Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek pocht darauf, dass die Bundesregierung die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Langzeitpflege umfassend reformiert und damit auch mehr Personal ermöglicht.
Holetschek betonte am Sonntag anlässlich der Veröffentlichung des neuen Gesundheitsreports Bayern des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL): „Die Langzeitpflege ist eine der großen gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen der kommenden Jahre und Jahrzehnte. Schon jetzt ist die Personalsituation in der Pflege angespannt – und wir wissen, dass sich die Lage noch weiter zuspitzen wird. Das verdeutlicht auch der neue LGL-Report. Deshalb muss die Bundesregierung rasch handeln. Angesichts der stark steigenden Zahl an Pflegebedürftigen ist auch eine Struktur- und Finanzreform der Pflegeversicherung unerlässlich.“
Der Gesundheitsreport 2/2022 des LGL befasst sich ausführlich mit den Trends in der Altenpflege und gibt einen allgemeinverständlichen Überblick über die Situation. Darin enthalten sind auch die aktuellsten Daten des Bayerischen Landesamtes für Statistik (LfStat) aus dem Jahr 2019. „2019 gab es im Freistaat 491.996 Pflegebedürftige. Davon waren mehr als 400.000 Menschen älter als 65 Jahre“, erläuterte der Minister. „Und wir wissen, dass die bayerische Bevölkerung immer älter wird. Im Jahr 2040 wird mehr als ein Viertel der Bevölkerung älter als 65 Jahre sein. Da mit zunehmendem Alter das Risiko steigt, pflegebedürftig zu werden, wird auch die Zahl der Pflegebedürftigen weiter wachsen.“
Corona-Pandemie war eine starke psychische Belastung
Damit steige, wie Holetschek ergänzte, der Bedarf an Pflegekräften. Ein Gutachten des Gesundheitsministeriums im vergangenen Jahr habe deutlich gemacht, dass die Pflegekapazitäten in der Hälfte aller bayerischen Landkreise und kreisfreien Städte um gut 50 Prozent aufgestockt werden müssten, um der pflegerische Versorgung der Bürgerinnen und Bürger weiter gerecht zu werden. Das seien rund 19.600 Pflegefachkräfte und rund 19.200 Hilfskräfte in Vollzeit mehr bis zum Jahr 2040.
Neben der Pflegebedarfsprognose befasst sich der Gesundheitsreport Bayern 2/2022 unter anderem auch mit den Folgen der Corona-Pandemie für die Pflegebedürftigen. Demzufolge wurde über die Hälfte der COVID-19-Sterbefälle in Deutschland von einem ambulanten Pflegedienst versorgt oder lebte in einer stationären Pflegeeinrichtung. Der Bericht verweist auch auf den bayerischen ambulanten COVID-19 Monitor (BaCoM). Die bereits bekannten Zwischenergebnisse der Studie verdeutlichen, dass die Corona-Pandemie eine starke psychische Belastung für Pflegebedürftige wie auch für pflegende Angehörige war und ist. Daneben beleuchtet der Report auch die pflegerische Versorgung sowie Präventionsangebote im Freistaat.
„Die Pflege für die Zukunft aufzustellen, ist eine Mammutaufgabe, die wir jetzt angehen müssen! Wir müssen unsere Anstrengungen darauf richten, die bestehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege zu halten und gleichzeitig mehr Beschäftigte für den Pflegeberuf zu gewinnen“, betonte Holetschek. „Klar ist: Nur zufriedene Pflegekräfte können dafür sorgen, dass sich die Pflegebedürftigen wohlfühlen.“
Er erläuterte, die Weichen für attraktivere Rahmenbedingungen des Pflegeberufs müssten jetzt gestellt werden. Er habe schon vor weit mehr als einem Jahr Eckpunkte für eine zukunftsfeste Pflegereform vorgelegt. „Klar ist: Es muss die gesamtgesellschaftliche Bereitschaft bestehen, mehr Geld in die pflegerische Versorgung zu investieren! Insbesondere versicherungsfremde Leistungen der Pflegeversicherung müssen über Steuern refinanziert werden.“ Bayern habe eine Bundesratsinitiative eingebracht, um etwa Zuschläge für Wochenend- und Nachtarbeit sowie Überstunden weiter als bisher steuerlich zu begünstigen. Der Bund müsse nach Worten Holetscheks jetzt handeln.
„Für mich ist klar: Qualifizierte Fachkräfte in der Pflege zu halten und neue zu gewinnen, ist eine zentrale Aufgabe einer zukunftsfähigen Pflegepolitik. Attraktive Arbeitsbedingungen sind flächendeckend nur in einem solide finanzierten und deutlich vereinfachten System zu erreichen“, betonte der Minister. „Die Bundesregierung darf das Thema nicht auf die lange Bank schieben. Der Reformbedarf ist groß – und die Zeit drängt. Ziel einer Pflegereform muss es sein, konsequent zu vereinfachen, zu flexibilisieren und zu entlasten! Wir können es uns nicht leisten, dass Pflegebedürftigen, Pflegekräften und Pflegeanbietern die Zeit fehlt, sich um die bestmögliche Versorgung zu kümmern, weil sie mit zu komplizierten Strukturen beschäftigt sind. Ich habe bereits im März 2021 Eckpunkte für eine zukunftsfeste Pflegereform vorgelegt. Hierzu gehören auch Steuerzuschüsse zur Pflegeversicherung, um die Leistungen auf Dauer stabil zu halten.“