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Arbeitszeit

Uni­ver­si­tät Bamberg

Ver­kür­zung der Arbeits­zeit: Was hält die Bevöl­ke­rung davon?

Sozio­lo­gin­nen der Uni­ver­si­tät Bam­berg unter­su­chen die Ein­stel­lun­gen der Bevöl­ke­rung zu Gewerk­schafts­for­de­run­gen nach Ver­kür­zung der Arbeits­zeit. Ergeb­nis: Mehr als zwei Drit­tel der Befrag­ten sind dafür.

Das The­ma der Ver­kür­zung der Arbeits­zeit ist in Deutsch­land in den ver­gan­ge­nen Jah­ren ins Zen­trum der öffent­li­chen Debat­te gerückt, so die Uni­ver­si­tät Bam­berg in einer Mit­tei­lung. Ins­be­son­de­re Gewerk­schafts­for­de­run­gen hät­ten Reform­druck aus­ge­löst. Aktu­ell strei­ken etwa Lokführer:innen und Zugbegleiter:innen der Deut­schen Bahn neben höhe­ren Löh­nen auch für eine Reduk­ti­on ihrer regel­mä­ßi­gen Wochen­ar­beits­zeit. Doch wie steht die deut­sche Bevöl­ke­rung zu sol­chen Forderungen?

Auf­schluss dar­über kön­ne ein soge­nann­tes Impuls­pa­pier drei­er Bam­ber­ger Sozio­lo­gin­nen geben, das jetzt beim Deut­schen Insti­tut für Inter­dis­zi­pli­nä­re Sozi­al­po­li­tik­for­schung (DIFIS) erschie­nen ist. Dar­in unter­such­ten die Ein­stel­lung der Bevöl­ke­rung zu Gewerk­schafts­for­de­run­gen nach einer Ver­kür­zung der Arbeits­zeit anhand einer Tarif­for­de­rung der IG Metall. Die­se beinhal­te­te unter ande­rem einen indi­vi­du­el­len tarif­li­chen Anspruch auf eine befris­te­te Arbeits­zeit­ver­kür­zung sowie einen teil­wei­sen Lohn­aus­gleich durch die Arbeitgebenden.

Jun­ge Men­schen unter­stüt­zen Gewerk­schafts­for­de­rung mehr als ältere

Die aktu­el­len Ana­ly­sen basie­ren auf Daten des Ger­man Inter­net Panels (GIP) vom Juli 2018, die reprä­sen­ta­tiv für die deutsch­spra­chi­ge Bevöl­ke­rung in Pri­vat­haus­hal­ten sind. 2.426 Per­so­nen wur­den befragt.

Das zen­tra­le Ergeb­nis der Daten­ana­ly­se: Ins­ge­samt besteht in der Bevöl­ke­rung eine hohe Zustim­mung zu der Gewerk­schafts­for­de­rung nach Arbeits­zeit­ver­kür­zung mit par­ti­el­lem Lohn­aus­gleich. 61 Pro­zent der Befrag­ten drü­cken ihre Unter­stüt­zung aus.

„Beson­ders jun­ge Men­schen befür­wor­ten die For­de­rung der IG Metall“, sagt Prof. Dr. Kat­ja Möh­ring, Inha­be­rin des Lehr­stuhls für Sozio­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Bam­berg. „Je höher das Alter der Befrag­ten, des­to mehr sinkt die Zustim­mung. Das deu­tet auf eine zuneh­men­de Bedeu­tung von indi­vi­du­el­len Ent­schei­dungs­mög­lich­kei­ten bei der Arbeits­zeit hin.“ Per­so­nen, die die For­de­rung unter­stüt­zen, zei­gen sich zudem durch­schnitt­lich unzu­frie­de­ner mit der Ver­ein­bar­keit von Beruf und Pri­vat­le­ben. Es bestehen laut den Wis­sen­schaft­le­rin­nen jedoch kei­ne wesent­li­chen Unter­schie­de zwi­schen Män­nern und Frau­en sowie zwi­schen Per­so­nen mit und ohne Kinder.

Drü­ber hin­aus wei­sen die Ergeb­nis­se dar­auf hin, dass tra­di­tio­nel­le Kon­flikt­li­ni­en bestehen. „Je höher die beruf­li­che Stel­lung und je höher das Ein­kom­men“, sagt Maxi­mi­lia­ne Rei­fen­scheid, wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin am Lehr­stuhl für Sozio­lo­gie, „des­to gerin­ger fällt die Unter­stüt­zung für die For­de­rung nach Arbeits­zeit­ver­kür­zung aus.“ Bei Per­so­nen ohne Füh­rungs­ver­ant­wor­tung liegt die Unter­stüt­zung höher als bei jenen in Manage­ment­po­si­tio­nen und unter Gewerk­schafts­mit­glie­dern fin­den sich mehr Unterstützer:innen als unter Selbstständigen.

Par­tei-Nei­gung spielt eine Rolle

Die Unter­stüt­zung der For­de­rung nach einem Recht auf Ver­kür­zung der Arbeits­zeit mit par­ti­el­lem Lohn­aus­gleich unter­schei­det sich auch nach Par­tei-Nei­gung. So fin­det die For­de­rung von 2018 bei Anhänger:innen der Grü­nen die größ­te Zustim­mung und erzielt auch bei den Anhän­ger­schaf­ten der SPD und der Lin­ken höhe­re Unter­stüt­zungs­wer­te. Die gerings­te Unter­stüt­zung drü­cken Anhänger:innen der FDP sowie jene der CDU aus.

In Bezug auf die aktu­el­len Aus­ein­an­der­set­zun­gen bei der Deut­schen Bahn sind vor allem drei Ergeb­nis­se her­vor­zu­he­ben. Die Unter­stüt­zung für die gewerk­schaft­li­che For­de­rung der IG Metall war 2018 beson­ders hoch bei Jün­ge­ren, bei Gewerk­schafts­mit­glie­dern sowie bei Per­so­nen, die mit den Ver­ein­bar­keits­mög­lich­kei­ten von Beruf und Pri­vat­le­ben unzu­frie­den sind. „Unse­re Ergeb­nis­se deu­ten dar­auf hin, dass die Gewerk­schaft durch die For­de­rung nach Arbeits­zeit­ver­kür­zung auch im aktu­el­len Fall einer­seits die Bin­dung zu bestehen­den Mit­glie­dern stär­ken, ande­rer­seits aber auch für neue Mit­glie­der unter jün­ge­ren Beschäf­tig­ten attrak­ti­ver wer­den kann“, schluss­fol­gert Kat­ja Möhring.