Demenz­for­schung Uni­ver­si­tät Bamberg

Living Lab Demenz

2 Min. zu lesen
Living Lab Demenz
Das Bamberger Living Lab Demenz ist wie eine Wohnung eingerichtet, Foto: Benjamin Herges, Universität Bamberg
Ein­kau­fen, lesen, duschen: All­täg­li­che Auf­ga­ben fal­len gesun­den Men­schen leicht, aber mit Demenz immer schwe­rer. Über Mimik, Ges­tik und Kör­per­hal­tung kön­nen Erkrank­te noch recht lan­ge kom­mu­ni­zie­ren. Aber wie lan­ge? Und wie ver­steht ihr Umfeld die non­ver­ba­len Signa­le? Fra­gen wie die­se unter­su­chen For­schen­de im Bam­ber­ger Living Lab Demenz (Bam­LiD), das im März 2020 eröff­net wurde.

Wäh­rend der Lock­downs unter­nahm das For­schungs­team des Living Lab Demenz zunächst Pilot- und Pro­be­un­ter­su­chun­gen. Das gab die Uni­ver­si­tät Bam­berg ver­gan­ge­ne Woche in einer Mit­tei­lung bekannt. Nun fol­gen ers­te Stu­di­en. „Das Bam­LiD ist in die­ser Form und Aus­stat­tung inter­na­tio­nal ein­zig­ar­tig“, sag­te Prof. Dr. Ste­fan Lau­ten­ba­cher, Pro­fes­sor für Phy­sio­lo­gi­sche Psy­cho­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Bam­berg. Zusam­men mit der Infor­ma­ti­ke­rin Prof. Dr. Ute Schmid und dem Psy­cho­lo­gin Prof. Dr. Miri­am Kunz hat er das Bam­LiD gegrün­det. „Wir ver­bin­den hier unse­re lang­jäh­ri­ge psy­cho­lo­gi­sche Schmerz­for­schung bei Demenz­pa­ti­en­tin­nen und ‑pati­en­ten mit anwen­dungs­na­her Informatik.“

Demenz­for­schung im Hightech-Labor

Demenz bringt mensch­li­ches Ver­hal­ten nach­hal­tig und unum­kehr­bar zum Ver­schwin­den. Zuerst ver­schwin­den kom­ple­xe Ver­hal­tens­wei­sen wie Urlaubs­pla­nun­gen, dann ein­fa­che­re wie Auf­räu­men. Ste­fan Lau­ten­ba­cher erläu­ter­te: „Wir erfor­schen, wie lan­ge die Demenz erlaubt, non­ver­bal über das Ver­hal­ten zu kom­mu­ni­zie­ren, über Mimik, Ges­tik und Kör­per­hal­tung. Vor­ran­gi­ges Ziel des Living Lab Demenz ist, die Ver­hal­tens­kom­pe­tenz von Demenz­kran­ken im All­tag zu diagnostizieren.“

Zum Bei­spiel könn­ten Pro­ban­din­nen und Pro­ban­den beim ver­geb­li­chen Suchen wütend wer­den, für krea­ti­ve Pro­zes­se eine Pla­nungs­pau­se ein­le­gen oder bei kör­per­li­chen Belas­tun­gen Schmer­zen ver­spü­ren. All die­se Anzei­chen mes­sen For­schen­de im Bam­LiD multisensorisch.

Das etwa 50 Qua­drat­me­ter gro­ße Living Lab Demenz ist wie eine Woh­nung ein­ge­rich­tet, unter ande­rem mit Ess­tisch, Bett und Ses­sel. Zwölf sicht­ba­re 360-Grad-Kame­ras sind im Raum ver­teilt. Der Boden, ein „Smart Flo­or“, erfasst Bewe­gun­gen. Trag­ba­re Mess­ge­rä­te neh­men zum Bei­spiel die Herz­ra­te von Test­per­so­nen auf.

„Im Bam­LiD ver­su­chen wir, einen all­tags­na­hen Kom­pro­miss zwi­schen strik­ter Ver­hal­tens­kon­trol­le wie im Expe­ri­ment und voll­stän­di­ger Ver­hal­tens­frei­heit wie im natür­li­chen Kon­text zu errei­chen“, sag­te Ste­fan Lau­ten­ba­cher. Als Bei­spiel nann­te er ein abge­dun­kel­tes Labor, in dem Test­per­so­nen etwas lesen sol­len. Dazu müss­ten sie das Licht anschal­ten. So hät­ten die For­schen­den erfah­ren, ob Test­per­so­nen erken­nen, dass Licht fehlt, wie sie sich zum Licht­schal­ter bewe­gen und ihn drücken.

Tech­nik kann Demenz­kran­ke unterstützen

Das For­schungs­team will durch all­tags­na­he Tests her­aus­fin­den, wel­che sicht- und mess­ba­ren kör­per­li­chen Ver­än­de­run­gen zuver­läs­si­ge Indi­ka­to­ren für Schmerz, Angst oder Ärger sind. Denn Demenz­kran­ke könn­ten Schmer­zen oft nicht mehr mit Wor­ten aus­drü­cken. Auch fal­le ihnen schwer mit­zu­tei­len, wel­che Auf­ga­ben im All­tag sie nicht mehr allein erle­di­gen kön­nen. Moderns­te Tech­nik soll dabei hel­fen, ihre Emo­tio­nen zu erken­nen. Dafür wer­ten die Phy­sio­lo­gi­sche Psy­cho­lo­gie und die Ange­wand­te Infor­ma­tik der Uni­ver­si­tät Bam­berg Daten­strö­me aus, die bei Ver­su­chen im Living Lab Demenz entstehen.

Die Stu­di­en im Bam­LiD bau­en auf der bis­he­ri­gen For­schung der Uni­ver­si­tät Bam­berg auf. Bei­spiels­wei­se arbei­te ein For­schungs­team seit 2018 an einem auto­ma­ti­schen Schmerz­er­ken­nungs­sys­tem, einem „Pain­Face­Rea­der“. Die­se lern­fä­hi­ge Soft­ware für Com­pu­ter soll Video­auf­nah­men Betrof­fe­ner in Kran­ken­häu­sern aus­wer­ten und deren Gesichts­zü­ge inter­pre­tie­ren. So wer­de ein lang­fris­ti­ges Moni­to­ring mög­lich, das zum Bei­spiel der medi­zi­ni­schen Unter­ver­sor­gung von Schmerz­pa­ti­en­tin­nen und ‑pati­en­ten ent­ge­gen­wir­ken könne.

Weiterer Artikel

Rei­se mit Diplo­ma­ti­schem Korps

Frank-Wal­ter Stein­mei­er kommt nach Bamberg

Nächster Artikel

„Bam­berg braucht Tou­ris­ten, um sei­ne Muse­en zu betreiben“

Dr. Kris­tin Kne­bel, neue Direk­to­rin der Muse­en der Stadt Bamberg