lag dieser Wert noch bei 73 Prozent und damit um zehn Prozentpunkte tiefer. „Angesichts der Ende letzten Jahres wütenden Delta-Variante des Corona-Virus und der Beschränkungen, die Bayern hatte, sind wir mit der Entwicklung im traditionell schwächeren, letzten Quartal zufrieden.“
Jetzt gelte es in 2022 endgültig das Vorkrisenniveau zu erreichen. „Das oberfränkische Handwerk ist dafür trotz aller Herausforderungen gut gerüstet“, gibt sich der HWK-Präsident optimistisch. Zum einen sollte es während der vergangenen beiden Pandemie-Jahre eigentlich auch dem Letzten klar geworden sein, wie wichtig das Handwerk für einen gut funktionierenden, regionalen Wirtschaftskreislauf und für die Gesellschaft sei. Zum anderen hält Graßmann die Voraussetzungen insgesamt für gut. „Die großen politischen Weichenstellungen in Richtung Klimawende, Energiewende und Verkehrswende funktionieren nicht ohne das Handwerk. Daher gehen wir davon aus, dass die politische Landschaft das Handwerk stärker im Blick haben wird.“
Steigender Fachkräftebedarf als größte Herausforderung
Graßmann weiß aber auch um die Herausforderungen, die gerade die kleinen und mittleren Betriebe des Handwerks zu stemmen haben. „Die sehr hohen Energiepreise belasten uns direkt und unmittelbar, dazu kommen aktuell die Material- und Rohstoffknappheit.“ Größte Herausforderung bleibe aber der steigende Fachkräftebedarf. „Wir teilen uns dieses Problem natürlich mit allen anderen Wirtschaftszweigen und stehen mit diesen auch in direkter Konkurrenz. Dennoch müssen wir hier gute Lösungen finden und die Stärken des Handwerks zur Geltung bringen.“ Stabilität als Stärke Eine Stärke des Handwerks ist die große Stabilität, die Mitarbeitende vor allem als Arbeitsplatzsicherheit erleben. „Gute Handwerker und Handwerkerinnen werden in der Regel nicht arbeitslos, vor allem, wenn sie ein gutes Qualifikationsniveau haben“, erklärt Reinhard Bauer, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Oberfranken ist. So sei auch in der Pandemie die Anzahl der Beschäftigten bei den oberfränkischen Handwerksbetrieben kaum reduziert worden. Im letzten Quartal 2021 gaben über 83 Prozent der befragten Betriebe an, gleich viel oder sogar mehr Mitarbeiter zu haben.
Stabilität weist das Handwerk auch bei den konjunkturellen Kennzeichen auf. „Trotz der Umstände in den vergangenen zwei Jahren geben aktuell 46,5 Prozent der Betriebe über alle Gewerke hinweg die aktuelle Konjunktur als gut, weitere 36,5 Prozent als befriedigend an“, sagt Bauer. Der Auftragsbestand sei mit einem Schnitt von 10,6 Wochen weiterhin sehr hoch, die Kapazitäten sind zu 76 Prozent ausgelastet.
„Lediglich der Auftragseingang hat im vierten Quartal 2021 einen spürbaren Rückgang erlebt, der aber oft saisonal ist.“
Die Zahlen aus der Konjunkturerhebung des letzten Quartals 2021 spiegeln aber auch die Ungewissheiten wider, die momentan vorherrschen. Die hohen Energiepreise, der weitere Verlauf der Pandemie, aber auch die Frage, welche Weichen die neue Ampel-Regierung jetzt konkret stellt – diese Faktoren führen dazu, dass der Blick in die nächsten Monate etwas verhalten ist und die Erwartungen daher pessimistischer als im III. Quartal 2021 ausfallen. Reinhard Bauer: „Wir gehen aber davon aus, dass sich diese Zurückhaltung bald geben und 2022 ein starkes Jahr für das Handwerk wird.“
Einschätzungen aus einzelnen Handwerkszweigen
▪ Materialengpässe, hohe Rohstoffpreise und stark steigende Energiekosten – auch diese Bürden beeindrucken die Bau- und Ausbauhandwerker bisher kaum spürbar. Noch immer melden 93,5 beziehungsweise 94 Prozent der Betriebe eine gute oder zumindest zufriedenstellende Geschäftslage und erreichen damit fast die Werte des vorherigen Quartals.
▪ Die Zulieferer und Betriebe des gewerblichen Bedarfs präsentieren sich deutlich stärker als zum Jahresabschluss 2020, können ihre Erholung aber im vierten Quartal 2021 nicht weiter fortsetzen. Fraglich bleibt, inwieweit sich der strukturelle Wandel der Industrie auf die Zulieferer auswirkt.
▪ Leicht ansteigende Tendenz zeigt sich im Kfz-Handwerk, das etwas besser als im dritten Quartal abschneidet. Deutlicher ist die Erholung im Vergleich zum Vorjahr, 19 Prozent mehr Betriebe sind mit ihrer Lage zufrieden.
▪ Stabil bleibt die Entwicklung in den Nahrungsmittelhandwerken, in denen mehr als 87 Prozent mit der Geschäftslage zufrieden sind. Auch die Auslastung und die Umsatzentwicklung erreichen die Vorquartalswerte. Sorgen bereiten die steigenden Energiekosten, die im Nahrungsmittelhandwerk unmittelbar zu Buche schlagen.
▪ Die Gesundheitshandwerke verbessern sich im Jahresvergleich deutlich und halten auch im letzten Quartal 2021 das gute Niveau, das sie im Herbst 2021 erreicht haben.
▪ Friseure und Kosmetiker leiden deutlich unter den noch immer sehr strengen Vorgaben zur Pandemiebekämpfung. Dennoch hat sich die Lage im Vergleich zum Vorjahr insgesamt spürbar verbessert.