Im März 2025 verleiht die Autorin Ayla Richter ihren selbstgestifteten „Ayla Richter Froschkönigin Award“ in der Konzerthalle. Bewerben dürfen sich nur selbstpublizierende Frauen – wofür Ayla Richter gute Gründe hat.
Bisher hatte Ayla Richter eher eine schreibende Position im Literaturbetrieb inne. Ihr Debüt, die autobiografische Kurzgeschichtensammlung „Katastrophe mit Nachhall“, handelt von einem privaten Verlust. „Die titelgebende Katastrophe war der plötzliche Tod meines Mannes, der immer noch nachhallt, aber im positiven Sinn “, sagt Ayla Richter. „Denn danach entdeckte und lebte ich ein anderes, freieres Leben. Und Katastrophe heißt übersetzt ja eigentlich Wendepunkt.“
Und an einem weiteren Wendepunkt könnte die Autorin nun mit einem Plan, den sie jüngst gefasst hat, angekommen sein. Denn im kommenden März wird sie zum ersten Mal einen selbstgestifteten Preis für Literatur vergeben. Um dem männlich dominierten Literaturbetrieb etwas entgegenzusetzen, soll der „Ayla Richter Froschkönigin Award“ allerdings nur an Frauen gehen, die außerdem, genau wie Frau Richter, im Selbstverlag publizieren.
Eine Jury bewertet derzeit die Einsendungen in mehreren Kategorien – am 8. März 2025 wird im Hegelsaal der Konzerthalle die Verleihung der von Keramikerin Antje Schönberg geschaffenen Trophäen in Froschform steigen. Zur Einstimmung tritt die Gesangsgruppe Mädelsabend auf und das Improkabarett-Duo Die Tabutanten übernimmt die Moderation der Veranstaltung. Das passt, denn Improvisation scheint beim „Froschkönigin Award“ ohnehin eine gewisse Rolle zu spielen.
Wir haben mit Ayla Richter über den Preis, seine Gründe und Teilnahmebedingungen gesprochen.
Frau Richter, wieso haben Sie Ihrem Literaturpreis den Namen „Froschkönigin Award“ gegeben?
Ayla Richter: Mit einer befreundeten Autorin, Ellen Connor, scherzte ich im zurückliegenden Mai darüber, wer von uns wohl zuerst den Literaturnobelpreis bekommt. Sie erwiderte aber, dass wir dafür beide von Anfang nicht infrage kämen, weil wir Selfpublisherinnen sind. Den Preis bekommt jedoch nur, wer bei einem Verlag untergebracht ist. Ich war überrascht und fand das unschön, woraufhin Ellen sagte: Dann mach’ doch selbst einen Preis. Ich stimmte kurzerhand zu und weil wir zwei Tage vorher über Froschköniginnen geblödelt hatten, entschied ich mich auch gleich, dem Preis diesen Namen zu geben. Und inzwischen habe ich festgestellt, dass Frösche als Krafttier außerdem für Verwandlung, Weisheit und Stärke stehen.
Das Zustandekommen des Preises klingt nach einem recht spontanen Entschluss.
Ayla Richter: Nein, das ist tatsächlich ein 42 Jahre alter Traum von mir. Denn bei meiner Abiturfeier saß ich unten im Saal, während auf den Rängen all diejenigen untergebracht waren, die mit besseren Noten abgeschlossen hatten als ich. Außerdem bekamen sie Buchpreise zur Auszeichnung für ihre Leistungen. Diese Leistungen will und wollte ich nicht schmälern, aber ich fragte mich bereits damals, was mit denen ist, die es gerade so geschafft haben. Also beschloss ich, irgendwann einmal selbst einen Buchpreis zu stiften, der meinen Namen trägt und für die bestimmt ist, die es gerade so schaffen. Seitdem habe ich immer mal wieder geschaut, was dafür nötig ist, ob man zum Beispiel eine Stiftung gründen muss und so weiter. Es war aber nie der Moment da, die Sache anzugehen. Aber an diesem Abend im Mai, als ich mich mit Ellen austauschte, da hat es gepasst.
Verleihen Sie den Preis aus einem Gefühl der Zurückweisung? Wollen Sie etwas beweisen?
Ayla Richter: Ich weiß nicht, ob es sich um ein Gefühl der Zurückweisung handelt, aber ich hatte schon immer etwas übrig für die, die sozusagen geknechtet sind und schlecht behandelt werden. Ob das aus einem eigenen Erfahren kommt oder nicht, ist mir nicht wirklich bewusst, aber eine gewisse missionarische Ader hatte ich schon immer. Und wenn ich etwas beweisen will, dann, ob ich es kann. Und ich denke, ich kann es, denn ich mache das einfach mal. Der Wendepunkt in meinem Leben, der Tod meines Mannes, hat mir dafür Freiheiten gegeben, die ich vorher nicht hatte.
Sie richten zum ersten Mal eine Preisverleihung aus. Wie gestaltet sich die Organisation bisher?
Ayla Richter: Ohne Vorwissen. Bevor ich Angst vor der eigenen Courage bekam, habe ich die Entscheidung, einen Preis zu verleihen, bei Instagram gepostet, bin damit also an die Öffentlichkeit gegangen. Und dann gibt es ja kein Zurück mehr. Einen Plan hatte ich also nicht unbedingt, aber eine Idee. Im nächsten Schritt dachte ich mir Teilnahmebedingungen aus. Und als die ersten zwei Autorinnen zugesagt hatten, begann ich auch schon, einen Raum für die Verleihung zu suchen.
Gefunden haben Sie den Hegelsaal in der Konzerthalle. Es gibt kleinere Veranstaltungsorte in Bamberg.
Ayla Richter: Ja, wenn, dann richtig. Think big! Normalerweise braucht man allerdings ein Jahr Vorlaufzeit, wenn man den Saal am Wochenende haben möchte. Ich nahm aber erst im zurückliegenden Juni zum ersten Mal Kontakt mit den Verantwortlichen auf, um überhaupt rauszufinden, wie die Reservierung abläuft. Kurz gesagt: Natürlich waren alle Wochenenden schon ausgebucht. Nur für den März 2025 war nach eindringlicher Nachfrage noch etwas an einem Samstag frei, am 8. des Monats. Das ist zufällig der Internationale Frauentag. Besser geht es nicht.
Warum haben Sie sich entschieden, den Preis nur für Frauen auszuschreiben?
Ayla Richter: Wegen der ständigen Diskriminierung, die Frauen ausgesetzt sind. Und weil ich auch selbst in meinem Leben so viel Diskriminierung erlebt habe, dass ich nur etwas für Frauen machen möchte.
Wie nehmen Sie vor diesem Hintergrund die Literaturszene wahr?
Ayla Richter: Die Literaturpreise gehen sehr oft an Männer und fast überall, wo es Preise gibt, bestehen die Gremien überwiegend aus Männern. Thomas wählt Thomas, Christian wählt Christian und so weiter.
Warum geht der Preis außerdem nur an selbstverlegende Autorinnen, sogenannte Selfpublisher?
Ayla Richter: Weil Selfpublisher von allen großen Literaturpreisen erst mal ausgeschlossen sind und entsprechend kaum Sichtbarkeit in Büchereien oder Buchhandlungen haben. Darum war es für mich von Anfang an klar – und vielleicht spielt hier wieder ein Moment des etwas beweisen Wollens mit hinein –, nur Selfpublisherinnen eine Chance geben zu wollen. Wer schon einen Verlag hat, braucht die Öffentlichkeit, die der Preis hoffentlich bietet, nicht so sehr.
Geht mit dem Verlagswesen aber nicht auch eine gewisse Sicherstellung von Qualität einher?
Ayla Richter: Schon. Ich schließe auch nicht aus, dass bei den eingereichten Texten welche dabei sind, die unter das Motto fallen: Mutti schreibt und wir müssen es lesen. Aber ich habe inzwischen viel aus der Szene gelesen – die Selfpublisherinnen stehen Autorinnen mit Verlag nicht automatisch nach. Was mich angeht, ich habe in erster Linie angefangen zu schreiben, weil meine Freunde sagten: Schreibe deine Geschichten doch mal auf, du erzählst so gut. Und du erlebst so bizarre Dinge. Also schrieb ich mein Leben auf. Dabei geht es mir darum, meine eigenen Geschichten zu erzählen, in meiner eigenen Sprache und Sprechweise. Und darum geht es sicherlich auch anderen Frauen, die schreiben. Viele bekommen keinen Verlag – das ist richtig. Aber viele bemühen sich auch nicht darum, weil sie sich dann für ein Genre entscheiden und sich fest zuordnen lassen müssen. Dabei wollen sie nur ihre Geschichten mit ihrer Erzählweise erzählen.
Möchten Sie mit dem Preis Autorinnen Möglichkeiten bieten, die Sie selbst nie hatten?
Ayla Richter: Was ich ihnen gebe – und das sagen sie mir auch – ist Sichtbarkeit. Die Autorinnen sind dankbar für die Gelegenheit, sichtbar zu werden. Einige haben auch geschrieben, dass sie nicht unbedingt mitmachen, um zu gewinnen, sondern einfach nur, um dabei zu sein. Allerdings spreche ich von Sichtbarkeit mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Denn es kann in jeder Kategorie nur eine Siegerin geben. Alle anderen, also zumindest die, die gewinnen wollen, müssen mit der Niederlage umgehen. Ich finde es aber sehr mutig, denn viele von den Frauen haben sich noch nie einem solchen Wettbewerb gestellt. Hinzu kommen Unterschiedlichkeiten in den Kategorien. Für manche, zum Beispiel „Lyrik“, haben wir nur drei Einsendungen bekommen. Die Chance zu gewinnen ist also so gesehen schon mal recht gut. In anderen Kategorien, wie vor allem „Liebe“, ist die Chance hingegen eins zu 15.
Sie haben die Kategorien „Lyrik“, „Liebe“, „Krimi“, „Fantasy“, „Tod und Verderben“, „Kurzgeschichte“, „Science-Fiction“ und „Tüddeltasche“, eine Auffangkategorie für alles andere, wie Sie schreiben. Wie kam es zu dieser Liste?
Ayla Richter: Das hat sich entwickelt – das ist das lachende Auge. Am Anfang hatte ich „Kinderbuch“, „Lyrik“ und „Romane“. Aber dann wurde mir gesagt, dass das viel zu wenig sei, und Dinge wie „Fantasy“ oder „Verbrechen“ fehlen würden. Frau kann das nicht alles in eine Kategorie packen. Darum fügte ich erst eine weitere Kategorie und dann noch eine hinzu. Und am Ende waren acht Kategorien daraus geworden. Nur Kinderbuch habe ich jetzt weggelassen, weil es keine Einsendungen gibt.
Die Jury hat etwa 20 Mitglieder. Nach welchen Gesichtspunkten haben Sie sie zusammengestellt?
Ayla Richter: Ich habe, wiederum auf Instagram und auch privat, einen Aufruf gestartet und dann kamen sie tatsächlich alle zu mir. Nun habe ich 22 Jurymitglieder, die in Gruppen für die jeweiligen Kategorien eingeteilt sind. Manche davon bringen Schreiberfahrungen oder eine Lektoratsausbildung oder ein Germanistikstudium mit.
Nach welchen Kriterien entscheidet die Jury, wer gewinnt?
Ayla Richter: Ein wichtiges Kriterium ist: Gefällt mir, gefällt mir besser! Es werden keine Schwächen in den Büchern gesucht, sondern Stärken. Im Vorfeld hatte ich zum Beispiel auch Kontakt mit der Leiterin des Literaturhauses in München, aber feste Regeln konnte sie trotz mehrfacher Teilnahme in Jurys nicht wirklich nennen. Gleiches gilt für Timo Schlench vom Podcast „Literaturpalast Audiospur“. Was mich angeht: Ich lese die eingeschickten Bücher zwar auch alle selbst und bilde mein eigenes Urteil. Aber die Siegerbücher zu küren, überlasse ich den Damen der Jury. Ich selbst bin kein Teil der Jury und mische mich auch nicht ein. Ob mir dann am Tag der Verleihung gefällt, wer ausgezeichnet wird, ist eine andere Frage.
Wie viele Bewerbungen um die Preise haben Sie bekommen?
Ayla Richter: 62 Frauen habe ihre Texte eingeschickt. Vier davon stammen aus Bamberg, andere kommen von weiter her, wie etwa aus Wismar, Regensburg oder Ludwigshafen. Aber auch internationale Teilnehmerinnen haben mir Texte zugeschickt, zum Beispiel aus der Schweiz und Österreich.
Wenn alle Preise in allen Kategorien vergeben sind und die Veranstaltung vorbei ist: Was wird von der Preisverleihung bleiben?
Ayla Richter: Was bleiben wird, ist bestimmt meine Überlegung, es nochmal zu machen – wenn auch auf mehr Schultern verteilt und nicht wieder als One-Woman-Show. Auch finanziell würde ich eine Wiederholung anders aufstellen. Denn ich bezahle die Verleihung mit meinem privaten Geld.
Wann ist die Verleihung für Sie ein Erfolg?
Ayla Richter: Die Verleihung ist jetzt schon ein Erfolg für mich, noch bevor sie stattgefunden hat. Mein alter Traum ist erfüllt, ich bin voll in meinem Element und hätte nie gedacht, dass ich so etwas planen und organisieren kann.
Planen Sie außerdem, ein weiteres Buch zu schreiben?
Ayla Richter: Ja, ich werde auf jeden Fall über den Award schreiben: Wie es ist, einen Preis auszuloben. Dieser Text wird für mich zur Erinnerung sein und wenn ihn jemand kauft, ist es auch gut. Danach schreibe ich an einem Buch mit weiteren Kurzgeschichten.