Sin­ken­de Erwar­tun­gen, aber Optimismus 

Ober­frän­ki­sche Wirt­schaft behaup­tet sich

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Oberfränkische Wirtschaft
Gabriele Hohenner, Hauptgeschäftsführerin der IHK für Oberfranken. Foto: IHK für Oberfranken
In einer aktu­el­len Umfra­ge der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth bewer­ten die Mit­glieds­un­ter­neh­men die aktu­el­le Geschäfts­la­ge posi­tiv. Die ober­frän­ki­sche Wirt­schaft ver­zeich­net aller­dings einen abrei­ßen­den Auf­wärts­trend bei den Erwar­tun­gen, der Kon­junk­tur­kli­ma­in­dex ver­liert des­we­gen sie­ben Punk­te und liegt aktu­ell bei 105 Zählern.

„Der Angriff Russ­lands auf die Ukrai­ne hat die Hoff­nung auf eine spür­ba­re Erho­lung der Wirt­schaft zunächst zunich­te gemacht”, so Dr. Micha­el Waas­ner, Prä­si­dent der IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth. „Unse­re hei­mi­schen Unter­neh­men schla­gen sich aber bes­ser als erwar­tet. Aller­dings ist die Unsi­cher­heit über die wei­te­re Ent­wick­lung sehr hoch.” 

Im Sal­do bewer­ten nach Anga­ben der Kam­mer deren die Mit­glieds­un­ter­neh­men die aktu­el­le Geschäfts­la­ge posi­tiv. Der seit Mai 2020 zu beob­ach­ten­de Auf­wärts­trend bei den Erwar­tun­gen reißt dage­gen ab und führt dazu, dass der Kon­junk­tur­kli­ma­in­dex sie­ben Punk­te ver­liert auf aktu­ell 105 Zähler.

Ober­frän­ki­sche Wirt­schaft kann schwie­ri­gen Rah­men­be­din­gun­gen noch trotzen

„Die ober­frän­ki­sche Wirt­schaft muss sich der­zeit in einem äußerst schwie­ri­gen Umfeld behaup­ten. Dass dies ver­gleichs­wei­se gut gelingt, zeigt die Stär­ke unse­rer hei­mi­schen Unter­neh­men”, so Dr. Waas­ner in einer ers­ten Bewer­tung. „Die Welt­wirt­schaft ist ins Stot­tern gera­ten, was auch Ober­fran­ken immer mehr zu spü­ren bekommt.” Stei­gen­de Ener­gie­prei­se – nicht zuletzt auf­grund des Krie­ges in der Ukrai­ne – set­zen vie­le Unter­neh­men erheb­lich unter Druck. Hin­zu kom­men Preis­stei­ge­run­gen für Roh­stof­fe und Waren, denen durch die sto­cken­den Lie­fer­ket­ten deut­lich Vor­schub geleis­tet wird. Zugleich rutscht die Kon­sum­lau­ne der ober­frän­ki­schen Ver­brau­cher wegen der hohen Infla­ti­on und des Ukrai­ne­kriegs auf ein Rekord­tief. “Was mit unter­bro­che­nen Lie­fer­ket­ten auf­grund der Coro­na-Pan­de­mie begann, hat sich längst zu einem dau­er­haf­ten Stress­test für Wirt­schaft und Gesell­schaft ent­wi­ckelt”, macht Gabrie­le Hohen­ner deut­lich, Haupt­ge­schäfts­füh­re­rin der IHK für Ober­fran­ken Bayreuth.

Aktu­el­le Geschäfts­la­ge unverändert

Die gegen­wär­ti­ge Geschäfts­la­ge der ober­frän­ki­schen Wirt­schaft bleibt im Sal­do posi­tiv, trotz der vie­len Hemm­nis­se und Her­aus­for­de­run­gen. 36 Pro­zent der Befrag­ten sind mit ihrer aktu­el­len Geschäfts­la­ge zufrie­den, 19 Pro­zent unzu­frie­den. Damit blei­ben die Rela­tio­nen von posi­ti­ven und nega­ti­ven Bewer­tun­gen sta­bil auf dem Niveau der IHK-Kon­junk­tur­um­fra­ge zur Jahreswende.

Wäh­rend sich die Ein­schät­zun­gen zur aktu­el­len Geschäfts­la­ge im Tou­ris­mus­sek­tor spür­bar gebes­sert haben, in der Sum­me aber wei­ter­hin nega­tiv sind, beur­tei­len alle ande­ren Wirt­schafts­grup­pen die Geschäfts­la­ge posi­tiv, wenn auch meist mit nach­las­sen­dem Sal­do, vor allem im Dienstleistungssektor.

Aus­lands- und Inlands­nach­fra­ge sind glei­cher­ma­ßen leicht ange­stie­gen. Im Aus­lands­ge­schäft kön­nen dabei Zuwäch­se im Euro­raum und vor allen im Nord­ame­ri­ka-Geschäft ver­bucht wer­den. Eine sin­ken­de Nach­fra­ge mel­den die Unter­neh­men hin­ge­gen aus Chi­na und natür­lich im Russlandgeschäft.

Prei­se und Ver­füg­bar­keit – die gro­ßen Brems­klöt­ze der Wirtschaft

Die ober­frän­ki­sche Wirt­schaft sieht sich mit immer mehr Her­aus­for­de­run­gen kon­fron­tiert. Dr. Waas­ner: „Der Krieg in der Ukrai­ne hat deut­li­che Spu­ren in der Welt­wirt­schaft hin­ter­las­sen. Ins­be­son­de­re die extrem gestie­ge­nen Ener­gie- und Roh­stoff­prei­se machen unse­ren Unter­neh­men dabei zu schaf­fen.” Die größ­ten Risi­ken sehen die Unter­neh­men näm­lich in der Ent­wick­lung der Roh­stoff­prei­se (86 Pro­zent aller Befrag­ten) und der Ener­gie­kos­ten (84 Pro­zent). 75 Pro­zent der Betrie­be ste­hen durch die Roh­stoff- und Mate­ri­al­knapp­heit unter Druck, mehr als die Hälf­te der Unter­neh­men außer­dem durch insta­bi­le Lie­fer­ket­ten und die Aus­wir­kun­gen des Ukrai­ne-Krie­ges. „Somit sind die Preis­ent­wick­lung und die Ver­füg­bar­keit von Roh­stof­fen, Waren und Dienst­leis­tun­gen direkt oder indi­rekt die fünf meist­ge­nann­ten Hemm­nis­se für die ober­frän­ki­sche Wirt­schaft”, macht Dr. Waas­ner deutlich.

Eine Nor­ma­li­sie­rung der Ver­sor­gungs­si­tua­ti­on scheint für vie­le der befrag­ten Unter­neh­men jedoch vor­erst nicht in Sicht zu sein. Gera­de ein­mal 13 Pro­zent rech­nen mit einer Ver­bes­se­rung ihrer Ver­sor­gungs­si­tua­ti­on noch in die­sem Jahr. Die rest­li­chen 87 Pro­zent erwar­ten eine Ver­bes­se­rung zu einem spä­te­ren Zeit­punkt (32 Pro­zent), kei­ne Erho­lung der Ver­sor­gungs­si­tua­ti­on (12 Pro­zent) oder kön­nen auf­grund der unsi­che­ren Märk­te hier­zu kei­ne Ein­schät­zung abge­ben (43 Pro­zent). „Die Ver­sor­gungs­si­tua­ti­on ist in vie­len Bran­chen schwie­rig und ange­spannt. Die­se Pro­ble­ma­tik wird uns auch in der Zukunft noch beschäf­tig­ten”, so der Präsident.

Erwar­tun­gen geben nach

Die Kon­junk­tur­aus­sich­ten für die kom­men­den 12 Mona­te geben spür­bar nach. „Mit dem Krieg in der Ukrai­ne bleibt die Wirt­schaft nach zwei Jah­ren Coro­na-Pan­de­mie im Kri­sen­mo­dus”, so Dr. Waas­ner. Ins­ge­samt rech­nen 28 Pro­zent der befrag­ten Unter­neh­men mir einer Ver­schlech­te­rung der Geschäfts­la­ge und nur noch 23 Pro­zent mit einer Verbesserung.

Ein­zig der Tou­ris­mus­sek­tor ist mehr­heit­lich posi­tiv gestimmt. Beson­ders pes­si­mis­tisch und rück­läu­fig sind dage­gen die Pro­gno­sen im Bau­ge­wer­be, im Groß- und im Ein­zel­han­del. Die erhoff­te Trend­wen­de bei der Kon­sum­lau­ne bleibt aus. Hohen­ner: „Viel­mehr rutscht die Kauf­nei­gung der ober­frän­ki­schen Ver­brau­cher auf­grund des Ukrai­ne-Krie­ges und der stei­gen­den Infla­ti­on auf einen neu­en Tiefstand.”

In der Indus­trie berei­tet vor allem das Aus­lands­ge­schäft Sor­gen. Neben dem weg­bre­chen­den Russ­land­ge­schäft erwar­ten die export­ori­en­tier­ten Unter­neh­men auch eine schwä­cheln­de Nach­fra­ge vor allem in Chi­na, aber auch in Euro­pa. Hohen­ner: „Die Lage bleibt ange­spannt, auch bei den Unter­neh­men mit vol­len Auftragsbüchern.”

Inves­ti­ti­ons- und Beschäf­tig­ten­pla­nun­gen blei­ben optimistisch

Trotz der unsi­che­ren Rah­men­be­din­gun­gen wol­len die Unter­neh­men im Sal­do 2022 mehr inves­tie­ren. Nur im Tou­ris­mus­sek­tor und im Bau­ge­wer­be lässt die Inves­ti­ti­ons­be­reit­schaft nach. Inves­ti­tio­nen sind dabei vor allem in Ersatz­be­schaf­fun­gen geplant, aber auch in den Umweltschutz.

Noch mehr Unter­neh­men als in der Umfra­ge zur Jah­res­wen­de wol­len ihren Per­so­nal­be­stand auf­sto­cken, vor allem im Tourismus‑, aber auch im Dienst­leis­tungs­sek­tor. „Es zeigt sich, dass die beruf­li­che Bil­dung und die Fach­kräf­te­si­che­rung auch in wirt­schaft­lich schwie­ri­gen Zei­ten zen­tra­ler Bau­stein für den Erfolg der ober­frän­ki­schen Wirt­schaft sind”, so Hohenner.

„Auch wenn die aku­ten Her­aus­for­de­run­gen der­zeit an ganz ande­rer Stel­le lie­gen, darf die Poli­tik die Fach­kräf­te­pro­ble­ma­tik nicht aus den Augen ver­lie­ren”, warnt Dr. Waas­ner. „So muss etwa das erst 2019 ver­ab­schie­de­te Fach­kräf­te­ein­wan­de­rungs­ge­setz mit sei­nen oft sehr büro­kra­ti­schen und in Tei­len pra­xis­fer­nen Lösun­gen drin­gend über­ar­bei­tet werden.”

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