Seit Mitte Dezember 2021 zeigt die Villa Dessauer die Ausstellung „Paul Maar. Mehr als das Sams“. Die Besucherinnen und Besucher erwarten viele bis dato unveröffentlichte Zeichnungen, Illustrationen und Fotos des Autors, Illustrators und Fotografen. Wir haben ihn zum Interview getroffen.
In Ihrer Ausstellung „Paul Maar. Mehr als das Sams“ zeigen viele bis dato unveröffentlichteWerke. Warum haben Sie mit der Veröffentlichung dieser Werke so lange gewartet?
Paul Maar: Nicht ich habe damit so lange gewartet – eher die Villa Dessauer. Im Lauf der letzten Jahre gab es schon viele Ausstellungen meiner Illustrationen, etwa in Oldenburg, Stuttgart, Bad Homburg, Speyer, Bonn oder Hamm.
Kurz vor der Ausstellungseröffnung haben Sie Ihren 84. Geburtstag gefeiert. Wie fühlt es sich an, auf ein derart großes Lebenswerk zu blicken?
Paul Maar: Ich bin durchaus stolz auf das, was sich da in Jahrzehnten angesammelt hat.
Welche Ihrer Lebensstationen, die in der Ausstellung zu sehen sind, sind Ihnen besonders wichtig und was möchten Sie neben dem Sams vor allem zeigen?
Paul Maar: Zeigen möchte ich gerne den unbekannten Fotografen. Ich habe jahrelang Bühnenfotos gemacht, zusammen mit Michael Ballhaus einen Film über R.W. Fassbinder gedreht, dabei eine Fotodokumentation erstellt, und für das Label ECM die berühmtesten Jazzmusiker der 1980-er Jahre aufgenommen. Auch bei den Verfilmungen meiner Bücher war ich dabei und habe fotografiert.
Wie sehen Sie sich selbst gerne – als Autor, als Illustrator oder als Fotograf?
Paul Maar: Letztlich doch als Autor.
In Ihrer Autobiografie „Wie alles kam“, die Sie 2020 veröffentlicht haben, erzählen Sie Ihre eigene Geschichte. Findet man Sie als heimlichen Protagonisten auch in anderen Ihrer Bücher?
Paul Maar: Ja, etwa in „Kartoffelkäferzeiten“ oder in „Andere Kinder wohnen auch bei ihren Eltern“. Selbst in „Lippels Traum“ steckt der kleine Paul, der Tagträumer.
In einem anderen Interview haben Sie einmal gesagt, die Inspiration zu Ihrem ersten Kinderbuch Ende der 1960-er Jahre sei gewesen, dass es aus Ihrer Sicht damals keine guten Kinderbücher gab. Daraufhin haben Sie Ihr erstes Kinderbuch „Der tätowierte Hund“ veröffentlicht. Wie sehen Sie das heute und worauf sollten Eltern bei der Auswahl eines Kinderbuches für Ihren Nachwuchs achten?
Paul Maar: Das habe ich irgendwann mal so dahingesagt. In Wirklichkeit war die Inspiration eher meine Lust am Erzählen von Geschichten. Eltern kann ich nur den Tipp geben, auf die Lesevorliebe ihres Kindes zu achten und die Leselust durch die entsprechende Auswahl zu fördern. Manches Kind liebt humorvolle Bücher, ein anderes eher spannende oder fantastische, wieder andere bevorzugen Sachbücher.
Sind Märchen heute noch zeitgemäß?
Paul Maar: Ja. Sie sind nicht nur zeitgemäß, sie sind zeitlos.
Neben und zu Ihren Büchern haben Sie auch viele Theaterstücke für Kinder geschrieben. Was unterscheidet für Sie als Autor ein Theaterstück von einem belletristischen Werk?
Paul Maar: Im Theaterstück muss alles Beschreibende wegfallen. Nur durch die Dialoge kann ich die Protagonisten charakterisieren, sie kenntlich machen und die Handlung voranbringen.
Mit dem Sams, von dem inzwischen zehn Bücher erschienen sind sowie Theaterstücke, das Musical (1990) und die Filme „Das Sams“ (2001), „Sams in Gefahr“ (2003) und „Sams im Glück“ (2012) ist Ihnen Ihr bislang größter Erfolg gelungen. Wünschen Sie sich diesen auch für andere Ihrer Werke, etwa für „Herr Bello“ oder „Lippels Traum“?
Paul Maar: Den internationalen Erfolg der Sams-Bücher, die in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurden, werden die beiden erwähnten niemals erreichen. Da gebe ich mich keinen Illusionen hin.
Mit Ihren Büchern haben Sie Generationen von Kindern geprägt. Beispielsweise in den 1980-er Jahren mit dem Erstleserbuch „Die Eisenbahn-Oma“. Wie schwierig ist es, für Generationen zu schreiben?
Paul Maar: Das kann ich schlecht beantworten, denn ich habe beim Schreiben nicht das Ziel, Generationen zu erreichen. Wenn sich das ergibt, bin ich dankbar.
Ihre Autobiografie haben Sie Ihren Kindern gewidmet. Haben Sie sich gewünscht, dass eines von Ihnen ebenfalls Ihren Berufsweg einschlägt?
Paul Maar: Es hat sich so ergeben, ohne dass es mein ausdrücklicher Wunsch war. Früher hat mein schreibender Sohn die Erfahrung machen müssen, dass er immer gefragt wurde: „Sind Sie etwa der Sohn von Paul Maar?“ Heute geht es mir so, besonders in Berlin, dass man mich fragt: „Sie heißen Maar. Sind sie etwa der Vater von Michael Maar?“
Was raten Sie jungen Illustratoren und Autoren im Kinder- und Jugendbuchsektor?
Paul Maar: Nicht irgendwelchen Moden hinterherzulaufen, die sich geändert haben könnten, bevor das Buch gedruckt und ausgeliefert ist, sondern an sich selbst glauben und die Geschichte schreiben, die sie bewegt.
Arbeiten Sie derzeit an einer neuen Erzählung beziehungsweise Figur, die wir noch nicht kennen?
Paul Maar: Ja! Sowohl für den S. Fischer Verlag für erwachsene Leser als auch für den Oetinger-Verlag. Arbeitstitel „Tante Polly“.